OGH vom 11.06.2001, 8ObS282/00d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Manfred R*****, vertreten durch Dr. Walter Kossarz, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen für Wien, Niederösterreich und Burgenland, 3100 St. Pölten, Grenzgasse 11, wegen Insolvenz-Ausfallgeld, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 82/00b-12, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 15 Cgs 86/99k-3, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit selbst verfasstem Schriftsatz vom brachte der Kläger vor, gegen den seinen Antrag auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld abweisenden Bescheid der Beklagten binnen offener Frist Klage zu erheben.
Das Erstgericht wies die Klage zurück, weil sie kein ausreichend konkretisiertes Klagebegehren enthalte. Nach der Rechtsprechung gelange die Bestimmung des § 82 ASGG in Sozialrechtssachen gemäß § 65 Abs 1 Z 7 ASGG nicht zur Anwendung. Insolvenz-Ausfallgeld müsse daher betragsmäßig bestimmt begehrt werden, was hier nicht geschehen sei. Die Klage sei zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung nicht geeignet. Ein Verbesserungsverfahren sei nicht einzuleiten gewesen, weil § 84 Abs 2 ZPO nicht der Behebung inhaltlicher Mängel, wie dem Fehlen eines bestimmten Klagebegehrens diene.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da die gegen Bescheide der Beklagten einzubringende Klage auf Grund der Verweisung des § 10 IESG auf die Bestimmungen des ASGG fristgebunden sei, könnten gemäß § 84 Abs 3 ZPO auch Inhaltsmängel in Form des Fehlens vorgeschriebener Erklärungen verbessert werden, sodass das Erstgericht verhalten gewesen wäre, das Fehlen des erforderlichen bestimmten Klagebegehrens zum Gegenstand eines Verbesserungsverfahrens zu machen. Dass dies unterblieben sei, stelle einen Verfahrensmangel dar. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren den bisher unterlassenen Verbesserungsauftrag nachzuholen haben.
Gegen diese Entscheidung erhob die Beklagte, vertreten durch eine ihrer Bediensteten, Revisionsrekurs.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Gemäß § 520 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO müssen schriftliche (Revisions-)Rekurse mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Diese Vorschrift ist gemäß § 2 Abs 1 letzter Halbsatz ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwenden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes angeordnet ist § 40 (hier: Abs 1 Z 4) ASGG enthält aber nur Sonderbestimmungen über die Vertretung vor den Gerichten erster und zweiter Instanz. Zur Vertretung vor dem Obersten Gerichtshof sind - abgesehen von den (hier nicht gegebenen) besonderen Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs 2 bis 4 ASGG - ausschließlich Rechtsanwälte berechtigt (RIS-Justiz RS0108295; Kuderna ASGG2, 241).
Die Verbesserung dieses Formgebrechens ist nicht anzuordnen, weil das Rechtsmittel, dessen Erhebung schon in Anbetracht des zutreffenden Ausspruchs des Rekursgerichtes an Mutwillen grenzt, aus mehrfachen Gründen absolut unzulässig ist:
Zwar ist die Beklagte in Anbetracht der Bestimmung des § 85 Abs 2 Z 2 ASGG und des von ihr erstatteten Schriftsatzes ON 2 als verfahrensbeteiligt anzusehen, weshalb nicht von mangelnder Rekurslegitimation wegen a-limine-Zurückweisung der Klage (vgl RZ 1985/7; 3 Ob 589/89) ausgegangen werden kann, jedoch kann auf Grund des bereits vom Rekursgericht zitierten Rechtsmittelausschlusses der §§ 84 Abs 1 und 85 Abs 3 ZPO auch gegen einen Beschluss des Rekursgerichtes, mit dem dem Erstgericht die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens aufgetragen wurde, der Oberste Gerichtshof nicht angerufen werden (RZ 1992/2; 4 Ob 271/98a ua).
Aus § 45 Abs 3 ASGG ergibt sich, dass auch im arbeits- und sozialgerichtlichem Verfahren die Bestimmung der §§ 519 Abs 1 Z 2 und 527 Abs 2 ZPO anzuwenden sind, somit der Revisionsrekurs nur dann zulässig ist, wenn ihn das Rekursgericht im aufhebenden Beschluss ausdrücklich als zulässig erklärt hat. Jedenfalls dann, wenn dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des mangelhaften Verfahrens aufgetragen wird, das Rekursgericht also nicht selbst sachlich entscheidet, liegt ein sogenannter "echter" aufhebender Beschluss vor, der ohne Zulassung des Rekurses vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpft werden kann (RIS-Justiz RS0044102; 0044059). Ein derartiger Auftrag wurde vom Rekursgericht im Ergebnis erteilt, geht es doch nicht um die Verfahrensfortsetzung schlechthin, sondern um die neuerliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage (vgl RIS-Justiz RS0043875; 2 Ob 512/96).
Rekurse gegen Beschlüsse, wider welche nach den Vorschriften des Gesetzes ein Rekurs überhaupt nicht stattfindet, oder doch ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, sind gemäß § 523 erster Satz ZPO bereits vom Erstgericht zurückzuweisen. Gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG hat in einem derartigen Fall der Oberste Gerichtshof durch einen Dreiersenat ohne Laienbeteiligung zu entscheiden (RIS-Justiz RS0102028).
Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.