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OGH vom 05.09.2017, 14Os65/17s

OGH vom 05.09.2017, 14Os65/17s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Monika K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Geschworenengericht vom , GZ 11 Hv 121/16g-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil, das im Übrigen (demnach im Freispruch) unberührt bleibt, im Schuldspruch, in dem diesem zu Grunde liegenden Wahrspruch zur Hauptfrage 2, demnach auch im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung sowie im Zuspruch an den Privatbeteiligten Heinz K***** und in der Kostenentscheidung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Wels als Schöffengericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch vom Vorwurf des Mordes (§§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB) enthält, wurde Monika K***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie in der Nacht zum in E***** und an einem anderen Ort „dadurch, dass sie den abgesondert verfolgten Christian L***** und Horst E***** den Schlüssel zur Haustüre hinterlegte, um ihnen ein überraschendes und ungehindertes Eindringen zu ermöglichen, das Taxi zum Tatort bezahlte sowie durch Aufstacheln ihres Geliebten Christian L*****, dass sie von ihrem Ehemann geschlagen und schlecht behandelt werde, zur Ausführung der strafbaren Handlung von Christian L***** und Horst E***** an ihrem Ehemann Heinz K***** beigetragen, welche Heinz K***** dadurch absichtlich schwer am Körper verletzten, dass sie sich beide auf ihn stürzten und ihm zum Teil gleichzeitig gezielte Faustschläge ins Gesicht sowie Schläge und Fußtritte gegen den Körper versetzten, sodass dieser zu Boden kam, und auch nicht von ihm abließen, als dieser zu flüchten versuchte, sondern erneut gemeinsam auf ihn einschlugen und mit den Füßen auf ihn eintraten, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung mit länger als 24 Tage dauernder Gesundheitsschädigung, nämlich einen mehrfach (vierfach!) verschobenen Nasenbeinbruch, eine Schädelprellung und multiple Prellungen im Wirbelsäulen- und Bauchbereich samt Blut im Urin sowie einen Bänderriss im linken Daumen zur Folge hatte“.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die aus § 345 Abs 1 Z 12 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, der Berechtigung zukommt.

Sie macht zutreffend einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite (§ 345 Abs 1 Z 12 StPO) geltend.

Fordert das Gesetz eine besondere Art des Vorsatzes (insbesondere § 5 Abs 2 oder 3 StGB) für die Erfüllung eines Tatbestands, so muss auch der Bestimmungs- oder Beitragstäter mit dem deliktsspezifischen Vorsatz handeln (Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 68, 104; RIS-Justiz

RS0103984 [T5]). Demnach ist Voraussetzung für die vorgenommene Subsumtion des Täterverhaltens nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 StGB in subjektiver Hinsicht, dass der an der Tat Beteiligte die Absicht verfolgt, es ihm also darauf ankam (§ 5 Abs 2 StGB), durch seine Beitragshandlungen eine schwere Körperverletzung

zu ermöglichen, zu erleichtern, abzusichern oder in anderer Weise zu fördern (Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 87 Rz 12).

Dem dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Wahrspruch der Geschworenen (zur Hauptfrage 2) lässt sich zwar entnehmen, dass die unmittelbaren Täter Heinz K***** „absichtlich schwer am Körper verletzten“, zur subjektiven Tatseite der Beschwerdeführerin enthält er jedoch keine Aussage. Deren Erwähnung darf in der Frage nach den gesetzlichen Merkmalen der strafbaren Handlung aber nur dann unterbleiben, wenn nicht eine vom Mindesterfordernis des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz (§ 7 Abs 1) StGB abweichende Vorsatzform – wie hier nach dem Vorgesagten Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB) – Voraussetzung der Strafbarkeit ist (vgl RIS-Justiz RS0113270; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 33).

Damit vermögen die im Wahrspruch getroffenen Feststellungen zwar eine Subsumtion nach §§ 12 dritter Fall, 83 Abs 1, 84 Abs 4 StGB, nicht aber einen Schuldspruch nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 StGB zu tragen (vgl Ratz, WK-StPO § 291 Rz 613 ff).

Aufgrund dieses Rechtsfehlers war eine Aufhebung des Schuldspruchs samt dem zu Grunde liegenden Wahrspruch zur Hauptfrage 2 (zur prozessualen Konsequenz der Aufhebung einer – hier selbständigen [vgl Burgstaller/Fabrizy in WK2 StGB § 87 Rz 2] – Qualifikation Ratz, WK-StPO § 289 Rz 18; vgl RIS-Justiz RS0115884), demgemäß auch der Aussprüche über die Strafe (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und die privatrechtlichen Ansprüche sowie der Kostenentscheidung bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich (§§ 285e, 344 StPO).

Die Sache war im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels als Schöffengericht zu verweisen, weil für den verbleibenden Anklagevorwurf (zufolge rechtskräftiger Verneinung der Hauptfrage 1 nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB) nunmehr das Schöffengericht sachlich zuständig ist (§§ 31 Abs 3 Z 1, 351 zweiter Satz letzter Halbsatz StPO).

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Durch die Aufhebung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung entfällt die Kostenersatzpflicht der Angeklagten (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 4, 7).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00065.17S.0905.000
Schlagworte:
Strafrecht

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