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OGH vom 21.01.2011, 9ObA88/10x

OGH vom 21.01.2011, 9ObA88/10x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Georg Eberl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Franz Müller Strobl und Dr. Robert Kugler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch NM Norbert Moser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Klagenfurt, wegen Entlassungsanfechtung (§§ 105, 106 ArbVG), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 30/10h 33, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Im Rahmen der Mängelrüge macht die Revisionswerberin in unzulässiger Weise bereits vom Berufungsgericht verneinte Mängel erneut geltend, worauf nicht weiter einzugehen ist.

Zur Arbeitnehmerstellung des Klägers:

Die beklagte Kommanditgesellschaft wendet ein, dass der Kläger als ihr 40 % Kommanditist bzw als 40 % Gesellschafter ihrer Komplementärgesellschaft „Hauptgesellschafter“ und damit leitender Angstellter im Sinn des § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG sei, sodass er sich nicht auf den Schutz der §§ 105, 106 ArbVG berufen könne. Die Beklagte verschweigt dabei, dass die Geschäftsführerin der Komplementärin über idente Anteile als Kommanditistin der Beklagten und Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft verfügt bzw deren engere Familie (einschließlich ihres Vaters und Mitgeschäftsführers), somit die Kontrahenten des Klägers, zusammen jeweils die restlichen 60 % Anteile hält. Von einer „Hauptgesellschafter“ Stellung des Klägers, dem keine Geschäftsführungsbefugnisse zukommen, kann daher nicht die Rede sein. Für die Stellung als leitender Angestellter iSd § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG ist nach der Rechtsprechung vor allem auf die rechtliche Entscheidungsbefugnis im personellen Bereich abzustellen (RIS Justiz RS0053034; RS0050979; RS0051002). Diese lässt sich aber allein aus der Gesellschafterstellung des Klägers nicht ableiten. Die Beklagte unterstreicht gerade durch das Anführen der Agenden, für die nach dem Gesellschaftsvertrag bei der Beschlussfassung eine 75 % Mehrheit erforderlich ist, dass der gewöhnliche Geschäftsbetrieb, wie insbesondere Personalangelegenheiten, von einer Sperrminorität nicht betroffen ist, sondern in der Kompetenz der Komplementärgesellschaft bzw deren Geschäftsführer liegt. Auch die übrigen Feststellungen über das dem Kläger zuletzt noch eingeräumte Tätigkeitsfeld lassen die Verneinung einer Funktion als leitender Angestellter jedenfalls vertretbar erscheinen.

Zu den behaupteten Entlassungsgründen:

Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der durch längere Zeit von den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern immer mehr zurückgedrängte Kläger im Juli 2008 vehement versuchte, wieder eine seiner Beteiligung entsprechende Stellung mit laufenden Kontrollmöglichkeiten zu erlangen und zumindest subjektiv ausreichende Indizien dafür hatte, dass ein Geschäftsführer sich bzw seiner Familie nicht zustehende Vorteile verschafft hatte. Wenn daher das Berufungsgericht die Entlassungsgründe sowohl nach § 27 Z 1 AngG 3. Tatbestand als auch nach § 27 Z 6 AngG verneint hat, liegt darin eine zumindest vertretbare Beurteilung im Einzelfall.

Zur Sozialwidrigkeit:

Die Revisionswerberin führt ins Treffen, dass das Vermögen des Klägers keine ausreichende Berücksichtigung gefunden habe. Dabei übersieht sie aber, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verhalten ist, zugunsten des Arbeitgebers den Vermögensstamm zur Vermeidung von finanziellen Einbußen anzugreifen, sondern darauf nur insoweit Bezug zu nehmen ist, als aus einem Vermögen Erträge und damit ein laufendes Einkommen erzielt werden (RIS Justiz RS0110944). Dies ist nicht hervorgekommen und wurde auch nicht ausreichend konkret behauptet. Im Übrigen ist sowohl für die Beurteilung der Interessenbeeinträchtigung als auch der Interessenabwägung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG immer auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, sodass regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (RIS Justiz RS0051741; RS0051753).