VfGH vom 03.10.1988, B887/85
Sammlungsnummer
11838
Leitsatz
Statut der Landeshauptstadt Graz 1967 idF der Nov. LGBl. 11/1985; rückwirkend verfügte Herabsetzung der Bemessungsgrundlage für Ruhe- und Versorgungsgenüsse; keine Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitsgebotes; Fehlen gesetzlicher Anordnungen hinsichtlich der Behandlung eines entstandenen Übergenusses - verfassungskonforme Auslegung iS einer Übernahme der bundesgesetzlichen Regelungen, da diesen in weiten Bereichen des Landesrechtes bereits Geltung verschafft wurde; denkunmögliche Gesetzesanwendung durch Feststellung eines Übergenusses - für den Zeitraum vor der Kundmachung des zur Verminderung des Anspruches führenden Gesetzes ist iS des § 13a GehaltsG 1956 Gutgläubigkeit beim Empfang der Geldleistung anzunehmen; Verletzung des Eigentumsrechtes
Spruch
Die Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz ist schuldig, der Bf. zuhanden des Beschwerdevertreters die mit 11.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Nov. LGBl. 15/1976 zum Statut der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. 130, regelte (ua.) die Funktionsbezüge und Ruhebezüge der Mitglieder des Stadtsenates sowie die Versorgungsgenüsse ihrer Hinterbliebenen neu. Nach § 39 Abs 2 hatte der Bürgermeister für die Dauer seiner Funktion Anspruch auf einen Funktionsbezug in der Höhe der jeweiligen Entschädigung, die dem Ersten Landeshauptmannstellvertreter gemäß §§4 und 6 des Steiermärkischen Bezügegesetzes, LGBl. 28/1973, zukam; den Bürgermeisterstellvertretern kam ein solcher in der Höhe von 90 v.H. dieses Funktionsbezuges des Bürgermeisters und den Stadträten ein solcher in Höhe von 90 v.H. des jeweiligen Funktionsbezuges eines Bürgermeisterstellvertreters zu.
§ 39 Abs 6 zufolge waren der Ruhebezug der Stadtsenatsmitglieder sowie der Versorgungsgenuß ihrer Witwen und Waisen nach bestimmten, hier näher festgelegten Grundsätzen durch den Gemeinderat zu regeln. Diese Grundsätze sahen (vereinfacht dargestellt) vor, daß sich der Ruhebezug an der Dauer der Zugehörigkeit zum Stadtsenat orientiert und einen bestimmten Hundertsatz - höchstens 80 v.H. - des Funktionsbezuges ausmacht. Für den Versorgungsgenuß der Witwe war festgelegt, daß dieser 60 v.H. des Ruhebezugs des Stadtsenatsmitglieds, mindestens aber 42 v.H. eines vollen Ruhebezuges zu betragen habe.
Aufgrund dieser Verordnungsermächtigung erließ der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz mit Beschluß vom die - im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 12/1976 kundgemachte - "Pensionsordnung der Mandatare".
2.a) Der im § 39 Abs 2 des Stadtstatuts in der Fassung der Nov. LGBl. 15/1976 verwiesene § 4 des Steiermärkischen Bezügegesetzes, LGBl. 28/1973, legte ua. fest, daß der Bezug eines Landeshauptmannstellvertreters dem Bezug eines Staatssekretärs (unter Zugrundelegung des jeweiligen Gehalts eines Landesbeamten der Allgemeinen Verwaltung, Dienstklasse IX, Gehaltsstufe 6) entspricht. Der ebenfalls dort bezogene § 6 des Steiermärkischen Bezügegesetzes sah vor, daß den Mitgliedern der Steiermärkischen Landesregierung für außerordentliche Auslagen eine monatliche Vergütung in der gleichen Höhe gewährt wird wie sie einem Mitglied der Bundesregierung zusteht; im Hinblick auf § 9 Abs 1 des Bezügegesetzes, BGBl. 273/1972, ergab sich sohin der Anspruch auf eine Vergütung im Ausmaß von 7.000 S pro Monat.
b) Die Steiermärkische Bezügegesetz-Nov. 1978, LGBl. 10/1979, änderte § 4 des Steiermärkischen Bezügegesetzes mit Wirksamkeit vom (ua.) dahin, daß der Bezug eines Landeshauptmannstellvertreters 170 v.H. unter Zugrundelegung des jeweiligen Gehalts eines Landesbeamten der Allgemeinen Verwaltung, Dienstklasse IX, Gehaltsstufe 6, beträgt.
c) Sowohl der bereits novellierte § 4 des Steiermärkischen Bezügegesetzes als auch § 6 dieses Gesetzes erhielten durch die Steiermärkische Bezügegesetznovelle 1980, LGBl. 21/1981, mit Wirksamkeit vom eine neue Fassung. Der Bezug des Landeshauptmannstellvertreters wurde durch § 4 unter Beibehaltung der bisherigen Bemessungsgrundlage auf 180 v.H. erhöht. § 6 bestimmte folgendes:
"(1) Den obersten Organen im Sinne des § 1 Abs 1 gebührt neben ihren Bezügen ein monatlicher Auslagenersatz, bei dessen Ermittlung von dem Bezug auszugehen ist, der sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes unter Zugrundelegung des Gehaltes eines Landesbeamten der Allgemeinen Verwaltung, Dienstklasse IX, Gehaltsstufe 6, zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen und einer allfälligen Amtszulage ergeben würde.
(2) Der Auslagenersatz der Mitglieder der Steiermärkischen Landesregierung - mit Ausnahme des Landeshauptmannes -, des Präsidenten des Steiermärkischen Landtages und seiner Stellvertreter beträgt 40 v.H., der Auslagenersatz der übrigen Mitglieder des Steiermärkischen Landtages beträgt 25 v.H. des nach Abs 1 zu ermittelnden Bezuges."
3. Der Landesgesetzgeber nahm weder die Steiermärkische Bezügegesetz-Nov. 1978 noch die des Jahres 1980 zum Anlaß, die den Funktionsbezug der Stadtsenatsmitglieder und deren Ruhebezug sowie die den Versorgungsgenuß ihrer Hinterbliebenen betreffenden Bestimmungen des Statuts der Landeshauptstadt Graz abzuändern; auch die unter I/1 erwähnte "Pensionsordnung der Mandatare" erfuhr keine Änderung. Beim Vollzug dieser Bestimmungen des Stadtstatuts und der Pensionsordnung wurde auf § 4 und § 6 des Steiermärkischen Bezügegesetzes in der jeweils geltenden Fassung Bedacht genommen; dementsprechend wurde der in § 6 des Steiermärkischen Bezügegesetzes vorgesehene 40%ige monatliche Auslagenersatz in die Bemessungsgrundlage der Ruhebezüge und Versorgungsgenüsse einbezogen.
4. Die bezugs- und versorgungsrechtlichen Vorschriften für Mitglieder des Grazer Stadtsenates und ihre Hinterbliebenen wurden im Jahr 1984 durch zwei Novellen zum Stadtstatut vollständig neu gefaßt und hiebei inhaltlich zum Teil wesentlich geändert. Auf die vom Landtag am beschlossene, am 11. Feber 1985 kundgemachte Nov. LGBl. 6/1985 ist hier jedoch nicht einzugehen, weil sie mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens durch die nachfolgende Nov., nämlich das Gesetz vom , mit dem das Statut der Landeshauptstadt Graz 1967 geändert wird (kundgemacht in dem am 13. Feber 1985 herausgegebenen 4. Stück des Landesgesetzblattes unter Nr. 11), ersetzt wurde.
Aus der Nov. LGBl. 11/1985 ist zunächst hervorzuheben, daß diese den Begriff des Funktionsbezuges der Stadtsenatsmitglieder einschränkte; der Funktionsbezug des Bürgermeisters (von dem sich die Funktionsbezüge der übrigen Stadtsenatsmitglieder ableiten) wurde in Höhe jener Entschädigung festgelegt, die dem Ersten Landeshauptmann-Stellvertreter gemäß § 4 des Steiermärkischen Bezügegesetzes in der geltenden Fassung zukommt, umfaßte also nicht mehr den - gesondert geregelten Auslagenersatz, dessen Höhe mit 40 v.H. des jeweiligen Funktionsbezuges bestimmt wurde (§39 Abs 2 und 3). Der Anspruch auf Ruhebezüge und Versorgungsgenüsse wurde unmittelbar im Gesetz festgelegt; dementsprechend entfiel die Beschränkung auf vom Verordnungsgeber auszuführende Grundsätze. Sowohl der Ruhebezug eines ehemaligen Stadtsenatsmitglieds als auch der Versorgungsgenuß der Hinterbliebenen leiteten sich vom neu bestimmten Funktionsbezug ab; eine Einbeziehung des Auslagenersatzes in die Bemessungsgrundlage dieser Leistungen wurde nicht vorgesehen (§39a Abs 1 litb, f und g). Im übrigen wurde die Bemessung von Ruhebezug und Versorgungsgenuß inhaltlich nicht geändert.
Die Nov. LGBl. 11/1985, welche im neugeschaffenen § 39b des Stadtstatutes überdies Ruhensbestimmungen vorsah (s. dazu das hg. Erk. VfSlg. 11309/1987), trat nach ihrem ArtII (abgesehen von einer hier nicht relevanten Bestimmung) rückwirkend mit in Kraft.
II. 1. Die Bf. ist die Witwe nach dem am verstorbenen Facharzt Dr. H C, der vom bis dem Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz als Stadtrat angehörte. Sie bezieht seit 1. Feber 1975 einen Versorgungsgenuß, der zuletzt im Ausmaß von 42 v.H. des vollen Ruhebezuges eines Stadtrates (unter Einbeziehung des 40%igen Auslagenersatzes in die Bemessungsgrundlage) flüssiggemacht wurde. Mit einem Rundschreiben der Magistratsdirektion Graz vom 14. Feber 1985 (mithin dem auf die Kundmachung der Nov. LGBl. 11/1985 folgenden Tag) an alle Bezieher von Ruhebezügen und Versorgungsgenüssen nach dem Grazer Stadtstatut, das auch an die Bf. erging, wurde auf die - mit Rückwirkung auf den - geänderte Gesetzeslage hingewiesen, insbesondere darauf, daß die als Bestandteil des Funktionsbezuges gewertete 40%ige Pauschalauslagenentschädigung bei der Berechnung des Ruhebezuges bzw. des Versorgungsgenusses keine Berücksichtigung mehr finde. Die Bezieher der erwähnten Leistungen wurden ersucht, Einkünfte im Sinne des § 39b des Statuts bekanntzugeben. Ab werde der (noch ohne Berücksichtigung dieser Einkünfte) berechnete Ruhebezug bzw. Versorgungsgenuß vorschußweise ausbezahlt werden. Es sei vorgesehen, mit den aufgrund der Neuregelung zustehenden Ruhebezug bzw. Versorgungsgenuß auszubezahlen und zu diesem Zeitpunkt auch die Höhe des rückzuerstattenden Überbezuges seit dem bekanntzugeben. Zu diesem Rundschreiben teilte die Bf. mit Schreiben vom mit, daß sie kein sonstiges Einkommen (im Sinne des § 39b des Stadtstatuts) beziehe; sie schloß zwei Belege über monatliche Witwenversorgungsleistungen bei, welche von der Ärztekammer für Steiermark erbracht werden.
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erließ sodann an die Bf. einen mit datierten Bescheid, dessen Spruch folgendermaßen lautet:
"Auf Grund der Bestimmungen der §§39 a und 39 b des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130/1967, in der Fassung des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 11/1985, wird die Höhe des Frau H C, Witwe nach Stadtrat a.D. Dr. H C, auszubezahlenden Versorgungsgenusses wie folgt festgesetzt;
Mit Wirkung vom
: :
1.) Gemäß § 39 a Abs 1 litb und f
des Statutes beträgt der der Be-
messung des Versorgungsgenusses
zugrunde zu legende volle Ruhe-
bezug 80 v.H. des Funktions-
bezuges eines Stadtrates, d.s.
monatlich brutto S 66.892,-- S 70.035,20
Gemäß § 39 a Abs 1 litf gebühren
der Witwe mindestens 42 v.H. des
vollen Ruhebezuges, d.s. monatlich
brutto S 28.094,64 S 29.414,78
2.) Die Differenz zwischen dem in der Zeit vom bis
einschließlich angewiesenen
Brutto-Versorgungsgenuß und dem auf Grund dieses
Bescheides auszuzahlenden Brutto-Versorgungsgenuß
(Überbezug) beträgt S 51.626,--."
In der Begründung dieses Bescheides wurde die Änderung der Gesetzeslage dargestellt und auf das Schreiben der Bf. vom Bezug genommen, wonach sie keine Einkünfte im Sinne des § 39 b Abs 1 des Statutes hat. Die Feststellung des gebührenden Versorgungsgenusses ab beruhe auf ArtII Abs 1 der Nov. Der Überbezug zwischen dem in der Zeit vom bis einschließlich 28. Feber 1985 angewiesenen Brutto-Bezug und dem aufgrund des Bescheides auszubezahlenden in der erwähnten Gesamthöhe von 51.626 S wurde rechnerisch belegt.
2. Das von der Bf. dagegen ergriffene Rechtsmittel blieb erfolglos. Der ohne Datum ausgefertigte, auf einem Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom beruhende abweisende Berufungsbescheid bezieht sich in seinem Spruch ebenfalls auf § 39a und § 39b des Statuts der Landeshauptstadt Graz idF der Nov. LGBl. 11/1985. Die Bescheidbegründung setzt sich insbesondere mit dem Vorwurf der Bf. auseinander, daß die Nov. zum Stadtstatut die Rückzahlung eines Überbezuges nicht ausdrücklich anordne und die bloße Rückwirkung des Gesetzes eine solche nicht begründen könne, und führt dazu aus:
"Die Rechtsordnung ist u.a. getragen vom Stufenbau der Rechtserzeugung, wodurch Rechtsnormen auf der Basis einer Erzeugungsnorm geschaffen werden. Wenn die Nov. zum Statut als Erzeugungsnorm eine Rückwirkung vorsieht, so ist es schlüssig, daß jede Form der Rechtskonkretisierung im Bereiche der Verwaltung diese zeitliche Bedingtheit zu beachten hat, anderenfalls die Rückwirkung des Gesetzes eine Leerformel darstellte. Sieht das zu vollziehende Gesetz ausdrücklich eine Rückwirkung vor, kann eine Transponierung dieser normativen Regelung in einen Individualakt nicht als contra legem bezeichnet werden. Es war daher auch der Geltungszeitraum der Nov. zum Statut der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 11/1985, bescheidmäßig ein zu beachtender."
3. Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in der die Bf. eine Rechtsverletzung infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Bescheidaufhebung begehrt.
4. Die bel. Beh. legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
III. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Soweit sich die Prozeßparteien mit § 39b des Stadtstatuts idF der Nov. LGBl. 11/1985 auseinandersetzen, lassen sie außer acht, daß diese Vorschrift, wenngleich sie (auch) im angefochtenen Bescheid ausdrücklich angeführt wurde, dieser Entscheidung materiell nicht zugrundeliegt. Im gesamten Verwaltungsverfahren war es überhaupt nicht zweifelhaft, daß die Versorgungsleistung, welche die Bf. als Witwe eines Facharztes von der Ärztekammer für Steiermark erhält, keinem der im § 39b Abs 1 umschriebenen (Ruhens-)Tatbestände zu unterstellen ist. Es erübrigt sich daher auch in diesem Zusammenhang auf die teilweise Aufhebung des § 39b durch das hg. Erk. VfSlg. 11309/1987) sowie die diesen Paragraphen des Statuts betreffende Nov. LGBl. 71/1987 einzugehen.
2. Das Schwergewicht der Beschwerde liegt auf dem Vorwurf, daß der Landesgesetzgeber die Ruhebezüge und Versorgungsgenüsse durch eine wesentliche Herabsetzung der Bemessungsgrundlage in verfassungswidriger Weise vermindert habe. Hierin erblickt die Bf. eine Verletzung des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebotes.
Eine solche liegt jedoch nicht vor.
Der Gerichtshof verweist auf sein schon erwähntes Erk. VfSlg. 11309/1987, demzufolge der Gesetzgeber bei der Einführung eines strengen Kürzungssystems bezüglich am Amtseinkommen orientierter Ruhebezüge durch das Gleichheitsgebot zu unterschiedlichen Regelungen verhalten ist. Es ist ihm verwehrt, einen Amtsträger, der sein Amt langjährig im Vertrauen auf die Anwartschaft auf einen derartigen - ungekürzten - Ruhebezug ausgeübt hat, jenem Amtsträger völlig gleichzustellen, der überhaupt schon im vorhinein oder zumindest während eines nicht unbeträchtlichen Zeitraumes seiner Amtsausübung Kenntnis davon hat, daß sein späterer Ruhebezug einem rigorosen Kürzungssystem unterliegen wird. Geht man von diesem zum Schutz bestimmter wohlerworbener Rechte unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes führenden Grundgedanken aus, an dem der VfGH festhält, so führt er bei der hier zu beurteilenden Gesetzeslage schon deshalb zu keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil der 40%ige Auslagenersatz überhaupt nur während eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes von rund vier Jahren gewährt wurde. Dazu kommt noch, daß eine unter dem Titel des Auslagenersatzes empfangene Zuwendung von ihrer deklarierten Funktion her dem Amtseinkommen im eigentlichen Sinn nicht gleichgehalten werden kann. Erscheint die Regelung aber in Ansehung der Ruhebezüge der Stadtsenatsmitglieder als verfassungsrechtlich unbedenklich, so trifft dies auch für die von diesen Bezügen abgeleiteten Versorgungsgenüsse ihrer Hinterbliebenen zu.
Zu bemerken bleibt in diesem Zusammenhang, daß das Bundesverfassungsgesetz vom , BGBl. 281, über die Begrenzung von Pensionen oberster Organe, im Rahmen der eben angestellten Überlegungen nicht zu berücksichtigen war, weil es jedenfalls auf die einfache Gesetzeslage bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keinen Einfluß hat.
3.a) Die Bf. bemängelt weiters, daß die Herabsetzung ihres Versorgungsgenusses rückwirkend verfügt worden sei. Entgegen ihrer Ansicht liegt hierin zwar keine Verfassungswidrigkeit der Nov. LGBl. 11/1985, wohl aber ein in die Verfassungssphäre reichender Vollzugsfehler.
b) Wenn der Landesgesetzgeber für das Inkrafttreten von Anordnungen, mit denen eine laufende, monatliche Geldleistung der öffentlichen Hand herabgesetzt wird, einen nahe dem Zeitpunkt der Fassung des Gesetzesbeschlusses liegenden späteren Termin wählt oder sogar einen solchen, der (wie im vorliegenden Fall: einige Tage) vor der Beschlußfassung liegt, so nimmt er hiedurch das Entstehen von Übergenüssen notwendig in Kauf. Denn der Landesgesetzgeber muß einerseits damit rechnen, daß die Kundmachung im Landesgesetzblatt - insbesondere bedingt durch das Verfahren nach Art 98 B-VG, das Erfordernis der Beurkundung sowie durch manipulative Umstände wie etwa die Drucklegung - erst mehrere Wochen nach der Fassung des Gesetzesbeschlusses vorgenommen wird, und andererseits damit, daß die dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip verpflichteten Vollzugsorgane bis zur Kundmachung der Nov. die Geldleistungen in der nicht verminderten Höhe anweisen. Die so vom Gesetzgeber geschaffene Lage ist unter dem Aspekt des Art 18 Abs 1 B-VG regelungsbedürftig. Soll nämlich eine am Gesetz ausgerichtete Vollziehung möglich sein, so sind nicht nur der Rückforderungsanspruch nach Art einer Kondiktion an sich, sondern auch seine näheren Einzelheiten festzulegen; hiezu sei nebenher angemerkt, daß solche Vorschriften allerdings insbesondere dem Gleichheitsgebot zu entsprechen hätten. Unterläßt der Landesgesetzgeber solche Festlegungen, so erscheint seine gesamte Regelung über die Rückwirkung als verfassungswidrig.
Im Zweifel ist dem Gesetzgeber allerdings ein derartiges verfassungswidriges Vorgehen nicht anzulasten, sondern zu prüfen, ob das Regelungsdefizit durch das sinngemäße Heranziehen einschlägiger Gesetzesbestimmungen ausgeglichen werden kann, die den Übergenuß bei laufenden, monatlichen Geldleistungen der öffentlichen Hand mit Unterhaltscharakter und dessen Hereinbringung betreffen. Eine derartige sinngemäße Anwendung bestehender Vorschriften kommt hier tatsächlich in Betracht. Der Bundesgesetzgeber hat im Bereich des Gehaltsrechts und des Pensionsrechts der Bundesbeamten (sowie der Landeslehrer) den Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen näher geregelt (§13a des GehaltsG 1956 (idF der 15. Gehaltsgesetz-Nov., BGBl. 109/1966), § 39 des PensionsG 1965, BGBl. 340) und diese Regelung in bestimmte Bereiche des Bezügegesetzes, BGBl. 273/1972, übernommen (s. zB die - auch § 39 des PensionsG 1965 umfassende - Verweisung im § 44 Abs 1 des BezügeG). § 13a GehaltsG 1956 und § 39 PensionsG 1965 ordnen - in allen wesentlichen Belangen übereinstimmend und zum überwiegenden Teil wörtlich gleichlautend - an:
"§13a. (1) Zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.
(2) Die rückforderbaren Leistungen sind durch Abzug von den nach diesem BG gebührenden Leistungen hereinzubringen; hiebei können Raten festgesetzt werden. Bei der Festsetzung der Raten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen Rücksicht zu nehmen. Ist die Hereinbringung durch Abzug nicht möglich, so ist der Ersatzpflichtige zum Ersatz zu verhalten. Leistet der Ersatzpflichtige nicht Ersatz, so sind die rückforderbaren Leistungen nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172, hereinzubringen.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz ist auf Verlangen mit Bescheid festzustellen.
(4) Soweit die Ersatzforderung des Bundes durch Abzug hereinzubringen ist, geht sie den Forderungen anderer Personen vor.
(5) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann die Rückzahlung gestundet werden. Von der Hereinbringung rückforderbarer Leistungen kann vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen Abstand genommen werden, wenn die Hereinbringung eine besondere Härte bedeuten würde oder wenn das Verfahren zur Hereinbringung mit Kosten und Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehen würden."
"§39. (1) Zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.
(2) Die rückforderbaren Leistungen sind durch Abzug von den nach diesem BG gebührenden Leistungen hereinzubringen; hiebei ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen billige Rücksicht zu nehmen. Ist die Hereinbringung durch Abzug nicht möglich, so ist der Ersatzpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter zum Ersatz zu verhalten. Leistet der Ersatzpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter nicht Ersatz, so sind die rückforderbaren Leistungen nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172/1950, hereinzubringen.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz ist auf Verlangen mit Bescheid festzustellen.
(4) Soweit die Ersatzforderung des Bundes durch Abzug hereinzubringen ist, geht sie den Forderungen anderer Personen vor.
(5) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann die Rückzahlung gestundet werden. Von der Hereinbringung rückforderbarer Leistungen kann Abstand genommen werden, wenn die Hereinbringung eine besondere Härte bedeuten würde oder wenn das Verfahren zur Hereinbringung mit Kosten und Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehen würden."
Der steiermärkische Landesgesetzgeber hat gleiche Regelungen getroffen, und zwar für das Dienstrecht (einschließlich des Besoldungs- und Pensionsrechtes) der Landesbeamten (§2 Abs 1 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes, LGBl. 124/1974, idF LGBl. 33/1984), der Beamten der Landeshauptstadt Graz (§77a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. 30/1957, idF der Nov. LGBl. 126/1968), sowie der (übrigen) Gemeindebeamten (§33a des Gemeindebedienstetengesetzes 1957, LGBl. 34, idF LGBl. 83/1967); er hat ferner für die Ruhebezüge der Mitglieder des Steiermärkischen Landtags und die Versorgungsbezüge ihrer Hinterbliebenen sowie für derartige Bezüge von Mitgliedern der Steiermärkischen Landesregierung und deren Hinterbliebener die sinngemäße Anwendung des § 39 PensionsG 1965 verfügt (§27 des Steiermärkischen Bezügegesetzes, LGBl. 28/1973, idF LGBl. 8/1978 und § 37 des Steiermärkischen Bezügegesetzes, LGBl. 28/1973). Diese Darstellung der Gesetzeslage im steiermärkischen Landesrecht zeigt, daß die § 13a GehaltsG 1956 und § 39 PensionsG 1965 inhaltlich entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sehr weite Bereiche umfassen; dem Landesgesetzgeber kann daher durchaus die Absicht zugeschrieben werden, die im Bundesrecht entwickelten Grundsätze für die Behandlung von Übergenüssen bei bestimmten Geldleistungen der öffentlichen Hand allgemein zu übernehmen und sie auch dort gelten zu lassen, wo eine von Verfassungs wegen gebotene Regelung von ihm nicht ausdrücklich getroffen worden ist.
c) Das Erk. des VwGH Z 82/12/0007 vom beruht auf der aus § 13a GehaltsG 1956 abgeleiteten Rechtauffassung, daß Gutgläubigkeit beim Empfang eines Übergenusses nicht abgesprochen werden kann, wenn das zur Verminderung des Anspruchs führende Gesetz erst nach dem Empfang des Übergenusses kundgemacht wurde. Der VfGH pflichtet dieser Auffassung bei. Auf den vorliegenden Beschwerdefall bezogen, bedeutet dies unter Berücksichtigung der vorhin angestellten Erwägungen, daß der belangte Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz bei der Handhabung des Stadtstatuts insoweit von einer verfassungswidrigen Rechtsansicht ausging, als er zur Rückzahlung eines Übergenusses verpflichtete, der dem Zeitraum zwischen dem rückwirkenden Inkrafttreten der Nov. LGBl. 11/1985 () und deren Kundmachung (13. Feber 1985) entspricht, also der Bezugsdifferenz der Monate November 1984 bis einschließlich Feber 1985.
In ständiger Rechtsprechung hat der VfGH den Standpunkt eingenommen, daß eine nicht verfassungskonforme Auslegung einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung gleichzuhalten ist (s. etwa VfSlg. 8011/1977 mit Bezugnahme auf VfSlg. 5683/1968). Der angefochtene Bescheid verletzt die Bf. daher in seinem die Feststellung des Übergenusses betreffenden Teil im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
4. Der Bescheid des Gemeinderates, welcher eine inhaltlich nicht trennbare Einheit bildet (- im ersten (aus dem Bescheid des Stadtsenates ebenfalls übernommenen) Teil wird nicht etwa die Höhe des Versorgungsgenusses ab , sondern der auszuzahlende Versorgungsgenuß festgestellt -), war sohin zur Gänze aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 1.000 S auf die Umsatzsteuer.
IV. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG abgesehen.