OGH vom 24.08.2022, 14Os68/22i

OGH vom 24.08.2022, 14Os68/22i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. SetzHummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Turner in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 37 Hv 124/21a97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * P* – im zweiten Rechtsgang (zum ersten vgl 13 Os 72/21v) – des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (1./) sowie des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs 1 StGB (2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 24. Juni und am in S*

1./ mit dem Vorsatz, dadurch den Staat und das Land * an deren Recht auf Vornahme effizienter und unbeeinflusster Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz sowie Ergreifung entsprechender verwaltungsrechtlicher Maßnahmen zur Hintanhaltung der Veranstaltung verbotenen Glücksspiels zu schädigen, die Beamtin der Bezirkshauptmannschaft S* Mag. * V* wissentlich (US 5) zu bestimmen versucht, ihre als Referentin für Glücksspielverfahren und kontrollen sowie Betriebsschließungen bestehende Befugnis, im Namen des Landes * als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, zu missbrauchen, indem er zur Beamtin im Rahmen von Vorsprachen einerseits am sagte, dass er sich über sie informiert sowie ihr soziales Engagement für einen gemeinnützigen Verein festgestellt habe und beabsichtige, diesen Verein finanziell zu unterstützen, wobei sie „sich das mit der Spende für diesen Verein“ bis zur nächsten Vorsprache in der kommenden Woche überlegen solle und man „das Ganze mit den Automaten“ (gemeint: Glücksspielautomaten) ja auch anders regeln könne, nämlich dass ihn Mag. V* „zuvor“ (gemeint: vor geplanten Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz) anrufen und ihm das sagen könne (US 4), andererseits am äußerte, die erwähnten Zahlungen an den Verein der Beamtin seien bereits in die Wege geleitet worden;

2./ durch die zu 1./ genannten Äußerungen einer Amtsträgerin für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für sie und einen Dritten angeboten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und Z 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Schöffengericht die eine Tatbegehung in Abrede stellende Verantwortung des Angeklagten nicht übergangen, sondern als unglaubwürdig erachtet, sowie dessen Angaben über den Inhalt der Gespräche mit Mag. V* als „reine Schutzbehauptung“ gewertet (US 6, 8).

[5] Dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend musste sich das Erstgericht – entgegen der weiteren Rüge (Z 5 zweiter Fall) – in der Urteilsbegründung nicht mit der – mit den übrigen, von den Tatrichtern gewürdigten Angaben der Zeugin nicht im Widerspruch stehenden (US 6 ff) – Aussage der Zeugin Mag. V* (ON 96 S 3) auseinandersetzen, wonach sie das Auftreten des Angeklagten „jedenfalls so empfunden“ habe (vgl dazu aber RISJustiz RS0097540), dass er wollte, dass sie ihn vor Kontrollen warnt, „weil er auch ständig im Büro aufgetaucht ist“.

[6] Soweit die Beschwerde vermeint, die Aussage des Angeklagten sei „nicht entsprechend“ gewürdigt worden und das Schöffengericht hätte die „widerspruchsfreie Verantwortung“ des Angeklagten „nicht bloß als tatsachenwidrige Schutzbehauptung abqualifizieren dürfen“, übt sie Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[7] Der in diesem Zusammenhang ebenfalls ins Treffen geführte Zweifelsgrundsatz ist nicht Gegenstand des formellen Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO (RISJustiz RS0102162).

[8] Entgegen der weiteren Rüge (Z 5 vierter Fall) sind die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht unbegründet geblieben, sondern wurden auf eine lebensnahe Betrachtung des (gemeint: objektiven) Sachverhalts gestützt (US 7), was – auch mit Blick auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (RISJustiz RS0098671, RS0116882). Mit der Behauptung, die diesbezügliche Urteilsbegründung sei mit den allgemeinen Lebenserfahrungen unvereinbar, wird ein Begründungsdefizit iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht aufgezeigt.

[9] Welche erheblichen, in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse die Tatrichter bei ihrer die innere Tatseite betreffenden Beweiswürdigung unberücksichtigt gelassen hätten (Z 5 zweiter Fall; vgl RISJustiz RS0118316), sagt der Beschwerdeführer nicht.

[10] Soweit die Beschwerde einzelne Passagen der Urteilsgründe ohne inhaltliche Argumentation als „unzureichend“ erachtet und eine tragfähige Begründung für die bekämpften Urteilsannahmen vermisst, ist sie einer Erwiderung nicht zugänglich.

[11] Indem der Beschwerdeführer anhand eigener Überlegungen jeglichen Vorsatz in Abrede stellt, übt er abermals in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik.

[12] Mit Hinweisen auf die Verantwortung des Angeklagten und auf eine als bloße Mutmaßung bezeichnete Angabe der Zeugin Mag. V*, sie habe das Auftreten des Angeklagten jedenfalls so , dass sie ihn vor Kontrollen warnen solle, weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (RISJustiz RS0118780).

[13] Soweit sie die Beweiswürdigung des Erstgerichts als „nicht überzeugend und nicht stichhaltig“ kritisiert und ein Vorgehen des Angeklagten im Sinn der getroffenen Feststellungen in Abrede stellt, nimmt sie nicht auf konkrete Beweismittel Bezug und wird somit nicht „aus den Akten“ abgeleitet (RISJustiz RS0117446, RS0119424).

[14] Durch Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird Nichtigkeit (auch) aus Z 5a nicht aufgezeigt (vgl abermals RISJustiz RS0102162).

[15] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Taten unter Verweis auf die Verantwortung des Angeklagten in Abrede stellt und behauptet, das Erstgericht habe „keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen“ getroffen, nimmt sie (schon) nicht an den Urteilskonstatierungen Maß (RISJustiz RS0099810).

[16] Warum die – ohnehin nicht bloß die verba legalia verwendenden – Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4 ff) keinen ausreichenden Sachverhaltsbezug aufweisen sollten (vgl dazu RISJustiz RS0119090), erklärt die Beschwerde nicht.

[17] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[18] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00068.22I.0824.000

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