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VfGH vom 29.11.2014, B150/2013

VfGH vom 29.11.2014, B150/2013

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung einer Beschwerde wegen Abhaltung einer Schweigeminute zum Gedenken an den Kreuzestod Christi im Fernsehprogramm ORF 2 sowie in allen Hörfunkprogrammen; keine Bedenken gegen das Gebot der angemessenen Berücksichtigung gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften; kein Eingriff in die (negative) Religionsfreiheit

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Mit einem Antrag gemäß § 36 Abs 1 Z 1 Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF Gesetz, im Folgenden ORF G), BGBl 379/1984 in der Fassung BGBl I 15/2012, begehrte der Beschwerdeführer die Feststellung, dass der ORF am Karfreitag () um ca. 15.00 Uhr durch die "Abhaltung einer Schweigeminute zum Gedenken an den 'Kreuzestod Christi' im Fernsehprogramm ORF 2 sowie in allen Hörfunkprogrammen die verfassungsgemäße Verpflichtung zur Einhaltung der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität sowie die Verpflichtung zur Objektivität und Sachlichkeit verletzt habe". Soweit er sich auf das Fernsehprogramm ORF 2 und die Hörfunkprogramme Radio Niederösterreich, Radio Kärnten und Ö 1 bezog, wurde der Antrag gem. § 4 Abs 1 Z 12, § 4 Abs 5 und § 10 Abs 5 und 7 iVm §§35, 36 Abs 1 Z 1 litb iVm § 37 Abs 1 ORF G abgewiesen; hinsichtlich aller übrigen Hörfunkprogramme wurde der Antrag gem. §§35, 36 Abs 1 Z 1 litb und Abs 3 iVm § 37 Abs 1 ORF G zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.).

Ferner wurde der Antrag festzustellen, dass der ORF am Karfreitag im Fernsehprogramm ORF 2 sowie in allen Hörfunkprogrammen mit der Behauptung des Kreuzestodes Jesu Christi am "Karfreitag in der Stunde um 15.00 Uhr" gegen das Objektivitätsgebot verstoßen habe, soweit er sich auf das Fernsehprogramm ORF 2 und die Hörfunkprogramme Radio Niederösterreich, Radio Kärnten und Ö 1 bezog, gem. § 4 Abs 5 iVm § 10 Abs 5 und 7 iVm §§35, 36 Abs 1 Z 1 litb iVm § 37 Abs 1 ORF G abgewiesen; hinsichtlich aller übrigen Hörfunkprogramme wurde der Antrag gem. §§35, 36 Abs 1 Z 1 litb und Abs 3 iVm § 37 Abs 1 ORF G zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.).

2. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Auch wenn die "Sendung" einer Schweigeminute im konkreten Zusammenhang als Ausdruck des Respekts vor und der Anteilnahme mit jenen Menschen qualifiziert werden könne, für die der in Rede stehende Feiertag und diese Tageszeit aus religiösen Gründen Bedeutung besitze, gehe es im Kern ausschließlich um die Frage, ob dem ORF eine solche "Anteilnahme" auf dem Boden des ORF G untersagt sei. Aus der im § 4 Abs 1 Z 12 ORF G normierten Verpflichtung des ORF zur angemessenen Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften könne keine "umfassende Verpflichtung zur religiösen Neutralität" abgeleitet werden. Dem ORF G sei insbesondere auch kein Verbot für den ORF zu entnehmen, aus religiösen Texten vorlesen zu lassen bzw. eine "Funkstille zu senden", die im Anschluss mit dem religiösen Feiertag erklärt werde. Aus Sicht der belangten Behörde habe der ORF durch die Ausstrahlung der Beiträge seinem in § 4 ORF G umschriebenen und in dessen Abs 1 Z 12 näher festgelegten öffentlich-rechtlichen Kernauftrag entsprochen. Da es sich beim Karfreitag (sowie Karsamstag und Ostersonntag) neben Weihnachten um ein Hauptfest der christlichen Kirchen handle, bedürfe es keiner weiteren Erörterung, dass eine Berichterstattung über diesen Feiertag nicht im Wege der Berufung auf ein laizistisch verstandenes Objektivitäts- und Sachlichkeitsgebot unzulässig werde. Das ORF G überlasse es dem ORF, ob und insbesondere wie er der Verpflichtung zur angemessenen Berücksichtigung nachkomme.

Auch die vom Beschwerdeführer besonders hervorgehobene Einleitung der Schweigeminute im Programm Radio Kärnten sei nicht zu beanstanden, weil sich aus der Formulierung und Gesamtgestaltung jedenfalls kein Versuch einer einseitigen religiösen Vereinnahmung durch den ORF ableiten lasse.

Ebenso wenig lasse sich aus dem Vorbringen betreffend die "Behauptung des Kreuzestodes am 'Karfreitag in der Stunde um 15:00 Uhr' " unter dem Schlagwort Verkauf von "geschichtliche[n] Wahrheiten" eine Rechtsverletzung ableiten: Die Veranlassung einer Schweigeminute und die redaktionelle Gestaltung im Umfeld derselben stellten im Kontext der Regelungen des öffentlich rechtlichen Kernauftrags gerade keine Bevorzugung oder Präferenz einer bestimmten Glaubensrichtung dar, sondern ließen sich unter Berücksichtigung der Bedeutung des Karfreitags für christliche Religionen ohne Weiteres als Ausdruck der "angemessenen Berücksichtigung" (§4 Abs 1 Z 12 ORF G) verstehen. Unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges könne beim Durchschnittsbetrachter kein hervorstechender oder verzerrender Eindruck des behandelten Themas hervorgerufen worden sein.

Dem auf Art 9 EMRK gestützten Vorbringen sei zu entgegnen, dass § 1 Abs 3 ORF G zwar die Verpflichtung beinhalte, auf die Grundprinzipien des österreichischen Verfassungsrechts und auf die Grundrechte Bedacht zu nehmen, aber gleichzeitig kein Verbot normiere, im Wege spezifischer Sendungen auf die religiösen Gefühle einzelner Personengruppen spezifisch Bedacht zu nehmen. Im Übrigen stelle eine solche Bedachtnahme keine automatische Diskriminierung anderer Personengruppen mit anderer bzw. gar keiner religiösen Grundhaltung dar, selbst wenn dies – wie der Beschwerdeführer ausführe – von "Anders oder Nichtgläubigen als unpassend empfunden" werde.

Für den Bundeskommunikationssenat sei nicht ersichtlich, warum auf die "vergleichbaren Verfassungsnormen Deutschlands" abzustellen und auf deren Verständnis zur Verhinderung missionarischer und diskriminierender Maßnahmen "der öffentlichen Gewalt" einzugehen wäre. Schließlich sei für die belangte Behörde auch keine Verletzung des Objektivitätsgebotes durch die Aussage zum Kreuzestod Christi am "Karfreitag in der Stunde um 15 Uhr" erkennbar: Selbst der von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Maßfigur erhobene durchschnittlich verständige und durchschnittlich informierte Beobachter werde der Aussage nicht deshalb eine höhere, die "historische Wahrheit" beinhaltende Bedeutung zumessen, weil er dem ORF eine – wie der nunmehrige Beschwerdeführer meine – "höhere Richtigkeitsgewähr" attestiere. Es könne dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die Zeitangabe in "biblischen Stunden" objektivierbar sei, weil die maßgebliche Prägung des Bewusstseins über den Bedeutungsgehalt des Feiertages und der "Trauerstunde" nicht vom ORF, sondern vielmehr von den christlichen Glaubensgemeinschaften selbst ausgehe. Die Sichtweise des Beschwerdeführers, dass die Anforderungen an einen Durchschnittsbetrachter "bei weitem überspannt" würden und dieser sich deswegen ohne jede weitere Reflexion auf eine vom ORF verbreitete "falsche historische Tatsache" verlassen würde, attestiere dem Durchschnittsösterreicher nur geringe intellektuelle Kapazitäten.

Die Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich der übrigen Programme sei nicht zu beanstanden, da sich die erstinstanzliche Behörde detailliert mit der Frage der Substantiierung des Beschwerdegegenstandes auseinandergesetzt habe und der Beschwerdeführer keinerlei Versuch unternommen habe, den bloß im Wege von Vermutungen "analoger Rechtsverletzungen" beschriebenen Beschwerdegegenstand konkreter darzulegen.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und im Recht auf Religionsfreiheit, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

1.1. Aus der österreichischen Bundesverfassung ergebe sich das Prinzip der Säkularität, demzufolge der Staat keine transzendenten Zwecke verfolgen dürfe. Das B VG verzichte auf eine einleitende Anrufung Gottes oder Hinweise auf sakrale Wurzeln oder religiös transzendentale Zwecke des Staates. Im Zusammenhang mit den genannten Prinzipien stehe auch das sich aus der umfassenden Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem im Art 9 EMRK und Art 2 StGG verankerten Gleichheitssatz in Verbindung mit seiner besonderen Ausprägung nach Art 14 Abs 2 StGG ergebende Gebot der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität des Staates. Art 14 Abs 2 StGG verdeutliche, dass der Staat außerdem die bürgerlichen und politischen Rechte nicht von einem bestimmten Religionsbekenntnis abhängig machen dürfe, indem er etwa die Angehörigen eines bestimmten Bekenntnisses rechtlich privilegiere. Der Staat sei zur Neutralität gegenüber verschiedenen Bekenntnissen verpflichtet. Die konfessionelle und weltanschauliche Neutralität des Staates resultiere aus der umfassenden Verbürgerung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit, zumal jede Religion stets eine mehr oder weniger ausgeprägte politische Komponente enthalte.

In Art 9 EMRK fänden sich auch konstitutiv-institutionelle Komponenten, die den Staat zur weltanschaulichen Neutralität anhielten. Das Säkularitätsprinzip lasse sich, auch wenn es in der österreichischen Verfassung nicht ausdrücklich normiert sei, (negativ) aus dem republikanischen Grundprinzip, dem fehlenden Hinweis auf transzendente Zwecke sowie (positiv) aus der Religions- und Gewissensfreiheit und dem Gleichheitssatz ableiten.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers könne es nicht allein auf seine Religion und/oder Weltanschauung ankommen, und er habe demnach auch keinen alleinigen Eingriff in seine Religions- und Gewissensfreiheit behauptet, sondern vom ORF, der im Lichte des ArtI Abs 3 BVG Rundfunk eine öffentliche Aufgabe wahrnehme, ein staatlich neutrales Verhalten gegenüber Religionen und Weltanschauungen eingefordert, und zwar auf der Grundlage einer generellen Verpflichtung des Staates zur grundsätzlichen Säkularität unter Gleichbehandlung von Religionen und Weltanschauungen. Diese Pflicht könne der Staat nur gewährleisten, wenn er jegliche Bevorzugung einer Religion oder Weltanschauung unterlasse, denn jede Bevorzugung einer Religion trage die Diskriminierung anderer Religionen und Weltanschauungen bereits in sich.

1.2. Dem Argument der belangten Behörde, der ORF habe sich durch die Gestaltung und Ausstrahlung der Sendung im Rahmen des durch § 4 Abs 1 Z 12 ORF-G gesetzlich vorgegebenen Kalküls bewegt, hält der Beschwerdeführer entgegen, dass die Bedeutung der christlichen Kirchen und die Zahl der Gläubigen in Österreich im Sinken begriffen sei, sodass darin weniger eine angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der Kirchen, als vielmehr eine Förderung der Interessen dieser Kirchen zu erblicken sei. Der Karfreitag sei für die Kirchen, nicht aber für die Bevölkerung von Bedeutung. Die "Berichterstattung" habe in der Bezeugung einer Ehrerbietung gegenüber einer bestimmten Gottheit bestanden, dies sei insbesondere im Radio Kärnten zum Ausdruck gekommen, wonach der ORF der Sterbestunde Jesu Christi mit einer Schweigeminute gedacht habe. Die KommAustria habe ausgeführt, dass die Sendung nicht in herkömmliche Kategorien einzuordnen sei, sondern es sich bei der Verbreitung der religiösen Inhalte und der anschließenden Schweigeminute um ein Stilmittel handle, mit dem der ORF nicht missionieren oder predigen, sondern sein Mitgefühl oder seine (An )Teilnahme ausdrücken wolle. Bereits die Einordnung einer Funkstille als Berichterstattung durch die belangte Behörde mute befremdlich an und bereite prinzipiell jeglicher beliebig religiös konnotierten Programmgestaltung den Weg.

1.3. Der ORF habe nicht über ein religiöses Ereignis berichtet, sondern dieses selbst inszeniert. Er habe mit seiner Sendung im eigenen Namen die Erinnerung an eine Gottheit der christlichen Religionen gepflegt und wachgehalten. Es sei evident, dass die Abhaltung einer Schweigeminute für eine Gottheit eine Bevorzugung und Präferenz der christlichen Religionen erkennen lasse und der Inbegriff der Ehrbezeugung gegenüber der ausschließlich transzendenten Person Jesu Christi sei. Die Schweigeminute habe auch kein kulturell-folkloristisches Element, wie dies vom Kreuz (in Klassenzimmern) behauptet worden sei.

Das Glaubensbekenntnis des ORF in dessen Programmangebot nehme eine Sonderstellung ein, die alleine der Gottheit der katholischen bzw. evangelischen Kirche gewährt werde, und verletze damit einerseits § 4 Abs 1 Z 12 ORF-G, nach dem die Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften angemessen zu berücksichtigen, nicht aber Glaubensinhalte und bekenntnisse des ORF selbst zu verbreiten seien, andererseits das verfassungsmäßige Gebot der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität, das vom ORF bei Erfüllung seines Auftrages (§1 Abs 3 ORF-G) zu beachten sei. Die Meinungsäußerungsfreiheit des ORF habe gegenüber dem Gebot der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität des Staates zurückzustehen, um schon den Anschein einer Diskriminierung von bestimmten Religionen und Weltanschauungen bzw. das Vorliegen einer Staatskirche zu vermeiden.

1.4. Der rechtlichen Einschätzung der belangten Behörde, wonach die Schweigeminute keine christlichen Religionen bevorzugen würde, lägen keinerlei Feststellungen zugrunde, dass der ORF Festtage anderer Religionen oder Weltanschauungen in gleicher Weise würdigen würde. Die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid denkunmöglich begründet und den Beschwerdeführer damit in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

1.5. Schließlich behauptet der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit jener Bestimmungen, auf die die belangte Behörde "die Förderung der christlichen Glaubensinhalt[e] stützt (§§4 Abs 1 Z 12, 14 Abs 3, 28 Abs 3, 30 Abs 1 Z 2 ORF G; 10 Abs 2 Z 1 AMD-G, § 8 Z 1 PrR-G)". Diese bevorzugten die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften alleine auf Grund von (religiösen) Weltanschauungen. Jene einfachgesetzliche Grundlage, auf die die belangte Behörde ihre Analogie zum Förderwillen des Gesetzgebers aufbaue, stehe im Widerspruch zum Willen des Konventions-, Verfassungs- und europäischen Gesetzgebers.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und verwies auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Weiters stellte sie den Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den Beschwerdeführer zum "Ersatz des der belangten Behörde entstandenen Aufwandes gemäß § 47 ff VwGG iVm der VwGH –Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II 455/2008, (Vorlageaufwand) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu verpflichten".

5. Der mitbeteiligte ORF erstattete eine Äußerung, in der er die Abweisung der Beschwerde sowie Kostenersatz für den Schriftsatz beantragte.

1.6. Vorgebracht wurde unter anderem, dass in Österreich zwischen staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften und eingetragenen Bekenntnisgemeinschaften unterschieden werde, denen jeweils unterschiedliche Rechte zuerkannt würden. Wie der Gesetzeslage zu entnehmen sei, bedeute Säkularität nicht ein "Gebot der Gleichbehandlung sämtlicher Glaubensrichtungen". Das Gebot der Trennung von Religion und Staat bedeute vielmehr, dass der Staat gegenüber anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften unterscheide. Es bestehe ein Rechtsmonopol des Staates gegenüber einer bevorzugten oder eben auch nicht bevorzugten Behandlung von anerkannten und nicht anerkannten Religionsgesellschaften bzw. sonstiger Glaubensrichtungen bzw. Glaubensformen. Die Beschwerdebehauptungen der Verletzung des Säkularitätsprinzips und des republikanischen Grundprinzips träfen nicht zu, denn wenngleich in Österreich ein Machtmonopol des Staates gegenüber der Kirche bestehe, gebe es unterschiedliche Kooperationen mit unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften, Kirchen, religiösen Bekenntnisgemeinschaften etc. Diese Kooperationsformen seien gesetzlich vorgesehen und grundrechtlich abgesichert.

1.7. In Art 15 StGG sei verankert, dass jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung habe. Weiters sei in Art 14 StGG jedermann die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet. Diese Verfassungsgesetze stellten einen Teil des liberalen Grundprinzips dar, und das Bestehen dieses Grundprinzips verletze nicht das republikanische Grundprinzip, vielmehr seien diese Prinzipien gleichrangig.

1.8. Für die Behauptung der Beschwerde, dass es auf Grund des Säkularitätsprinzips unzulässig sei, öffentliche Religionsausübungen wie die Schweigeminute im ORF zuzulassen, böten Art 9 und Art 14 EMRK keine Rechtsgrundlage. Der ORF sei selbst Grundrechtsträger und Art 10 EMRK schütze die Rundfunkveranstaltungsfreiheit. Eine Abwägung der Grundrechte der Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit einerseits und der Religionsfreiheit andererseits sei geboten. In der Judikatur des EGMR wurde etwa die Zulässigkeit der Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern bejaht, und in der Entscheidung "Otto Preminger-Institut vs Österreich" von 1994 seien ebenfalls die angesprochenen Grundrechte gegeneinander abgewogen worden. Dabei sei ausgesprochen worden, dass jene, die von ihrer Religionsfreiheit Gebrauch machten, nicht darauf vertrauen könnten, in diesem Bereich von jeglicher Kritik ausgenommen zu sein. Sie hätten die Zurückweisung ihrer religiösen Ansichten durch andere zu akzeptieren und zu tolerieren, dies gelte auch für die Verbreitung von religiösen Doktrinen, die ihrem eigenen Glaubensverständnis widersprächen.

Nach Auffassung des beteiligten ORF müsse dies umso mehr dann gelten, wenn ein Beschwerdeführer "allgemeine Religionsneutralität" einfordern wolle, wofür die Verfassung keinen Anhaltspunkt biete. Der öffentlich-rechtliche Kernauftrag zur angemessenen Berücksichtigung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sei als eine Richtschnur zur inhaltlichen Gestaltung des Gesamtprogramms anzusehen und verpflichte den ORF nicht, Sendungen mit bestimmten Inhalten in sein Programm aufzunehmen.

1.9. Unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes führe im konkreten Fall eine Interessenabwägung zwischen den beiden betroffenen Grundrechten dazu, dass die Ausstrahlung einer "Schweigeminute" in der gewählten Form zulässig sei. Darüber hinausgehend stelle sich die Frage, ob die Religionsfreiheit des Beschwerdeführers überhaupt durch eine Sendung des ORF verletzt sein könne.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 15/2012, lauten:

"Öffentlich-rechtlicher Kernauftrag

§4. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote zu sorgen für:

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;

[…]

12. die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften;

[…]

(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen und Angebote weiters für

1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;

2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;

3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität

zu sorgen.

(5a) […]

(6) Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.

[…]

§10. (1) Alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.

(2) Die Sendungen dürfen nicht zu Hass auf Grund von Rasse, Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion und Nationalität aufreizen.

(3) Das Gesamtangebot hat sich um Qualität, Innovation, Integration, Gleichberechtigung und Verständigung zu bemühen.

(4) Die umfassende Information soll zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Dienste des mündigen Bürgers und damit zum demokratischen Diskurs der Allgemeinheit beitragen.

(5) Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen.

(6) Die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ist angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten.

(7) Kommentare, Analysen und Moderationen haben sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen.

[…]

§36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen – soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist – über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Be-stimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs 2 erteilten Auflagen

1. auf Grund von Beschwerden

a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

b. eines die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von dieser befreiten Rundfunkteilnehmers im Sinne des Rundfunkgebührengesetzes, sofern die Beschwerde von mindestens 120 solchen Personen oder Personen, die mit einem die Rundfunkgebühr entrichtenden oder mit einem von dieser Gebühr befreiten Rundfunkteilnehmer im gemeinsamen Haushalt wohnen, unterstützt wird sowie

c. eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden.

2. […]

3. […]

(2) Die Unterstützung einer Beschwerde gemäß Abs 1 Z 1 litb ist durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Personen, die die Beschwerde unterstützen, festgestellt werden kann.

(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

(4) Der Österreichische Rundfunk hat von allen seinen Sendungen und Online-Angeboten Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen aufzubewahren. Im Falle einer Aufforderung der Regulierungsbehörde hat er dieser die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies hat er jeder Person, die daran ein rechtliches Interesse darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.

§37. (1) Die Entscheidung der Regulierungsbehörde besteht in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist.

(2) Wird von der Regulierungsbehörde eine Verletzung des ORF-Gesetzes durch eines der im § 19 genannten Organe festgestellt, die im Zeitpunkt dieser Feststellung noch andauert, dann kann die Regulierungsbehörde die Entscheidung des betreffenden Organs aufheben. Das betreffende Organ hat unverzüglich einen der Rechtsansicht der Regulierungsbehörde entsprechenden Zustand herzustellen; kommt das betreffende Organ dieser Verpflichtung nicht nach, dann kann die Regulierungsbehörde unter gleichzeitiger Verständigung des Stiftungsrates, erfolgt die Verletzung des ORF-Gesetzes jedoch durch den Stiftungsrat selbst, dann unter gleichzeitiger Verständigung der Bundesregierung das betreffende Kollegialorgan auflösen bzw. das betreffende Organ abberufen. In diesem Falle ist das betreffende Organ unverzüglich nach diesem Bundesgesetz neu zu bestellen.

(3) Die Regulierungsbehörde hat über Beschwerden und Anträge ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt des Einlangens, zu entscheiden.

(4) Die Regulierungsbehörde kann auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung erkennen und dem Österreichischen Rundfunk oder einer Tochtergesellschaft auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm oder in welchem Online-Angebot diese Veröffentlichung zu erfolgen hat."

III. Erwägungen

6. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

7. Der Beschwerdeführer behauptet die Verfassungswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen, insbesondere der §§4 Abs 1 Z 12, 14 Abs 3, § 28 Abs 3 sowie § 30 Abs 1 Z 2 ORF-G, da diese die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bevorzugten.

1.1. Für den Rundfunk sieht das Bundesverfassungsgesetz vom , BGBl 396, über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks besondere verfassungsrechtliche Garantien und Auflagen vor. Die näheren Bestimmungen für den Rundfunk und seine Organisation sind nach ArtI Abs 2 erster Satz BVG Rundfunk bundesgesetzlich festzulegen. Ein solches Bundesgesetz hat zufolge ArtI Abs 2 zweiter Satz leg. cit. insbesondere Bestimmungen zu enthalten, die "die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe, die mit der Besorgung der im Abs 1 genannten Aufgaben betraut sind, gewährleisten" (VfSlg 16.468/2002). Die angewendeten Rechtsvorschriften ergingen in Umsetzung der Gebote u.a. der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme nach ArtI Abs 2 des BVG Rundfunk (VfSlg 19.586/2011).

1.2. Die Beschwerdebehauptungen hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit einzelner Bestimmungen des ORF-G richten sich substantiiert nur gegen § 4 Abs 1 Z 12 ORF-G, demzufolge der ORF durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote für die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu sorgen hat. Der Beschwerdeführer vermeint in dieser Bestimmung eine Bevorzugung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu sehen, die andere Weltanschauungen damit in verfassungswidriger Weise diskriminiere. Mit dieser Behauptung ist der Beschwerdeführer nicht im Recht.

1.3. Das Gebot des § 4 Abs 1 Z 12 ORF-G der angemessenen Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ist durch die Gesamtheit der verbreiteten Programme und Angebote zu beachten.

1.3.1. Die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt durch das ORF-G ist bereits durch ArtI Abs 2 BVG über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks geboten. Im Rahmen dieser Vielfaltssicherung kommt dem öffentlichen Rundfunk ein weiter Spielraum zu, wobei es dem Staat verwehrt ist, Wertigkeit und Stil oder Niveau des Rundfunkprogramms zu bewerten. Der die Rundfunkfreiheit ausgestaltende Gesetzgeber muss die aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit (Art9 EMRK, Art 14 StGG) erfließenden verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen berücksichtigen. Dabei geht es einerseits um grundrechtliche Positionen jener Personen, die religiöse Sendungen und Sendungsinhalte empfangen möchten; andererseits kann auch die (negative) Religionsfreiheit von Personen berührt sein, die einer Glaubenswerbung ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, dass zwar ein Schutz vor Übergriffen einer Religionsgemeinschaft oder Angehörigen derselben gewährleistet ist, nicht aber die Freiheit vor jeder Konfrontation mit religiösen Auffassungen (vgl. Grabenwarter , Religiöse Sendungen im Spannungsfeld zwischen Rundfunkfreiheit und Religionsfreiheit, FS Isensee, 2007, 1059 ff. [1064]).

1.3.2. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund liegt es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in angemessener Weise in den Programmen des ORF zu berücksichtigen, wobei auch in diesem Bereich jede zulässige Darbietung des ORF dem Objektivitätsgebot unterliegt (vgl. VfSlg 17.082/2003).

1.3.3. § 4 Abs 1 Z 12 ORF-G berücksichtigt daher nicht nur die verfassungsrechtlich gebotene Meinungsvielfalt, sondern auch die Religionsfreiheit. Den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend muss dem Objektivitätsgebot im konkreten Programm Rechnung getragen werden (zu den unterschiedlichen Anforderungen je nach Art der Sendung und je nachdem, ob es sich um vom ORF selbst verantwortete Programme oder um die Ausstrahlung bloß von ihm übernommener Programme handelt, siehe VfSlg 17.082/2003).

1.3.4. Weitere Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen sind aus Anlass des Beschwerdefalls nicht entstanden.

8. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

1.4. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

1.5. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

1.6. Keiner dieser Mängel liegt hier jedoch vor:

Vor dem Hintergrund der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen des ORF-G ist zu prüfen, ob die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheids Willkür geübt hat. Dabei ist zu beurteilen, ob der belangten Behörde mit der Ansicht, dass die Sendung der Schweigeminute das Maß einer angemessenen Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften nicht überschreite, ein gehäuftes Verkennen der Rechtslage unterlaufen ist.

Wie bereits unter 2.3. dargelegt, kommt dem ORF in diesem Zusammenhang ein redaktioneller Gestaltungsspielraum zu, wie er den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag erfüllt (vgl. VfSlg 19.742/2013, Punkt 7.3.). Schranken im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit könnten sich beispielsweise dann ergeben, wenn Fernsehsendungen in einem religiösen Kontext zu Gewalt auffordern und daher – insbesondere mit dem Ziel des Jugendschutzes – gesetzlich verboten werden.

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den die verfassungsgesetzlichen Gebote der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung sowie der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme konkretisierenden gesetzlichen Bestimmungen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte (VfSlg 18.744/2009). Die belangte Behörde hat bei der Erlassung des angefochtenen Bescheids auch nicht Willkür geübt.

9. Hinsichtlich der weiteren behaupteten Rechtsverletzungen ist für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich, dass eine Schweigeminute im Programm des ORF einen Eingriff in die Religionsfreiheit des Beschwerdeführers darstellen könnte (zur negativen Religionsfreiheit vgl. VfSlg 19.349/2011 mwN). Inwieweit die – aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenkliche und in § 4 Abs 1 Z 12 ORF G vorgesehene – Berücksichtigung einer gesetzlich anerkannten Kirche eine Bevorzugung dieser Kirche und eine Diskriminierung des Beschwerdeführers darstellen könnte, ist für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar.

IV. Ergebnis

10. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

11. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

12. Dem Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kosten als Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwands ist schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (zB VfSlg 17.873/2006 mwN).

13. Der beteiligten Partei, die im Beschwerdeverfahren eine Äußerung erstattet hat, ist ein Kostenersatz nicht zuzusprechen, weil es sich bei dem von ihr eingebrachten Schriftsatz, mit dem sie von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht hat, nicht um einen abverlangten Schriftsatz handelte und ihre Ausführungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren (vgl. VfSlg 17.568/2005, 18.315/2007, 19.418/2011).

14. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:B150.2013