VfGH vom 09.12.2010, B859/10

VfGH vom 09.12.2010, B859/10

19261

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch gänzlichen Widerruf des Bezugs und Rückforderung von Altersteilzeitgeld wegen Ausscheidens der Ersatzarbeitskraft; keine Unsachlichkeit des Erfordernisses der Einstellung einer Ersatzarbeitskraft bzw der Ausbildung eines Lehrlings in bestimmten Fällen; kein Verstoß gegen das Eigentumsrecht; verfassungskonforme Auslegung der Regelung über die Rückzahlungsverpflichtung geboten

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die beschwerdeführende Partei traf mit einem ihrer

Dienstnehmer eine Altersteilzeitvereinbarung, aufgrund der dieser Dienstnehmer ab in eine Altersteilzeit übertrat. Die Arbeitszeitreduzierung erfolgte in Form einer Blockzeitvereinbarung, wobei die Freizeitphase für den Zeitraum vom bis zum vereinbart wurde. Ab dem wurde eine zuvor arbeitslose Ersatzarbeitskraft angestellt, die über der Geringfügigkeitsgrenze nicht nur vorübergehend beschäftigt wurde.

Mit Antrag vom (beim Arbeitsmarktservice eingegangen am ) begehrte die beschwerdeführende Partei die Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes nach den §§27 und 28 AlVG. Das Arbeitsmarktservice gab diesem Antrag statt. Während der Laufzeit der Altersteilzeitvereinbarung stellte die beschwerdeführende Partei vier weitere Personen ein, und zwar am zwei Lehrlinge und am sowie am jeweils eine zuvor arbeitslose Person. Die (ursprünglich eingestellte) Ersatzarbeitskraft schied am auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen der beschwerdeführenden Partei aus. Eine Meldung an die Behörde erfolgte nicht.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (regionale Geschäftsstelle Deutschlandsberg) vom wurde der Bezug des Altersteilzeitgeldes für den Zeitraum vom bis nach § 27 Abs 8 AlVG "widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und die beschwerdeführende Partei zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Altersteilzeitgeldes in Höhe von € 71.447,63 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei die Leistung aus der Altersteilzeit in diesem Zeitraum "zur Gänze zu Unrecht" bezogen habe, da die Ersatzkraft während der Freizeitphase aus dem Betrieb ausgeschieden und keine neue Ersatzkraft eingestellt worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei am Berufung. Sie brachte darin im Wesentlichen vor, dass - neben der ursprünglich eingestellten Ersatzarbeitskraft - zwei weitere Lehrlinge und zwei weitere zuvor arbeitslose Arbeitnehmer eingestellt worden seien, sodass tatsächlich während der gesamten Freizeitphase Lehrlinge ausgebildet bzw. Ersatzarbeitskräfte beschäftigt worden seien und daher kein Grund bestehe, den Bezug des Altersteilzeitgeldes zu widerrufen und den Gesamtbetrag zurückzufordern.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid weist die belangte Behörde - nachdem der beschwerdeführenden Partei im Rahmen des Berufungsverfahrens neuerlich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war - die Berufung der beschwerdeführenden Partei ab. In der Begründung führt die belangte Behörde insbesondere aus (Hervorhebung im Original):

"Die ... angeführten 'Ersatzkräfte' wurden jedoch wesentlich

früher (mit , und ) eingestellt, erfüllen

also keineswegs die Voraussetzungen einer Ersatzkraft, da sie ja zum

fiktiven Zeitpunkt der Einstellung (3 Monate ab ) keineswegs

arbeitslos, sondern bereits seit langem ... eingestellt waren. Die

materiellen Voraussetzungen bei der Blockzeitvariante einer Altersteilzeitvereinbarung, zumindest während der Freizeitphase eine Ersatzkraft zu beschäftigen, liegen daher nicht vor. Der Widerruf der Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes gem. § 27 Abs 8 AlVG besteht daher zu Recht.

...

Sie als Arbeitgeber sind jedenfalls zur Rückzahlung des gesamten Altersteilzeitgeldes verpflichtet, wenn so wie in diesem Fall eine Anspruchsvoraussetzung fehlt bzw. wegfällt (Ausscheiden der Ersatzkraft während der Freizeitphase, Nichteinstellung einer neuen Ersatzkraft während der Freizeitphase beim Blockzeitmodell)."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte und die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung des verfassungswidrigen § 27 Abs 5 Z 3 AlVG (aF) behauptende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Zur Rechtslage:

§ 27 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. 609/1977 idF BGBl. I 142/2004, lautete in der hier maßgebenden Fassung wie folgt:

"Altersteilzeitgeld

§27. (1) Ein Arbeitgeber, der ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigt, die ihre Arbeitszeit verringern, und diesen einen Lohnausgleich gewährt, hat Anspruch auf Altersteilzeitgeld.

(2) Altersteilzeitgeld gebührt längstens fünf Jahre für Personen, die nach spätestens fünf Jahren das Regelpensionsalter vollenden und die

1. in den letzten 25 Jahren vor der Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) 780 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt waren, wobei auf die Anwartschaft anzurechnende Zeiten gemäß § 14 Abs 4 und 5 berücksichtigt und die Rahmenfrist um arbeitslosenversicherungsfreie Zeiten der Betreuung von Kindern bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres erstreckt werden,

2. auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung ihre Normalarbeitszeit, die im letzten Jahr der gesetzlichen oder kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit entsprochen oder diese höchstens um 20 vH unterschritten hat, auf 40 bis 60 vH verringert haben,

3. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung

a) bis zur Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG einen Lohnausgleich in der Höhe von mindestens 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem im letzten Jahr (bei kürzerer Beschäftigungszeit in einem neuen Betrieb während dieser kürzeren, mindestens drei Monate betragenden Zeit) vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt erhalten und

b) für die der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichtet und

4. auf Grund eines Kollektivvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung Anspruch auf Berechnung einer zustehenden Abfertigung auf der Grundlage der Arbeitszeit vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit haben; für die Berechnung einer Abfertigung nach dem BUAG gilt § 13d Abs 3 BUAG.

(3) Für Personen, die eine Leistung aus der gesetzlichen Pensionsversicherung aus einem Versicherungsfall des Alters, ein Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz, BGBl. Nr. 354/1981, oder einen Ruhegenuss aus einem Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft beziehen oder die Anspruchsvoraussetzungen für eine dieser Leistungen erfüllen, gebührt kein Altersteilzeitgeld.

(4) Das Altersteilzeitgeld hat dem Arbeitgeber einen Anteil des zusätzlichen Aufwandes, der durch einen Lohnausgleich bis zur Höchstbeitragsgrundlage in der Höhe von 50 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem im gemäß Abs 2 Z 3 lita maßgeblichen Zeitraum vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt sowie durch die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den entsprechend der Beitragsgrundlage vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit entrichteten Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (Pensions-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung einschließlich IESG-Zuschlag) und den dem Entgelt (einschließlich Lohnausgleich) entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung entsteht, abzugelten. ...

(5) Sieht die Vereinbarung über die Altersteilzeitarbeit unterschiedliche wöchentliche Normalarbeitszeiten oder eine unterschiedliche Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit vor, so ist die Voraussetzung nach Abs 2 Z 2 auch dann erfüllt, wenn

1. die wöchentliche Normalarbeitszeit in einem Durchrechnungszeitraum im Durchschnitt die vereinbarte verringerte Arbeitszeit nicht überschreitet,

2. das Entgelt für die Altersteilzeitarbeit fortlaufend gezahlt wird und

3. zusätzlich zumindest während der Freizeitphase (abgesehen von unvermeidlichen kurzen Unterbrechungen) eine zuvor arbeitslose Person über der Geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig beschäftigt oder zusätzlich ein Lehrling ausgebildet und im Zusammenhang mit dieser Maßnahme vom Dienstgeber kein Dienstverhältnis aufgelöst wird.

(6) Der Arbeitgeber hat jede für das Bestehen oder für das Ausmaß des Anspruches auf Altersteilzeitgeld maßgebliche Änderung unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen.

(7) Das Altersteilzeitgeld stellt kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994), BGBl. Nr. 663, dar.

(8) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersteilzeitgeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Altersteilzeitgeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Altersteilzeitgeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Altersteilzeitgeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten."

Der seitens der beschwerdeführenden Partei als verfassungswidrig erachtete Abs 5 Z 3 dieser Vorschrift wurde durch Art 83 Z 18 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I 71/2003, in das AlVG eingefügt. In der Zwischenzeit wurde § 27 Abs 5 Z 3 AlVG durch Art 1 Z 7 des Bundesgesetzes BGBl. I 90/2009 (Arbeitsmarktpaket 2009) neu gefasst und lautet:

"3. die Freizeitphase im Rahmen einer Blockzeitvereinbarung nicht mehr als zweieinhalb Jahre beträgt."

Dazu bestimmt § 79 Abs 103 AlVG idF BGBl. I 90/2009:

"§27 Abs 2, 4 und 5 sowie § 82 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 90/2009 treten mit in Kraft und gelten für Ansprüche auf Altersteilzeitgeld auf Grund von Vereinbarungen, deren Laufzeit nach dem beginnt. Für Ansprüche auf Altersteilzeitgeld, die auf Grund von Vereinbarungen, deren Laufzeit vor dem begonnen hat, vor dem Ablauf des geltend gemacht wurden, gilt § 27 mit Ausnahme des Abs 3 in der bisher anzuwendenden Fassung weiter, hinsichtlich der Zahlungsweise und der Anpassung an Lohnerhöhungen jedoch mit der Maßgabe, dass diese ab entsprechend den im § 27 Abs 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 90/2009 vorgesehenen Regelungen zu erfolgen hat."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei behauptet zunächst, § 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF sei wegen Widerspruchs zu Art 7 B-VG und Art 5 StGG verfassungswidrig gewesen. Die Gleichheitswidrigkeit der Regelung wird im Wesentlichen darin gesehen, dass das Erfordernis der Einstellung einer Ersatzarbeitskraft bzw. der Ausbildung eines Lehrlings lediglich bei einem Blockzeitmodell bestehe, nicht hingegen bei einem kontinuierlichen Modell. Die Voraussetzung, während der Freizeitphase eine Ersatzarbeitskraft zu beschäftigen, führe "regelmäßig zu Härtefällen". Werde nämlich zunächst eine Ersatzarbeitskraft während der Freizeitphase beschäftigt und scheide diese über eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus, so könne dies zu einem vollständigen Verlust und einer verschuldensunabhängigen Rückzahlungsverpflichtung des gesamten Altersteilzeitgeldes führen. Eine Verletzung des Art 5 StGG liege nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei deswegen vor, weil die Rückforderung des gesamten Altersteilzeitgeldes im Falle des Ausscheidens der bisherigen Ersatzarbeitskraft und Nichteinstellung einer neuen Ersatzarbeitskraft nicht im öffentlichen Interesse liege und unverhältnismäßig sei.

§ 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF sah die Verpflichtung des Dienstgebers vor, zusätzlich zumindest während der Freizeitphase eine zuvor arbeitslose Person über der Geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig zu beschäftigen oder zusätzlich einen Lehrling auszubilden und im Zusammenhang mit dieser Maßnahme kein Dienstverhältnis aufzulösen.

2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken ob der Verfassungswidrigkeit des § 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF aus nachstehenden Erwägungen nicht:

2.1. Der Gesetzgeber verfügt bei Fördermaßnahmen über einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. zB ), und zwar auch bei der Gestaltung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung. Dabei können auch innerhalb eines Fördersystems einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgemäße Art geregelt werden, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen (vgl. zu unterschiedlichen Regelungen innerhalb eines rechtlichen Ordnungssystems VfSlg. 5862/1968). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kann dem Gesetzgeber daher nicht entgegengetreten werden, wenn er neben dem kontinuierlichen ein weiteres Modell für den Bezug von Altersteilzeitgeld vorsieht und dieses Modell unterschiedlich ausgestaltet, es etwa an weitere Voraussetzungen knüpft, sofern die Unterschiede sachlich gerechtfertigt werden können.

Ausweislich der Materialien sollten die durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71/2003, vorgenommenen Änderungen im Bereich des Altersteilzeitgeldes die Einstellung von Ersatzkräften fördern. Die Blockzeitregelung wurde "im Sinne der Beschäftigungsförderung" dergestalt modifiziert, dass

"Altersteilzeitgeld in voller Höhe ... künftig nur Arbeitgebern

zustehen [soll], die eine zusätzliche Arbeitskraft einstellen. Die übrigen Arbeitgeber sollen das Altersteilzeitgeld nur mehr in halber Höhe erhalten" (RV 59 BlgNR 22. GP, 345). Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber aus diesen arbeitsmarktpolitischen Überlegungen die Gewährung von Altersteilzeitgeld bei Blockzeitmodellen an zusätzliche Voraussetzungen bindet. Auch gilt es zu bedenken, dass der Dienstgeber durch nichts gezwungen wird, das - für ihn vermeintlich nachteilige - Blockzeitmodell zu wählen, sondern die Vereinbarung über die Altersteilzeitarbeit seiner privatautonomen Gestaltung anheim gestellt ist und der Dienstgeber diese in voller Kenntnis der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Altersteilzeitgeld treffen kann. Im Ergebnis hat der Gesetzgeber den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. § 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF entsprach dem aus Art 7 B-VG erfließenden Sachlichkeitsgebot.

2.2. Die Vorschrift war aber auch nicht wegen Widerspruchs zu Art 5 StGG verfassungswidrig: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 12.227/1989, 14.075/1995 mwH) kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt; bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten - auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen: Es muss zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffes das öffentliche Interesse überwiegen und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist (VfSlg. 17.071/2003, 17.817/2006 uva.).

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob in der Vorschrift des § 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF, die ausschließlich eine Voraussetzung für eine (begünstigende) Förderung regelt, überhaupt eine in die Eigentumsgarantie eingreifende Regelung liegt. Selbst wenn man nämlich davon ausginge, dass ein Eingriff in dieses Grundrecht vorliegt, so wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt: Der Zweck dieser Vorschrift bestand offenkundig darin, arbeitsmarktpolitische Impulse in Richtung einer Erhöhung der Beschäftigtenquote zu setzen. § 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF verfolgte sohin ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel und war geeignet, dieses zu verwirklichen. Auch an der Erforderlichkeit dieser Regelung ist nicht zu zweifeln: Eine Reduktion der Arbeitslosenquote kann nicht durch die Anstellung geringfügig Beschäftigter erreicht werden, weil eine geringfügige Beschäftigung die Arbeitslosigkeit gemäß § 12 Abs 6 lita AlVG nicht ausschließt (zB ; , 2010/08/0021, uva.). Bei der Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Regelung fällt wiederum entscheidend ins Gewicht, dass der Dienstgeber von Gesetzes wegen nicht gezwungen wird, ein Blockzeitmodell zu wählen, sondern er in voller Kenntnis der jeweiligen Voraussetzungen für den Bezug von Altersteilzeitgeld frei entscheiden kann, ob - und bejahendenfalls:

mit welchem Inhalt - er eine Altersteilzeitvereinbarung trifft. Im Ergebnis stand daher § 27 Abs 5 Z 3 AlVG aF auch mit Art 5 StGG in Einklang.

3. Die beschwerdeführende Partei behauptet weiters, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt zu sein. Begründend wird dazu insbesondere vorgebracht, dass die belangte Behörde der Bestimmung des § 27 Abs 8 AlVG einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstelle, indem sie eine verschuldensunabhängige Rückzahlungspflicht des gesamten in der Vergangenheit bezogenen Altersteilzeitgeldes annehme.

Mit diesem Einwand ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht:

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt im Erkenntnis VfSlg. 18.705/2009 (mit Bezug auf § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG), festgestellt, dass Rückforderungsvorschriften, die lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellen, in der österreichischen Rechtsordnung nicht ungewöhnlich und verfassungsrechtliche Bedenken im Allgemeinen dagegen nicht entstanden sind und auch nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt wären. Solche Umstände hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14.095/1995 angenommen, mit dem jene Vorschrift des Arbeitslosenversicherungsgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben wurde, die eine Verpflichtung zur (gänzlichen) Rückzahlung von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bereits dann vorsah, wenn der Bezieher in der Folge ein Einkommen (als selbständig Erwerbstätiger) erzielte, das über die Geringfügigkeitsgrenze des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes hinausging, dies auch dann, wenn die Ungebührlichkeit der Leistung nicht vorhersehbar war. Zu diesem Ergebnis kam der Verfassungsgerichtshof aber vor allem deswegen, weil die damals zu beurteilende Regelung eine volle, den Betrag der eigenen Einkünfte (unter Umständen weit) übersteigende Rückzahlungsverpflichtung beinhaltete.

3.2. Versteht man § 27 Abs 5 Z 3 iVm Abs 8 AlVG idF BGBl. I 71/2003 mit der belangten Behörde dahingehend, dass das Ausscheiden einer Ersatzkraft innerhalb des Bezugszeitraumes zu einem völligen rückwirkenden Verlust des Altersteilzeitgeldes und zu dessen Rückforderung führe, müsste man im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Ergebnis gelangen, dass auch gegen diese Bestimmung gleichartige verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

3.3. § 27 Abs 8 AlVG idF BGBl. I 71/2003 zwingt allerdings nicht zu einer solchen Auslegung. Der Vorschrift kann im Gegenteil gerade nicht entnommen werden, dass die Zuerkennung des Altersteilzeitgeldes in vollem Umfang zu widerrufen ist, wenn die Voraussetzungen nachträglich wegfallen. Der gänzliche Widerruf hat gemäß Satz 2 leg. cit. nämlich nur dann zu erfolgen, "wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Altersteilzeitgeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt"; die Regelung setzt mithin voraus, dass Altersteilzeitgeld bereits ursprünglich, d.h. im Zeitpunkt der Antragstellung, nicht gebührte.

Bei einem solchen Verständnis entspricht die Regelung des '27 Abs 8 AlVG idF BGBl. I 71/2003 den Kriterien der Verfassungsmäßigkeit von Rückzahlungsverpflichtungen nach der unter 3.1. geschilderten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.

3.4. Die belangte Behörde legt jedoch nicht die unter 3.3. dargestellte Rechtsansicht zugrunde, sondern geht vielmehr davon aus, dass die beschwerdeführende Partei als Arbeitgeber jedenfalls zur Rückzahlung des gesamten Altersteilzeitgeldes verpflichtet sei, "wenn so wie in diesem Fall eine Anspruchsvoraussetzung fehlt bzw. wegfällt". Mit dieser Auslegung unterstellt die Behörde dem Gesetz - wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt - einen gleichheitswidrigen Inhalt.

Die beschwerdeführende Partei ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden. Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

IV. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,-- enthalten.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.