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OGH vom 16.01.1991, 9ObA311/90

OGH vom 16.01.1991, 9ObA311/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Wolfgang Dorner und Walter Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien *****, alle vertreten durch Dr. H***** M*****, Rechtsanwalt in W*****, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr. P***** D*****, Rechtsanwalt in W*****, wegen Feststellung (Streitwert S 1,950.000 sA), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom , GZ 31 Ra 76/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 7 Cga 567/89-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

I. Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz 1987, BGBl 1987/298, als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Die Kläger waren leitende Angestellte der beklagten Partei. Sie beziehen seit dem Übertritt in den Ruhestand von der Beklagten auf Grund privatrechtlicher Pensionsverträge einen - mit 80 % des letzten Bruttobezuges nach oben begrenzten - Ruhebezug, der nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex für einen städtischen Arbeitnehmerhaushalt durchschnittlicher Größe und durchschnittlichen Einkommens wertgesichert ist. Jeweilige Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten bis ausschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt. Der Ruhebezug gebührt 14 x jährlich. Die den Ruhegenußberechtigten zufließende ASVG-Pension ist auf den Ruhebezug voll anzurechnen.

Mit Schreiben vom teilte die Beklagte den Klägern mit, daß die angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens dazu geführt habe, daß es (als Gesellschaft des ÖIAG-Konzerns) Mittelzuführungen iS des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 (BGBl 1987/298) in Anspruch habe nehmen müssen. Gemäß Art I § 7 Abs 1 dieses Gesetzes seien in diesem Fall in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen enthaltene Wertanpassungsklauseln bis zum nicht anzuwenden. Der Vorstand der Beklagten sei daher auf Grund dieser Gesetzeslage und der Auflagen des Eigentümers gezwungen, in der Zeit vom bis keine Wertanpassungen der einzelvertraglichen Ruhebezüge der Kläger vorzunehmen.

Die Kläger begehren die Feststellung, daß ihr vertraglich vereinbarter Ruhebezug auch in diesem Zeitraum der jeweils vertraglich vereinbarten Wertsicherung unterliege. Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG sei auf die Pensionsansprüche der Kläger nicht anzuwenden, weil ihre vertraglichen Ruhegenüsse keine Zusatzpensionen im Sinne dieses Gesetzes seien. Im übrigen sei aber die gesetzliche Regelung verfassungswidrig. Sie widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, verstoße gegen das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und lege den Klägern gegenüber (anderen) Beziehern von Zusatzpensionen ein unangemessenes "Sonderopfer" auf.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Vorliegens der Voraussetzungen des Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG ab; das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es hatte gegen die Anwendung des Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken.

Die Kläger bekämpfen diese Entscheidung mit (der schon nach § 46 Abs 4 ASGG zulässigen) Revision.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bei der Entscheidung über dieses Rechtsmittel Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG im Sinne der zu Art 89 Abs 2 B-VG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 3.319, 3.349, 4.644, 5.790, 9.911, 9.906 uva; dazu ausf. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht6 377) "anzuwenden". Die Kläger halten die verfehlte Ansicht, ihre Ruhebezüge seien keine Zusatzpensionen iS des Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG, so daß schon aus diesem Grunde die Wertanpassungsklauseln auch in der Zeit zwischen und anzuwenden seien, in der Revision nicht mehr aufrecht. Die Entscheidung über die Berechtigung des Feststellungsbegehrens der Kläger hängt ausschließlich davon ab, ob Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG anzuwenden ist oder nicht; die angefochtene Norm ist für die Entscheidung präjudiziell (Walter-Mayer aaO).

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die Anwendung des Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit aus folgenden Erwägungen Bedenken:

Die Verfasser der Regierungsvorlage des ÖIAG-FinanzierungsG waren sich der Problematik der in bestehende Verträge eingreifenden Regelung des Art I § 7 Abs 1 leg cit. (vgl Novak, Der verfassungsrechtliche Schutz von Anwartschaften vor Eingriffen des Gesetzgebers, ZAS 1988, 109 110) bewußt. Sie meinten jedoch, daß direkte Eingriffe des Gesetzgebers in bestehende vertragliche Vereinbarungen verfassungsrechtlich zulässig seien, wenn sie weder exzessiv seien noch unsachliche Differenzierungen enthielten (VfSlg 8.212/1977; wN bei Walter-Mayer aaO 443 f). Die Regelung lasse die vertraglichen Zusatzpensionen (mit dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes gebührenden Betrag) unberührt und schließe nur befristete Steigerungen aus, so daß sie nicht in den Kern der bestehenden Vertragsrechte eingreife. Die Bestimmung sei sachlich gerechtfertigt, weil sie sich auf Unternehmen beschränke, deren Eigentümer letztlich der Bund sei, welcher jedoch durch finanzielle Zuwendungen ihren Bestand sichere. In das bestehende Konzept der Selbstregelung der Beziehungen zwischen den Angehörigen solcher Unternehmungen und diesen Unternehmungen werde nur insoweit eingegriffen, als es die finanzpolitischen Notwendigkeiten einer möglichst geringen Belastung des Bundesbudgets verlangten. Durch die Befristung des Eingriffs auf jenen Zeitraum, bis zu dem die finanzielle Sanierung erwartet werde, sei auch das Gleichheitsgebot gewahrt.

Diese Argumente vermögen insgesamt nicht zu überzeugen.

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wiederholt ausgesprochen hat, ist der Gesetzgeber zwar nicht gehindert, auch in sogenannte "wohlerworbene Rechte" einzugreifen, wenn dadurch das Gleichheitsgebot gewahrt wird (VfSlg 3.665/1959, 3.768/1960, 3.836/1960, 11.288/1987, 11.309/1987 uva; Walter-Mayer aaO 444). Der Verfassungsordnung ist ein "Grundrecht wohlerworbener Rechte" fremd (VfSlg 10.588/1985; wN zur Rspr des VfGH bei Griller in Runggaldier-Steindl, Handbuch zur Betriebspension 139 FN 61). Das Bestreben, Anspruchsberechtigte bei gleichen sachlichen Voraussetzungen gleich zu behandeln, vermag jedoch nicht die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art und jedweder Intensität sachlich zu begründen (VfSlg 11.309/1987). Der (einfache) Gesetzgeber hat bei der Änderung der Rechtspositionen vor allem auch den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (VfSlg 11.288/1987; siehe dazu Novak in Wenger FS, Vertrauensschutz und Verfassungsrecht 159 ff, 174; auch Tomandl in ZAS 1987, 178 f). Das mit der Regelung des § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG verfolgte Ziel der Entlastung des Bundeshaushalts kann zwar an sich geeignet sein, Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen, doch können auch Zielsetzungen dieser Art - wie bereits allgemein hervorgehoben - die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art und jedweder Intensität sachlich nicht begründen

(VfSlg 11.665/1988). Erfordern Maßnahmen zur Entlastung des Bundeshaushaltes Kürzungen, so verlangt das Gebot der Sachlichkeit, daß ein im Interesse der Gesamtheit zu erbringendes Opfer nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe treffen darf, sondern entsprechend breit gestreut werden muß. Eine solche Kürzung kann nach sozialen Gesichtspunkten differenzieren und darf nicht tendenziell wirtschaftlich Schwächere stärker treffen.

Bei der Kürzung von Pensionen - auf die der hier verfügte mehrjährige Valorisierungsstop hinausläuft - fällt besonders ins Gewicht, daß die in Betracht kommenden Personen schon während ihrer aktiven Berufstätigkeit den Standard ihrer Lebensführung auf den Bezug einer später anfallenden Pension (eines Ruhegenusses) einrichten. Zu den Lebensumständen, nach denen sie sich für die Pensionszeit einrichten, zählt auch die Möglichkeit einer Aufbesserung der Pension durch Einkünfte aus einer Nebentätigkeit. Häufig haben Pensionisten jahrelang Beiträge in der schutzwürdigen Erwartung entrichtet, daß durch die Pensionierung kein erhebliches Absinken des während der Aktivzeit erzielten Standards der Lebensführung eintritt; mit einer bestimmten Pensionsregelung sind daher auch schutzwürdige Erwartungen der Betroffenen verbunden. Sie vertrauen darauf, daß diese Erwartungen nicht durch plötzliche, ihre Lebensführung direkt treffende Maßnahmen des Gesetzgebers beeinträchtigt werden. Eine Mißachtung dieses Vertrauens wiegt bei Pensionisten besonders schwer, weil sie sich nachträglich meist nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen können, wenn ihre Erwartungen infolge einer Änderung der Gesetzeslage nicht erfüllt werden. Ein nur punktuell von Gesetzen geforderter Akt der Solidarität (hier: gegenüber der Allgemeinheit) wird daher in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zu rechtfertigen sein (VfSlg 11.665/1988; iglS VfSlg 11.741/1988; ähnlich auch schon VfSlg 11.309/1987).

Der durch Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG erfolgte Eingriff in die Rechtsposition der Kläger ist darüber hinaus auch unter dem Gesichtspunkt der Unverletzlichkeit des Eigentums zu beurteilen, da sich der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des VfGH nicht bloß auf das Eigentum an körperlichen Sachen, sondern auf alle vermögenswerten Privatrechte und daher auch auf private Forderungsrechte erstreckt (VfSlg 3.684, 5.371, 6.986, 6.808, 7.545, 8.201; Walter-Mayer aaO 450), wogegen Gehalts- und Ruhegenußansprüche öffentlich-rechtlicher Bediensteter und sozialversicherungsrechtliche Ansprüche als

Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur nicht Schutzobjekt der Eigentumsgarantie sind (Walter-Mayer aaO 451; Novak ZAS 1988, 113 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; Klecatsky-Morscher, B-VG3 ENr 3 zu Art 5 StGG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 6.780/1972 mwN) kann der einfache Gesetzgeber verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen nur verfügen, wenn er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt und - wie in der jüngeren Rechtsprechung (wegen Art 1 ZPMRK) hinzugefügt wurde - soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse ("Allgemeininteresse") liegt (VfSlg 9.911/1983; 11.402/1987). Insofern gewährt der Grundsatz der Unverletzlichkeit des Eigentums nicht bloß Schutz vor dem Entzug des Vollrechts, sondern (jetzt) auch gegen bloße Eigentumsbeschränkungen (Art 1 Abs 2 Z 1 ZPMRK; s. dazu Walter-Mayer aaO 453), ohne daß hier auf die Frage der Abgrenzung zwischen Enteignung und Eigentumsbeschränkung eingegangen werden müßte. Die Frage, ob der "Wesenskern" des Eigentumsrechtes berührt ist, wird im wesentlichen unter Heranziehung des Gleichheitssatzes beurteilt (VfSlg 5.513; 7.304; Walter-Mayer aaO 451). Auch bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses kann die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes (vgl etwa VfSlg 11.402/1987) dadurch rechtlich bedeutsam sein, daß den einzelnen im Verhältnis zu anderen Berechtigten ein unangemessenes "Sonderopfer" abverlangt wird (VfSlg 6.884/1972, 7.234/1973, 7.759/1976; JBl 1987, 168 Zwentendorf II ; Walter-Mayer 452). Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen jedenfalls (substantiierte) Bedenken gegen Art I § 7 Abs 1 ÖIAG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit.

Mit dem anzuwendenden Gesetz sollte eine Budgetentlastung erzielt werden; die damit verbundenen Nachteile treffen aber nicht alle Nutznießer aus der Zuführung von Mitteln durch den Eigentümer, sondern nur die Bezieher von Zusatzpensionen, also eine relativ kleine Personengruppe, die aus den vom VfGH im Erkenntnis 11.665/1988 aufgezeigten Gründen (- das Argument der Leistung

zusätzlicher Pensionsbeiträge trifft hier allerdings nicht zu -) besonders schutzwürdig ist. Betriebspensionen fallen in der Regel erst nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses an. Sie werden dem Arbeitnehmer wegen seiner Arbeitsleistung versprochen und beruhen auf dem Arbeitsvertrag. Die Betriebspension ist gewissermaßen ein aufgespartes, "thesauriertes" Entgelt, das sich der einzelne Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit und Loyalität gegenüber dem Betrieb erdient hat. Die Arbeitnehmer verzichten in Zeiten der Konjunktur auf einen für sie vielleicht vorteilhaften Wechsel des Arbeitsplatzes und sie erbringen ihre Arbeitsleistung, um unter anderem auch eine Betriebspension zu erhalten (DRdA 1989/30; Kerschner, WBl 1988, 217; Säcker in Tomandl, Betriebliche Sozialleistungen 48 ua). Mit Rücksicht auf diese Situation haben Pensionisten schon während ihrer aktiven Berufstätigkeit den Standard ihrer Lebensführung vielfach auf den Bezug der später anfallenden Zusatzpension eingerichtet und ihre oft jahrzehntelangen Arbeitsleistungen in der Erwartung erbracht, daß durch die Pensionierung kein erhebliches Absinken des während der Aktivzeit erzielten Standards der Lebensführung eintritt. Sie vertrauen darauf, daß diese Erwartungen nicht dann, nachdem sie ihre Arbeitsleistung voll erbracht haben, durch plötzliche, ihre Lebensführung direkt treffende Maßnahmen beeinträchtigt werden und halten nicht zuletzt wegen der späteren Zusatzpension an ihrem Arbeitsverhältnis fest. Bei Pensionisten wiegt eine Mißachtung dieses Vertrauens besonders schwer, weil sie sich nachträglich meist nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen können.

Im vorliegenden Fall geht es freilich nicht darum, daß den betroffenen Zusatzpensionisten die vertraglich zuerkannten Zusatzpensionen durch einen Akt des Gesetzgebers überhaupt aberkannt wurden. Der Eingriff beschränkt sich vielmehr darauf, daß die Wertsicherungsklauseln dieser Pensionsverträge durch einen Akt des Gesetzgebers vorübergehend sistiert wurden. Es ist daher auch die Ausgewogenheit und Intensität des Eingriffs zu prüfen.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist jedoch der gesetzliche Eingriff in die vertraglichen Zusatzpensionen der ÖIAG-Pensionisten auch nicht damit zu rechtfertigen, daß er nur die vertraglich vereinbarte Wertsicherung für einen Zeitraum von maximal etwa 3 1/2 Jahren betrifft, weil gleichartige Maßnahmen für aktive Dienstnehmer der durch Mittelzuführungen begünstigten Unternehmen nicht getroffen wurden. Die aus der Gesamtsicht ohnehin wenig effektiven Einsparungsmaßnahmen (vgl VfSlg 11.665/1988) wurden also nur zu Lasten einer relativ kleinen Gruppe von Pensionisten erzielt, wogegen die aktiven Arbeitnehmer in derselben Zeitperiode von den üblichen jährlichen Lohnerhöhungen nicht ausgeschlossen wurden. Ein an sich naheliegender Vergleich mit den sogenannten "Statutarpensionisten" scheidet schon deshalb aus, da diesen vom jeweiligen Arbeitgeber von vornherein nur jederzeit widerrufliche Pensionsansprüche zuerkannt wurden (DRdA 1989/30).

Im übrigen sind aber die Eingriffe in die vertraglichen Ansprüche der betroffenen Zusatzpensionsbezieher durchaus nicht geringfügig, auch wenn man von immerhin durchaus möglichen Extremfällen (nicht auszuschließende Gefahr ganz erheblicher Geldentwertungen gerade im fraglichen Zeitraum) absieht und die Auswirkungen des Gesetzes nach der im Verfassungsrecht gebotenen Durchschnittsbetrachtung (VfSlg 10.291/1984; 11.665/1988) beurteilt. Für den durchschnittlichen Betroffenen konnte jedenfalls während des Zeitraumes von 3 1/2 Jahren (- daß die Mittelzuführung bei der beklagten Partei erst später erfolgte und daher die Kläger nur kürzere Zeiträume von den Auswirkungen des Gesetzes berührt werden, ist nach dem Grundsatz der Durchschnittsbetrachtung und für die verfassungsrechtliche Beurteilung der gegenständlichen Norm unerheblich -) relativ große Pensionseinbußen eintreten, die sich dann, wenn Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG nach seinem Wortlaut dahin ausgelegt werden müßte, daß die Wertsicherung ab auf jener Basis fortzusetzen ist, die im Zeitpunkt des gesetzlich angeordneten Valorisierungsstops bestand, für die betroffenen Zusatzpensionisten auf ihre Lebenszeit perpetuieren, während die erst ab in Ruhestand tretenden Dienstnehmer davon weder während ihrer Aktivzeit betroffen waren noch in ihren Pensionsansprüchen berührt werden. So gesehen ist der Eingriff sozial unausgewogen; er ist von beträchtlicher Intensität und reicht für die Betroffenen - jedenfalls bei einer möglichen Auslegungsvariante des Gesetzes - über den Zeitpunkt der vom Gesetzgeber erwarteten Unternehmenssanierung () hinaus.

Auch das schwerwiegende Argument für eine Sachlichkeit der Regelung (das gegen die aufgezeigten Bedenken vorgebracht werden kann), nämlich daß der Eigentümer durch die Beistellung der zur Sanierung erforderlichen Mittel den Bestand des (jeweiligen) wirtschaftlich gefährdeten Unternehmens des ÖIAG-Konzerns sichert und damit überhaupt erst die Grundlage dafür schafft, daß die Zusatzpensionen an die Betroffenen weitergezahlt werden können, wogegen sie im Insolvenzfall auf die Ansprüche nach § 3 Abs 3 IESG verwiesen wären, rechtfertigt jedenfalls Regelungen, die nur für Unternehmen des Bundes gelten, keineswegs. Ein dem Gleichheitsgrundsatz nicht widersprechender Eingriff in die Vertragspositionen von Unternehmensgläubigern mit der Begründung, daß der Eigentümer zur Rettung des Unternehmens (ohne gesetzliche Verpflichtung) Mittel zuführe, auf diese Weise eine Insolvenz vermeide und dadurch auch Gläubigerinteressen sichere, so daß von diesen Gläubigern billigerweise ein Solidaritätsakt gefordert werden könnte, müßte grundsätzlich auf alle Unternehmen, bei denen ein solcher Fall eintreten kann, erstreckt werden und dürfte nicht nur für Unternehmen des Bundes (oder einer sonstigen Gebietskörperschaft) gelten. Ein sachlicher Grund dafür, eine solche Regelung auf Gesellschaften im Eigentum des Bundes zu beschränken, womit sich dieser als Privatrechtsträger Vorteile gegenüber anderen Privatrechtsträgern verschaffen kann, ist nicht gegeben (vgl VfSlg 11.402/1987). Die bei einer solchen Maßnahme vorgesehene Kürzung könnte - ähnlich wie im (geltenden oder früheren) Insolvenzrecht - nach sozialen Gesichtspunkten differenzieren, dürfte aber jedenfalls nicht tendenziell nur wirtschaftlich Schwächere stärker treffen. Diesen Anforderungen wird aber der vorliegende gesetzgeberische Eingriff, der nur die Kürzung von vertraglichen Zusatzpensionen und das wiederum nur im ÖIAG-Konzern betrifft, nicht gerecht.

Zur unsachlichen Beschränkung der Regelung auf Betriebe des ÖIAG-Konzerns ist darauf zu verweisen, daß der Bundesgesetzgeber selbst eine ähnliche allgemeine, für alle Aktiengesellschaften geltende Regelung (für Vorstandsmitglieder) abgelehnt hat. Gemäß § 78 Abs 2 AktG 1937 war der Aufsichtsrat zu einer angemessenen Herabsetzung der Bezüge der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft berechtigt, wenn nach der Festsetzung eine so wesentliche Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft eintritt, daß die Weitergewährung der Bezüge eine schwerwiegende Unbilligkeit für die Gesellschaft sein würde. Diese Bestimmung wurde anläßlich der Austrifizierung des Aktiengesetzes 1937 nicht übernommen. Der Grund für die Streichung lag nach den EBzRV darin, daß diese Bestimmung "nicht dem rechtsstaatlichen Prinzip der Vertragstreue entspricht" (301 BlgNR 10. GP, 69) (vgl DRdA 1989/30). Für seine eigenen Gesellschaften hält sich der Bund an dieses rechtsstaatliche Prinzip hier offenbar nicht.