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OGH vom 03.12.2002, 14Os66/02

OGH vom 03.12.2002, 14Os66/02

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ernst H***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und Abs 3 lit a und lit b, 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12e Vr 5.959/01-38, nach Anhörung der Generalprokuratur, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagte fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst H***** des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und Abs 3 (ergänze:) lit a und lit b; 13 FinStrG schuldig erkannt, weil er von Mai 1992 bis September 1994 in Wien als Geschäftsführer der Firma Fritz B***** GmbH, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

durch Abschluss zweier Kaufverträge über ein einheitliches Betriebsvermögen, nämlich sämtlicher Betriebsmittel der Fritz B***** GmbH, und Nichtentrichtung der auf die Einkünfte für den Verkauf der Bronzemodelle um 392.433,30 EUR, welcher Teilbetrag auf seine Privatkonten geflossen ist, entfallenden Kapitalertragsteuer in der Höhe von 130.798,02 EUR sowie durch Entnahme eines Betrages von 34.643,29 EUR, welcher vorgeblich als Marktforschungszuschuss für die "C*****" verbucht wurde, eine in unterbliebener Entrichtung von insgesamt 142.344,57 EUR gelegene Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer für verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt, indem er ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr unterließ; durch Abgabe einer wahrheitswidrigen Jahreserklärung für 1992 durch Verschweigen der unter Punkt A genannten Verkaufserlöse von 392.433,30 EUR eine Verkürzung mit Bescheid festzusetzenden Umsatzsteuer für 1992 in Höhe von 65.405,55 EUR zu bewirken versuchte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 4, 5, 5a, 8, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Mit der Behauptung, die unterbliebene Einvernahme des Angeklagten zu der in der Hauptverhandlung vom erfolgten Anklageausdehnung wegen der Privatentnahme von 34.643,29 EUR verstoße gegen § 263 Abs 2 iVm § 245 Abs 1 StPO sowie gegen den in §§ 252, 258 Abs 1 StPO verankerten Unmittelbarkeitsgrundsatz, wird weder ein in der Z 3 angeführter, unter Nichtigkeitssanktion stehender Verfahrensfehler aufgezeigt, noch eine Überschreitung der Anklage (Z 8) dargetan. Denn die Ausdehnung der Anklage wegen der gleichfalls § 33 Abs 1 FinStrG zu unterstellenden Tat war nicht von der Zustimmung des Beschwerdeführers abhängig (§ 263 StPO, § 195 FinStrG; Ratz WK-StPO § 281 Rz 545), weil sie unter kein strengeres Strafgesetz fällt (vgl 14 Os 107/99-26) und es wäre Sache des Verteidigers gewesen, ihm zweckdienlich erscheinende Fragen oder Anträge (etwa auf Ausscheidung dieses Faktums) zu stellen. Da eine entsprechende Antragstellung aber unterblieben ist, liegt auch der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 4 nicht vor (Mayerhofer StPO4 § 263 E 84 f, § 281 Z 4 E 100).

Der wegen der nicht erfolgten Einvernahme der Zeugen DI Kurt und Sonja D***** erhobenen Verfahrensrüge (Z 4) fehlt die Grundlage, weil - nach dem Inhalt des nicht berichtigten Protokolls - ein darauf abzielender Antrag nicht gestellt wurde. Das diesbezügliche schriftliche Beweisbegehren (ON 27 iVm ON 28) vermag die Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht zu ersetzen (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 1, 15).

Der Beschwerde zuwider wurde auch durch die Ablehnung der Einvernahme der Zeugen Dr. Hans B*****, Peter W***** und Dkfm. Kurt B***** (S 493 bis 497/I) Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Dr. B*****, der bekunden sollte, dass "er dem Angeklagten im Herbst 1992 nicht in Richtung Behandlung der Modellverkäufe als betrieblichen Vorgang beraten hat und auch noch im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung die Rechtsansicht vertretbar hielt, dass es sich hiebei um einen Vorgang im Privatvermögen handelte", hat in einer schriftlichen Stellungnahme (ON 36), die dem Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung zur Kenntnis gebracht wurde (S 461/I), bekannt gegeben, Ernst H***** im Jahre 1992 noch nicht steuerlich vertreten und vom vorliegenden Sachverhalt erst zu einem Zeitpunkt erfahren zu haben, als dieser der Behörde auf Grund der abgabenbehördlichen Betriebsprüfung bereits bekannt war. Der Beschwerdeführer hätte daher bei Antragstellung anführen müssen, aus welchen besonderen Gründen von diesem Zeugen ihn entlastende Bekundungen zu erwarten gewesen wären (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 19 bb).

Der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Steuerberater Peter W***** und Dkfm. Kurt B***** zum Beweis dafür, dass "beide die Originalmodelle nicht als Betriebsvermögen angesehen und sie dem Angeklagten auch keine gegenteiligen Mitteilung oder Empfehlungen gegeben haben", hätte eines zusätzlichen Vorbringens bedurft, welche Informationen des Angeklagten Grundlage für diese Beurteilung waren. Eine solche (nach Lage des Falles) gebotene Begründung dieser Beweisanträge wurde jedoch unterlassen, weshalb sie zu Recht der Ablehnung verfallen sind.

Die Mängelrüge (Z 5), dem Angeklagten sei entgegen der Bestimmung des § 245 Abs 1 StPO vom Vorsitzenden nicht die Möglichkeit einer zusammenhängenden Erklärung des Sachverhaltes eingeräumt worden, zeigt von vornherein keinen Nichtigkeit bewirkenden Begründungsfehler auf.

Der Beschwerde zuwider hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung zunächst damit verantwortet, dass ihm Parteienvertreter den getrennten (privaten) Verkauf der Bronzefiguren angeraten hätten (S 461/I), sodass auch der Vorwurf der Aktenwidrigkeit nicht berechtigt ist.

Mit dem Hinweis darauf, dass sowohl sein Steuerberater Mag. H***** als auch der Notar Dr. K***** seine Vorgangsweise als unbedenklich angesehen hätten, er als fanatischer Sammler von Bronzen und Formen bekannt gewesen wäre und auch immer wieder (privat) Bronzemodelle erworben habe, verbunden mit eigenen beweiswürdigenden Überlegungen über die private Herkunft zumindest eines Teiles der verkauften Modelle versucht der Beschwerdeführer bloß die ihn belastenden Urteilsannahmen in objektiver und subjektiver Hinsicht in Frage zu stellen, unternimmt damit aber nur einen nicht zielführenden Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Da die im Urteil (korrekt) wiedergegebene Aussage des Zeugen Dr. K***** (US 9) ohnehin der Verantwortung des Angeklagten entspricht, liegt der behauptete innere Widerspruch in Ansehung entscheidungswesentlicher Tatsachen nicht vor.

Mit seiner spekulativen Interpretation der konstatierten "gewissen Zweifel" dieses Zeugen an der Darstellung des Angeklagten, die den Vertragsverfasser dazu veranlassten, in einem Aktenvermerk die allfällige Umsatzsteuerzahlungspflicht der Käufergesellschaft festzuhalten (US 9), wendet sich der Beschwerdeführer abermals in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Ab welchem Zeitpunkt (bereits bei den Vertragsabschlüssen im Mai 1992 oder erst bei Verfassung der unrichtigen Steuererklärung für das Jahr 1992) die Zeugen Mag. H***** und Dr. B***** den Angeklagten steuerlich beraten und vertreten haben, ist fallbezogen nicht entscheidend, weil deren Beratung - schon nach dem Beschwerdevorbringen selbst - bloß auf Grund der (falschen) Information erfolgen konnte, die Bronzemodelle seien sein Privateigentum und vom Betriebsvermögen abgesondert gewesen. Schließlich versagt auch der Einwand, die Auslegung der Aussage des Zeugen K***** über die bei einem gemeinsamen Gespräch mit Dr. L***** abgegebene Erklärung der Helga B*****, "dass die Modelle im Firmenvermögen drinnen waren" (US 8, S 469/I), durch das Erstgericht sei aktenwidrig, weil der behauptete Begründungsfehler nur in der unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe eines Beweismittelinhaltes bestehen kann. Die vom Beschwerdeführer angezweifelte Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüsse kann jedoch unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 191). Im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) trachtet der Beschwerdeführer unter teilweiser Wiederholung seiner Argumentation zur Mängelrüge, insbesondere mit dem Hinweis, dass er bereits vor 1988 privat Bronzefiguren gekauft bzw gesammelt hat und die verfahrensgegenständlichen Bronzemodelle von ihm nicht mehr zur Produktion verwendet wurden, weiters unter Erörterung seiner eigenen Verantwortung sowie der Aussagen der Zeugen G*****, K*****, Dr. K***** und Mag. H***** und mit daran geknüpften spekulativen Überlegungen die Richtigkeit der tatrichterlichen Erwägungen in Frage zu stellen, indem er diesen bloß eine andere für ihn günstigere Würdigungsvariante gegenüber stellt. Dieses zur Darlegung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ungeeignete Vorbringen erweist sich als Anfechtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung. Sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten Tatsachen vermag der Beschwerdeführer damit nicht hervorzurufen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt prozessordnungswidrig nicht dar, weshalb Feststellungen über die Person des Rechtsberaters im Tatzeitpunkt und über die fehlende kaufmännische Ausbildung des Angeklagten von rechtlicher Bedeutung sein sollten. Soweit die Beschwerde Konstatierungen über den Privatankauf von Bronzemodellen durch den Angeklagten schon vor 1988, über die mangelnde Verwendung derartigen Bronzen in der Produktion des Angeklagten und nunmehr durch die Käuferfirma K***** & Co GmbH, über die Falscheinschätzung der Finanzstrafbehörde, wonach die Modelle für die Produktion der Fritz B***** GmbH maßgebend waren (S 9/I), sowie darüber vermisst, dass die "Transformation" des privaten Modellverkaufs zu einem betrieblichen Vorgang keine steuerliche Belastung bei der genannten Gesellschaft ausgelöst hätte, negiert sie prozessordnungswidrig die Urteilsannahme, wonach die am verkauften Bronzefiguren Eigentum der FritzB***** GmbH waren. Die Frage einer allfälligen (teilweisen) Schadensgutmachung durch Entrichtung einer Anfang des Jahres 2002 vereinbarten Quote betrifft bloß eine Strafzumessungstatsache und keinen für die Beurteilung der Tat erheblichen Umstand.

Mit der weiteren Behauptung, durch die vom Finanzamt verfügte Abschreibung der noch offenen Steuerschuld wäre der Abgabenanspruch erloschen, sodass die weitere Privatbeteiligung der Finanzstrafbehörde zurückzuweisen gewesen wäre, wird keine Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit a geltend gemacht. Im Übrigen übersieht der Angeklagte, dass die qualifizierte Stellung der Finanzstrafbehörde vom Bestand einer noch offenen Steuerforderung unabhängig ist, kommt ihr doch schon kraft Gesetzes (§ 200 Abs 1 FinStrG) die Stellung eines Privatbeteiligten zu (Dorazil/Harbich FinStrG § 200 E 1, 10).

Soweit die Beschwerde unter Benützung des in § 57 BewG verwendeten terminus technicus "Betriebsvermögen" neuerlich das Eigentum der F. B***** GmbH an den verkauften Objekten bestreitet, verfehlt sie abermals den notwendigen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz und damit die gesetzmäßige Darstellung des materiellen Nichtigkeitsgrundes. Mit der Kritik an der in Punkt A des Urteilsspruchs in Ansehung der anlässlich des Modellverkaufs verübten Abgabenhinterziehung vorgenommenen Individualisierung der Tat und dem Vorwurf, über das in der Hauptverhandlung ausgedehnte Faktum sei in der Folge kein Beweisverfahren durchgeführt worden, wird keine Nichtigkeit im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO dargetan.

Soweit der Beschwerdeführer für sich in Anspruch nimmt (nominell Z 9 lit b), er habe wegen eines Irrtums nicht erkannt, dass die verkauften Bronzemodelle Vermögen des Betriebs waren, übergeht er neuerlich prozessordnungswidrig die zum Hinterziehungsvorsatz getroffenen Feststellungen (US 7, 11).

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde konnte daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückgewiesen werden (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.