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OGH vom 10.12.1996, 14Os71/96

OGH vom 10.12.1996, 14Os71/96

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Ebner, Dr. E.Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pösinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andrea B***** und Nikolaus S***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Nikolaus S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 23 Vr 2.304/95-69, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Nikolaus S***** gegen den zugleich mit diesem Urteil gefaßten Beschluß gemäß § 494 a StPO nach öffentlicher Verhandlung am in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Zehetner, und des Verteidigers Dr. Bacher, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Andrea B***** und Nikolaus S***** zu Recht erkannt:

Spruch

A) In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren

Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

I in Ansehung des Angeklagten Nikolaus S*****

1) im Schuldspruch I wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB, jedoch nur in bezug auf einen Bargeldbetrag von 5.000 (fünftausend) S (aus einem Bankomaten) und eine Telephonwertkarte unerhobenen Wertes,

2) im Schuldspruch II 2 wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung (einer Kreditkarte) nach § 229 Abs 1 StGB,

3) im Strafausspruch, mit Ausnahme des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung, sowie

II in Ansehung der Angeklagten Andrea B*****

in dem im Schuldspruch III wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB enthaltenen Ausspruch, daß sie diese Tat beging, während Helmut M***** sich durch die unter Punkt I des Urteilssatzes beschriebene Tathandlung des Nikolaus S***** in einem Zustand befand, in dem sein Bewußtsein aufgehoben war, mithin unter Ausnützung eines diesen hilflos machenden Zustandes, und in der darauf beruhenden Unterstellung des ihr zur Last fallenden Diebstahls unter § 128 Abs 1 Z 1 StGB sowie demzufolge auch im Ausspruch nach §§ 13 und 22 Z 2 JGG

aufgehoben.

B Gemäß § 288 Abs 2 Z 2 StPO wird in der Sache selbst erkannt:

I Nikolaus S***** ist schuldig, in der Nacht zum in Lienz Verfügungsberechtigten eines Bankomaten einen Bargeldbetrag in der Höhe von 5.000 (fünftausend) S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich oder Dritte durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Er hat hiedurch das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB begangen und wird hiefür sowie für die teilweise (I; II 1) bzw zur Gänze (IV) aufrecht gebliebenen Schuldsprüche wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I) und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II 1) sowie der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (IV) nach § 287 Abs 1 (§§ 83 Abs 1, 107 Abs 1) StGB nach §§ 28, 142 Abs 1 StGB, gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , AZ 36 Vr 1043/95, zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Jahren und 8 (acht) Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Hingegen wird Nikolaus S***** von der weiters wider ihn erhobenen Anklage, in der Nacht zum in Lienz zum Nachteil des Helmut M*****

1) diesem im Rahmen der zu I des Urteilssatzes angeführten Raubtat auch eine Telephonwertkarte unerhobenen Wertes weggenommen sowie

2) eine Kreditkarte, somit eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, zu verhindern, daß sie vom Berechtigten im Rechtsverkehr gebraucht werde (II 2)

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

II Gemäß § 13 Abs 1 JGG wird der Ausspruch der über Andrea B***** wegen der aufrecht gebliebenen Schuldsprüche nach §§ 229 Abs 1 (II 1) und 127 StGB (III) zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von zwei Jahren vorbehalten.

Text

Gründe:

Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des angefochtenen Urteils wurde Nikolaus S***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II 1 und 2) schuldig erkannt.

Darnach hat er nachts zum in Lienz

(zu I) dadurch, daß er dem Wein des bereits alkoholisierten Helmut M***** mehrere Schmerztabletten beimengte, wodurch das Bewußtsein des Genannten aufgehoben wurde, somit mit Gewalt gegen seine Person, eine goldene Halskette im Wert von ca 12.000 S, Bargeld in jedenfalls 5.000 S, nicht aber 25.000 S übersteigender Höhe und eine Telephonwertkarte unerhobenen Wertes mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen sowie

(zu II) Urkunden des Helmut M*****, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß diese Urkunden vom Berechtigten im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

1) gemeinsam mit Andrea B***** eine Bankomatkarte mit Scheckkartenfunktion und

2) allein eine Kreditkarte.

Nikolaus S***** wurde hiefür und für ein weiteres Vergehen (IV) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem wurde eine bedingte Entlassung widerrufen.

Mit demselben Urteil wurde die am geborene Andrea B***** neben des bereits angeführten Vergehens der Urkundenunterdrückung (II 1) zu Pkt III des Urteilssatzes auch des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil sie nachts zum in Lienz dem Helmut M***** 5.000 S durch Bankomatbehebung (zusammen mit Nikolaus S*****) mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen hat, wobei sie diese Tat unter Ausnutzung eines Zustandes M*****s beging, der ihn hilflos machte.

Rechtliche Beurteilung

Der nur vom Angeklagten S***** gegen die Schuldsprüche zu den Urteilsfakten I und II erhobenen, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Nicht zielführend ist das zum Faktum II 1 erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers (Z 5), mit dem er die ihm zugeschriebene Wegnahme der Bankomatkarte und die durch das Schöffengericht als "zweifelsfrei" bezeichnete Wertung der hiefür herangezogenen Verfahrensergebnisse kritisiert. Denn abgesehen davon, daß auf diese Weise vorliegend kein formeller Begründungsmangel aufgezeigt, sondern lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter in unzulässiger Weise angegriffen wird, geht dieser Einwand auch deshalb ins Leere, weil es angesichts des zwischen den beiden Angeklagten nach den insoweit unangefochten gebliebenen Feststellungen erzielten Einverständnisses über die Wegnahme der Bankomatkarte zum Zwecke nachfolgender Geldbehebungen und der tatsächlichen Einbehaltung der schon wegen ihrer Scheckkartenfunktion als Urkunde anzusehenden Bankomatkarte einerseits und der rechtlichen Gleichwertigkeit von Ausführungs-, Bestimmungs- und Beitragstäterschaft andererseits nicht entscheidungsrelevant ist, welcher der Angeklagten M***** die Bankomatkarte entwendet hat.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a), mit der sich der Beschwerdeführer zum einen unter Hinweis auf die gegenüber ihren Depositionen vor der Gendarmerie abschwächenden Angaben der Angeklagten B***** in der Hauptverhandlung gegen den Vorwurf des Raubes (auch) einer Halskette, zum anderen aber gegen die Konstatierung des Bewußtseinsverlustes M*****s durch die Verabreichung von Tabletten wendet, vermag erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen nicht aufzuzeigen. Schon das Erstgericht hat sich mit den in der Hauptverhandlung zu Tage getretenen Abweichungen in der Darstellung der Mitangeklagten (US 18), aber auch mit den in der Beschwerde erhobenen Einwendungen gegen die Annahme der Bewußtlosigkeit des Tatopfers (US 16 ff) in einer logisch einwandfreien Beweiswürdigung auseinandergesetzt, die für die vom Angeklagten gehegten Zweifel keinen Raum läßt.

In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Zutreffend bekämpft der Beschwerdeführer hingegen den ihm angelasteten Raub (auch) einer Telephonwertkarte, wurde diese doch dem Opfer nach dessen eigenen Angaben gerade nicht entfremdet (S 197/I). Weil die diesbezügliche Feststellung gänzlich unbegründet blieb, ist das Urteil insoweit mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO behaftet.

Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand unvollständiger Begründung (Z 5) der konstatierten Unterdrückung einer Kreditkarte (II 2), laut welchem mit Recht moniert wird, daß die Angaben der Mitangeklagten B***** vor der Gendarmerie mit Stillschweigen übergangen wurden. Darnach nämlich hatte B***** die Kreditkarte entwendet und bei sich verwahrt (S 27/I), wo sie in der Folge auch sichergestellt wurde (S 7/I), ohne daß ihrer Aussage ein Einverständnis mit dem Beschwerdeführer über die Wegnahme oder Einbehaltung auch dieser Urkunde entnommen werden kann.

Nach der Aktenlage ist indes nicht zu erwarten, daß sich die in Rede stehenden Schverhaltsvarianten in einem neuen Rechtsgang werden mängelfrei feststellen lassen, sodaß durch den Obersten Gerichtshof eine sofortige Entscheidung in der Sache selbst erfolgen konnte (vgl SSt 22/25; Bertel, Strafprozeßrecht4, Rz 974, 976).

Aus Anlaß der Beschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof überdies davon überzeugt, daß dem Erstgericht bei Beurteilung der durch Bankomatkartenmißbrauch bewirkten Bargeldbehebung von 5.000 S als Raub (I) bzw Bedrängnisdiebstahl (III) zum Nachteil beider Angeklagten ein nicht geltendgemachter Subsumtionsirrtum (Z 10) unterlaufen ist, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 StPO).

Nach den Urteilsfeststellungen verabreichte S***** dem bereits alkoholisierten Helmut M***** mit Schmerztabletten vermengten Wein, um ihn zu betäuben. Nach Eintritt einer die Widerstandsfähigkeit ausschließenden Benommenheit entwendete er M***** die Bankomatkarte, mit deren Hilfe er in der Folge mit Unterstützung der Mitangeklagten Andrea B*****, der die Codezahl bekannt war, aus einem Bankomaten 5.000 S behob, wobei "beiden Angeklagten bewußt war, daß dieser (M*****) sich noch immer im Zustand der Hilflosigkeit befand und es ihnen darauf ankam, ihm unter Ausnützung seines Zustandes den Bargeldbetrag wegzunehmen".

Nach ständiger Rechtsprechung wird eine Bankomatkarte mit Scheckkartenfunktion (die keinen "Cash-chip" enthält!) nicht als selbständiger Wertträger (Leukauf/Steininger Komm3 § 127 RN 10, Seiler in Fälle und Lösungen zum Strafrecht2 69, 11 Os 95/88 = WBl 1989 100), sondern (nur) als Urkunde angesehen. Ihre Wegnahme ist daher nicht als Diebstahl (und folglich ihre gewaltsame Wegnahme oder Abnötigung nicht als Raub), sondern als Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, die damit erfolgte Geldbehebung aus Bankomaten aber als (nach § 129 Z 1 bis 3 StGB nicht qualifizierter) Diebstahl zu

beurteilen (SSt 56/85 = JBl 1986 261 mit zustimmender Besprechung

Kienapfel, 15 Os 127/89 = EvBl 1990/40 = JBl 1992 605 mit

zustimmender Besprechung E.Steininger, 12 Os 113/91). Nach ebenfalls gesicherter Rechtsprechung wird die Anwendbarkeit des durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 eingeführten Tatbildes des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauches nach § 148 a StGB auf den hier aktuellen Fall des Bankomatkartenmißbrauches verneint (EvBl 1990/40, Leukauf/Steininger aaO § 148 a RN 20; zum Meinungsstand siehe ebendort, RN 19).

Die nach § 127 StGB, aber auch für das Verbrechen des Raubes nach § 142 StGB tatbestandsessentielle Sachwegnahme ist der Bruch der tatsächlichen Sachherrschaft des Gewahrsamsinhabers. Gewahrsam ist nach hM die tatsächliche Herrschaft über eine Sache, verbunden mit dem Willen, diese Herrschaft aufrecht zu erhalten (Leukauf/Steininger Komm3 § 127 RN 21, Kienapfel BT II3 § 127 RN 54 mwN), wobei diese beiden (objektiven und subjektiven) Komponenten nach den Anschauungen des täglichen Lebens zu interpretieren sind. Unter Beachtung dieses Auslegungskriteriums wird in der Rechtsprechung nicht so sehr die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit des Gewahrsamsträgers, sondern die soziale Zuordnung von Person und Sache in den Vordergrund gestellt. Demnach ist der Gewahrsam jene Zugehörigkeit einer Sache zu einer Person, die auch ein Außenstehender nicht nur als eine räumliche Beziehung, sondern als eine auf soziale Gepflogenheiten beruhende Verbindung von Sache und Person zu erkennen vermag (SSt 42/58, 52/64; vgl auch Samson in Rudolphi, Horn, Samson, Günther, Systematischer Kommentar zum (d)StGB § 242 RN 20).

So verstanden steht nun aber der Gewahrsam am Geldinhalt von Bankomaten jedenfalls dem jeweiligen (automatenaufstellenden) Bankinstitut (Leukauf/Steininger aaO RN 47a, Fuchs in StPdG 12 S 86 f, 15 Os 156/92, SSt 56/85), nicht aber dem Codekarteninhaber zu, der daran auch keinen Mitgewahrsam (für den dieselben Voraussetzungen gelten), sondern lediglich ein ihm von seiner (kontenführenden) Bank eingeräumtes (eingeschränktes) Geldbezugsrecht (gegenüber der aufstellenden Bank) besitzt (vgl Koziol in Avancini, Bankverträge I Rz 8/8).

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß dem Angeklagten S***** die widerrechtliche Geldbehebung mit Hilfe der gewaltsam erlangten Bankomatkarte - nach derzeitiger Rechtslage - nicht als Raub angelastet werden kann, weil sich die von ihm zu verantwortende Gewaltanwendung weder gegen den Gewahrsamsinhaber des Bargeldes noch gegen "verteidigungsbereite" Personen (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 142 RN 7, Kienapfel BT II3 § 142 Rz 34; sa Zipf in WK § 142 Rz 21), sondern (dogmatisch) gegen einen insofern außenstehenden Dritten gerichtet hat, mögen sich die einzelnen Tathandlungen auch aufgrund ihres zeitlichen und aktionsmäßigen Zusammenhanges de facto als einheitliches Tatgeschehen darstellen. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von den den Entscheidungen SSt 55/8 und 37 zugrundeliegenden Sachverhalten, auf welche in dem von der Generalprokuratur im Gerichtstag zitierten Urteil des Obersten Gerichtshofes, AZ 11 Os 95/88, verwiesen wird. In beiden Fällen wurde die den Raub begründende Gewalt zur Erlangung von Tresor- bzw Kassenraumschlüsseln gegenüber Personen eingesetzt, denen als Filialleiter (SSt 55/8) bzw Wachorgan (SSt 55/37) Gewahrsam am Raubgut selbst zugekommen ist. Im hg Verfahren 11 Os 95/88 wurde im übrigen die durch gefährliche Drohung mit dem Tod erwirkte Abnötigung der Bankomatkarte und des PIN-Codes als Erpressung beurteilt, wofür die Nötigung zu einer vermögensschädigenden Handlung, die demzufolge auch die Herausgabe einer Bankomatkarte zur anschließenden Geldbehebung sein kann, genügt, ohne daß es auf den Gewahrsam am Geld ankäme. Vorliegendenfalls kommt jedoch - der herrschenden Judikatur gemäß - Erpressung im Hinblick auf die durch Betäubung erfolgte Willensausschaltung und damit das Fehlen einer zur Verwirklichung einer Erpressung wesentlichen willensgesteuerten Reaktion des Genötigten als tatbestandsmäßiges Nötigungsziel nicht in Betracht (zur Frage der vis absoluta als Nötigungsmittel siehe Leukauf/Steininger Komm3 § 105 RN 14-16).

Die durch Bankomatkartenmißbrauch erfolgte Bargeldbehebung ist daher nach dem Gesagten nur als einfacher Diebstahl zu qualifizieren.

Aus diesem Grund stellt sich auch die Beurteilung des der Angeklagten B***** zur Last liegenden Verhaltens als Bedrängnisdiebstahl nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB als rechtlich verfehlt dar, wäre doch auch hiefür erforderlich, daß sich der Gewahrsamsinhaber, hier also der Verfügungsberechtigte des aufstellenden Bankinstituts, im Zustand der Hilflosigkeit befunden hätte. Daß M***** als Konteninhaber durch die widerrechtlich vorgenommene Behebung in seinem Vermögen geschädigt wurde, macht ihn noch nicht zum "Bestohlenen" des § 128 Abs 1 Z 1 StGB, der nach dem Sinn dieser Qualifikationsbestimmung ebenfalls nur der Gewahrsamsinhaber sein kann, welcher aufgrund seines (vom Täter ausgenützten) Zustandes nicht in der Lage ist, seine Sachen gegen Wegnahme zu schützen.

Es ist daher ohne Belang, daß die durch die von S***** angewandte Gewalt verursachte Hilflosigkeit des Bankomatkartenbesitzers auch noch während der Geldbehebung bestand, wurde doch bei rechtsrichtiger Beurteilung nicht diesem, sondern dem Gewahrsamsträger am Bankomaten(inhalt) der verfahrensgegenständliche Bargeldbetrag "weggenommen".

Die durch den Bankomatkartenmißbrauch bewirkte Behebung von 5.000 S kann daher dem Angeklagten S***** nicht als Raub und der Angeklagten B***** nicht als nach § 128 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierter Bedrängnisdiebstahl, sondern jeweils nur als einfacher Diebstahl nach § 127 StGB zugerechnet werden.

Die demgemäß wie im Spruch vorzunehmende Korrektur der Schuldsprüche hat auch eine Strafneubemessung zur Folge.

Bei Nikolaus S***** steht den Erschwerungsgründen des Zusammentreffens eines Verbrechens mit drei Vergehen, der massiven Vorstrafenbelastung und des raschen Rückfalls nach der bedingten Entlassung aus dem Vollzug einer Freiheitsstrafe lediglich die weitgehend beständige, für die Wahrheitsfindung wesentliche Verantwortung vor der Gendarmerie als mildernd gegenüber. Unter Bedachtnahme (§§ 31, 40 StGB) auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , AZ 36 Vr 1034/95, mit welchem der Angeklagte wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war, ist die mit drei Jahren, acht Monaten bestimmte Freiheitsstrafe schuld- und tatgerecht.

Dabei wurde unter einem darauf Rücksicht genommen (vgl 15 Os 106/89), daß aufgrund der neuerlichen Delinquenz des Angeklagten S***** während der Probezeit nach einer bedingten Entlassung deren Widerruf angeordnet werden mußte (§ 53 Abs 1 StGB, § 494 a Abs 1 Z 4 StPO).

Über die Jugendliche Andrea B***** wäre nach § 229 Abs 1 StGB, § 5 Z 4 JGG eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, allenfalls an deren Stelle eine Geldstrafe zu verhängen. Angesichts ihrer bisherigen Unbescholtenheit und des aktenkundigen Umstandes, daß sie die Tat unter der maßgeblichen Einwirkung des Angeklagten S***** begangen hat, konnte gemäß § 13 Abs 1 JGG der Ausspruch der für die begangenen Jugendstraftaten verwirkten Strafe für eine Probezeit von zwei Jahren vorbehalten werden.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.