VfGH vom 10.12.2009, b13/09

VfGH vom 10.12.2009, b13/09

Sammlungsnummer

18944

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die im Tiroler Tourismusgesetz 2006 festgelegten Kriterien für die Errichtung regionaler Tourismusverbände; keine Bedenken gegen die Errichtung des Tourismusverbandes Osttirol und die Einreihung des ganzen Gebietes in eine Ortsklasse; unterschiedliche Nächtigungsintensität der einzelnen Gebietsteile vernachlässigbar

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführenden Parteien durch die angefochtenen Bescheide in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den

beschwerdeführenden Parteien für das Jahr 2008 jeweils der Pflichtbeitrag zum Tourismusverband Osttirol und zum Tiroler Tourismusförderungsfonds vorgeschrieben.

Der mit Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 91/2007, errichtete Tourismusverband Osttirol entstand durch Zusammenlegung des Tourismusverbands Lienzer Dolomiten, des Tourismusverbands Hochpustertal und des Tourismusverbands Urlaubsregion Nationalpark Hohe Tauern Osttirol. Nach der Ortsklassenverordnung 2008, LGBl. 90/2007, ist der Tourismusverband Osttirol in die Ortsklasse B eingereiht. Bis zur Zusammenlegung zum Tourismusverband Osttirol waren der Tourismusverband Lienzer Dolomiten der Ortsklasse C, der Tourismusverband Hochpustertal der Ortsklasse B und der Tourismusverband Urlaubsregion Nationalpark Hohe Tauern Osttirol der Ortsklasse A zugeordnet.

Die beschwerdeführenden Parteien haben ihren Sitz (bzw. eine Betriebsstätte) im Gebiet der Gemeinden Nußdorf-Debant (B13/09) und Lienz (B14/09, B624/09) und waren daher vor der Errichtung des Tourismusverbands Osttirol Mitglieder des Tourismusverbands Lienzer Dolomiten. Infolge der Errichtung des Tourismusverbands Osttirol ist für die Bemessung ihrer Pflichtbeiträge daher nicht mehr die Ortsklasse C, sondern die Ortsklasse B heranzuziehen. Aus dieser "Neueinstufung" resultiere für die beschwerdeführenden Parteien eine erhebliche Beitragserhöhung, der ihrer Auffassung nach kein Zuwachs an Nutzen gegenüberstehe.

Die beschwerdeführenden Parteien behaupten die Verletzung in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), beantragen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und regen die Prüfung der den Bescheiden zugrunde liegenden Verordnungen wegen Gesetzwidrigkeit sowie die Prüfung der Absätze 1, 3 und 4 des § 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 wegen Verfassungswidrigkeit an. Die gesetzlichen Grundlagen für die Verordnung, mit der die Zusammenlegung von Tourismusverbänden verfügt wurde, seien nicht hinreichend bestimmt und daher wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG verfassungswidrig.

2. Die Berufungskommission nach § 38 des Tiroler Tourismusgesetzes 2006 als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerden, nahm jedoch von einer meritorischen Stellungnahme zu den in der Beschwerde aufgeworfenen Bedenken unter Hinweis darauf Abstand, dass es ihr "nicht zukomm[e], Verordnungen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen".

3. Über Einladung des Verfassungsgerichthofes erstattete die Tiroler Landesregierung eine Äußerung, in der sie den Argumenten der Beschwerden entgegentritt und sich für ihre Abweisung ausspricht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. Im Sinne der Beitragsgruppenverordnung 1991, LGBl. 84/1990 idF LGBl. 134/2001 gehörten die zu B13/09 beschwerdeführende Partei der Berufsgruppe "585 Schlosser", die zu B14/09 beschwerdeführende Partei der Berufsgruppe "188 Gärtner und Gartenbau" und die zu B624/09 beschwerdeführende Partei der Berufsgruppe

"643 Textilwarenhändler" an. Diese Berufsgruppen sind in der Ortsklasse C der Beitragsgruppe V und in der Ortsklasse B der Beitragsgruppe IV zugewiesen. Nach § 35 Tiroler Tourismusgesetz 2006 beträgt die Grundzahl in der Beitragsgruppe V 20 vH des beitragspflichtigen Umsatzes, in der Beitragsgruppe IV hingegen 40 vH. Der Wechsel von einem Tourismusverband der Ortsklasse C zu einem Tourismusverband der Ortsklasse B hat für die beschwerdeführenden Parteien somit - bei ansonsten gleich bleibenden Verhältnissen - eine Verdoppelung der Beiträge zur Folge.

2. Nach § 33 Abs 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 hat die Landesregierung anhand des Ausmaßes des durch den Tourismus erzielten Nutzens einzelner Berufsgruppen durch Verordnung eine Aufteilung der Berufe in die Beitragsgruppen I bis VII festzulegen. Eine zusätzliche Differenzierung der Beiträge je nach dem durch den Tourismus erzielten Nutzen erfolgt durch die Einreihung des jeweiligen Tourismusverbands in eine der drei Ortsklassen. Die Einreihung der Tourismusverbände in Ortsklassen ermöglicht eine Berücksichtigung der unterschiedlichen "Intensität" des Tourismus in einem bestimmten Gebiet in der Weise, dass die Zuordnung eines Berufs zu einer bestimmten Beitragsgruppe je nach Ortsklasse des Tourismusverbands unterschiedlich festgesetzt werden kann. Die Ortsklasse A gilt dabei für Tourismusverbände mit einer durchschnittlichen jährlichen Nächtigungszahl von mehr als 60 Gästenächtigungen pro Einwohner, die Ortsklasse B für einen Durchschnitt zwischen 30 und 60 Nächtigungen pro Einwohner und die Ortsklasse C für einen darunter liegenden Durchschnitt.

Eine Ortsklasse kann sich nach dem Wortlaut des § 33 Tiroler Tourismusgesetz 2006 jeweils nur auf einen Tourismusverband insgesamt beziehen. Durch eine Zusammenfassung der Gebiete kleinerer Tourismusverbände zu größeren Tourismusverbänden verringert sich daher im Ergebnis der Grad der Differenzierung: Während es bei kleinräumigen Tourismusverbänden auf den Durchschnitt der Nächtigungen im jeweils unmittelbaren Nahbereich der einzelnen Unternehmen ankommt, wird im Fall der Zusammenfassung mehrerer Tourismusverbände ("Fusionierung") auf den Durchschnitt der Nächtigungen eines (uU wesentlich) größeren Gebiets abgestellt.

3. Die Beschwerden richten sich in erster Linie gegen die höhere Beitragsbelastung. Sie behaupten unter diesem Aspekt die Gesetzwidrigkeit der Verordnung, mit der der Tourismusverband Osttirol durch Fusionierung einzelner Tourismusverbände errichtet wurde, und der Verordnung, mit der der Tourismusverband Osttirol in die Ortsklasse B eingereiht wurde. Hinsichtlich der Verordnung des Tourismusverbands Osttirol, mit der der Promillesatz festgelegt wurde, behaupten die Beschwerden Mängel im Verordnungserlassungsverfahren.

4. Den Beschwerden ist Folgendes entgegenzuhalten:

4.1. Zu den Bedenken gegen das Tiroler Tourismusgesetz 2006:

Gegen die gesetzlichen Bestimmungen erheben die Beschwerden den Vorwurf mangelnder Bestimmtheit (und behaupten damit einen Verstoß gegen Art 18 B-VG).

4.1.1. Die §§1 und 3 des Tiroler Tourismusgesetzes 2006, LGBl. 19, lauten auszugsweise:

"§1

Errichtung, Änderung

(1) Die Landesregierung hat mit Verordnung flächendeckend für das gesamte Landesgebiet regionale Tourismusverbände zu errichten. In einer solchen Verordnung sind das Verbandsgebiet, der Name und der Sitz des Tourismusverbandes festzulegen. Die Anzahl der Tourismusverbände sowie die Abgrenzung der Verbandsgebiete haben sich am Ziel der Schaffung leistungsfähiger Tourismusverbände zu orientieren. Das In-Kraft-Treten einer solchen Verordnung ist mit dem Beginn eines Kalenderjahres festzusetzen.

(2) Tourismusverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(3) Eine Verordnung nach Abs 1 ist zu ändern, wenn sich die für die Erlassung der Verordnung maßgebend gewesenen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

(4) Vor der Erlassung einer Verordnung nach Abs 1 oder 3 sind die betroffenen Tourismusverbände und Gemeinden zu hören.

(5) ...

...

§3

Aufgaben

(1) Den Tourismusverbänden obliegen die Wahrung, Förderung und Vertretung der örtlichen und regionalen Belange des Tourismus unter Bedachtnahme auf seine ökonomischen, sozialen, kulturellen, ethischen und ökologischen Auswirkungen.

(2) Den Tourismusverbänden obliegen insbesondere:

a) die tourismusstrategische Planung für ihr Verbandsgebiet,

b) das touristische Marketing, insbesondere Marktforschung, Angebotsgestaltung, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung und Vertrieb sowie die laufende Überprüfung der Marketingmaßnahmen auf ihren Erfolg,

c) die Förderung des Verständnisses der Bevölkerung für die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Tourismus,

d) die Unterstützung und Koordinierung der Tätigkeiten der Mitglieder und der öffentlichen Einrichtungen bei der Gestaltung eines marktgerechten Angebots,

e) sonstige Maßnahmen der Gästebetreuung, insbesondere im Bereich des Veranstaltungsmanagements,

f) die Weiterbildung der Mitglieder, der Funktionäre und der Bediensteten des Tourismusverbandes,

g) die Führung einer leistungsfähigen Geschäftsstelle und der erforderlichen Ortsbüros als Einrichtungen zur Betreuung der Gäste und der Mitglieder.

(3) ..."

4.1.2. Den Beschwerden ist einzuräumen, dass § 1 Abs 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 die Kriterien für die Errichtung von Tourismusverbänden und für die Festlegung ihres Verbandsgebietes wesentlich sparsamer umschreibt als die Vorgängerregelung des § 1 Abs 2 Tiroler Tourismusgesetz 1991 (zu dieser Vorgängerregelung vgl. den Beschluss VfSlg. 17.488/2005, S 257). Letztlich ist in dieser Bestimmung nur noch von der Schaffung leistungsfähiger Verbände die Rede. Es darf aber nicht übersehen werden, dass in § 3 Abs 1 und 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 eine detaillierte Aufzählung der Aufgaben der Tourismusverbände enthalten ist, aus der sich auch die Kriterien zur Beurteilung der "Leistungsfähigkeit" ableiten lassen. Aus dem gleichen Grund trifft auch der Vorwurf nicht zu, dass der Begriff einer "wesentlichen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse" in § 1 Abs 3 leg.cit. nicht hinreichend bestimmt sei (weshalb dahingestellt bleiben kann, ob diese Vorschrift im vorliegenden Verfahren überhaupt präjudiziell ist; s dazu auch unten). Dass - wie von den Beschwerden gefordert - das Gesetz den Verordnungsgeber bei der Neuerrichtung eines Tourismusverbandes zur Erlassung von beitragsrechtlichen Übergangsbestimmungen ermächtigen müsse, hält der Verfassungsgerichtshof jedenfalls vor dem Hintergrund der vorliegenden Verfahren nicht für verfassungsrechtlich geboten.

4.1.3. Die Beschwerden erheben auch Bedenken gegen die Regelungen zu dem bei der Verordnungserlassung einzuhaltenden Verfahren: Es sei verfassungswidrig, dass das Anhörungsrecht der betroffenen Tourismusverbände in dem vor Erlassung einer Verordnung über einen neuen Tourismusverband zu führenden Anhörungsverfahren gemäß § 14 Abs 1 litp Tiroler Tourismusgesetz 2006 nur den Aufsichtsräten dieser Tourismusverbände zukomme, nicht aber der Vollversammlung. Dem ist entgegenzuhalten, dass verfassungsrechtlich weder die Einräumung eines "Anhörungsrechts" geboten noch dessen konkrete Ausprägung verfassungsrechtlich vorgegeben ist und dass gegen eine mediatisierte Wahrnehmung eines solchen Anhörungsrechts im Wege des - durch ein Wahlverfahren legitimierten - Aufsichtsrates keine Bedenken bestehen.

4.2. Zu den Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Verordnungen:

4.2.1. Nicht zutreffend ist die Behauptung der beschwerdeführenden Parteien, die zur Beschlussfassung über den Promillesatz zuständige Vollversammlung sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden und der Promillesatz daher gesetzwidrig zustande gekommen. Aus den im Verfahren eingeholten Unterlagen (Kopien der an den Amtstafeln der Gemeinden kundgemachten Aushänge) geht hervor, dass die Vollversammlung vom in einer dem § 9 Abs 1 und 5 Tiroler Tourismusgesetz 2006 entsprechenden Form vom Bürgermeister der Stadtgemeinde Lienz (in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Gemeinde, in der der Tourismusverband seinen Sitz hat - vgl. § 9 Abs 5 leg.cit.) rechtzeitig durch zweiwöchigen Anschlag an den Amtstafeln aller Gemeinden des Bezirks Lienz einberufen worden ist.

4.2.2. Zur Verordnung, mit der der Tourismusverband Osttirol errichtet wurde (LGBl. 91/2007):

Die Beschwerden bringen vor, dass der für eine Verordnungserlassung nach § 1 Abs 3 Tiroler Tourismusgesetz 2006 vorgesehene Änderungsanlass nicht vorlag. Nach dieser Bestimmung "ist eine Verordnung nach Abs 1 zu ändern, wenn sich die für die Erlassung der Verordnung maßgebend gewesenen Verhältnisse maßgeblich geändert haben". Im Fall des Tourismusverbands Osttirol ist nach Auffassung der beschwerdeführenden Parteien weder von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen noch könne von einem höheren Nutzen der Unternehmer durch Schaffung eines größeren Tourismusverbandes die Rede sein. Sie bestreiten, dass ein größerer Tourismusverband "leistungsfähiger" im Sinne des § 1 Abs 1 Tiroler Tourismusgesetz 2006 sei.

Die Tiroler Landesregierung zeigt in ihrer Äußerung zu Recht auf, dass § 1 Abs 3 leg.cit. nur festlegt, wann eine Verordnung über einen Tourismusverband (jedenfalls) zu ändern ist (vgl. auch zur insoweit gleich lautenden Vorgängerbestimmung den Beschluss VfSlg. 17.488/2005, in dem der Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen hat, dass diese Regelung die Landesregierung nicht daran hindert, auch bei gleich bleibenden Verhältnissen eine Änderung der Struktur bestehender Tourismusverbände zu verordnen, etwa wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Ziele des Gesetzes durch eine Fusion von Tourismusverbänden [noch] besser verwirklicht werden können).

Für die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung ist der Vergleich mit einer früheren Verordnung grundsätzlich nicht von Bedeutung; es ist ausreichend, dass die Verordnung für sich genommen ihren gesetzlichen Grundlagen entspricht. Dabei kommt dem Verordnungsgeber in der Frage, ob die einem Tourismusverband zukommenden Aufgaben, wie sie in § 3 Tiroler Tourismusgesetz 2006 umschrieben sind, durch den geplanten Tourismusverband in "leistungsfähiger" Weise verwirklicht werden, ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Dass die Tiroler Landesregierung diesen überschritten hätte, kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden. In der Äußerung der Tiroler Landesregierung wird die Begründung des der Verordnung zugrunde liegenden Regierungsantrags nämlich wie folgt zitiert:

"Ein grundlegender Wandel und eine Verschärfung des Wettbewerbs im Tourismus in den letzten Jahren machen es notwendig, diesen geänderten Verhältnissen auf den europäischen und internationalen Märkten Rechnung zu tragen. Es gilt, die kleinteilige Struktur der Tourismusverbände zu optimieren, diese in schlagkräftige touristische Regionen überzuführen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig abzusichern. Die mit dem Strukturwandel einhergehende Konzentration von Angebotselementen und Finanzmitteln gewährleistet deutlich bessere Rahmenbedingungen, um die Herausforderungen im modernen Tourismus offensiv annehmen zu können. Schlagkräftige Verbandsstrukturen eröffnen neue Möglichkeiten des gezielten Budgeteinsatzes und der kurzen Entscheidungswege, der Markenbildung und der Verstärkung von Marketingkraft, der Realisierung regional abgestimmter infrastruktureller Leistungen, die Einrichtung eines professionellen Managements und der rationelleren Administration sowie andere positive Effekte mehr. Durch den Zusammenschluss von Tourismusverbänden zu regionalen Körperschaften werden jedoch nicht nur in den genannten Bereichen Synergien genutzt und Qualität generiert, es wird durch harmonisierte Promillesätze auch eine regionale Ausgewogenheit bei den Beitragsleistungen der Pflichtmitglieder bewirkt, wodurch allfällige Standortnach- bzw. -vorteile entfallen.

Die gegenständliche Bildung des Tourismusverbandes Osttirol als 'Bezirksverband' nimmt eine Allein- und Sonderstellung im aktuellen Gefüge der Tiroler Verbandsorganisationen ein und stellt für Osttirol die Endausbaustufe im touristischen Strukturprozess dar. Nach eingehenden Beratungen und Verhandlungen haben sich die Aufsichtsräte der drei Tourismusverbände Lienzer Dolomiten, Hochpustertal und Urlaubsregion Nationalpark Hohe Tauern Osttirol auf einen gemeinsamen Fusionsvertrag verständigt und diesbezüglich übereinstimmende positive Beschlussfassungen herbeigeführt.

im Zuge des formellen Anhörungsverfahrens haben 20 der insgesamt 33 (Stadt- bzw. Markt-)Gemeinden des Bezirkes schriftliche Stellungnahmen zur Fusion abgegeben, wobei sich

17 Gebietskörperschaften - zumeist unter der Prämisse, dass eine Einigung zwischen den drei Tourismusverbänden getroffen werden kann - zustimmend äußerten, 3 Gemeinden meldeten Vorbehalte an, ohne jedoch eine substantielle touristische Alternativvariante aufzeigen zu können. Die Planungsverbände Matrei u. U. - Defereggen-Kals sowie Lienz u. U. haben in aller Deutlichkeit für den Zusammenschluss gestimmt."

Der Hauptvorwurf der Beschwerden geht dahin, dass die Schaffung eines pauschal der Ortsklasse B zugeordneten Tourismusverbandes für das ganze Gebiet des Bezirks Lienz zur Folge hat, dass jene Unternehmer, die früher einem Tourismusverband der Ortsklasse C angehört haben, höhere Beiträge zu entrichten haben, obwohl sie keinen "zusätzlichen Nutzen" hätten.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Mit der Festlegung der Ortsklassen berücksichtigt der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die unterschiedliche "Nächtigungsintensität" in den Gebieten der verschiedenen Tourismusverbände. Indem er an diese Ortsklassen die Beitragsverpflichtung knüpft, geht er von der plausiblen Annahme aus, dass eine höhere Nächtigungsintensität einen höheren Nutzen aus dem Tourismus indiziert und daher höhere Beitragszahlungen rechtfertigt. Es liegt auf der Hand, dass hiebei eine Durchschnittsbetrachtung unumgänglich ist. Es ist daher nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Tourismusverband einheitlich einer Ortsklasse zugeordnet ist, obwohl die in ihm zusammengeschlossenen einzelnen Gemeinden eine unterschiedliche Nächtigungsintensität aufweisen und daher bei getrennter Betrachtung unterschiedlichen Ortsklassen zuzuordnen wären. Dieser nivellierende Effekt kann hingenommen werden, wenn das im Tourismusverband zusammengefasste Gebiet so abgegrenzt ist, dass die Nächtigungsintensität eines Gebietsteiles sich direkt oder indirekt auch auf andere Gebietsteile auswirkt. Tendenziell kann der Verordnungsgeber dabei von der Annahme ausgehen, dass mit zunehmender Mobilität der heimischen Bevölkerung und der Touristen und mit zunehmender wirtschaftlicher Verflechtung die Ausstrahlungswirkung einer hohen Nächtigungsintensität zunimmt und es daher gerechtfertigt ist, Tourismusverbände mit einem größeren Einzugsgebiet zu schaffen. Insgesamt kann eine Zusammenlegung daher geeignet sein, eine sachgerechte(re) Korrelation zwischen Nutzen und Beiträgen herzustellen, sofern das Gebiet insgesamt so beschaffen ist, dass von einer gewissen Vernetzung (und damit von einem innerhalb des Gebiets übergreifenden Nutzen) auszugehen ist. Es kann in diesem Fall nämlich erwartet werden, dass sich aus den nächtigungsstärkeren Regionen positive Wirkungen auch auf die nächtigungsschwächeren ergeben. Die Tiroler Landesregierung weist auch zu Recht darauf hin, dass sich durch den Zusammenschluss selbst für die nächtigungsschwächeren Regionen eine positive Tourismusentwicklung - etwa durch die gemeinsame Bewerbung - ergeben kann.

Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung bei der Beurteilung, ob mehrere kleinere, in Ansehung der Nächtigungszahlen inhomogene Gebiete zu einem einzigen Tourismusverband zusammengefasst werden können, eine Abwägung vorzunehmen, bei der unter anderem auch die wirtschaftliche Verflechtung und die Nähe bzw. wechselseitige Erreichbarkeit der Orte in Betracht zu ziehen sind. Zur Frage, ob (und inwiefern) diese Abwägung im Fall des Tourismusverbands Osttirol gesetzwidrig vorgenommen worden ist, haben die Beschwerden, die allein auf die gestiegene Höhe ihrer Beiträge hinweisen, nichts vorgebracht. Auch der Verfassungsgerichtshof hegt vor dem Hintergrund der vorliegenden Beschwerdefälle keine derartigen Bedenken. Der Gerichtshof hält es daher für vertretbar, das Gebiet des Bezirkes Lienz (Osttirol) für Zwecke der Bildung eines Tourismusverbands als Einheit anzusehen und die unterschiedliche Nächtigungsintensität der einzelnen Gebietsteile zu vernachlässigen.

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 17.488/2005 ausgesprochen (S 258), dass (auch) die Änderung der Organisationsstruktur von Tourismusverbänden nicht nur Vorteile bewirken muss: "[E]s wird sich manches überhaupt nicht und manches sogar zum Nachteil ändern, dies oft allerdings nur vorübergehend. Das ist unvermeidlich und macht deshalb eine solche Maßnahme an sich noch nicht unsachlich."

5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführenden Parteien in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

6. Die Beschwerden waren daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.