VfGH vom 22.06.2005, b144/03
Sammlungsnummer
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Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Vorarlberg ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.142,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Gegenstand des vorliegenden grundverkehrsbehördlichen Verfahrens ist der Eigentumserwerb an näher bezeichneten Grundstücken in Götzis durch die Beschwerdeführerin.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom wurde diesem Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Begründend wird unter anderem ausgeführt, dass die gemäß § 5 Abs 1 lita iVm Abs 2 litd des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 29/2000, geforderte Selbstbewirtschaftung der Grundstücke im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht gewährleistet sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art 144 B-VG, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. 1. Mit Erkenntnis vom , G159/04 ua., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 5 Abs 2 litd des Vorarlberger Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken (Grundverkehrsgesetz), Anlage zur Neukundmachung der Landesregierung, Vorarlberger LGBl. 29/2000, verfassungswidrig war.
2. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Grundsätzlich das Gleiche gilt, wenn der Gerichtshof nach Abs 4 dieses Artikels ausgesprochen hat, dass ein Gesetz verfassungswidrig war (vgl. ; , B1897/02).
Dem in Art 140 Abs 7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am eingelangt, war also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in Höhe von € 327,-- sowie der Ersatz der entrichteten Eingabengebühr in Höhe von € 180,-- enthalten.
4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Fundstelle(n):
CAAAE-11249