VfGH vom 12.10.1995, B871/92
Sammlungsnummer
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Leitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortgruppe ", Errichtung von Kiosken, Tankstellen und sonstigen störenden Bauten" in § 8 Abs 1 DenkmalschutzG idF des ArtI Z 20 des Bundesgesetzes BGBl 473/1990 mit E v , G50/95.
Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst) ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres bevollmächtigten Vertreters die mit 15.000.- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer sind (Mit-)Eigentümer der Grundstücke Nr. 53/1, 188/1 und 191 in EZ 112, KG Algersdorf. Mit (rechtskräftigem) Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde ihnen die Baubewilligung zur Errichtung von vier ganz unterkellerten, zweigeschossigen Wohngebäuden mit teilweise ausgebautem Dachgeschoß sowie mit eingebauter Kleingarage in massiver Ausführung für sechs PKW auf den Grundstücken Nr. 53/1 und 191 erteilt.
Noch vor der Erlassung dieses Bescheides hatte das Bundesdenkmalamt mit der der Sache nach an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz als Bezirksverwaltungsbehörde gerichteten Eingabe vom den Antrag gestellt, zur Vermeidung der Gefährdung des Erscheinungsbildes des Schlosses Eggenberg gemäß § 8 Abs 1 des Denkmalschutzgesetzes - DMSG, BGBl. 533/1923, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 473/1990, ein Verbot der Errichtung dieser Bauten zu erlassen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz als Bezirksverwaltungsbehörde vom wurde ein derartiges Bauverbot für das Grundstück Nr. 53/1 sowie für Teile der Grundstücke Nr. 188/1 und 191 ausgesprochen.
Dieser Bescheid wurde von den Beschwerdeführern mit Berufung bekämpft und in der Folge mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom ersatzlos aufgehoben, und zwar mit der Begründung, daß das erlassene Verbot in § 8 Abs 1 DMSG keine Deckung finde.
Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst (BGBl. 1105/1994)) der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark rechtzeitig eingebrachten Berufung des Bundesdenkmalamtes insofern Folge, als der Bescheid des Landeshauptmannes behoben und gemäß § 8 Abs 1 DMSG das Verbot der gänzlichen oder teilweisen Ausführung der in Rede stehenden, (baupolizeilich) bewilligten Bauten oder anderer Projekte gleichen oder ähnlichen Umfanges auf den Grundstücken Nr. 53/1, 188/1 und 191 in EZ 112, KG Algersdorf, ausgesprochen wurde; überdies wurde ausgesprochen, daß die Erteilung einer Baubewilligung "für die genannten Grundstücke verboten ist", soweit nicht näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger gesetzlicher Bestimmungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung als die Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II. 1. Bei der Beratung über die Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortgruppe ", Errichtung von Kiosken, Tankstellen und sonstigen störenden Bauten" in § 8 Abs 1 DMSG, idF des ArtI Z 20 des Bundesgesetzes BGBl. 473/1990, entstanden.
Der Verfassungsgerichtshof hat daher aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung eingeleitet (Beschluß vom , B871/92).
2. Mit Erkenntnis vom , G50/95, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung in Anwendung des Art 140 Abs 1 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben.
III. Der Bundesminister für
Wissenschaft und Forschung hat bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VerfGG. Von dem zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 2.500.- S auf die Umsatzsteuer.
Fundstelle(n):
LAAAE-10368