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VfGH vom 20.06.1989, B941/88

VfGH vom 20.06.1989, B941/88

Sammlungsnummer

12082

Leitsatz

Beschränkung der Massentierhaltung im öffentlichen Interesse gelegen; Existenzsicherung bäuerlicher Betriebe, Sicherung der Versorgung der Bevölkerung; kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit; sachliche Rechtfertigung der Beschränkung der Betriebsgrößen und Rationalisierungsmöglichkeiten angesichts der besonderen Verhältnisse in der Landwirtschaft; keine Bedenken im Hinblick auf den Eigentumsschutz nach Art 5 StGG und Art 1 Abs 2 des 1. Zusatzprotokolls zur MRK; civil rights durch Verweigerung einer Tierhaltungsbewilligung nur in ihren Auswirkungen betroffen; nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend iS des Art 6 Abs 1 MRK; keine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Begehren des Beschwerdeführers gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. 621, in der Fassung BGBl. 264/1984 und 325/1987, abgewiesen, ihm zusätzlich zu der für 27000 Legehennen für seinen Stammbetrieb in Mäder erteilten Bewilligung die Bewilligung für weitere 16000 Legehennen zu erteilen. Seinen Antrag begründete der Beschwerdeführer damit, daß er einen Betrieb mit einer Haltungsbewilligung für 16000 Legehennen in Ötz erworben habe und ohne Ausweitung der bewilligten Tierbestände lediglich zwecks Rationalisierung die Verlegung der Legehennen von Ötz nach Mäder in seinen Stammbetrieb beabsichtige.

Die belangte Behörde ging bei Abweisung dieses Antrages davon aus, daß zwar die für den Betrieb in Ötz bestehende Haltungsbewilligung für 16000 Legehennen auf den Antragsteller und nunmehrigen Beschwerdeführer übergegangen sei, daß es sich jedoch bei dem (Stamm-)betrieb des Beschwerdeführers in Mäder und dem zugekauften Betrieb in Ötz nicht um einen "einheitlich geführten Betrieb mit einer oder mehreren dislozierten Betriebsstätten, sondern (um) zwei bisher selbständig geführte Betriebe" handle. Die für die Zusammenlegung der beiden Betriebskapazitäten notwendige Bewilligung sei - auch wenn sie keine Ausweitung der getrennt bewilligten Tierhaltung bewirken würde - an den Kriterien des § 13 Abs 2 des Viehwirtschaftsgesetzes zu messen. Da im Falle der Stattgebung des Antrages dem Antragsteller Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Betrieben, die ebenfalls Legehennen halten, entstehen würden, werde dadurch entgegen § 13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz die bäuerliche Veredelungsproduktion durch bestehende Betriebe gefährdet. Außerdem zeige die Preisentwicklung für Konsumeier von 1982 bis 1987 einen starken Anstieg der Eiererzeugung bei stagnierendem bzw. rückläufigem Eierkonsum. Daher sei derzeit und bis auf weiteres von instabilen Marktverhältnissen auszugehen, bei denen gemäß § 13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz ebenfalls die Erteilung einer Bewilligung zu verweigern sei.

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid als in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere "auf Erwerbsfreiheit, auf Freiheit der Berufsausübung, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Gewerbefreiheit" sowie durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt. Die Verletzung der genannten "wirtschaftlichen Grundrechte des Beschwerdeführers" (so die Beschwerde) werde durch das Ansinnen bewirkt, "daß der Beschwerdeführer seine Kostenstruktur nicht verbessern dürfe", worin eine "nicht vertretbare Rechtsansicht und damit Willkürqualität im Sinne ständiger Verfassungsrechtsprechung erreicht" werde.

"Das Verfahren" verletzte nach Meinung des Beschwerdeführers dessen Rechte "nach Art 6 EMRK". Als ein "civil right" im Sinne des Art 6 EMRK bezeichnet der Beschwerdeführer "das Recht, über seine eigenen Betriebsmittel zu verfügen, diese bestmöglich einzusetzen und die hiefür erforderlichen betriebsorganisatorischen Maßnahmen zu treffen". Mangels Zuständigkeit eines Gerichtes zur Entscheidung in der Sache selbst erachtet sich sohin der Beschwerdeführer durch das Verfahren auch als in seinen Rechten nach Art 6 EMRK verletzt.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, daß § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz, aufgrund dessen sein Antrag abgewiesen wurde, verfassungswidrig sei, weil diese Vorschrift dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG widerspreche. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G79/87 vom zum Schrottlenkungsgesetz vermeint der Beschwerdeführer, daß an der Regelung des § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz kein öffentliches Interesse bestehe, es sich vielmehr dabei "offenkundig ausschließlich und von der Intention her um den Schutz bestehender - nicht wirtschaftlich geführter - Betriebe (handelt)". Der vom Viehwirtschaftsgesetz vorgesehene Konkurrenzschutz sei nicht im öffentlichen Interesse geboten und auch nicht geeignet und adäquat zur Herstellung eines funktionierenden Marktes. Sachlich sei es nicht zu rechtfertigen, daß ein Gesetz jemand dazu zwingt, seine Kostenstruktur möglichst ungünstig zu halten. Das Viehwirtschaftsgesetz sehe keine faire Güterabwägung vor. Der Beschwerdeführer regt daher an, § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz "wegen Unvereinbarkeit mit den Grundrechten auf Erwerbsausübungsfreiheit und auf Unversehrtheit des Eigentums aufzuheben" und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Normen und wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte des Beschwerdeführers kostenpflichtig aufzuheben.

3. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erachtet in seiner Äußerung die genannten Bestimmungen des Viehwirtschaftsgesetzes nicht für verfassungswidrig. Er verweist darauf, daß "ein großes öffentliches Interesse an der Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebsstruktur (besteht)". Die bäuerliche Produktion soll zum Unterschied von der quasi-industriellen deswegen geschützt werden, weil sie Gefahr laufe, durch niedrige Preise verdrängt zu werden und damit der inländischen Landwirtschaft weitere Produktionsmöglichkeiten entzogen würden. Dies widerspräche der gesellschaftspolitischen Zielrichtung der Agrarpolitik, wie sie auch im Landwirtschaftsgesetz 1976 verankert sei. Darüber hinaus seien große Tierbestände auch unter anderen Gesichtspunkten problematisch, wie etwa in veterinärpolizeilicher und damit im Zusammenhang in lebensmittelpolizeilicher Hinsicht; solche Bestände stellten eine beträchtliche Umweltbelastung dar und seien daher auch schon unter diesem Aspekt Gegenstand gesetzlicher Regelungen.

Insbesonders führt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft aus:

"... Würde man der Auffassung des Beschwerdeführers folgen, so wäre es kapitalkräftigen Personen bzw. Gesellschaften möglich, beliebig viele tierhaltende Betriebe ohne oder mit entsprechenden Tierhaltungsbewilligungen zu erwerben und nach Zusammenlegung der Betriebskapazitäten sowohl das Angebot als auch die Marktpreise stark zu beeinflussen und sogar bestehende instabile Marktverhältnisse noch zu verschärfen. Durch solche Vorgänge wären aber - würde nicht entgegengewirkt - die bäuerlichen (Familien-)betriebe besonders stark in ihrer Existenz gefährdet. ...

Außerdem tragen vor allem die bäuerlichen Betriebe und dabei im besonderen Maß die auf die Tierhaltung ausgerichteten und angewiesenen Betriebe durch die Bewirtschaftung der überwiegend eigenen Futterfläche nicht nur zur Erhaltung der Kulturlandschaft, sondern auch zu einer sinnvollen Verwertung der Futterbasis und damit auch der Getreideerträge bei".

Im übrigen erachtet die belangte Behörde den Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G79/87, und die daraus abgeleiteten Konsequenzen für verfehlt, "da der Bereich der Schrottlenkung nicht mit jenen der landwirtschaftlichen und tierischen Produktion und deren Besonderheiten vergleichbar ist".

Eine Verletzung des Art 6 EMRK werde durch den angefochtenen Bescheid deswegen nicht bewirkt,

"da durch die Versagung einer Tierhaltungsbewilligung - ähnlich wie bei der Versagung einer baurechtlichen Bewilligung - nur eine hoheitliche Entscheidung im öffentlichen Interesse getroffen wird. Außerdem besteht auch im Anlaßfall die Möglichkeit der nachprüfenden Kontrolle durch die österreichischen Höchstgerichte".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid als in seinen Rechten verletzt, weil bei dessen Erlassung die seiner Meinung zufolge den Grundrechten der Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG und des Eigentums gemäß Art 5 StGG widersprechende Bestimmung des § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz angewendet wurde.

§ 13 Abs 1 Viehwirtschaftsgesetz gestattet Inhabern von Betrieben u.a. das Halten von 10000 Legehennen ohne Bewilligung.

§13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz fordert "für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs 1" eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, die nur erteilt werden darf, "wenn dadurch die Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet wird und stabile Verhältnisse auf betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen".

a. Das durch diese Regelungen normierte Verbot mit Bewilligungsvorbehalt, über eine bestimmte, gesetzlich festgelegte Grenze hinausgehende Tierbestände zu halten, greift in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG ein. Dieses Grundrecht steht unter Gesetzesvorbehalt. Da der Gesetzesvorbehalt dem Gesetzgeber aber nicht jede beliebige Einschränkung der grundrechtlich gewährleisteten Freiheit der Erwerbsbetätigung gestattet, ist zu prüfen, ob die Regelung des § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz vom verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt des Art 6 StGG gedeckt ist.

Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Meinung, daß der Gesetzgeber dem Art 6 StGG zufolge ermächtigt ist, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und unter bestimmten Umständen verboten ist, sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechts nicht verletzt und auch sonst der Verfassung entspricht. Nach der jüngeren Judikatur entspricht eine die Erwerbsfreiheit beschränkende gesetzliche Regelung der Verfassung nur dann, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse geboten und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, daß Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (; , G197/87, G148/88).

Außerdem ist dem einfachen Gesetzgeber bei der Entscheidung, welche (etwa auch agrarpolitischen) Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines bestimmten Zieles etwa aus agrarpolitischen Gründen zweckmäßig ist. Er kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind.

Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt nicht, daß die Ziele, die der Gesetzgeber mit dem Viehwirtschaftsgesetz verfolgt, und die er in § 2 Abs 1 des Viehwirtschaftsgesetzes ausdrücklich nennt, im öffentlichen Interesse liegen. Der Schutz der inländischen Viehwirtschaft, die Stabilisierung der Preise für Schlachttiere und tierische Produkte, sowie die Gewährleistung der Versorgung mit Waren entsprechender Qualität, bilden ohne Zweifel berechtigte Anliegen gesetzgeberischen Handelns.

Diesen im Viehwirtschaftsgesetz selbst genannten Zielsetzungen gleichrangig ist die Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes in einem funktionsfähigen ländlichen Raum, wie von ArtII § 1 Z 1 Landwirtschaftsgesetz 1976 formuliert wird. Auch das Viehwirtschaftsgesetz trachtet letztlich danach, leistungsfähige bäuerliche Familienbetriebe zu erhalten, um auf diese Weise die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu gewährleisten und funktionsfähige ländliche Kulturräume zu sichern.

Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber nicht entgegentreten, wenn dieser davon ausgeht, daß durch die Massentierhaltung in einigen wenigen Betrieben die Vielzahl bäuerlicher Veredelungsproduzenten verlorenginge, diese zugunsten einiger weniger vom Markt verdrängt würden und womöglich zur Preisgabe der betreffenden Tierhaltung aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sein könnten. Die größeren Rationalisierungschancen industrieller Agrarbetriebe würden zu Niedrigpreisen für agrarische Produkte führen, durch die kleine und mittlere bäuerliche Betriebe vom Markt verdrängt würden. Dieser Gefahr für bäuerliche Betriebe ebenso wie für die Destabilisierung der betroffenen Märkte durch Niedrigpreise sucht die gesetzliche Festlegung von Maximaltierbeständen, verbunden mit einem Bewilligungsvorbehalt für größere Tierbestände unter der Voraussetzung, daß die geschilderten Gefahren nicht eintreten, zu begegnen. Das Regelungsmodell des § 13 Viehwirtschaftsgesetz zum Schutz der bäuerlichen Tierhaltung geht davon aus, "daß die auf dem Markt absetzbare Gesamterzeugung im Interesse einer breitgestreuten Einkommensschöpfung aus der Veredelungsproduktion unter Berücksichtigung der Schaffung rationeller Betriebszweige auf eine möglichst große Zahl von Einzelbetrieben aufgeteilt werden soll" (Holzer, Rechtsprobleme der Massentierhaltung, 1983, 17). Die gesetzlich verwirklichte Produktion durch Klein- und Mittelbetriebe dient neben der Existenzsicherung der bäuerlichen Tierhaltungsbetriebe auch dem Interesse der Konsumenten, weil nur durch die Erhaltung einer genügenden Anzahl von bäuerlichen Produktionsbetrieben eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit tierischen Produkten auch in Krisenzeiten gewährleistet ist.

Der Gesetzgeber hat bei Verwirklichung dieses Regelungsmodells - vor allem auch mit Rücksicht auf den Umfang des in § 13 Abs 1 Z 5 Viehwirtschaftsgesetz bewilligungsfrei zugelassenen Tierhaltungsbestandes - den ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Zwar wird die verfassungsgesetzlich geschützte Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art 6 StGG auf dem Gebiet der Viehwirtschaft durch die Tierhaltungsbeschränkungen des § 13 Abs 1 Viehwirtschaftsgesetz nicht unwesentlich eingeschränkt, zumal die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung größerer Tierbestände (keine Gefährdung der Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion und stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten) gemäß § 13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz angesichts wachsender Bestandsgrößen und steigender Produktion schon von der Grundtendenz des Gesetzes her kaum einmal gegeben sind. Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt aber nicht, daß eine derartige Tierhaltungsbeschränkung geeignet ist, die zunehmende Konzentration der Viehwirtschaft auf einige wenige Großbetriebe zu verhindern, dadurch einer möglichst großen Zahl von bäuerlichen Betrieben die Ausübung der tierischen Veredelungsproduktion auch in Zukunft zu ermöglichen und damit auch die Versorgung bestmöglich zu sichern.

Eine derartige Beschränkung der Massentierhaltung bildet auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff des Gesetzgebers in die Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG. Denn bei Abwägung des Interesses der auf eine Massentierhaltung (und daher auf Überschreitung der gesetzlichen Grenzen) ausgerichteten Betriebsinhaber mit dem Interesse an einer flächendeckenden Versorgung durch bäuerliche Klein- und Mittelbetriebe ist es sachlich gerechtfertigt, eine Massentierhaltung nur ausnahmsweise dort zuzulassen, wo entsprechende Gefahren für die bäuerliche Veredelungsproduktion und die Stabilität der betroffenen Märkte nicht auftreten.

§ 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz widerspricht sohin nicht dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit gemäß Art. 6 StGG.

Der Verfassungsgerichtshof weist darauf hin, daß die durch § 13 Viehwirtschaftsgesetz im Ergebnis bewirkte Beschränkung der Betriebsgrößen und dadurch auch der Rationalisierungsmöglichkeiten in wirtschaftlicher Hinsicht angesichts der besonderen Verhältnisse im Bereich der Landwirtschaft sachlich gerechtfertigt ist. Die für die Einschränkung der Massentierhaltung sprechenden agrarpolitischen Überlegungen und Zielsetzungen können sohin keinesfalls unbesehen auf andere Wirtschaftsbereiche übertragen werden.

b. Auch unter dem Aspekt des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes ist die Vorschrift des § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz - jedenfalls unter den im vorliegenden Fall zu prüfenden Gesichtspunkten - verfassungsrechtlich unbedenklich. Soweit die darin ausgedrückte Begrenzung des Haltens von Nutztieren überhaupt als Eigentumsbeschränkung verstanden werden kann, verstößt diese nicht gegen den durch Art 5 StGG und Art 1 Abs 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsschutz. Zwar müssen auch Eigentumsbeschränkungen im "Allgemeininteresse" liegen (VfSlg. 9911/1983). Gleichwohl bezweifelt der Verfassungsgerichtshof nicht, daß aus den oben unter a. angeführten Überlegungen, aus denen sich das öffentliche Interesse an Tierhaltungsbeschränkungen ergibt, auch ein hinlängliches "Allgemeininteresse" im Sinne des Art 1 Abs 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK ersichtlich wird (vgl. auch ähnliche Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zur gesetzlichen Beschränkung des Auspflanzens von Weinreben in VfSlg. 5208/1966; sowie unter Berufung darauf zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz, Holzer, a.a.O., 31).

2. Auch die Deutung, welche die belangte Behörde im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (E.v. , Zl. 87/17/0189) dem § 13 Abs 1 und 2 Viehwirtschaftsgesetz gegeben hat, verletzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG nicht (vgl. etwa VfSlg. 8765/1980). Da eine erteilte Bewilligung zur Überschreitung der Tierhaltungsgrenzen gemäß § 13 Abs 1 Viehwirtschaftsgesetz betriebs- und standortgebunden ist, bedarf die Übertragung auf einen anderen Betrieb einer neuerlichen Bewilligung nach § 13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz. Der Verfassungsgerichtshof hält eine Auslegung des Gesetzes zumindest für denkmöglich, keinesfalls sohin für willkürlich, auf Grund derer diese Bewilligung zu verweigern ist, wenn durch die Konzentration der für ursprünglich zwei Betriebsstandorte bewilligten Tierhaltungsbestände an einem einzigen Ort nachteilige Einwirkungen auf die betroffenen Märkte zu erwarten sind und dadurch den legitimen öffentlichen Interessen an der Versorgungssicherung zuwidergehandelt würde.

3. Die Befugnis des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, über Bewilligungen für das Halten größerer Tierbestände, als nach § 13 Abs 1 Viehwirtschaftsgesetz gestattet, gemäß Abs 2 dieser Bestimmung abzusprechen, verletzt auch nicht Art 6 Abs 1 EMRK. Im Gegensatz zur Meinung des Beschwerdeführers betrifft die Verweigerung einer derartigen Bewilligung kein "civil right" gemäß Art 6 Abs 1 EMRK derart, daß die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, den von diesem Grundrecht geforderten Verfahrensstandard zu erfüllen. Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich seit seinem Erkenntnis vom , B267/86, (insoweit in Übereinstimmung mit seiner früheren, auf sein Erkenntnis VfSlg. 5100/1965 gestützten Judikatur) feststellt, genügt die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes den Anforderungen des Art 6 Abs 1 EMRK zumindest dann, wenn die "in Rede stehenden Streitigkeiten nicht über 'civil rights' selbst entstanden sind, sondern solche nur in ihren Auswirkungen betreffen" (; , B1450/88; , B684/87). Durch die Verweigerung einer Bewilligung nach § 13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz wurde gegenüber dem Beschwerdeführer eine ausschließlich im öffentlichen Interesse gelegene, öffentlich-rechtlich geregelte Beschränkung seiner Tierhaltung verwirklicht. Diese Einschränkungen betreffen die Verfügungsrechte des Beschwerdeführers über seine Betriebsmittel nur in ihren Auswirkungen, sodaß es verfassungsrechtlich im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK ausreicht, wenn eine Verwaltungsbehörde unter der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in der betreffenden Sache tätig wird.

Das für die Verweigerung einer Tierhaltungsbewilligung gemäß § 13 Abs 2 Viehwirtschaftsgesetz vorgesehene Verfahren verletzt sohin Art 6 Abs 1 EMRK nicht.

4. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsnormen und ihrer wie dargelegt - zumindest - denkmöglichen Anwendung durch die belangte Behörde wurde der Beschwerdeführer weder in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.