OGH vom 12.09.1996, 8ObS2107/96b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer und die fachkundigen Laienrichter MR Dr.Zimmermann und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing.Adrian A.F*****, vertreten durch Dr.Hans Werner Mitterauer, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen S*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 110/95-14, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 19 Cgs 91/94-10, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahingehend abgeändert, daß das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom bis bei der späteren Ausgleichsschuldnerin, einer GmbH, als Angestellter beschäftigt.
Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , Sa 8/93, wurde über das Vermögen dieser GmbH das Ausgleichsverfahren eröffnet.
Da die GmbH offensichtlich ungefähr ab Juni 1993 Entgeltansprüche ihrer Dienstnehmer nicht mehr befriedigen konnte, beabsichtigten die Dienstnehmer, ihr Dienstverhältnis zu beenden. Um dem entgegenzuwirken stellte Dkfm.B*****, der auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom atypischer stiller Gesellschafter der GmbH geworden war - er war nämlich am Vermögen und an den stillen Reserven der GmbH mitbeteiligt -, dem Firmenanwalt Dr.S***** als Treuhänder einen Betrag von ca. S 1,000.000,- zur Begleichung der offenen Dienstnehmerforderungen zur Verfügung.
Am erhielt der Kläger auf Grund einer Vereinbarung mit dem Treuhänder vom gleichen Tag S 62.724,- an rückständigem Gehalt, Sonderzahlungen und Reisekosten gegen Zession des ihm gemäß § 1 IESG zustehenden gesicherten Anspruchs gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ausbezahlt.
Die Zahlung dieses Teilbetrages lehnte das beklagte Bundesamt mit Bescheid vom mit der Begründung ab, die von Dkfm.B***** in dieser Höhe an den Kläger geleistete Zahlung sei als Entgeltzahlung des Dienstgebers zu betrachten.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger nunmehr diesen Betrag als Insolvenz-Ausfallgeld von der beklagten Partei mit der Begründung, seine offene Entgeltforderung in dieser Höhe sei nicht durch Zahlungen des Dienstgebers abgedeckt worden.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Dkfm.B***** sei bei der GmbH als atypischer stiller Gesellschafter mit einer Einlage von S 1,000.000,- beteiligt. Nach deutscher Lehre und Rechtsprechung habe auch das Darlehen eines unechten stillen Gesellschafters an die Gesellschaft eine eigenkapitalersetzende Funktion. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes seien die im deutschen Recht zu § 32a dGmbHG entwickelten Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch im österreichischem Recht anwendbar. Mit diesen Darlehen werde von den Gesellschaftern versucht, die finanziell angeschlagene Gesellschaft zu retten, ohne ihr jedoch das zur Sanierung notwendige Eigenkapital zuzuführen. Im vorliegenden Fall habe Dkfm.B***** anstatt der im Ausgleich befindlichen GmbH das zur Unternehmensfortführung - insbesondere zur Entgeltzahlung an die Dienstnehmer - notwendige Eigenkapital zuzuführen, über einen Treuhänder die Dienstnehmerforderung des Klägers in Form eines "Darlehens" beglichen. Durch diese Treuhand- und Zessionsvereinbarung sei versucht worden, das Finanzierungsrisiko auf einen nicht beteiligten Dritten, nämlich den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, zu überwälzen. Die Zessionsvereinbarung sei daher, soweit aus ihr Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallsgeld abgeleitet werden, nichtig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Sinn der Einwendungen der beklagten Partei ab. Im vorliegenden Fall habe das von Dkfm.B***** zur Verfügung gestellte Darlehen einzig und allein der Befriedigung von Dienstnehmeransprüchen, welche von der Gesellschaft nicht mehr anders hätten finanziert werden können, gedient. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zur Ausgleichseröffnung sei gegeben. Dies habe zur Folge, daß die Treuhandvereinbarung keine Wirkung entfalten könne und die Zahlung, welche der Kläger über den Treuhänder erhalten habe, als Entgeltzahlung dem seinerzeitigen Arbeitgeber zuzurechnen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte zwar in einer umfangreichen Begründung die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die für eigenkapitalersetzende Darlehen entwickelten Grundsätze auch auf Darlehen der atypisch stillen Gesellschafter einer GmbH anwendbar seien, hielt aber die Rechtssache noch nicht für spruchreif, weil den Feststellungen des Erstgerichts nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen sei, zu welchem Zeitpunkt Dkfm.B***** dem Firmenanwalt den Betrag von ca. S 1,000.000,- zur Bezahlung der Entgeltforderungen der Dienstnehmer treuhänderisch zur Verfügung gestellt habe, und ob die Gesellschaft auch zu diesem Zeitpunkt kreditunwürdig gewesen sei; insbesondere aber fehlten Feststellungen zur ebenfalls entscheidungswesentlichen Frage, ob Dkfm.B***** die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft gekannt habe oder erkennen mußte. Die Entscheidung des Erstgerichtes sei daher aufzuheben und die Rechtssache an dieses zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur entscheidungswesentlichen Frage fehle, ob die für eigenkapitalersetzende Darlehen entwickelten Grundsätze auch auf Darlehen eines atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH anwendbar seien und den Parteien die Möglichkeit einer Überprüfung dieser Rechtsansicht durch den Obersten Gerichtshof zur Vermeidung eines allenfalls nicht notwendigen Prozeßaufwandes eröffnet werden solle.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des klagsabweisenden erstgerichtlichen Urteils.
Der Kläger hat keine Rekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt. Es bedarf der vom Berufungsgericht geforderten ergänzenden Feststellungen nicht; die Rechtssache ist vielmehr gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO im Sinne der erstgerichtlichen Klageabweisung spruchreif.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zur Frage der Anwendbarkeit der für eigenkapitalersetzende Darlehen entwickelten Grundsätze auf Darlehen eines atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH ist zutreffend und durch oberstgerichtliche Rechtsprechung (, 8 Ob 4,5/95, ecolex 1996, 459 = ZIK 1996, 71 = RdW 1996, 113; , 8 Ob 2124/96d) bereits hinreichend geklärt; sie wird von der Rekurswerberin auch nicht in Zweifel gezogen, sodaß es an sich genügen würde, auf die diesbezüglich zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 48 ASGG).
Da der genannten Frage derzeit seit der grundliegenden Abhandlung von Ostheim, Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in der Unternehmenskrise, GesRZ 1989, 122 ff und 173 ff, auch von der österreichischen Literatur verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt wird (vgl aus letzter Zeit insb K.Schmidt, Eigenkapitalersatz und seine Behandlung in Österreich, GesRZ 1993, 8 ff, 86 ff; Nowotny, Probleme des eigenkapitalersetzenden Darlehens, Von der Gesellschafterstellung zum atypischen Kreditgeber, ÖBA 1994, 669 ff; Schummer, Entwicklung und Stand im Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen, ÖJZ 1996, 241 ff; Karollus, Zur Behandlung kapitalersetzender Forderungen im Konkursverfahren, ZIK 1996, 37 ff; zur geplanten Neuregelung im Entwurf des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1993 kritisch Ostheim, WBl 1993, 386 ff; Frotz/Dellinger, ecolex 1994, 164 ff; Grünwald, GesRZ 1994, 113
ff) ist es sachgerecht, hierauf nochmals zusammenfassend einzugehen.
Seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 8 Ob
9/91, (SZ 64/53 = WBl 1991, 399 [Ostheim] = ecolex 1991, 697 = EvBl
1991/179 = GesRZ 1991, 162 = RdW 1991, 290 = JAP 1991/92, 246
[P.Bydlinski]) ist es auch in Österreich allgemein anerkannt (OGH
, 1 Ob 617/91, SZ 64/160 = JBl 1992, 444 [Ostheim] = RdW
1992, 873 = EvBl 1992/45; , 9 ObS 15/92, SZ 66/8 =WBl 1993,
124 = GesRZ 1993, 111 = ecolex 1993, 604 = DRdA 1993, 490 [Geist] = Arb 11.068; , 8 Ob 15/92, ecolex 1994, 818 [teilveröffentlicht]; , 8 Ob 28/93, ecolex 1994, 234 [Dellinger] = RdW 1994, 143 = GesRZ 1994, 136 = WBl 1994, 205, dazu K.Schmidt, RdW 1994, 135; , 1 Ob 568/95, RdW 1996, 13 und 115 = GesRZ 1996, 108 = ecolex 1995, 899 = WBl 1996, 38 = ZIK 1996, 108, dazu kritisch Schummer, GesRZ 1996, 108 und ÖJZ 1996, 245), daß die im deutschen Recht zu § 32 a dGmbHG entwickelten Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen - in Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG - auch im österreichischen Recht anwendbar sind. Mit diesen Darlehen versuchen Gesellschafter eine notleidend gewordene Gesellschaft dadurch am Leben zu erhalten, daß sie, anstatt das zur Sanierung notwendige Eigenkapital zuzuführen, Darlehen gewähren, die sie dann vor dem endgültigen Zusammenbruch der Gesellschaft abziehen oder samt allfälligen Sicherheiten im Konkurs der Gesellschaft geltend machen, wodurch der ohnehin schon unzureichende Haftungsfonds für die Gläubiger zu ihren Lasten noch weiter geschmälert wird. Damit wälzen die Gesellschafter das Finanzierungsrisiko, insbesondere bei der GmbH über das bei dieser Gesellschaftsform ohnehin nicht unerhebliche Gläubigerrisiko hinaus, auf die Gläubiger ab. Zur Finanzierung sind sie in derartigen durch Eigenkapitalmangel und hohes Finanzierungsrisiko gekennzeichneten Fällen regelmäßig nur bereit, wenn sie sich davon Vorteile für das im eigenen Interesse betriebene Unternehmen versprechen; gleichwohl möchten sie das Risiko aus der Zuführung neuer Mittel soweit wie möglich auf die Fremdgläubiger überwälzen und wählen daher die Darlehensform. Ein derartiges Verhalten des Gesellschafters verstößt gegen seine Verantwortung für eine ordnungsgemäße Unternehmensfinanzierung. Diese Verantwortung verpflichtet den Gesellschafter zwar nicht, in der Krise fehlendes Kapital aus seinem Vermögen nachzuschießen. Er kann sich jedoch dieser Verantwortung nicht dadurch zum Nachteil der Gläubiger entziehen, daß er bei einer tatsächlich beabsichtigten Finanzierungshilfe, anstatt sie durch die objektiv gebotene Einbringung haftenden Eigenkapitals zu leisten, auf eine andere, ihm weniger riskant erscheinende Finanzierungsform ausweicht. Darunter ist nicht nur die Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft durch den Gesellschafter zu verstehen, sondern auch eine andere Rechtshandlung des Gesellschafters, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entspricht (vgl § 32 a Abs 3 dGmbHG). Es bestehen keine Bedenken, diese Regelung der dGmbH-Novelle, die nur eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage brachte, im österreichischen Rechtsbereich anzuwenden. Auch ein im Interesse der Gesellschaft einem Dritten gewährtes Darlehen kann Eigenkapital ersetzen.
In der Entscheidung vom , 8 Ob 12/93, SZ 66/111 = ecolex
1994, 102 = WBl 1994, 93 = RdW 1994, 13 = GesRZ 1994, 61) wurden
atypisch stille Gesellschafter, deren Stellung der eines
Kommanditisten angenähert ist, Kommanditisten gleichgestellt; seit
der Entscheidung vom , 8 Ob 4, 5/95 (ecolex 1996, 459 = ZIK
1996, 71 = RdW 1996, 113) werden die Grundsätze über
eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch auf den atypischen stillen Gesellschafter angewandt (so kürzlich ; die erwähnte E 1 Ob 528/95, auf die noch in anderem Zusammenhang zurückzukommen sein wird, ließ diese Frage als dort nicht entscheidungswesentlich offen). Ist der stille Gesellschafter wie hier am "Gesellschaftsvermögen" beteiligt, ist er - gleichgültig, ob er auch an der Geschäftsführung entscheidend mitwirken kann - als atypisch stiller Gesellschafter zu beurteilen; es trifft ihn nämlich die durch das Unternehmerrisiko vermittelte Stellung als Mitunternehmer. Gewährt ein solcher atypischer stiller Gesellschafter ein Darlehen, liegt unter den sonstigen oben erwähnten Voraussetzungen ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen vor, auf das die zu diesem entwickelten Grundsätze anzuwenden sind.
Die Beteiligung des Dkfm.B***** war nach dem vorliegenden Sachverhalt unzweifelhaft eine atypisch stille Beteiligung. Das Berufungsgericht hielt - wie oben ausgeführt - die Entscheidung des Erstgerichtes, ob dieser ein eigenkapitalersetzendes Darlehen gewährt hatte oder nicht, aber noch nicht für spruchreif, weil ihm Feststellungen zur Frage fehlten, zu welchem genauen Zeitpunkt Dkfm.B***** dem Firmenanwalt ca. S 1,000.000,- zur Bezahlung der Entgeltforderungen der Dienstnehmer treuhändig zur Verfügung stellte, ob die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits kreditunwürdig war und ob Dkfm.B***** die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft damals gekannt hat oder kennen mußte.
Zutreffend geht das Berufungsgericht dabei davon aus, daß nicht jede Kreditgewährung durch einen Gesellschafter als eigenkapitalersetzendes Darlehen zu werten ist, sondern nur eine solche, die unter einer Finanzsituation erfolgt, bei der ein Gesellschafter, der dem Unternehmen neues Kapital zuführen will, bei Anlegung des Maßstabes ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung hiefür Eigenkapital bzw eigenkapitalersetzendes Risikokapital einzusetzen gehabt hätte. Als maßgebliches Kriterium wird hiefür die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft im Zeitpunkt der Kreditgewährung angesehen. Kreditunwürdig ist die Gesellschaft dann, wenn sie von dritter Seite nicht mehr zu marktüblichen Bedingungen ohne Besicherung des Kredites durch die Gesellschafter Kredit erhalten könnte und ohne Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen liquidiert werden müßte. Daher fallen insbesondere - neben dem hier nicht zur Diskussion stehenden Finanzplankredit - zwei Gruppen von Krediten, nämlich solche zur Sanierungsfinanzierung und bei Kreditunwürdigkeit gegebene unter die Kredite mit Eigenkapitalersatzfunktion (dazu für alle K.Schmidt aaO 12; ders ausführlich in Scholz KommdGmbHG8 §§ 32a, b Rz 35 ff; in diesem Sinn auch 8 Ob 28/93 und Nowotny aaO 671 ff).
Die getroffenen Feststellungen reichen hier durchaus aus, um diese Fragen abschließend beurteilen zu können:
Dkfm.B***** wurde am atypisch stiller Gesellschafter. Die Gesellschaft konnte bereits ab diesem Zeitpunkt (Juni 1993) die Entgeltansprüche ihrer Dienstnehmer nicht mehr begleichen, weil sie bereits zu diesem Zeitpunkt über die hiefür erforderlichen Mittel nicht mehr verfügte und sich diese offenbar auch nicht mehr von ihrer Bank zu marktüblichen Bedingungen verschaffen konnte. Deshalb stellte Dkfm.B***** dem Firmenanwalt der Gesellschaft als Treuhänder zu einem datumsmäßig nicht genau festgestellten Zeitpunkt, der jedenfalls nach seinem Eintritt als Gesellschafter und noch vor dem - damit knapp vor oder knapp nach Ausgleichseröffnung - lag, den genannten Geldbetrag von S 1,000.000,- zur Begleichung der offenen Dienstnehmerforderungen zur Verfügung; zum erhielten nämlich bereits der Kläger und die übrigen Arbeitnehmer den Lohn vom Treuhänder gegen Zession ihrer Ansprüche gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ausbezahlt. Deklarierter Zweck des vom neuen stillen Gesellschafter gewährten Kredits war - im Wege eines Treuhänders - die offenen Lohnforderungen zu begleichen, um damit das Austrittsrecht der Arbeitnehmer gemäß § 26 Z 2 AngG hintanzuhalten, weil diese infolge Nichtbezahlung des Lohnes auszutreten drohten.
Es handelte sich daher um einen den drohenden Konkurs abwendenden Sanierungskredit (K.Schmidt in Scholz aaO Rz 36), denn er war für die Erfüllung der vorgesehenen Unternehmenszwecke in wirtschaftlicher Sicht unbedingt erforderlich, weil ohne Arbeitskräfte eine Aufrechterhaltung des Betriebes nicht möglich gewesen wäre. Aus den dargestellten Umständen ergibt sich auch - ohne daß weitere Erhebungen nötig wären -, daß die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Kreditgewährung durch den Gesellschafter ohne Zuführung von neuem Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen hätte liquidiert werden müssen, so daß sie zu diesem Zeitpunkt auch jedenfalls als bereits kreditunwürdig angesehen werden muß (K.Schmidt aaO Rz 37).
Das Berufungsgericht geht in seinem Aufhebungsbeschluß davon aus, daß es bei der Beurteilung des Darlehens als kapitalersetzend nur darauf ankommt, ob dem kreditgewährenden Gesellschafter die Kreditunwürdigkeit bekannt sein mußte; positive Kenntnis hievon sei nicht erforderlich. Damit distanziert sich das Berufungsgericht von der erwähnten Entscheidung des ersten Senates vom , 1 Ob 568/95, die nur auf die Kenntnis und nicht auf das Kennenmüssen abzustellen scheint. Zu Recht wurde gegen diese Entscheidung vorgebracht (Schummer, GesRZ 1996, 108 und ÖJZ 1996, 245), daß es auf die Kenntnis allein nicht ankommen kann. Der Tatbestand der Kreditunwürdigkeit und damit der eigenkapitalersetzende Charakter zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ist objektiv zu beurteilen. Der mit den Eigenkapitalersatzregeln bezweckte Gläubigerschutz würde unterlaufen, wollte man eine Umqualifizierung des Darlehens in Eigenkapital nur dann vornehmen, wenn sich der Gesellschafter des Eigenkapitalcharakters des Darlehens bewußt war und ihm dieses Bewußtsein auch nachgewiesen werden kann. Es muß vielmehr genügen, daß der Gesellschafter den Eigenkapitalcharakter des Darlehens kennen mußte (so auch die deutsche Lehre [für alle K.Schmidt in Scholz aaO Rz 40] und Rsp [BGHZ 75, 334 ff, 337; BGHZ 81, 311 ff, 314 f], die zum Teil sogar jedes subjektive Tatbestandsmerkmal für überflüssig halten). Gewährt ein Gesellschafter einer in Schwierigkeiten befindlichen GmbH ein Darlehen und verschleppt er dadurch die Liquidation der Gesellschaft, so soll er auch das Risiko tragen, wenn die Sanierung fehl schlägt. Hat er sich über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht hinreichend informiert, so soll dies nicht zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger gehen.
Da die Frage, ob dem darlehensgewährenden Gesellschafter die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft zur Zeit der Darlehensgewährung bekannt sein mußte, somit eine auf Grund der getroffenen Feststellungen zu lösende Frage der rechtlichen Beurteilung ist, kann der Oberste Gerichtshof diese Frage hier abschließend beurteilen, weil die getroffenen Feststellungen hiefür aus den oben erwähnten Gründen, insbesondere wegen des Zwecks der Darlehensgewährung, ausreichend sind. Für diesen rechtlichen Schluß spricht auch, daß der Kläger (und die übrigen Arbeitnehmer) ihren rückständigen Lohn durch den mit der Abwicklung betrauten Treuhänder nur gegen Zession der ihnen nach § 1 IESG zustehenden gesicherten Ansprüche gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erhielten. In dieser Vereinbarung kommt eindeutig die Absicht zum Ausdruck, das Risiko im Insolvenzfall nicht selbst tragen zu wollen, sondern es auf einen an der Vereinbarung nicht beteiligten Dritten - nämlich den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds - zu überwälzen. Dkfm.B***** hat sich damit klar in die "anstößige" Doppelrolle als Gesellschafter und Darlehensgeber unter gleichzeitigem Versuch, sein Risiko aus der Mittelzuführung höchstmöglich zu minimieren, begeben (Nowotny, ÖBA 1994, 669 [672]).
Der Kläger erhielt aus diesem Gesellschafterdarlehen und damit aus Eigenkapital der Gesellschaft von dieser seinen rückständigen Lohn ausbezahlt, sodaß er lohnbefriedigt ist und diese Ansprüche daher nicht nochmals gegen den Fonds geltend machen kann. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner erwähnten Entscheidung vom , 9 ObS 15/92 (in diesem Sinn auch , WBl 1995, 75 und jüngst , 8 Ob 2011/96k) ausführlich dargelegt hat, ist eine Vereinbarung, wonach ein Gesellschafter (oder - wie hier - sein Treuhänder) den Dienstnehmern einen nach Befriedigung ihrer Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld zurückzuzahlenden Kredit gewährt oder das Entgelt gegen Zession (zur Zessionsfrage vgl , 9 ObS 15/92, SZ 26/9 = EvBl 1993/145 = RdW 1993, 24) der Ansprüche gegen den Fonds zahlt, nichtig, soweit Dienstnehmer daraus Ansprüche gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ableiten. Zweck des IESG ist es nämlich, das Risiko der von den Arbeitnehmern typischerweise nicht selbst abwendbaren und absicherbaren Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts der unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind, abzudecken. Hingegen ist es nicht Zweck des IESG, dem Gesellschafter das Finanzierungsrisiko der Gesellschaft abzunehmen und ihm das zur Fortführung des Unternehmens aufgewendete Eigenkapital im Fall der Insolvenz zu ersetzen.
Eine Kostenentscheidung konnte entfallen, weil Kosten nicht verzeichnet wurden.