VfGH vom 27.02.2009, B925/08
Sammlungsnummer
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Spruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft die mit € 2.340,- bestimmten Verfahrenskosten binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zuhanden ihres Rechtsvertreters zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Amstetten der beschwerdeführenden Gesellschaft die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von Zu- und Umbauten beim bestehenden Einrichtungshaus im Ausmaß von
2.230 m2.
Mit Bescheiden vom und verlängerte der Bürgermeister von Amstetten die Frist für den Baubeginn jeweils um zwei Jahre, zuletzt bis .
Am beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft eine weitere Fristverlängerung für den Baubeginn.
Diesen Antrag wies der Bürgermeister mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass seit der 14. Novelle des § 17 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (in der Folge kurz: NÖ ROG 1976) die Errichtung von Handelseinrichtungen mit einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 1.000 m2 nur mehr in Zentrumszonen mit einer Widmung der betroffenen Grundstücke als "Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtung" bewilligungsfähig sei. Die Grundstücke, auf denen das Einrichtungshaus errichtet ist, seien im Flächenwidmungsplan als "Bauland-Betriebsgebiet" ausgewiesen; eine Zentrumszone sei nicht festgelegt. Dem Antrag auf Verlängerung der Frist für den Beginn der Bauausführung könne daher auf Grund der neuen Rechtslage nicht mehr stattgegeben werden.
Die dagegen erhobene Berufung wies der Stadtrat der Stadtgemeinde Amstetten ab. In der Begründung führte der Stadtrat aus, dass der genehmigte Bestand des Möbelhauses der beschwerdeführenden Gesellschaft Verkaufsflächen von 12.937 m2 aufweise; daher überschreite der geplante Zubau um weitere 2.230 m2 die Grenzen der Erweiterung von 10 % bzw. 500 m2.
Die dagegen erhobene Vorstellung wies die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom als unbegründet ab. Begründend führte die Vorstellungsbehörde aus, dass sich aus § 24 Abs 4 NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge kurz: NÖ BauO 1996) ergebe, dass die Frist für den Baubeginn eines bewilligten Bauvorhabens nur dann zu verlängern sei, wenn dieses Bauvorhaben nach wie vor dem Flächenwidmungsplan nicht widerspreche. Im Zeitpunkt der Entscheidung sei aufgrund der geänderten Gesetzeslage eine Neubewilligung entsprechend jener vom nicht mehr möglich, weshalb auch die Frist für den Baubeginn nicht verlängert werden könne.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, einer gesetzwidrigen Verordnung und im "Recht auf Verlängerung der Frist für den Beginn der Ausführung eines bewilligten Bauvorhabens gemäß § 24 Abs 4 NÖ Bauordnung 1996".
2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungs- und Verordnungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der NÖ Warengruppen-Verordnung, LGBl. 8000/95-0, ein. Mit Erkenntnis vom , V453/08, hob er die NÖ Warengruppen-Verordnung, LGBl. 8000/95-0, als gesetzwidrig auf.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass, auch in Ansehung der Übergangsbestimmung des § 30 Abs 8 NÖ ROG 1976, ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.
Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 180,-
enthalten.