VfGH vom 01.03.2005, B956/03
Sammlungsnummer
17448
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Feststellung der Unzuständigkeit der Grundverkehrsbehörde nach bereits eingetretener Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes infolge Unterlassung der rechtzeitigen Anzeige an die Behörde; keine Bedenken gegen die zweijährige Frist für die Anzeige; keine Enteignung, keine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft
Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Vertrag vom hat die nunmehrige Beschwerdeführerin, eine deutsche Staatsangehörige, näher bezeichnete Grundstücke im Gesamtausmaß von 1.011 m² gekauft. Dieses Rechtsgeschäft wurde am der Bezirkshauptmannschaft Landeck angezeigt. Der Vorsitzende der bei der Bezirkshauptmannschaft Landeck eingerichteten Bezirks-Grundverkehrskommission stellte mit Bescheid vom fest, dass der Rechtserwerb gemäß § 5 Abs 1 litd Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden: TGVG 1996) keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf.
1.2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten gab die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Folgenden: LGVK) mit Bescheid vom Folge und behob den bei ihr angefochtenen Bescheid wegen Unzuständigkeit der Erstinstanz.
Begründend führt die LGVK aus, dass das am abgeschlossene Rechtsgeschäft gemäß § 31 Abs 2 TGVG 1996 "mit Ablauf des rückwirkend rechtsunwirksam" geworden sei, weil es nicht innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der in § 23 Abs 1 leg.cit. festgelegten Frist (acht Wochen nach Abschluss des Rechtsgeschäfts oder Rechtsvorgangs) der Grundverkehrsbehörde angezeigt wurde. Für Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem abgeschlossen und nicht rechtzeitig der Behörde angezeigt wurden, beginne die zweijährige Frist mit dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. 75/1999 (s. ArtII leg.cit.), sohin am . Die Frist habe daher am geendet, die Anzeige des Rechtsgeschäfts sei jedoch erst am erfolgt. Eine meritorische Erledigung der Anzeige sei daher mangels Vorliegens eines gültigen Rechtsgeschäfts unzulässig.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art 144 B-VG, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. In der Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet, weil "[d]ie Anwendung des ArtII des LGBl. Nr. 75/1999 iVm § 31 Abs 2 TGVG 1996 […] faktisch zu einer stillschweigenden Enteignung der Beschwerdeführerin" führe. Der "Entzug von Privatrechten" sei nur zulässig, wenn "schwerwiegende öffentliche Interessen dies erforderlich machen", solche Interessen würden jedoch nicht vorliegen.
1.2. Weiters rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Gleichheitsrechts: Die belangte Behörde habe trotz entsprechenden Parteivorbringens nicht berücksichtigt, dass das zu beurteilende Rechtsgeschäft bereits im Jahr 1975 Gegenstand eines grundverkehrsbehördlichen Verfahrens gewesen sei; die Genehmigung sei damals versagt worden. Die Behörde sei daher bereits in Kenntnis des Rechtserwerbs gewesen, weshalb es einer nochmaligen Anzeige durch die Beschwerdeführerin nicht bedurft habe.
2.1. Bedenken gegen die in § 31 Abs 2 TGVG 1996 festgelegte zweijährige Frist, nach deren Ablauf ein nicht ordnungsgemäß angezeigtes Rechtsgeschäft rückwirkend rechtsunwirksam wird, sind beim Verfassungsgerichtshof - zumal in Anbetracht der Übergangsbestimmung des ArtII Abs 2 des Gesetzes LGBl. 75/1999 - nicht entstanden (vgl. bereits VfSlg. 16.793/2003); von einer "Enteignung" kann in diesem Zusammenhang jedenfalls keine Rede sein.
2.2. Zum Vorbringen, eine "nochmalige Anzeige des Rechtserwerbs" sei nicht erforderlich gewesen, führt die LGVK in ihrer Gegenschrift aus, dass die Genehmigung des Rechtserwerbs bereits im Jahr 1976 rechtskräftig versagt wurde, was gemäß der damals geltenden Bestimmung des § 16 TGVG 1970, LGBl. 4/1971, die Nichtigkeit des Rechtserwerbs zur Folge gehabt habe. Dass der Umstand der rechtskräftig entschiedenen Sache im konkreten Fall nicht bedacht worden sei, stelle ein Versehen dar, am Ergebnis des Verfahrens - Unzulässigkeit einer meritorischen Entscheidung mangels Vorliegens eines gültigen Rechtsgeschäfts - ändere dies jedoch nichts.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist die mangels Vorliegens eines gültigen Rechtsgeschäfts erfolgte Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides nicht zuletzt unter dem soeben genannten Blickwinkel nicht zu beanstanden.
3. Die behaupteten Verfassungsverletzungen liegen somit nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre.
Ob der angefochtene Bescheid aber in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall (vgl. § 28 Abs 7 TGVG 1996) - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 15.278/1998, 15.324/1998 mwN).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Fundstelle(n):
VAAAE-11717