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OGH vom 28.07.2022, 10ObS65/22i

OGH vom 28.07.2022, 10ObS65/22i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dora Camba (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alexander Leitner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Entziehung des Rehabilitationsgeldes, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 129/21w-80, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Mit Bescheid vom sprach die beklagte Pensionsversicherungsanstalt aus, dass beim Kläger vorübergehende Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliege und das Rehabilitationsgeld mit entzogen werde.

[2] Das Erstgericht wies die auf Zuerkennung einer Invaliditätspension gerichtete Klage zurück. Das erkennbar auf Weitergewährung des Rehabilitationsgeldes über den hinaus gerichtete Begehren wies es ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] In seiner wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[4] 1. Die Revision widmet sich über weite Strecken der angeblichen „Immunisierung“ der im Verfahren erstatteten Sachverständigengutachten, indem die Vorinstanzen deren Ergebnisse praktisch für sakrosankt erklärt hätten, ihnen blind gefolgt seien und andere Beweismittel als von vornherein nicht aussagekräftig beurteilt oder gar nicht erst aufgenommen hätten.

[5] Die Frage ob ein Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, ob es erschöpfend ist und die getroffenen Feststellungen stützt oder ob ein Vorgehen nach § 362 Abs 2 ZPO notwendig ist, ist nach ständiger Rechtsprechung Teil der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung. Dies gilt auch für die Rüge des Klägers, dass das Erstgericht bei der Beweiswürdigung die Angaben seiner Gattin ignoriert habe. Das Berufungsgericht hat sich sehr wohl ausreichend mit den wesentlichen Kritikpunkten des Klägers auseinandergesetzt. Ob die im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen oder Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts richtig oder fehlerhaft sind, ist durch den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht zu überprüfen.

[6] 2. Den vom Kläger in der Revision behaupteten Verstoß des Erstgerichts gegen seine Pflicht zur amtswegigen Beweisaufnahme hat bereits das Berufungsgericht verneint. Der aus einer vermeintlichen Verletzung des § 87 Abs 1 ASGG abgeleitete Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens kann nach ständiger Rechtsprechung nicht neuerlich an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RS0043061).

[7] 3. Auch die Frage, ob das Berufungsgericht eine Beweiswiederholung für notwendig hält, betrifft die irrevisible Beweiswürdigung (RS0043125).

[8] 4. Die Ansicht des Klägers, die „Feststellung des Nichtvorliegens von Invalidität“ sei logisch nicht haltbar, weil sich sein Gesundheitszustand seit Gewährung des Rehabilitationsgeldes unstrittig laufend verschlechtert habe, übergeht, dass die Feststellung des medizinischen Leistungskalküls dem in dritter Instanz nicht überprüfbaren Tatsachenbereich angehört (RS0043118).

[9] Die dem Versicherten verbliebene Arbeitsfähigkeit ist stets unter Berücksichtigung aller Gutachten festzustellen. Maßgeblich ist also das zusammenfassende medizinische Leistungskalkül (RS0084398 ua). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es entspreche den Gesetzen der Logik, dass durch eine Besserung in dem Bereich, der zur vorübergehenden Invalidität geführt hat, die Arbeitsfähigkeit insgesamt betrachtet auch dann wiederhergestellt werden kann, wenn gleichzeitig in einem anderem Bereich Verschlechterungen eingetreten sind, bedarf keiner Korrektur.

[10] 5. Da die außerordentliche Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist sie zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00065.22I.0728.000

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