OGH 13.09.1995, 9ObA88/95
Rechtssatz
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Normen | |
RS0061647 | Einer Vereinbarung über den vom Arbeitnehmer grundsätzlich nicht beeinflußbaren Kurantrittstermin zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedarf es nicht. Ebenso sind die medizinischen Gründe, die zu einer Kurbewilligung führten, unerheblich. Es reicht aus, daß als Grund einer Arbeitsverhinderung Krankheit oder Kuraufenthalt vorliegt (RdW 1990,56; kritsch Rebhahn in WBl 1991,185). |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Ing.Peter Pata und Dr.Franz Zörner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christian G*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr.Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dieter M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Paul Bachmann ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 145.294,02 brutto sA (Revisionsinteresse S 135.718,37 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 33 Ra 169/94-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 19 Cga 229/93x-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.605 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt schon deshalb nicht vor, weil die Revisionswerberin sich unter diesem Revisionsgrund nur gegen die auf Grund der Beweiswürdigung der Vorinstanzen getroffene Feststellung, daß der Kläger dem Geschäftsführer das die Kur bewilligende Schreiben der PVA gleich nach Erhalt zeigte (daß dies am geschah, ließ das Berufungsgericht dahingestellt), wendet und übersieht, daß dieses Bewilligungsschreiben und die ärztliche Bestätigung über die bereits bewilligte Kur vom nicht ident sind.
Das Berufungsgericht hat zutreffend den Antritt des Kuraufenthaltes als Entlassungsgrund verneint, so daß es genügt, auf die Richtigkeit der Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung zu verweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist lediglich auszuführen:
Während § 4 Abs 1 EFZG den Arbeitnehmer verpflichtet, die Arbeitsverhinderung ohne Verzug dem Arbeitgeber bekanntzugeben, stellt § 4 Abs 3 EFZG darauf ab, daß im Falle der Bewilligung oder Anordnung eines Kuraufenthaltes eine Bescheinigung darüber und über Zeitpunkt und Dauer vor Antritt dem Arbeitgeber vorzulegen ist. Durch Vorzeigen des Bewilligungsschreibens ist der Kläger seiner gesetzlichen Verpflichtung rechtzeitig vor Antritt der Kur nachgekommen. Ob der ursprünglich vorgesehene Kurtermin, aus welchen Gründen immer, vom Versicherungsträger geändert wurde, ändert nichts am Vorliegen der einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung begründenden, der Krankheit gleichgestellten Arbeitsverhinderung im Sinne des § 2 Abs 1 EFZG (§ 2 Abs 2 EFZG).
Eine Prüfung der medizinischen Gründe, die zur Bewilligung durch den Sozialversicherungsträger geführt haben, erübrigt sich, weil diese wie auch die Meinung des behandelnden Arztes in der Bestätigung vom nicht entscheidungswesentlich sind (9 ObA 27/91). Es reicht nämlich aus, daß als Grund einer Arbeitsverhinderung Krankheit oder hier Kuraufenthalt vorliegt (RdW 1990, 56; kritsch Rebhahn in WBl 1991, 185). Der Termin der Unterbringung in einem Kurheim eines Sozialversicherungsträgers unterliegt nicht der Disposition des Dienstnehmers, sondern des Sozialversicherungsträgers auch wenn vom Arbeitnehmer ein bestimmter Terminwunsch geltend gemacht wird. Für das Erfordernis einer Vereinbarung über den vom Arbeitnehmer grundsätzlich nicht beeinflußbaren Kurantrittstermin zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ähnlich der Bestimmung des § 4 Abs 1 UrlG bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt (9 ObA 27/91).
Ob den Arbeitnehmer sonst die Treuepflicht (Fremdinteressenswahrungspflicht) als Unterlassungs- oder Verhaltenspflicht in bestimmten Fällen dazu verhält, auf betriebliche Interessen des Arbeitgebers besondere Rücksicht zu nehmen (RdW 1989, 232, 9 ObA 122/93), braucht im Hinblick auf die Fremdbestimmung des Kurantrittstermines und seiner objektiven medizinischen Ursache nicht untersucht zu werden. Der bloße an den Sozialversicherungsträger herangetragene Wunsch des Dienstnehmers nach einer Verschiebung auf einen anderen Termin in eine Zeit des allgemeinen Betriebsurlaubes, ohne daß festgestellt worden wäre, daß der Kläger sich verpflichtet hätte, in diesem Zeitraum zur Arbeit anwesend zu sein (- die gegenteilige Behauptung der Revisionswerberin ist in den Feststellungen nicht gedeckt -), konnte jedenfalls eine Verpflichtung des Klägers für eine Verschiebung der gesundheitlich bedingten Arbeitsverhinderung zu sorgen, nicht begründen. Dazu kommt, daß die Beklagte den Kläger nach den Feststellungen erst im Juli 1992 aufforderte, die Kur zu verschieben, was aber zu einer unzumutbaren Kollision mit den eigenen Interessen des Klägers (Urlaubsdisposition vom Dezember 1991) geführt hätte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1995:009OBA00088.95.0913.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAE-11547