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VfGH vom 10.06.2010, B887/09

VfGH vom 10.06.2010, B887/09

19077

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung eines Antrags einer maltesischen Online-Glücksspielbetreiberin auf Erteilung einer Bewilligung zur Bewerbung des Besuchs ihrer Betriebsstätten in Österreich; Geltung des Staatsbürgerrechts der Erwerbsausübungsfreiheit auch für EU-Bürger; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit; öffentliches Interesse am Spielerschutz, unterschiedliche Behandlung von Glücksspielen vor Ort und im Internet daher gerechtfertigt; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung, kein Widerspruch zum Unionsrecht, keine Verletzung des Gleichheitsrechtes

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft Cashpoint (Malta)

Limited, die auf Grund einer Konzession nach maltesischem Recht über das Internet zugängliche Spielbanken betreibt, stellte am einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach § 56 Abs 2 Glücksspielgesetz (GSpG) beim Bundesminister für Finanzen zu dem Zweck, die Teilnahme an den von ihr angebotenen Online-Glücksspielen auch in Österreich zu bewerben. Der Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom mit der Begründung abgewiesen, dass § 56 Abs 2 GSpG eine dem § 21 GSpG entsprechende ausländische Konzession erfordere, die Konzession der beschwerdeführenden Partei aber nicht - wie jene nach § 21 GSpG - den "physischen" Besuch der ausländischen Spielbankenbetriebsstätte umfasse. Die belangte Behörde führt in der Begründung insbesondere folgendes aus (Hervorhebungen im Original):

"Das Anbieten von Glücksspielen via Internet ist - wie oben ausgeführt - nicht Teil einer Spielbankenkonzession in Österreich. Es besteht daher keine - einer Spielbankkonzession nach § 21 GSpG vergleichbare - aufrechte Konzession der Antragstellerin, weshalb § 56 Abs 2 GSpG auf den vorliegenden Sachverhalt schon von seinem Tatbestandsumfang nicht anwendbar ist.[...]

§ 56 GSpG, auf den sich die Antragstellerin bezieht, hat das bisherige generelle Werbeverbot für ausländisches Glücksspiel nur in einem bestimmten Teilbereich gelockert und ausschließlich Werbung für den physischen Vor-Ort-Besuch ausländischer Spielbankorte unter gewissen Bedingungen erlaubt - also für einen Bereich, in dem die Teilnahme an dem Glücksspiel nicht vom Inland aus erfolgt. Die antragsgegenständliche Werbung für ausländische Internet-Glücksspiele ist daher vom Anwendungsbereich des § 56 Abs 2 GSpG nicht umfasst."

2. In der dagegen erhobenen, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK), auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

2.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft hält eine innerstaatliche Werbeverbotsregelung für Mitbewerber aus dem EU-/EWR-Raum im Hinblick auf den freien Dienstleistungsverkehr für gemeinschaftsrechtlich bedenklich und regt daher eine Vorlage dieser Rechtsfrage an den EuGH zur Vorabentscheidung an.

Das nationale Konzessionssystem werde vom Gemeinschaftsrecht nur unter bestimmten Voraussetzungen geduldet (Hinweis auf den Schlussantrag des Generalanwalts in der - zum Zeitpunkt der Beschwerde noch nicht entschiedenen - Rechtssache C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International Ltd.). Die Einschränkung von Werbemaßnahmen bedeute einen unzulässigen Eingriff in den freien Wettbewerb des Binnenmarktes sowie in die durch einen anderen Mitgliedstaat erzielbaren Abgaben, da die Gewinnerzielungsmöglichkeiten des in diesem Mitgliedstaat konzessionierten Unternehmens eingeschränkt seien.

Die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit lassen sich nach Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft auch nicht mit Verbraucher- oder Spielerschutzerwägungen rechtfertigen: Die Ausweitung des Glücksspielangebots vor allem im Online-Bereich ziele darauf ab, den Markt auf neue Verbrauchergruppen auszudehnen. Entsprechend dem Verbraucher- und Spielerschutz müssten die Anbieter einer solchen Ausdehnung jedoch entgegenwirken.

Durch die Nichterteilung der Genehmigung erwachse der beschwerdeführenden Gesellschaft mangels Möglichkeit, den Besuch von Internet-Spielstätten zu bewerben, ein erheblicher finanzieller Nachteil. Sie sei dadurch faktisch von einem Teil des Binnenmarktes ausgeschlossen und in ihrer gewerblichen Tätigkeit in gemeinschaftsrechtswidriger Weise beschränkt.

2.2. Die von der belangten Behörde dargelegte Rechtsansicht, dass schon mangels Vorliegens einer Konzession iSd § 21 GSpG eine weitergehende Prüfung nicht notwendig sei, stelle eine denkunmögliche Gesetzesauslegung dar, da gemäß § 56 Abs 2 GSpG lediglich eine der Konzession nach § 21 GSpG entsprechende ausländische Konzession erforderlich sei.

Die belangte Behörde unterstelle dem Gesetz eine gleichheitswidrige Bedeutung: Weder in der Bestimmung des § 56 GSpG noch in jener des § 21 GSpG finde sich eine Einschränkung hinsichtlich der Art des Betreibens der Spielbank. Eine Glücksspielkonzession erstrecke sich auch auf eine Online-Spielbank und deren Bewerbung.

2.3. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt für den Fall, dass der Gesetzgeber "die dargestellten Beschränkungen und Unterscheidungen bezweckt", Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs 2 GSpG vor. Die unterschiedliche Behandlung "physischer" und "nicht-physischer" Spielbanken sei sachlich nicht gerechtfertigt, da "beide Bereiche spielerschutztechnisch den gleichen Rang genießen müssen".

3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zu der von der beschwerdeführenden Gesellschaft behaupteten Gleichheitswidrigkeit des § 56 Abs 2 GSpG führt sie insbesondere Folgendes aus (Hervorhebungen im Original):

"Die Ausgestaltung der Konzession für die Durchführung von Lotterien als Alleinkonzessionssystem bietet insbesondere für den Bereich der elektronischen Lotterien aus Spielerschutzperspektive entscheidende Vorteile. Der Lotterienkonzessionär muss bei Ausübung seiner Konzession strenge Spielerschutzstandards einhalten: so ist beispielsweise bei Eröffnung eines Internetspielkontos stets die Identifikation des Spielers in Verbindung mit einem Bankkonto bekannt zu geben und eine verpflichtende Eingabe von persönlichen Spielzeit- und Einsatzlimits vorgesehen. Änderungen dieses Spielzeitlimits werden erst nach einer 'Abkühlphase' von 72 Stunden wirksam. Darüber hinaus dürfen auf Basis der von der Aufsichtsbehörde festgelegten Spielbedingungen aus ordnungspolitischen Gründen maximal 800 Euro pro Woche als Spielguthaben auf das Spielkonto überwiesen werden ('absolutes Einsatzlimit'). Das System des Alleinkonzessionärs bietet dabei den Vorteil, dass eine Sperre bei einem Anbieter nicht durch Ausweichen auf das Angebot eines anderen Anbieters umgangen werden kann. Die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten (Alleinkonzessionssystem) für den Betrieb von Glücksspielen über das Internet an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer wurde auch vom EuGH in der Rechtssache Liga Portuguesa () für zulässig erklärt und als geeignete Maßnahme des Verbraucherschutzes anerkannt (Rz 67). In dieser Entscheidung wurde zudem das Anerkennungsprinzip bei Internetkonzessionen abgelehnt und festgehalten, dass eine Lizenz für Online-Glücksspiel in einem Mitgliedstaat kein Anbieten in einem anderen Mitgliedstaat rechtfertigt (Rz 69).

Die Bewerbung von ausländischem Internetglücksspiel im Inland intendiert jedoch eben diese Form der Verleitung zur Teilnahme vom Inland aus. Durch das Aufrufen der Homepage des Betreibers und die Einsatzleistung in Österreich soll die österreichische Zielgruppe an dem beworbenen Glücksspielangebot eines ausländischen Anbieters teilnehmen. Während bei der Bewerbung von terrestrischem Glücksspiel zum physischen Vor-Ort-Besuch ausländischer Spielbankenbetriebsstätten in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes zur dortigen Spielteilnahme die Teilnahme im Ausland erfolgt, bezweckt die Bewerbung von virtuellem Glücksspielangebot jedoch die Spielteilnahme von Österreich aus. Damit könnte die beschriebene Spielsperre im österreichischen Alleinkonzessionssystem umgangen werden. Der Gesetzgeber konnte daher sachlich gerechtfertigter Weise Internetglücksspiel vom Anwendungsbereich des § 56 Abs 2 GSpG ausschließen. [...]"

II. Zur Rechtslage:

§ 21 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 59/2001, lautet:

"Konzession

21. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zum Betrieb einer Spielbank durch Erteilung einer Konzession übertragen."

§ 56 Glücksspielgesetz, BGBl. 620/1989 idF BGBl. I 126/2008, lautet:

"Zulässige Werbung

§56. (1) Die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren.

[...]

(2) Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfen im Inland den Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Betriebsstätten gemäß den Grundsätzen des Abs 1 bewerben, wenn dem Betreiber der Spielbank dafür eine Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erteilt wurde. Eine solche Bewilligung ist zu erteilen, wenn der Betreiber der Spielbank dem Bundesminister für Finanzen nachgewiesen hat, dass

1. die für den Betrieb der Spielbank erteilte Konzession § 21 entspricht und im Konzessionserteilungsland, das ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist,

ausgeübt wird, und

2. die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen dieses Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Staates des

Europäischen Wirtschaftsraumes den inländischen zumindest

entsprechen.

Entsprechen die Werbemaßnahmen nicht den Anforderungen nach Abs 1, kann dem Betreiber der ausländischen Spielbank die Werbung durch den Bundesminister für Finanzen untersagt werden."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG):

1.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist seinem Wortlaut nach ein Staatsbürgerrecht, dh. es steht nur Personen zu, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Allerdings findet der Staatsbürgervorbehalt im Anwendungsbereich des Unionsrechts keine Anwendung: Das Verbot der Diskriminierung der Unionsbürger aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art18 AEUV) verlangt, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts Unionsbürger gegenüber Staatsbürgern nicht schlechter gestellt werden dürfen. Eine von einem Unionsbürger auf ein Staatsbürgerrecht gestützte Beschwerde nach Art 144 B-VG darf nicht wegen der fehlenden Staatsangehörigkeit ab- oder zurückgewiesen werden. Somit ist im Anwendungsbereich des Unionsrechts im Ergebnis von einer Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs der Freiheit der Erwerbsbetätigung auf Unionsbürger und juristische Personen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auszugehen (s. bereits Stadler, Die Grundrechte in den Europäischen Gemeinschaften und in Österreich, in: FS Ermacora, 1988, 293 [304 f.], sowie Kucsko-Stadlmayer, Art 12 EGV, in: Mayer [Hrsg.], Kommentar zu EU- und EG-Vertrag, 2005, Rz 7; Öhlinger, Verfassungsrecht8, 2009, Rz 702; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht - Allgemeines Verwaltungsrecht, 2009, Rz 379 und 487; Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht3, 2006, 182; Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, 2007, Rz 1494).

In den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union fallen alle die Grundfreiheiten des Binnenmarkts beschränkenden Maßnahmen (Öhlinger, aaO, Rz 702; Thun-Hohenstein/Cede/Hafner, Europarecht4, 2003, 147). Die Ausübung der Freiheit der Erwerbsbetätigung fällt in der Regel in den Anwendungsbereich des AEUV (sinngemäß zum EGV Berka, Die Grundrechte. Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich, 1999, Rz 152; Eberhard, Inländer-Grundrechte im Lichte des Gemeinschaftsrechts, JBl 2001, 294 [296]). Im vorliegenden Fall steht die Anwendbarkeit des Rechts der Europäischen Union im Hinblick auf das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts außer Zweifel.

Eine Rechtfertigung der von Art 18 AEUV erfassten Ungleichbehandlung in Hinblick auf Art 6 StGG kommt nicht in Betracht, da es sich um eine ausdrückliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit handelt (vgl. Eberhard, aaO, 299).

1.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch einen Bescheid verletzt, wenn dieser einem Staatsbürger oder - im Lichte der Ausführungen unter

1.1. - einem Bürger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union (Unionsbürger) den Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt, ohne dass ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungswidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet hat (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.470/1997, 15.449/1999, 17.980/2006; vgl. auch VfSlg. 15.431/1999).

1.3. Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (s. zB VfSlg. 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Das österreichische Glücksspielgesetz kennt zwei Arten von Konzessionen, nämlich eine Spielbankenkonzession nach § 21 GSpG zur Durchführung von sogenannten Lebendspielen an einem Spielbankstandort sowie eine Konzession für Lotteriespiele gemäß §§6 bis 12b GSpG, die auch das Betreiben von Glücksspielen im Internet umfasst. § 56 Abs 2 GSpG normiert eine Ausnahme von dem für Glücksspielanbieter, die im Inland keine Konzession innehaben, sich aus dem Konzessionssystem grundsätzlich ergebenden Werbeverbot. Davon umfasst ist, anknüpfend an § 21 GSpG, nur die inländische Bewerbung von Standorten von Spielbanken (mit Lebendspielangebot) aus dem EU-/EWR-Raum bzw. des dortigen Vor-Ort-Besuchs zum Zweck der Spielteilnahme, nicht aber die Bewerbung von via Internet zugänglichen Glücksspielen (vgl. RV 318 BlgNR 23. GP, 4). Die Bewerbung von Online-Glücksspielen durch eine Gesellschaft, die im Inland keine Konzession für Ausspielungen iSd §§6 bis 12b GSpG innehat, stellt somit weiterhin einen Verwaltungsstraftatbestand dar.

Eine gesetzliche Regelung, mit der die Ausnahme vom grundsätzlich bestehenden Werbeverbot für Unternehmen mit ausländischer Konzession auf Standorte im EU-Raum beschränkt und damit nicht auf über Internet zugängliche Glücksspiele erstreckt wird, bezweckt den Schutz der Spieler und liegt somit im öffentlichen Interesse. Das - differenzierte - Werbeverbot ist auch zur Erreichung des Zieles geeignet, bewirkt es doch, dass Unternehmen, die Spiele über Internet anbieten, bei denen besondere Gefahren für Spieler bestehen, nicht über Werbung Spielerkreise erschließen können, die sich etwa der Gefahren des Betrugs beim Glücksspiel im Internet nicht bewusst sein könnten.

Die Beschränkung ist schließlich adäquat: Sie stellt sich als gegenüber einem generellen Werbeverbot für Glücksspiel gelinderes Mittel dar, um einen möglichst umfassenden Spielerschutz zu bewirken. Die Regelung des § 56 Abs 2 GSpG nimmt jene Formen des Glücksspiels vom Werbeverbot aus, bei denen entweder über das Erfordernis des physischen Besuchs einer Spielstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder über eine Konzession nach österreichischem Glücksspielrecht der Schutz der Spieler vor Gefahren des Glücksspiels sichergestellt werden kann. Dem Gesetzgeber kann unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht entgegengetreten werden, wenn er durch die Beschränkung der Ausnahme vom Werbeverbot in § 56 Abs 2 GSpG zu verhindern sucht, dass potentielle österreichische Spieler für die Teilnahme am virtuellen Glücksspiel über Internet von Österreich aus geworben werden.

1.4. Die Behörde hat das Gesetz auch nicht in denkunmöglicher Weise angewendet.

Zunächst ist festzuhalten, dass zur Beurteilung der Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche, einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden waren, spezifische verfassungsrechtliche Erwägungen nicht anzustellen sind. Bereits in seiner etwas länger zurückliegenden Rechtsprechung (, Schindler, Slg. 1994, I-01039; , Rs. C-124/97, Läärä, Slg. 1999, I-06067; , Rs. C-67/98, Zenatti, Slg. 1999, I-07289) hat es der EuGH als gemeinschaftsrechtskonform angesehen, wenn die Mitgliedstaaten im Bereich des Glücksspiels weitestgehende Beschränkungen bis hin zum gänzlichen Verbot vorsehen, womit auch eine weitestgehende Beschränkung des Wettbewerbes in diesem Bereich zulässig ist.

Auch die jüngere Rechtsprechung geht in dieselbe Richtung:

Ein die Anzahl der Glücksspielbetreiber begrenzendes Konzessionssystem kann dem EuGH zufolge ein wirksamer Mechanismus sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen und betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie um Glücksspieltätigkeiten in kontrollierte Bahnen zu lenken (, Placanica, Slg. 2007, I-01891, Rz 52 und 57). Keine Rechtfertigung gebe es hingegen für eine die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung des Ausschlusses von Kapitalgesellschaften, deren Anteile auf reglementierten Märkten gehandelt werden, vom Glücksspielsektor (EuGH, Placanica, Rz 61 f.).

Eine Regelung, nach der Wirtschaftsteilnehmer, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort rechtmäßig Glücksspiele auf elektronischem Weg betreiben, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen, stellt keinen Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit dar. Ein Mitgliedstaat müsse den Umstand allein, dass ein Glücksspielanbieter in einem anderen Mitgliedstaat eine Konzession hat und dort den rechtlichen Anforderungen und Kontrollen unterliegt, nicht als hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten ansehen (, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International Ltd., noch nicht in amtlicher Sammlung veröffentlicht, Rz 69 und 73).

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere zur grundsätzlichen Vereinbarkeit eines - die Anzahl der Glücksspielkonzessionen begrenzenden - Konzessionssystems und eines Verbots für in einem anderen Mitgliedstaat eine Konzession innehabende Anbieter, Glücksspiele über das Internet zu betreiben, mit dem Gemeinschaftsrecht, kann denkmöglich davon ausgegangen werden, dass auch das sich aus dem Konzessionssystem ergebende Werbeverbot bzw. die beschränkte Möglichkeit der Erteilung von Werbebewilligungen keinen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit darstellen, der nicht gerechtfertigt werden könnte.

Es ist daher kein - eine denkunmögliche Gesetzesanwendung indizierender - offenkundiger Widerspruch der angewendeten glücksspielrechtlichen Bestimmungen gegen das Unionsrecht erkennbar, der die belangte Behörde veranlassen hätte müssen, die innerstaatlichen Regelungen zum Werbeverbot bzw. zur Erteilung einer Werbebewilligung außer Acht zu lassen.

Mangels offenkundigen Widerspruchs zum Unionsrecht ist in dieser Hinsicht keine denkunmögliche Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde infolge der Anwendung innerstaatlicher Normen erfolgt.

1.5. Auch im Übrigen ist entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde eine denkunmögliche Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde nicht ersichtlich. Weder ist die belangte Behörde bei der Anwendung des § 56 Abs 2 GSpG von dem Erfordernis einer gemäß § 21 GSpG erteilten Konzession - sondern vom Erfordernis einer entsprechenden ausländischen Konzession - ausgegangen, noch unterstellt sie der Bestimmung des § 56 Abs 2 GSpG in der Annahme, dass diese nur an Spielbankenkonzessionen für Lebendspiele anknüpft, eine gleichheitswidrige Bedeutung, da eine Auslegung des § 56 Abs 2 GSpG denkmöglich zu diesem Ergebnis führen kann.

1.6. Die Behauptung der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist daher nicht begründet.

2. Zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie zur Behauptung der Gleichheitswidrigkeit des § 56 Abs 2 GSpG:

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Das nach Art 7 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz kommt seinem Wortlaut nach lediglich Staatsbürgern zu. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts findet der Staatsbürgervorbehalt des Art 7 B-VG allerdings keine Anwendung, da das Verbot der Diskriminierung der Unionsbürger aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art18 AEUV) verlangt, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts Unionsbürger gegenüber Staatsbürgern nicht schlechter gestellt werden dürfen; eine von einem Unionsbürger oder von einer juristischen Person mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erhobene Beschwerde nach Art 144 B-VG darf nicht wegen der fehlenden (österreichischen) Staatsangehörigkeit bzw. unter Hinweis auf den Sitz im Ausland ab- oder zurückgewiesen werden, weshalb mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz ebenso davon auszugehen ist, dass sich sein Schutz auch auf Unionsbürger mit nicht-österreichischer Staatsangehörigkeit bzw. juristische Personen mit Sitz im EU-Ausland erstreckt (näher oben 1.1.).

2.2. Die beschwerdeführende Gesellschaft macht die Gleichheitswidrigkeit der unterschiedlichen rechtlichen Behandlung des Glücksspiels in Spielbanken einerseits und der Ausspielungen im Internet andererseits und damit der Sache nach die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend.

Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg. 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten: Eine Differenzierung zwischen Lebendspielen und Online-Glücksspielen ist im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass der Online-Spielbereich im Lichte des Spielerschutzes besonders sensibel ist und daher im Vergleich zu den bei Spielbanken getroffenen Anordnungen weitergehender Schutzmaßnahmen solcher Art bedarf, wie sie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darstellt. Im Unterschied zum Spielablauf in Spielbankbetriebsstätten wird, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, der Vertrag zwischen dem Glücksspielanbieter und dem Spieler im Fernabsatz und ohne Gewinnung eines persönlichen Eindrucks geschlossen. Die Notwendigkeit besonderer Schutzmaßnahmen im Online-Bereich zeigt sich auch in der Einführung der Fernabsatzbestimmungen der §§5a bis 5i Konsumentenschutzgesetz.

Auch der EuGH hat in seiner jüngsten das Glücksspielrecht betreffenden Entscheidung anerkannt, dass Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den "herkömmlichen Glücksspielmärkten", wegen des fehlenden unmittelbaren Kontaktes zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren des Betrugs der Verbraucher in sich bergen (, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International Ltd., Rz 70).

Angesichts der gegebenen tatsächlichen Unterschiede zwischen der Situation von Spielern, welche dem Glücksspiel in Spielbanken vor Ort nachgehen, und jener von Spielern, die an Glücksspielen im Internet teilnehmen, ist eine rechtliche Gleichbehandlung nicht geboten und kann das Betreiben und Bewerben dieser Spiele in sachlich gerechtfertigter Weise unterschiedlich rechtlich ausgestaltet werden.

Der Behauptung der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass die Ausweitung des Glücksspielangebots im Internet der Rechtfertigung durch Spieler- und Verbraucherschutzziele zuwiderlaufe, ist entgegenzuhalten, dass elektronische Lotterien zwar erst mit der Novelle BGBl. I 69/1997 ausdrücklich im GSpG verankert wurden, dadurch jedoch keine Ausweitung des Ausspielungsbegriffs erfolgte.

§12a GSpG stellte nur klar, dass auch elektronische Lotterien zu den Ausspielungen zählten; dies konnte jedoch bereits vor Schaffung dieser Bestimmung aus den einschlägigen Bestimmungen des GSpG abgeleitet werden (Strejcek/Bresich [Hrsg.], Glücksspielgesetz, 2009, 26; vgl. RV 680 BlgNR 20. GP, 5). Sodann ist anzunehmen, dass das gänzliche Verbot von Glücksspielen im Internet keineswegs zielführend wäre, sondern lediglich das "Abwandern in die Illegalität" bewirken würde. Durch die Aufnahme von Online-Glücksspielen in das Konzessionssystem des GSpG wird das Internetglücksspiel "in geordnete Bahnen gelenkt" und staatlicher Kontrolle unterworfen (so Bresich/Toma/Wojnar, Spielerschutzregeln als Präventionsmaßnahmen gegen Spielsucht, in Strejcek [Hrsg.], Glücksspiele, Wetten, Internet, 2006, 65 f.; auch der EuGH hat festgestellt, dass das Ziel, eine der Kontrolle unterliegende Alternative zur verbotenen Tätigkeit geheimer Spiele bzw. Wetten bereitzustellen, einen Rechtfertigungsgrund für ein zahlenmäßig beschränktes Konzessionssystem darstellen kann: , Placanica, Slg. 2007, I-01891, Rz 55).

Die Bedenken der beschwerdeführenden Gesellschaft ob der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Bestimmung des § 56 Abs 2 GSpG gehen daher ins Leere.

2.3. Auch für eine denkunmögliche Anwendung des Glücksspielgesetzes durch die belangte Behörde bestehen keine Anhaltspunkte (s. oben 1.4. und 1.5.).

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf freie Meinungsäußerung, verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.