OGH vom 27.07.2004, 10ObS65/04p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Loibl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helmut W*****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Just, Rechtsanwalt in Eferding, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Integritätsabgeltung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 2/04g-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cgs 178/02h-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am waren der damals 16jährige Kläger und der 17jährige Reinhard R***** als Kfz-Mechaniker-Lehrlinge bei der T***** GmbH & Co KG in Eferding beschäftigt. R***** hatte an diesem Tag in der Kfz-Werkstätte die Bremsbacken an einem Audi Quattro (2,8 E V6 Automatic) zu erneuern. Als Lehrling im dritten Lehrjahr konnte er diese Reparatur bereits selbständig durchführen. Anschließend wollte er mit dem PKW vom Abstellplatz wegfahren.
Nach dem Auswechseln der Bremsbacken muss die Bremse zunächst aufgepumpt werden, damit wieder der richtige Bremsdruck erreicht wird und die Bremsbacken ordnungsgemäß an der Bremsscheibe anliegen.
Das Aufpumpen der Bremse führte R***** aber nicht bei gestartetem Motor durch, weshalb in der Folge keine ausreichende Bremswirkung erzielt wurde. Als R***** daher nach dem Starten des Motors mit dem Rückwärtsgang wegfuhr und dann bremsen wollte, war die von ihm betätigte Fußbremse nicht wirksam, sondern ließ sich durchtreten. R***** konnte dadurch den schnell rückwärtsfahrenden Audi-Quattro nicht zum Stillstand bringen. Möglicherweise hat er durch das Durchtreten des Bremspedals auch das Gaspedal mitbetätigt oder stieg gar versehentlich auf das Gaspedal um. R***** stieß mit dem umgebremsten Fahrzeug gegen eine Hebebühne, von der ein anderer PKW herabstürzte und den Kläger schwer verletzte. Der durch diesen Arbeitsunfall bedingte Integritätsschaden des Klägers beträgt 75 %.
Entgegen § 6 Abs 1 Z 18 der Verordnung über Beschäftigungsverbote und Beschäftigungsbeschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO BGBl II 1998/496) war es Reinhard R***** - wie auch allen anderen Lehrlingen im dritten Lehrjahr - im Unternehmen der T***** GmbH & Co KG grundsätzlich erlaubt, selbständig Kraftfahrzeuge auf dem Betriebsgelände zu lenken, ohne dass hiefür die praktischen Fähigkeiten eigens überprüft wurden. R***** besaß auch weder einen Lernfahrausweis nach § 122a KFG noch verfügte er am Unfalltag über eine Lenkerberechtigung. Allerdings hatte er bereits ausreichende praktische Kenntnisse, um einen (auch einen automatikgetriebenen) PKW richtig zu lenken und zu bedienen, sodass er fünf Tage nach dem Unfall erfolgreich die Führerscheinprüfung für die Klassen A und B (und) am auch für die Klassen C und E ablegte.
Die beklagte Unfallversicherungsanstalt lehnte die Gewährung einer Integritätsabgeltung mit der Begründung ab, dass der Arbeitsunfall nicht durch die grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften verursacht worden sei.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger eine Integritätsabgeltung im gesetzlichen Ausmaß. Der Arbeitsunfall sei durch grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften verursacht worden, weil Reinhard R***** bei Einhaltung des § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO nicht mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen auf dem Betriebsgelände hätte betraut werden dürfen. Dem Lehrling sei das Lenken von Fahrzeugen sogar ausdrücklich erlaubt gewesen, sodass die genannte Arbeitnehmerschutzbestimmung vorsätzlich missachtet worden sei.
Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung. Eine grob fahrlässige Missachtung von Arbeitnehmerschutzvorschriften komme schon deshalb nicht in Betracht, weil Reinhard R***** fünf Tage nach dem Unfall die Führerscheinprüfung erfolgreich abgelegt habe. Es sei daher anzunehmen, dass er auch am Unfallstag bereits über die praktischen Fähigkeiten zum Lenken eines Kraftfahrzeuges verfügt habe. Das Überlassen des PKW an den Genannten stelle daher keinen gravierenden Sorgfaltsverstoß dar, zumal der Eintritt eines Schadens nicht geradezu als wahrscheinlich habe erscheinen müssen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Den eingangs zusammengefasst wiedergegeben Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, es sei hier zwar unstrittig gegen die KJBG-VO als Arbeitnehmerschutzvorschrift iSd § 213a ASVG verstoßen worden, weil der damals noch 17jährige Reinhard R***** im Unfallszeitpunkt weder eine Lenkerberechtigung noch einen Lernfahrausweis besessen habe. Ein Zuwiderhandeln gegen eine Unfallverhütungsvorschrift reiche aber für sich alleine - selbst wenn die Übertretung vorsätzlich erfolge - noch nicht für die Annahme grober Fahrlässigkeit aus. Entscheidendes Kriterium sei vielmehr, dass eine ungewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliege, die den Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern auch als wahrscheinlich erscheinen lasse. Hier könne eine grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften deshalb nicht als schadenskausal angesehen werden, weil eine subjektive Vorwerfbarkeit nicht vorliege. Reinhard R***** habe über ausreichende praktische Kenntnisse im Umgang mit Fahrzeugen verfügt, sodass er nur fünf Tage später die Lenkerberechtigung der Gruppen A und B erworben habe. Bei Überlassung des Kraftfahrzeuges zum selbständigen Lenken auf dem Betriebsgelände sei daher keinesfalls der Eintritt eines Schadens vorhersehbar gewesen. Es liege vielmehr der Schluss nahe, dass sich der Unfall genauso ereignet hätte, wenn es fünf Tage später zu derselben Situation gekommen und Reinhard R***** bereits die Lenkerberechtigung besessen hätte. Außerdem habe sich der Unfall deshalb ereignet, weil R***** als Lehrling im dritten Lehrjahr die Bremsen nicht ausreichend aufgepumpt habe und ihm dann unter Umständen auch noch ein Reaktionsfehler unterlaufen sei. Allgemeine Fahrregeln der Straßenverkehrsordnung und Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes gehörten aber nicht zum Kreis der spezifischen Arbeitnehmerschutzvorschriften, weil sie einen für jedermann geltenden Sorgfaltsmaßstab darstellten, also prinzipiell nicht auf den Kreis der Arbeitnehmerschaft beschränkt seien.
Mit dem angefochtenen Urteil änderte das Berufungsgericht diese Entscheidung dahin ab, dass das Klagebegehren als dem Grunde nach im Ausmaß von 60 vH zu Recht bestehe und der Beklagten aufgetragen werde, dem Kläger eine vorläufige Zahlung von EUR 50.000 zu leisten. Entgegen der Beurteilung des Erstgerichtes hielt das Gericht zweiter Instanz die Argumentation des Klägers für beachtlich, der die ungewöhnliche und auffallende Vernachlässigung der Sorgfaltspflichten des Dienstgebers darin erblickt habe, dass allen Lehrlingen im dritten Lehrjahr - entgegen § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO - das selbständige Lenken von Kraftfahrzeugen auf dem Betriebsgelände ausdrücklich erlaubt wurde (ohne dass deren praktische Fähigkeiten eigens geprüft worden seien), und dass sich der Dienstgeber (wenn er sich schon über die genannte Arbeitnehmerschutzvorschrift generell hinwegsetzte) zumindest hätte überprüfen müssen, ob die betroffenen Lehrlinge im Einzelfall tatsächlich über ausreichende praktische Fähigkeiten und Kenntnisse zum Lenken von Kraftfahrzeugen und zur Bedienung von technischen Einrichtungen verfügten, widrigenfalls ein Schadenseintritt aufgrund des verbotenen Lenkens von Kraftfahrzeugen durch minderjährige Lehrlinge nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich anzunehmen sei, sodass eine grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften vorliege, die im konkreten Fall den Schaden verursacht habe:
Auszugehen sei davon, dass es sich bei leg cit um eine spezifische Arbeitnehmerschutzvorschrift iSd § 213a ASVG handle und nicht bloß um eine von jedermann einzuhaltende Schutznorm, die - wie die StVO - nicht auf den Kreis der Arbeitnehmerschaft beschränkt sei. Die KJBG-VO enthalte eine ganze Reihe von Beschäftigungsverboten und - Beschränkungen, die einerseits den Schutz des Jugendlichen selbst bezweckten, andererseits aber auch den Schutz der Arbeitskollegen vor allen Gefahren, die von den für Jugendliche verbotenen Arbeiten ausgingen. Dies zeige sich gerade an der hier einschlägigen Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO, weil die Gefährdung der auf dem Betriebsgelände (hier in einer Werkstätte) tätigen Personen durch Kraftfahrzeuge, die von ungeübten (unerfahrenen) Lenkern ohne Fahrberechtigung in Betrieb genommen werden, zumindest gleich groß sei, wie für den (jugendlichen) Lenker selbst. Die Bestimmung bezwecke daher nicht nur die körperliche Unversehrtheit des Jugendlichen, sondern zweifellos auch die Integrität der Arbeitskollegen. Dieser Regelungszweck zeige sich im Übrigen an folgenden weiteren Beispielen der genannten Schutzvorschrift: Z 15 (Bedienung von bühnentechnischen Einrichtungen), Z 17 (Führen von Bauaufzügen), Z 19 (Einschießen von Waffen) und Z 21 (Bedienen von "Hebezeugen"). Da das Gesetz von grob fahrlässiger Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, nicht jedoch von grob fahrlässiger Schädigung spreche, komme es für die Anspruchsbegründung nicht darauf an, dass nachgewiesen werde, welche (bestimmte) Personen den Unfall grob fahrlässig verursacht hätten, sondern nur (darauf), ob Arbeitnehmerschutzvorschriften grob fahrlässig im Rahmen des vom Dienstgeber zu vertretenden und ihm zuzuordnenden Bereiches verletzt worden seien. Dass der Arbeitsunfall der Klägers im vorliegenden Fall gerade deshalb verursacht wurde, weil Reinhard R***** - entgegen dem gesetzlichen Verbot - den von ihm reparierten PKW gelenkt habe, sei nicht strittig. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Unfall nicht auf einen Fahrfehler im engeren Sinn, sondern darauf zurückzuführen sei, dass bei der Inbetriebnahme des PKW die Bremsen nicht fachmännisch aufgepumpt worden seien. Es handle sich dabei nämlich um eine mit dem Lenken des Kraftfahrzeuges untrennbar in Zusammenhang stehende Maßnahme, die genauso wie das Lenken des PKW entsprechende Kenntnisse verlange, über die ein Jugendlicher in der Regel noch nicht verfüge.
Strittig sei, ob das Verbot des "§ 18 Abs 1 Z 18" (richtig: § 6 Abs 1 Z 18) KJBG-VO grob fahrlässig außer Acht gelassen worden sei. Entscheidende Kriterien für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades sei nicht die Zahl der übertretenen Vorschriften, sondern die Schwere der Sorgfaltsverstöße und die für den Arbeitgeber erkennbare Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes. Im Wesentlichen sei zu prüfen, ob der Arbeitgeber als Adressat der Arbeitnehmerschutzvorschriften nach objektiver Betrachtungsweise ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt habe. Hier sei zu beachten, dass die Vorschrift des § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO im Betrieb der T***** GmbH & Co KG nicht nur hinsichtlich Reinhard R*****, sondern nach den von der Beklagten unbekämpft gebliebenen Feststellungen in Bezug auf Lehrlinge im dritten Lehrjahr generell nicht eingehalten und den betreffenden Lehrlingen das Lenken von Fahrzeugen in der Werkstätte sogar ausdrücklich erlaubt wurde. Obwohl sich der Arbeitgeber also grundsätzlich über die genannte Vorschrift hinwegsetzte, habe er die naheliegendste Vorsichtsmaßnahme unterlassen, nämlich zu überprüfen, ob die einzelnen Lehrlinge tatsächlich auch über ausreichende Fähigkeiten und Kenntnisse verfügten, um Kraftfahrzeuge sachgerecht in Betrieb zu nehmen und unter den in der einer Werkstätte herrschenden Bedingungen zu lenken. Gerade der hier offenkundig auf die fehlenden Kenntnisse des Lehrlings zurückzuführende Unfall zeige, dass entsprechende Vorsichtsmaßnahmen des Arbeitgebers notwendig seien, wenn schon die einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften generell nicht eingehalten würden. Dass vom Lenken eines Kraftfahrzeuges durch nicht im Besitz der Lenkerberechtigung stehende Personen bloß eine geringe Gefahr ausgehe, sei von der Beklagten im Verfahren weder behauptet worden, noch könne eine solche Schlussfolgerung aus der Lebenserfahrung gewonnen werden.
Entscheidend für die Beurteilung des Verschuldensgrades sei somit das grundsätzliche Unterlassen von geeigneten betrieblichen Sicherheitsvorkehrungen trotz (vorsätzlichen) Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO. Ob im konkreten Fall der den Schaden verursachende Lenker Reinhard R***** zufällig schon über ausreichende Kenntnisse verfügt und wenig später die Lenkerberechtigung erworben habe, könne den Arbeitgeber nicht entlasten, da sein Verschulden nicht am konkreten Schadensfall, sondern allein daran zu messen sei, mit welcher Sorgfalt er auf die Einhaltung der Schutzvorschrift geachtet habe. Lasse es ein Arbeitgeber regelmäßig zu, dass Lehrlinge entgegen § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO mit Kraftfahrzeugen aller Art auf dem Betriebsgelände führen, ohne sich vorher davon zu überzeugen, ob die Betreffenden auch über ausreichende Kenntnisse verfügten, liege eine ungewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vor, die den Eintritt eines Schadens nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lasse. Das Verhalten des Dienstgebers im vorliegenden Fall sei daher im Sinne der ständigen Rechtsprechung als grob fahrlässig zu beurteilen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben und das Berufungsurteil zu bestätigen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist - entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - zulässig und auch berechtigt.
Die Revision zieht zwar auch die Qualifikation der zitierten Bestimmung als Arbeitnehmerschutzvorschrift insoweit in Zweifel, als es sich dabei angeblich nicht um eine solche iSd § 213a ASVG (das sind "öffentlich-rechtliche Arbeitsrechtsnormen, die dem Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung dienen, auf unmittelbarem staatlichen Eingriff basieren und typischerweise als Sanktionsinstrumentarium die Verwaltungsstrafe vorsehen" [RIS-Justiz RS0084412]) handle. Wie bereits die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt, entspricht jedoch die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichtes der (auf die Gesetzesmaterialien gestützten) stRsp des erkennenden Senates (seit der Grundsatzentscheidung SSV-NF 6/61 = SZ 65/79) und liegt im Übrigen schon nach dem Wortlaut der Überschrift des § 6 KJBG-VO auf der Hand (die ausdrücklich "Arbeiten mit gefährlichen Arbeitsmitteln" verbietet).
Zu Recht weist die Revision jedoch darauf hin, dass das Berufungsgericht die Sachverhaltsfeststellungen rechtsirrig dahin beurteilt habe, dass das - fünf Tage vor Ablegung der Führerscheinprüfung noch - bestehende Lenkverbot gemäß § 6 Abs 1 Z 18 KJBG-VO (wegen Fehlens eines Lernfahrausweises [gem § 122a KFG] bzw einer Lenkerberechtigung) im konkreten Fall auch grob fahrlässig übertreten worden sei, weil das Lenken von Kfz durch im dritten Lehrjahr stehende Lehrlinge im betreffenden Betrieb grundsätzlich ohne nähere Prüfung erlaubt war:
Steht doch fest, dass der Unglückslenker zum Unfallszeitpunkt - obwohl er (noch) nicht über eine der genannten formellen Berechtigungen verfügte - ausreichende praktische Kenntnisse besaß, um einen (auch einen automatikgetriebenen) PKW richtig zu lenken und zu bedienen (Seite 5 des Ersturteils), der Unfall also dadurch ausgelöst wurde, dass - infolge der zuvor durchgeführten, aber nicht ordnungsgemäß abgeschlossenen Reparaturarbeiten (unterlassenes "Aufpumpen" der Bremse bei gestartetem Motor) - keine ausreichende Bremswirkung erzielt werden konnte, und dass der Fahrer "möglicherweise" durch das Durchtreten des Bremspedals auch das Gaspedal mitbetätigte oder gar (- worauf sich der Kläger weiterhin beruft -) versehentlich auf das Gaspedal umstieg (Seite 3 des Ersturteils bzw Seite 2 der Berufungsentscheidung).
Wenn die Berufungsentscheidung demgegenüber von einem "hier offenbar auf die fehlenden Kenntnisse des Lehrlings zurückzuführenden Unfall" ausgeht (Seite 8 der Berufungsentscheidung), entfernt sie sich daher - wie auch die Revisionsbeantwortung (arg: "völlige Unerfahrenheit des Jugendlichen Reinhard R*****") - von diesen, vom Berufungsgericht übernommenen (Seite 3 letzter Abs der Berufungsentscheidung) Feststellungen. Angesichts der danach zugrunde zu legenden Fähigkeiten des Unglückslenkers kann nämlich nicht bedeutungslos sein, dass er die Führerscheinprüfung fünf Tage nach dem Unfall abgelegt hat. Es kommt vielmehr der Argumentation des Erstgerichtes, dass sich der Unfall (wohl) genauso ereignet hätte, wenn sie ein paar Tage früher abgelegt worden wäre, Berechtigung zu.
Im Hinblick auf die feststehenden besonderen Kenntnisse der Genannten ist demnach nicht von irgendwelchen allgemeinen Erwägungen (zu einer angeblich fehlenden Fahrpraxis des Jugendlichen Reinhard R*****, die das Berufungsgericht bzw die Revisionsbeantwortung ex post aus dem Unfallhergang ableiten) auszugehen, sondern davon, dass in der Erteilung der konkreten Fahrerlaubnis an den Unglückslenker (der zum Unfallszeitpunkt bereits ausreichende praktische Kenntnisse besaß, um einen [auch einen automatikgetriebenen] PKW richtig zu lenken und zu bedienen) keine grob fahrlässige Übertretung der verletzten Arbeitnehmerschutzvorschrift erblickt werden kann.
Da das Erstgericht das Vorliegen grober Fahrlässigkeit somit zu Recht verneint hat, war die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteiles abzuändern.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.