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OGH vom 23.12.1998, 9ObA334/98b

OGH vom 23.12.1998, 9ObA334/98b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Gerhard Puschner und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Lieselotte S*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ö***** AG, ***** vertreten durch Dr. Rainer H. Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 158/98s-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 28 Cga 17/97t-12, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisions- und des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Zur Revision:

Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, daß im jedenfalls bis zum noch nicht stillgelegten Betrieb, in dem die Klägerin tätig war, am 23. und am nicht gearbeitet wurde. Die Betriebsleitung hatte es den Arbeitnehmern ermöglicht, diese Tage einzuarbeiten. Hiefür mußte jeder Mitarbeiter im November an einem Samstag 8 Stunden arbeiten. Außer der Klägerin und einer weiteren Mitarbeiterin, die beide an den genannten Tagen Urlaub in Anspruch nahmen, machten alle Mitarbeiter des Betriebes von der ihnen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch.

Der Betriebsrat wurde am von der beabsichtigten Kündigung der Klägerin verständigt. Die Kündigung wurde am mittels einem der Klägerin am selben Tag zugestellten Telegramm ausgesprochen. Am sprach sich der Betriebsrat schriftlich gegen die Kündigung aus.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der 23. und der , an denen im Betrieb nicht gearbeitet wurde, nicht als "Arbeitstage" iS des § 105 Abs 1 ArbVG anzusehen seien, sodaß die in dieser Gesetzesstelle normierte Frist für eine Stellungnahme des Betriebsrates von fünf Arbeitstagen erst am abgelaufen und daher die vor Ablauf dieser Frist ausgesprochene Kündigung gemäß § 105 Abs 2 ArbVG unwirksam sei. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodaß es insoweit ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Als "Arbeitstag" iS des § 105 Abs 1 ArbVG ist jeder Tag anzusehen, an dem die betriebliche Tätigkeit im ganzen Umfang oder teilweise fortgeführt wird, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einen Werktag, Samstag, Sonntag oder Feiertag handelt (Floretta/Strasser, Komm zum ArbVG 668, wonach etwa Tage, an denen der Betrieb lediglich überwacht und von einigen Arbeitnehmern gereinigt wird bzw an denen nur von einigen Arbeitnehmern Dienste verrichtet werden, die der Instandhaltung oder der Wiederaufnahme des Betriebs dienen, keine "Arbeitstage" iS der zitierten Norm sind). Diese Auffassung liegt auch der Bestimmung des § 63 Abs 1 BRGO zugrunde, nach der als Arbeitstage jene Tage zu gelten haben, an denen aufgrund der betrieblichen Arbeitszeiteinteilung die Mehrzahl der Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß das Betriebsratsgremium nur an jenen Tagen in Aktion treten kann, an denen allgemein im Betrieb gearbeitet wird (B. Schwarz in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, ArbVG III 200f).

Damit ist es aber nicht möglich, die beiden hier in Rede stehenden Tage, an denen wegen der den Mitarbeitern eröffneten Einarbeitungsmöglichkeit nicht gearbeitet wurde, als Arbeitstage iS des § 105 Abs 1 ArbVG anzusehen. Daß zwei Mitarbeiter diese Tage nicht eingearbeitet, sondern statt dessen Urlaub genommen haben, ändert daran nichts, weil jedenfalls im Hinblick auf die von der Betriebsleitung eröffnete (und angenommene) Möglichkeit der Betrieb geschlossen war. Die in der Revision ins Treffen geführte "betriebliche Arbeitszeiteinteilung" sah somit für diese beiden Tage keine Arbeitszeit vor. Daß üblicherweise an vergleichbaren Tagen gearbeitet wird, ist nicht entscheidend, weil es nicht auf die "übliche", sondern auf die an den zu beurteilenden Tagen konkret bestehende Situation ankommt. Die in der Revision zitierte Entscheidung des Einigungsamtes Innsbruck (Arb 10.404), in der in einem anderen Zusammenhang von der üblichen Arbeitszeiteinteilung die Rede ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Die Entscheidung 5 Ob 308/86 (SZ 59/96) betrifft einen Fall, in dem der Masseverwalter unmittelbar vor der Kündigung der gesamten Belegschaft den Arbeitnehmern den Zutritt zum Betrieb verweigerte. Aus dieser in keiner Weise vergleichbaren Entscheidung, in der der Oberste Gerichtshof im übrigen ebenfalls von einem Verstoß gegen § 105 Abs 1 ArbVG ausging, können auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt keine Rückschlüsse gezogen werden.

Zum Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß:

Die Rekurswerberin bekämpft mit keinem Wort die dem Aufhebungsbeschluß zugrunde liegende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, daß - wie in ihrer Revision geltend gemacht - die am ausgesprochene Kündigung entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes wirksam und daher eine Aufhebung der die Eventualkündigung vom betreffenden Entscheidung des Erstgerichtes überflüssig sei. Diesem (einzigen) Argument ist durch die eben dargestellte Bestätigung der berufungsgerichtlichen Entscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung vom der Boden entzogen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisions- und des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.