OGH vom 03.11.2020, 14Os68/20m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. SetzHummel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter in Gegenwart des Schriftführers Dr. Koller in der Strafsache gegen Mag. Dr. ***** R***** und eine Angeklagte wegen Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mag. Dr. R***** gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom , GZ 72 Hv 63/18x52, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten Mag. Dr. R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – Mag. Dr. ***** R***** zweier Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am als Bezirkswahlleiter der Bezirkswahlbehörde V*****, mithin als Beamter, in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amtes fällt, jeweils eine Tatsache fälschlich beurkundet, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis dieser Tatsache gebraucht werde, indem er
(A) die „Niederschrift am Tag nach dem Wahltag für den 2. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl“ unterfertigte und damit die im Punkt G dieser Niederschrift festgehaltenen Umstände, dass nämlich der Bezirkswahlleiter am um 9 Uhr unter Beobachtung durch die anwesenden Beisitzer die Überprüfung der im Wege der Briefwahl eingelangten Wahlkarten (auf das Vorliegen in der Niederschrift näher bezeichneter Gültigkeitsvoraussetzungen) durchgeführt, die nicht einzubeziehenden Wahlkarten in eine Tabelle eingetragen und die „Gesamtaufstellung über die Anzahl der nicht miteinzubeziehenden Wahlkarten nach Nichtigkeitsgründen“ entsprechend ausgefüllt habe, bestätigte, obwohl die Beisitzer bei diesem Vorgang nicht anwesend waren;
(B) die „Niederschrift (am Wahltag) für den zweiten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl“ unterfertigte und damit die Abhaltung einer Sitzung der Bezirkswahlbehörde am Wahltag, dem , um 17 Uhr, und die dortige Anwesenheit der Mitglieder der Bezirkswahlbehörde bestätigte, obwohl keine solche Sitzung stattgefunden hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RISJustiz RS0124801). Diese Vorgaben verfehlt das Beschwerdevorbringen, das auf der urteilsfremden Prämisse aufbaut, der Angeklagte habe „ein reumütiges und vorbehaltloses Geständnis abgelegt“ (vgl hingegen US 4 [„die beiden Angeklagten bekannten sich nicht schuldig“], US 11 [die Verantwortung des Beschwerdeführers zur subjektiven Tatseite sei „nicht nachzuvollziehen“], US 13 [„Tatsachengeständnis“] und die Aussage des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, der Meinung gewesen zu sein, „dass die von uns gewählte Vorgangsweise rechtsrichtig ist“ [ON 47 S 6]; zum Begriff des reumütigen Geständnisses allgemein RISJustiz RS0091585; Ebner in WK2 StGB § 34 Rz 38; zum Unrechtsbewusstsein als Diversionsvoraussetzung RISJustiz RS0126734).
Weshalb – mit Hinweis auf seine (im Urteil übrigens ohnehin erörterte [US 11 f]) Verantwortung reklamierte – Feststellungen zum Nichtvorliegen subjektiver Tatbestandselemente in Bezug auf einen gegen den Beschwerdeführer nicht erhobenen Vorwurf (in Richtung Missbrauch der Amtsgewalt) für die positive Beurteilung der Diversionsvoraussetzungen erforderlich gewesen wären (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 659), wird nicht klar.
Im Übrigen vermag die Rüge nicht darzulegen warum, – entgegen den Erwägungen des Erstgerichts (US 14) – das konstatierte Verhalten des Beschwerdeführers, der in leitender Funktion als Bezirkswahlleiter bei der für die Republik Österreich bedeutsamen Wahl des Staatsoberhauptes die Vorgänge im Zusammenhang mit der Ermittlung des Ergebnisses der mittels Wahlkarte abgegebenen Stimmen in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des Bundespräsidentenwahlgesetzes und des Grundsatzes der geheimen Wahl gemäß Art 60 Abs 1 BVG (vgl dazu auch VfSlg 20071 [Rz 269]) wiederholt wahrheitswidrig dokumentierte, keinen über dem Durchschnitt gelegenen Unrechtsgehalt aufweisen soll (Schroll, WK-StPO § 198 Rz 29; vgl auch 14 Os 23/20v und 14 Os 48/20w).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00068.20M.1103.000 |
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