VfGH vom 07.10.2010, B12/10 ua

VfGH vom 07.10.2010, B12/10 ua

19202

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Regelung im Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 über einen Entschädigungsanspruch im Fall einer die Bebauung verhindernden Rückwidmung; Kompetenz der Länder zur Regelung eines derartigen Anspruches als Rechtsfolge der Eigentumsbeschränkung; keine willkürliche Zurückweisung von Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig sowie auf Gewährung einer Entschädigung als verspätet

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1.1. Mit Eingaben vom 27. April und vom

beantragten die Beschwerdeführer bei den jeweils zuständigen Bezirkshauptmannschaften (BH Imst und BH Innsbruck), ihnen eine Entschädigung für die Umwidmung der in ihrem Eigentum befindlichen Grundstücke (in dem zu B12/10 protokollierten Verfahren von "landwirtschaftliches Mischgebiet" in "allgemeines Mischgebiet", wobei weiters festgelegt wurde, dass als Wohnungen nur betriebstechnisch notwendige Wohnungen und Wohnungen für den Betriebsinhaber und das Aufsichts- und Wartungspersonal errichtet werden dürfen bzw. in dem zu B404/10 protokollierten Verfahren von "allgemeines Mischgebiet" in "Sonderfläche Grünanlage") im Ausmaß von € 292.125,-- bzw. € 1,333.432,30 jeweils samt 4 % Zinsen zuzuerkennen. Weiters stellten sie Anträge, ihnen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine allfällige Versäumung der in § 70 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 (in der Folge: TROG 2006) normierten Frist zu gewähren.

1.1.2. Mit Bescheiden vom (BH Imst) und (BH Innsbruck) wiesen die Bezirkshauptmannschaften die Anträge auf Festsetzung einer Rückwidmungsentschädigung ab und jene auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurück.

1.2. Gegen diese Entscheidungen erhoben die Beschwerdeführer Berufungen, welche der UVS Tirol mit der Maßgabe - wonach die Anträge auf Entschädigung gemäß § 70 TROG 2006 als verspätet zurückzuweisen seien - als unbegründet abwies. In den Begründungen führte die belangte Behörde näher aus, dass die Stellung von Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Vorliegens einer verfahrensrechtlichen Frist - bei der in § 70 TROG 2006 normierten Frist handle es sich um eine materiellrechtliche Frist - von vornherein ausgeschlossen sei. Die Anträge auf Entschädigung hätten sich als verspätet eingebracht erwiesen; demzufolge seien diese ohne nähere Überprüfung der materiellen Voraussetzungen zurückzuweisen gewesen.

1.3. Gegen diese Bescheide des UVS Tirol vom und richten sich die auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen, insbesondere des § 70 TROG 2006 und jener, den Rückwidmungen zugrunde liegenden raumordnungsrechtlichen Planungsinstrumente, und die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.

2.1. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit bringen die Beschwerdeführer wie folgt vor:

2.1.1. Die Bestimmung des § 70 TROG 2006 sehe - sowohl entgegen der ständigen Rechtsprechung des EGMR als auch entgegen der Sonderopfertheorie des Verfassungsgerichtshofes - vor, dass bei gravierenden Vermögensverlusten durch Rückwidmungen den betroffenen Liegenschaftseigentümern lediglich die frustrierten Kosten der Baureifmachung ersetzt werden. Dies sei gleichheitswidrig, zumal in allen anderen Bundesländern Österreichs Vermögensbeschränkungen, insbesondere der Wertverlust der Liegenschaft durch Rückwidmungen, entschädigt würden, während in Tirol bei Rückwidmungen eine Entschädigung ausschließlich für Kosten der Baureifmachung vorgesehen sei.

2.1.2. § 70 TROG 2006 sei zudem unklar formuliert, da man nicht mit der erforderlichen Sicherheit erkennen könne, wann die Einjahresfrist zur Geltendmachung des Entschädigungsanspruches zu laufen beginne. Im Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (in der Folge: EisbEG) beispielsweise sei mit der Bescheiderlassung ein eindeutiger Zeitpunkt definiert, mit welchem die Einjahresfrist zur Bekämpfung der Entscheidung über den Entschädigungsanspruch beginne. Darüber hinaus würden durch den in § 70 TROG 2006 festgelegten Instanzenzug die Rechte der beschwerdeführenden Parteien in gleichheitswidriger Art und Weise verletzt. Das Verwaltungsverfahren wäre nicht geeignet, um über einen Entschädigungsanspruch verlässlich abzusprechen; vielmehr sollten - wie dies in allen anderen Bundesländern auch der Fall sei - für die Geltendmachung von Vermögensverlusten durch Eigentumsbeschränkungen die ordentlichen Gerichte für zuständig erklärt werden. Hinzu komme, dass durch die gesetzlich normierte Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden der von einer Eigentumsbeschränkung Betroffene seine Verfahrenskosten selber zu tragen habe. Demgegenüber sehe das gerichtliche Außerstreitverfahren im Falle einer Stattgabe des Entschädigungsanspruches einen Kostenersatz vor. Der im Gesetz normierte Instanzenzug von der Bezirksverwaltungsbehörde zum UVS Tirol sei somit verfassungswidrig.

2.1.3. Zudem würde es sich bei dem in Rede stehenden Entschädigungsanspruch um einen zivilrechtlichen Anspruch handeln, auf den insbesondere die 30-jährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Der Gesetzgeber habe gegen die kompetenzrechtliche Verfassungsbestimmung des Art 15 Abs 9 B-VG verstoßen, da die in § 70 TROG 2006 vorgenommene Verkürzung der zivilrechtlichen Verjährungsfrist das "notwendige Maß" überschreiten würde; dies sei gleichheitswidrig.

2.2. Darüber hinaus bringen die Beschwerdeführer vor, dass die den Rückwidmungen zugrunde liegenden Planungsinstrumente mit Gesetzwidrigkeit belastet seien:

Im Konkreten behauptet die zu B12/10 protokollierte Beschwerde, dass neben dem Raumordnungskonzept der Gemeinde Stams aus dem Jahre 2001 auch die Neuerlassung des Flächenwidmungsplanes vom , mit dem die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Liegenschaften von "landwirtschaftliches Mischgebiet" in "allgemeines Mischgebiet" umgewidmet worden seien, gesetzwidrig sei.

Die Beschwerdeführerin in dem zu B404/10 protokollierten Verfahren führt ins Treffen, dass nicht nur das Raumordnungskonzept der Stadt Hall in Tirol vom , sondern auch die Flächenwidmungsplanänderung vom , mit der ihre Liegenschaften von "allgemeines Mischgebiet" in "Sonderfläche Grünanlage" rückgewidmet worden seien, gesetzwidrig sei.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

4.1. Die Tiroler Landesregierung (Verfassungsdienst) erstattete zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 70 TROG 2006 in beiden Beschwerdeverfahren folgende Stellungnahme:

"[...] Eingangs ist der [...] These entgegenzutreten, wonach Art 15 Abs 9 B-VG die kompetenzrechtliche Grundlage für Entschädigungsbestimmungen der hier in Rede stehenden Art sei.

Zwar ist unstrittig, dass es sich bei gesetzlich als Ausgleich für Eigentumsbeschränkungen (wie hier für Widmungsfestlegungen, die die bauliche Nutzung von Grundstücken einschränken) vorgesehenen Entschädigungsansprüchen um zivilrechtliche Ansprüche im Sinn des Art 6 Abs 1 MRK handelt. Diese fallen nach der vom Verfassungsgerichtshof diesbezüglich entwickelten Judikatur in den Kernbereich des Zivilrechtes, was zur Folge hat, dass über die Frage des Bestehens eines Entschädigungsanspruches dem Grunde und der Höhe nach ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht im Sinn des Art 6 Abs 1 MRK (tribunal) zu entscheiden hat (VfSlg. 13.979[/1994]).

Nach dem letzten Satz des § 70 TROG 2006 ist gegen die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde über die Vergütung die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist unstrittig eine mit Tribunalqualität im vorbeschriebenen Sinn ausgestattete Verwaltungsbehörde (vgl. etwa Köhler in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht; RN 16 zu Art 129a B-VG). Auch gebietet Art 6 Abs 1 MRK nicht mehrere Gerichtsinstanzen. Die Entscheidung durch ein Gericht in einer Instanz genügt. Es ist zulässig, der Entscheidung durch ein Tribunal ein Verfahren vor einer weisungsgebundenen Verwaltungsbehörde vorzuschalten (VfSlg. 11.729[/1988] und 13.895[/1994]).

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass § 70 TROG 2006 eine mit Art 6 Abs 1 MRK konforme Entscheidung über Entschädigungsansprüche vorsieht.

Die Tatsache, dass es sich bei einer Angelegenheit um eine solche nach Art 6 Abs 1 MRK handelt, macht diese jedoch noch nicht zu einer Zivilrechtssache im kompetenzrechtlichen Sinn, was Wimmer, Die Entschädigung im öffentlichen Recht (2009), S. 17 ff. und 44 ff., in Bezug auf Eigentumsbeschränkungen mit eingehender Begründung überzeugend nachweist. Grundsätzlich ist demnach zwischen der Kompetenz zur Regelung eigentumsbeschränkender Maßnahmen und jener zur Regelung des (akzessorischen) Entschädigungsrechts zu unterscheiden. Unter Hinweis insbesondere auf das Erkenntnis VfSlg. 9580[/1982], das allgemeine Ausführungen zur Abgrenzung des Kompetenzbereichs Zivilrechtswesen nach Art 10 Abs 1 Z. 6 B-VG enthält, gelangt der Autor zur Unterscheidung zwischen Beschränkungen des Rechtsverkehrs und Beschränkungen im Umgang mit den Sachen selbst. Ersteres ist dann der Fall, wenn eine Regelung ausschließlich im Verhältnis zwischen Privatpersonen wirkt. In diesem Fall liegt eine dem Zivilrechtswesen nach Art 10 Abs 1 Z. 6 B-VG zuzurechnende Angelegenheit vor. [...]

Auf Widmungsfestlegungen im Rahmen der (örtlichen) Raumordnung, die außer im Rahmen der sog. Fachplanungskompetenzen des Bundes nach Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist, (vgl. diesbezüglich auch das grundlegende Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 2674[/1954]) treffen diese Überlegungen unzweifelhaft zu. Widmungsfestlegungen beschränken (anders als etwa grundverkehrsbehördliche Regelungen) nicht die rechtsgeschäftliche Verkehrsfähigkeit von Grundstücken im Sinn der privatrechtlichen Dispositionsbefugnis des Eigentümers. Sie beschränken vielmehr in Form eines planerischen Hoheitsaktes die bauliche Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke, wobei raumplanerische Interessen verfolgt werden, womit - stark verkürzt dargestellt - eine geordnete bauliche Entwicklung des Gemeindegebietes im Sinn eines vielfältigen Zielekataloges bezweckt wird. Widmungsfestlegungen sind sohin eine Beschränkung des Umgangs mit der Sache (Grund und Boden) im oben dargelegten Sinn.

Ist also die Zuständigkeit zu hoheitlichen Widmungsfestlegungen im öffentlichen Recht begründet, so stellt sich in weiterer Folge die Frage, ob dies auch für unmittelbar damit zusammenhängende Entschädigungsregelungen gilt. Wimmer (aaO, S. 48 f.) bejaht diese Frage mit überzeugender Begründung. Unter Bezugnahme auf die aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes implizit ableitbare 'Implied-Power-Theorie', wonach Nebenbestimmungen, die Teil eines sachlich in Betracht kommenden (untrennbaren) Normenkomplexes sind, der Kompetenz zur Regelung der Hauptangelegenheit folgen, und unter Hinweis auf den vom Verfassungsgerichtshof angenommenen Zusammenhang zwischen Enteignungs- und Entschädigungsregelungen, der zwar nicht historisch, so doch systematisch betrachtet auf Eigentumsbeschränkungen übertragbar ist, gelangt der Autor zu folgendem zentralen Ergebnis zur Kompetenzlage betreffend die Entschädigung für eigentumsbeschränkende Maßnahmen:

'Stellt die Eingriffsnorm eine 'Beschränkung des Umgangs mit einer Sache' (im Sinne der Terminologie des VfGH) dar, so gehört sie aus strukturellen Überlegungen nicht zum Kompetenztatbestand 'Zivilrechtswesen' im Sinne des Art 10 Abs 1 Zl. 6 B-VG, sondern folgt der Hauptmaterie. So auch die daran anknüpfende Entschädigungsvorschrift, da sie lediglich 'begleitende Nebenbestimmung' des eigentumsbeschränkenden Normenkomplexes ist. Fällt diese Hauptmaterie in den Zuständigkeitsbereich der Länder, so sind diese gemäß Art 15 Abs 1 B-VG zu Gesetzgebung und Vollziehung der Entschädigungsbestimmungen zuständig, es handelt sich nicht etwa um eine Kompetenz nach Art 15 Abs 9 B-VG ('lex Starzynski'), weil das (materielle) Entschädigungsrecht eben Teil der Eigentumsbeschränkung ist und deshalb - trotz des zivilrechtlichen Charakters [...] - nicht zum 'Zivilrechtswesen' gehört. [...]'

Zusammenfassend ist nach Ansicht der Tiroler Landesregierung damit überzeugend dargetan, dass Kompetenzgrundlage für § 70 TROG 2006 ausschließlich Art 15 Abs 1 B-VG ist. [...]

[...]

[...] Das TROG 2006 bewegt sich im Rahmen der durch das Erkenntnis VfSlg. 13.282[/1992] (Fall 'Mauerbach') grundgelegten und in weiterer Folge in ständiger Rechtsprechung vertretenen Judikaturlinie (vgl. etwa VfSlg. 15.853[/2000], 17.223[/2004], 17.396[/2004], 17.514[/2005], 17.889[/2006], 18.028[/2006]), wonach eine entschädigungslose Rückwidmung von Grundstücken verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig ist. Der Verfassungsgerichtshof verlangt in diesem Fall aber zusätzlich zu den für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes ohnehin notwendigen Voraussetzungen, die sich im Wesentlichen aus Sachlichkeitsüberlegungen und aus der vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Recht[...]sprechung angenommenen erhöhten Bestandskraft von Flächenwidmungsplänen ergeben, dass 'die für den jeweiligen Grundeigentümer mit einer Flächenwidmungsplanänderung einhergehende Beeinträchtigung seiner Nutzungsmöglichkeiten und (auch wirtschaftlichen) -interessen bei der Umwidmung nicht außer Betracht bleiben darf. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gesetzgeber nicht durch besondere Regelungen ([...] etwa durch die Festlegung der Verpflichtung zur Leistung einer, wenn auch möglicherweise nicht vollen Entschädigung [...]) die aus einer Planänderung für den Grundstückseigentümer resultierenden Nachteile ausgleicht und diesen Ausgleich die Allgemeinheit tragen lässt, in deren Interesse die wesentliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Liegenschaft durch deren Umwidmung liegt.' (VfSlg. 13.282[/1992]).

[...]

[...] Wie bereits dargelegt wurde, sieht § 70 TROG 2006 im Fall von Widmungsänderungen ausschließlich den Ersatz frustrierter Planungskosten vor. Im Vergleich zu einem Entschädigungsregime, das unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Ausgleich für die widmungsbedingte Minderung des Verkehrswertes von Grundstücken vorsieht, stellt dies ein gänzliches aliud dar. Frustrierte Planungskosten werden in der Regel nicht nur eine viel geringere Höhe aufweisen. Der dadurch bewirkte Vermögensschaden tritt auch aktuell und unmittelbar ein, wogegen die Minderung des Verkehrswertes unmittelbar aufgrund der Widmungsänderung nur potenziell eintritt und erst im Zeitpunkt einer rechtsgeschäftlichen Verfügung (in der Regel die Veräußerung des Grundstückes) aktuell schlagend wird. Dies hat naturgemäß auch Auswirkungen auf die Sachgerechtigkeit von Fallfristen, innerhalb deren der Entschädigungsanspruch bei sonstigem Anspruchsverlust geltend gemacht werden muss.

Bei dieser Ausgangslage erweist sich der vom Beschwerdeführer vorgenommene Vergleich beider Arten von Entschädigungen, bei dem er den Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit von § 70 TROG 2006 ausschließlich auf Überlegungen bezüglich der Höhe der Entschädigung stützt, als unberechtigt.

[...]

[...] Auch erübrigt sich angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine nähere Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Entscheidungen des EGMR zu Art 1 1. ZPMRK, denen gemeinsam ist, dass sie nicht zu Eigentumsbeschränkungen aufgrund von Widmungsänderungen ergangen sind. Demgegenüber ist die [Europäische Kommission für Menschenrechte] in der Entscheidung 11965/86 vom hinsichtlich eines Flächennutzungsplans, der bestimmte Grundstücke der Bf. von der Bebaubarkeit ausnahm, von der Vereinbarkeit mit Art 1

1. ZPMRK ausgegangen, da die Maßnahme aus Gründen des Landschaftsschutzes im öffentlichen Interesse gerechtfertigt war und den zuvor möglichen Gebrauch des Eigentums nicht weiter einschränkte. Daher wurde auch das Fehlen einer Entschädigungsregelung nicht als unzumutbare Sonderregelung angesehen [...]."

4.2. Mit ihrem weiteren Vorbringen trat die Tiroler Landesregierung (Verfassungsdienst) dem Vorbringen des Beschwerdeführers in dem zu B12/10 protokollierten Verfahren, wonach die dem Entschädigungsanspruch zugrunde liegende Flächenwidmungsplanung gesetzwidrig sei, entgegen.

5.1. Die Gemeinde Stams verwies in ihrer Äußerung - unter Bekanntgabe des Kostenverzeichnisses - im Wesentlichen darauf, dass die Fristen in § 70 TROG 2006 klar geregelt seien und demzufolge der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Entschädigung verspätet eingebracht habe.

5.2. Die Stadtgemeinde Hall in Tirol erstattete eine Äußerung, in der sie sich auf die Unbedenklichkeit der dem Entschädigungsverfahren zugrunde liegenden Flächenwidmungsplanung bezog.

6.1. Der Beschwerdeführer in dem zu B12/10 protokollierten Verfahren legte des weiteren eine ergänzende Stellungnahme vor, in der er den von der Tiroler Landesregierung (Verfassungsdienst) in ihrer Äußerung vorgebrachten Argumenten im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des § 70 TROG 2006 und der Unbedenklichkeit jener, den Entschädigungsansprüchen zugrunde liegenden Planungsinstrumente, entgegentrat. Darüber hinaus behauptete er die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 40 Abs 6 TROG 2006, da diese der Gemeinde - wie im Zuge der bekämpften Flächenwidmungsplanänderung auch geschehen - die Möglichkeit einräume, innerhalb einer Widmungskategorie einzelne Nutzungen auszuschließen und ohne genaue Vorgaben des Gesetzgebers festzulegen.

6.2. In ihrer ergänzenden Stellungnahme in dem zu B404/10 protokollierten Verfahren verweist die Beschwerdeführerin neuerlich auf die Gesetzwidrigkeit der Umwidmung; darüber hinaus repliziert sie auf die Stellungnahme der Tiroler Landesregierung (Verfassungsdienst) auszugsweise wie folgt:

"[...] Der Verweis der Tiroler Landesregierung, dass die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für die Fälle der Rückwidmung nicht anzuwenden ist, [ist] nicht richtig. Es ist nämlich eindeutig davon auszugehen, dass die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in die Richtung geht, dass bei allen Vermögensbeschränkungen, die ein gravierendes Vermögensopfer bedeuten, eine Entschädigung zusteht. Die Rückwidmung einer Grundstücksfläche ist aber geradezu der klassische und gravierendste Fall der Vermögensbeschränkung. Dies insbesonder[e] dann, wenn dadurch Bauland in Freifläche rückgewidmet wird und deshalb ein praktisch vollständiger Vermögensverlust eintritt. Insoweit die Entscheidung [der Europäischen Kommission für Menschenrechte 11]965/86 vom zitiert wird, handelt es sich dort offensichtlich um einen Sonderfall. Dies deshalb, weil der vor der Rückwidmung mögliche Gebrauch des Eigentums durch die Vermögensbeschränkung nicht zusätzlich eingeschränkt worden ist. Das hat aber nichts mit dem hier vorliegenden Fall zu tun, dass die zunächst mögliche Verwendung des Grundstückes für Bauzwecke beseitigt wird und nur noch eine Verwendung des Grundstückes für Grünanlagen möglich ist. Hier bleibt also die Nutzungsmöglichkeit durch die Vermögensbeschränkung nicht gleich, sondern wird massiv beeinträchtigt (für alle Bauzwecke). Eine solche Nutzung macht auch für die Beschwerdeführerin überhaupt keinen Sinn, sondern ist ausschließlich im Interesse der Öffentlichkeit gelegen.

Insoweit der Verfassungsdienst der Tiroler Landesregierung damit argumentiert, dass die Gleichheitswidrigkeit [des] § 70 TROG 2006 nicht gegeben sei, weil frustrierte Baukosten und die Minderung oder der Verlust des Verkehrswertes aufgrund einer Widmungsänderung unterschiedliche Dinge seien, ist diese Argumentation nicht überzeugend. Wird eine Baufläche in Freifläche rückgewidmet oder aber in Sonderfläche Grünanlage, dann ist diese sofort praktisch nichts mehr wert. Dieser Wertverlust tritt unabhängig davon, wann die Liegenschaft konkret verkauft wird, sofort ein. Die Frage, wann die Liegenschaft verkauft worden wäre, wird damit auch vollkommen abstrakt, weil eine Veräußerung danach normalerweise nicht mehr in Frage kommt. Daneben könnte man auch bei aufgewendeten Kosten der Baureifmachung diese nicht richtige aber gleiche Argumentation anwenden. Dies dahingehend, dass die Realisierung des Schadens erst dann eintritt, wenn der Bauwerber hätte konkret bauen wollen. Das hätte auch erst in vielen Jahren sein können.

Darüberhinaus wurde von der Tiroler Landesregierung eine Novelle zum Tiroler Raumordnungsgesetz zur Begutachtung versandt.

[...]

Im Pkt. 88 dieses Novellenentwurfes ist eine neue Fassung des § 70 TROG [2006] vorgesehen, nach der in Fällen der Rückwidmung die betreffenden Grundstückseigentümer einen Anspruch auf eine Vergütung im Ausmaß der dadurch bewirkten Minderung des ortsüblichen Verkehrswertes haben, wenn deren Interesse an der Beibehaltung der Widmung das gegenteilige öffen[...]tliche Interesse an der Änderung der Widmung überwiegt.

Im Abs 2 dieser neuen Gesetzesbestimmung sind nähere Erläuterungen enthalten, wann ein überwiegendes Interesse des Eigentümers gegeben ist.

Im Abs 3 sind Umstände angeführt, unter welchen ein solches überwiegendes Eigentümerinteresse nicht gegeben ist.

Im vorliegenden Fall wären die Voraussetzungen für eine Entschädigung des Verkehrswertes bei Anwendung der Gesetzesnovelle gegeben."

II. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. § 70 TROG 2006, LGBl. 27, lautet:

"§70

Entschädigung

Wird aufgrund der Änderung der Widmung von Grundstücken ihre Bebauung oder eine bestimmte Art der Bebauung verhindert, so haben die Eigentümer der betreffenden Grundstücke bzw. die sonst hierüber Verfügungsberechtigten gegenüber der Gemeinde Anspruch auf Vergütung jener Vermögensnachteile, die ihnen durch die im Vertrauen auf die bestehende Widmung erfolgte Baureifmachung der Grundstücke bis zur Auflegung des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes bzw. über die Änderung des Flächenwidmungsplanes nach § 64 Abs 1 oder 4 entstanden sind. Kommt eine Einigung über die Vergütung nicht innerhalb von drei Monaten nach dem In-Kraft-Treten des Flächenwidmungsplanes bzw. der Änderung des Flächenwidmungsplanes zustande, so kann der Eigentümer des von der Änderung der Widmung betroffenen Grundstückes bzw. der sonst hierüber Verfügungsberechtigte bei sonstigem Verlust des Anspruches innerhalb eines weiteren Jahres die Festsetzung der Vergütung durch die Bezirksverwaltungsbehörde beantragen. Gegen die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde über die Vergütung ist Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zulässig."

2. Art 10 Abs 1 Z 6, Art 15 Abs 1 und 9 sowie Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG idgF lauten:

"Artikel 10. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung und die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:

...

6. Zivilrechtswesen einschließlich des wirtschaftlichen Assoziationswesens, jedoch mit Ausschluss von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer und den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, einschließlich des Rechtserwerbes von Todes wegen durch Personen, die nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören; Privatstiftungswesen; Strafrechtswesen mit Ausschluss des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheiten, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen; Justizpflege; Einrichtungen zum Schutz der Gesellschaft gegen verbrecherische oder sonstige gefährliche Personen; Urheberrecht; Pressewesen; Enteignung, soweit sie nicht Angelegenheiten betrifft, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen; Angelegenheiten der Notare, der Rechtsanwälte und verwandter Berufe;

...

..."

"Artikel 15. (1) Soweit eine Angelegenheit nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, verbleibt sie im selbständigen Wirkungsbereich der Länder.

...

(9) Die Länder sind im Bereich ihrer Gesetzgebung befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechtes zu treffen."

"Artikel 129a. (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern erkennen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,

...

3. in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden,

...

..."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. Die Beschwerdeführer behaupten die Verletzung ihrer verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes: § 70 TROG 2006 sei verfassungswidrig, weil der darin normierte Entschädigungsanspruch von zivilrechtlicher Natur sei und daher die 30-jährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Im Übrigen müsse über einen derartigen Anspruch in einem Zivilrechtsverfahren abgesprochen werden; das Verwaltungsverfahren eigne sich jedenfalls nicht dafür, verlässlich über die Voraussetzungen und die Höhe der Rückwidmungsentschädigung abzusprechen. Überdies liege ein Verstoß gegen Art 15 Abs 9 B-VG und damit ein Eingriff in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers auf dem Gebiet des Zivilrechtswesens vor, weil die in § 70 TROG 2006 normierte Verkürzung der Verjährungsfrist für Entschädigungen bei Vermögensbeschränkungen, welche das notwendige Maß überschreiten, unsachlich wären.

1.1.1. Zunächst ist auf die Frage, welchem Kompetenzbereich die Regelung des in Rede stehenden Entschädigungsanspruches zuzuordnen ist, näher einzugehen: Wie der Verfassungsgerichtshof u.a. bereits in VfSlg. 13.979/1994 und 17.072/2003 ausgesprochen hat, handelt es sich bei der durch die Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplanes vorgenommenen Umwidmung eines Grundstückes in Grünland oder Verkehrsfläche, durch die die Verbauung eines Grundstückes verhindert wird, um eine Eigentumsbeschränkung (vgl. dazu auch etwa VfSlg. 11.209/1987 mwN; zur Abgrenzung gegenüber der Enteignung siehe etwa VfSlg. 9911/1983). Demzufolge handelt es sich auch bei den von § 70 TROG 2006 umschriebenen Widmungen, welche die Bebauung oder eine bestimmte Art der Bebauung verhindern, um Eigentumsbeschränkungen.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist bei Rechtsvorschriften, welche die Beschränkung von Eigentümerbefugnissen zum Gegenstand haben, zwischen Beschränkungen des Rechtsverkehrs und Beschränkungen im Umgang mit den Sachen selbst zu unterscheiden. In VfSlg. 9580/1982 sprach der Verfassungsgerichtshof (auszugsweise) wie folgt aus:

"Wenn der VfGH daher Beschränkungen des Liegenschaftsverkehrs in seiner Rechtsprechung zur Abgrenzung des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs und zum Ausländergrundverkehr als Angelegenheiten des Zivilrechts behandelt hat, obwohl die große Menge der Eigentumsbeschränkungen Verwaltungsvorschriften der verschiedensten Materien sind, so legt das die im Einleitungsbeschluß dargelegte Auffassung nahe, daß zwischen Beschränkungen des Rechtsverkehrs und Beschränkungen im Umgang mit den Sachen selbst unterschieden werden muß. Die Beschränkungen des Baurechts, des Jagd- und Fischerei- und des Naturschutzrechts sind typischerweise Regelungen des tatsächlichen Verhaltens, die zwar auch (und praktisch vorwiegend) die Ausübung der im Privatrecht gewährleisteten Freiheit betreffen, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen (§354 ABGB), die aber grundsätzlich auch anderen, privatrechtlich nicht Berechtigten gegenüber Geltung beanspruchen. Das Verbot, eine gewisse Bauhöhe zu überschreiten, zur Schonzeit Wild zu erlegen, mit Dynamit zu fischen oder das Erscheinungsbild der Landschaft zu verändern, trifft zwar in seiner praktischen Bedeutung in erster Linie den Eigentümer oder sonst privatrechtlich Berechtigten, aber es richtet sich als allgemeine Verhaltensnorm grundsätzlich an jedermann, der in die Lage kommt, das verbotene Verhalten zu setzen. Selbst wenn dem Eigentümer oder sonst privatrechtlich Berechtigten im öffentlichen Interesse Pflichten auferlegt werden, ist seine privatrechtliche Stellung regelmäßig nur der Anknüpfungspunkt der Regelung und nicht ihr Gegenstand.

Anders, wenn es iS des § 1 ABGB um das Verhältnis zwischen den Beteiligten selbst geht. Diese Beziehung ist Gegenstand des Privatrechts. Seine klassische Aufgabe ist die Regelung des Erwerbes und Verlustes und des Inhaltes von Privatrechten: es umschreibt die gegenüber den Mitbürgern bestehenden Rechtspositionen und die Voraussetzungen und Formen der Rechtsübertragung. Also ist die Frage, ob eine privatrechtliche Stellung dem einen oder dem anderen zusteht, ebenso eine Frage des Zivilrechts wie die Frage nach dem Inhalt dieser privatrechtlichen Stellung. Wer Eigentümer einer im Privatrechtsverkehr stehenden Sache ist, ist für den Staat nach der (Verfassungs )Entscheidung für die Existenz von Privateigentum von demselben vergleichsweise geringeren Interesse wie die Frage, ob der Eigentümer im Verhältnis zu seinen Mitbürgern diese oder jene Befugnis hat. Daß aus besonderen Gründen doch ein öffentliches Interesse an einem bestimmten Rechtszustand oder an der Vermeidung eines solchen besteht - und solche Interessen haben zweifellos steigende Bedeutung -, macht eine von diesem Interesse bestimmte Regelung des Verhältnisses zwischen den Rechtsgenossen noch nicht zu einer Materie des öffentlichen Rechts. Auch dann bleibt die Regelung der Beziehungen der Bürger 'unter sich' ihrer Struktur nach Zivilrecht.

Daß es letztlich auf die Beziehung ankommt, in welcher die Regelung wirkt, hat der VfGH auch in den beiden Erk. zu einem nö. Mindestpflanzabständegesetz deutlich zum Ausdruck gebracht: In Slg. 6344/1970 hatte er ein Landesgesetz aufgehoben, das für Anpflanzungen die Einhaltung von Mindestabständen in einer Weise forderte, die als Regelung des Verhältnisses der Nachbarn unter sich angesehen werden mußte und daher ein Zivilrechtsgesetz darstellte; der Kompetenzfeststellung Slg. 6862/1972 lag hingegen der Entwurf eines Gesetzes vor, das die Einhaltung solcher Mindestabstände ganz unabhängig vom Verhältnis zum Nachbarn regelte, das öffentliche Interesse also ohne Bezugnahme auf dieses Verhältnis zur Geltung brachte und daher in die Zuständigkeit der Länder fiel."

Daraus ergibt sich, dass es vorweg zu hinterfragen gilt, in welchem Verhältnis die eigentumsbeschränkende Maßnahme überhaupt wirkt: Bei Widmungen von Grundstücken, durch welche die Bebauung oder eine bestimmte Art der Bebauung von Grundstücken im Sinne des § 70 TROG 2006 verhindert wird, kann man davon ausgehen, dass eine derartige Maßnahme nicht nur zulasten des Eigentümers wirkt, sondern auch Geltung gegenüber anderen, privatrechtlich nicht berechtigten Personen für sich in Anspruch nimmt. Es handelt sich folglich um eine Beschränkung des Umganges mit einer Sache und nicht um eine Beschränkung des Rechtsverkehrs, was dazu führt, dass die eigentumsbeschränkende Norm öffentlichrechtlichen Charakter hat; diese Norm ist damit jenem Kompetenztatbestand zuzuordnen, dem auch die Hauptsache zuzuordnen ist. Es ist daher festzuhalten, dass die eigentumsbeschränkende Maßnahme kompetenzrechtlich der Hauptsache, somit den Bestimmungen über die Raumordnung, folgt und damit im selbständigen Wirkungsbereich der Länder verbleibt.

Dieses vorläufige Ergebnis zeitigt im Hinblick auf die kompetenzrechtliche Einordnung des Entschädigungsanspruches folgende Wirkungen: Der Anspruch auf Entschädigung ist untrennbar mit der ihr zugrunde liegenden eigentumsbeschränkenden Maßnahme verbunden. Der Entschädigungsanspruch resultiert gleichsam aus der Verwirklichung einer derartigen eigentumsbeschränkenden Maßnahme und folgt damit als Teil eines sachlich einheitlichen, untrennbaren Normenkomplexes der Kompetenz zur Regelung der Hauptmaterie. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Entschädigungsanspruch als Teil bzw. als Rechtsfolge der Eigentumsbeschränkung in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt und damit die Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG zu Gesetzgebung und Vollziehung zuständig sind.

Der für die Sachmaterie Raumordnungsrecht zuständige Landesgesetzgeber war auch gemäß Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG berechtigt, den UVS als Berufungsbehörde im Sinne des § 70 TROG 2006 vorzusehen.

1.1.2. Soweit die Beschwerdeführer behaupten, dass die Fristen in § 70 TROG 2006 unklar geregelt seien, ist ihnen wie folgt zu entgegnen: Der Gesetzeswortlaut ist klar gefasst, zumal mangels Einigung über die Entschädigung innerhalb von 3 Monaten ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Flächenwidmungsplanänderung ein weiteres Jahr Zeit bleibt, die Festsetzung der Vergütung durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen. Finden keine Vergleichsverhandlungen innerhalb der 3-monatigen Frist statt, so bleibt es dem Antragsteller unbenommen, innerhalb eines weiteren Jahres den Entschädigungsantrag zu stellen.

Dass die betroffenen Grundeigentümer nach dem Abschluss des Verfahrens auch über das In-Kraft-Treten eines Flächenwidmungsplanes zu verständigen wären, dafür findet sich im TROG 2006 kein Anhaltspunkt. Der von den Beschwerdeführern referierte Verweis auf die einschlägige Bestimmung des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes (vgl. insbesondere § 18 Abs 3 EisbEG), wonach der Grundstückseigentümer auch im Verfahren nach § 70 TROG 2006 auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrages auf Entschädigung aufmerksam zu machen sei, geht ins Leere, zumal es sich bei der Enteignung im Rahmen des EisbEG um ein Enteignungsverfahren, welches mit Bescheid endet, handelt; demgegenüber handelt es sich bei der Erlassung von Flächenwidmungsplänen um Verordnungen, deren Zustandekommen von der Einhaltung anderer, besonderer Verfahrensvorschriften, wie zB der Planauflage und der Kundmachung der Verordnung, abhängt. Darüber hinaus sieht § 64 Abs 2 TROG 2006 ohnehin vor, dass die Eigentümer der von der Flächenwidmungsplanänderung betroffenen Liegenschaften im Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes schriftlich zu verständigen sind.

1.1.3. Den Beschwerdevorbringen, wonach die Bestimmung des § 70 TROG 2006 verfassungswidrig sei, weil lediglich der Ersatz der Kosten für die Baureifmachung und nicht auch jener für Wertverluste vorgesehen wäre, ist zu erwidern:

Dass § 70 TROG 2006 nur die Vergütung der Kosten der Baureifmachung (und keine darüber hinausgehenden) vorsieht, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich (vgl. hiezu insbesondere VfSlg. 13.282/1992 sowie 17.149/2004; der Umstand, dass im Fall des Ausschlusses oder der Verringerung der Bebaubarkeit nach dem damaligen § 24 NÖ ROG 1976 nur jene Aufwendungen zu ersetzen waren, die im Hinblick auf die bisherige Widmungs- und Nutzungsart getätigt wurden und nicht auch die aus der Umwidmung resultierende wirtschaftliche Entwertung der Liegenschaft, war im Rahmen der Interessenabwägung bei der Rückwidmung zu berücksichtigen).

1.1.4. Schließlich behaupten die Beschwerdeführer, die Bestimmung des § 70 TROG 2006 sei deshalb unsachlich, da im Falle der Stattgabe des Antrages im Verfahren vor dem UVS kein Kostenersatz vorgesehen sei, wohingegen in den restlichen Bundesländern die Zivilgerichte im Außerstreitverfahren über den Entschädigungsanspruch absprechen würden und somit auch Kosten zuerkennen könnten.

Dem ist zu entgegnen: Mit dem Hinweis auf andere österreichische Raumordnungsgesetze, in denen durch die Anrufung der Zivilgerichte die Möglichkeit besteht, Kosten ersetzt zu erhalten, ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nichts zu gewinnen, weil das bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Landesgesetzgeber zueinander ausschließt (s. etwa VfSlg. 14.783/1997 mwN).

Der Verfassungsgerichtshof hegt - wie bereits dargelegt - keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen die Betrauung des UVS im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Entschädigungsansprüche. Damit gilt auch die im Verfahren vor dem UVS vorgesehene Kostenersatzregelung, wonach die beteiligten Parteien ihre Kosten selbst zu tragen haben. Aus einem Vergleich unterschiedlicher verfahrensrechtlicher Regelungen (insbesondere zu den Kostenersatzregelungen im Außerstreitverfahren) ist unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil es dem Gesetzgeber offensteht, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform gestaltet sind (vgl. hiezu VfSlg. 15.190/1998 und die darin enthaltene Vorjudikatur). Dass im Entschädigungsverfahren vor dem UVS kein Kostenersatz für die beteiligten Parteien vorgesehen ist, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

1.1.5. Die von den Beschwerdeführern vorgetragenen Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 70 TROG 2006 teilt der Verfassungsgerichtshof somit nicht.

1.2. Auf das Vorbringen im Hinblick auf die behauptete Gesetzwidrigkeit jener den Entschädigungsansprüchen vorausgegangenen Widmungsmaßnahmen war nicht näher einzugehen, weil in einem Verfahren, in welchem ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen bzw. ein Antrag auf Entschädigung nach § 70 TROG 2006 wegen Verspätung zurück- bzw. abgewiesen wird, die raumordnungsrechtlichen Planungsmaßnahmen nicht präjudiziell sind.

2. Die Beschwerden machen schließlich unter dem Titel "Willkür" Verfahrensmängel geltend:

2.1. Die Beschwerdeführer behaupten, dass die erstinstanzlichen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden von deren Inhalt her widersprüchlich ergangen seien. Einerseits sei der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen worden, andererseits habe man aber über den Entschädigungsanspruch inhaltlich entschieden, indem dieser als unbegründet abgewiesen worden sei. Dies bedeute aber, dass die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden durch diese Vorgangsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die "Verhandlung" in der Sache selbst (zwar widersprüchlich, aber doch) gemäß dem Antrag der Beschwerdeführer bewilligt hätten. Da die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bekämpfbar sei, wäre die belangte Behörde auch nicht berechtigt gewesen, die diesbezüglichen Spruchpunkte der erstinstanzlichen Bescheide dahingehend abzuändern, dass über den Entschädigungsantrag nicht in der Sache selbst entschieden, sondern dass dieser als verspätet zurückgewiesen wird.

2.2. Dazu hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnten die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Bei der Frist des § 70 TROG 2006 handelt es sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ("bei sonstigem Anspruchsverlust") um eine Ausschlussfrist zur Geltendmachung des Anspruches und somit um eine materiellrechtliche Frist (vgl. VfSlg. 16.692/2002). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist jedoch nur gegen die Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist zulässig. Demzufolge war die Bewilligung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Vorliegens einer verfahrensrechtlichen Frist von vornherein ausgeschlossen. Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die belangte Behörde Willkür geübt hat.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen verletzt wurden.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

5. Den Anträgen der beteiligten Gemeinden auf Ersatz der Verfahrenskosten war schon deshalb nicht stattzugeben, weil es sich bei den von ihnen eingebrachten Schriftsätzen, mit denen sie von der ihnen eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht haben, nicht um abverlangte Schriftsätze handelt (VfSlg 13.847/1994, 15.300/1998, 15.818/2000, 16.037/2000, 16.463/2002).

6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.