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OGH vom 25.11.1998, 9ObA301/98z

OGH vom 25.11.1998, 9ObA301/98z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernhard Rupp und Franz Ovesny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leopoldine K*****, Sekretärin, *****, vertreten durch Dr. Peter Resch, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (S 75.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 32/98x-21, womit das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 8 Cga 12/96g-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß zwischen der klagenden und der beklagten Partei auf der Grundlage des Dienstvertrages vom ein unbefristetes Dienstverhältnis bestehe, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei mit S 23.797,20 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit S 3.382,40 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.059,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Streitteilen wurde am ein befristetes Dienstverhältnis, beginnend mit und "auf die Dauer des Karenzurlaubes der VB I Michaela H*****, vorerst aber auf die Dauer von längstens acht Monaten" begründet. Die Klägerin wurde als Schreib- und Kanzleikraft in der Außenstelle L***** der Bundesbaudirektion Wien für Wien, Niederösterreich und Burgenland eingesetzt. Sie sollte die bis dahin von einem Vertragsbediensteten dieser Dienststelle ausgeübte Tätigkeit übernehmen, der wiederum einen anderen Dienstnehmer der Beklagten ersetzte, der in die Zentrale gewechselt war. Die Vertragsbedienstete Michaela H*****, die sich zu diesem Zeitpunkt im Karenzurlaub befand, war nie in der Außenstelle L*****, sondern immer in der Zentrale in Wien tätig gewesen.

Über Ersuchen der Klägerin verlängerte die Beklagte nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens für Ersatzkräfte nach dem Ausschreibungsgesetz (AusG) die Befristung des Dienstverhältnisses mit Nachtrag zum Dienstvertrag vom "auf die Dauer des Karenzurlaubes der VB H***** Michaela".

Die Beklagte teilte der Klägerin schließlich mit, daß das Dienstverhältnis im Hinblick auf den Dienstantritt der VB H***** am mit ende. Den bis dahin von der Klägerin ausgefüllten Arbeitsplatz übernahm am Barbara G*****, deren Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, daß zwischen ihr und der Beklagten ein unbefristetes Dienstverhältnis bestehe. Sie berief sich auf § 4 Abs 4 VBG, wonach ein auf bestimmte Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis im Falle seiner Verlängerung um mehr als drei Monate als unbefristet anzusehen sei. Diese Bestimmung komme hier zur Tragen. Die Sonderbestimmung für nach dem AusG aufgenommenen Ersatzkräfte seien nicht anwendbar, weil die Klägerin keine Ersatzkraft sei, zumal sie in Wahrheit nicht als Ersatz für die im Dienstvertrag genannte VB H***** aufgenommen worden sei, die ja an einer anderen Dienststelle tätig gewesen sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß die Klägerin gemäß § 24 Z 1 lit b AusG ohne Ausschreibung als Ersatzkraft aufgenommen und ihr Dienstverhältnis nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 75 AusG für die Dauer der Karenz der VB H***** verlängert worden sei. Daß die VB H***** in der Zentrale tätig gewesen sei, sei hiefür irrelevant. Gemäß § 76 Abs 2 AusG gelte die Verlängerung des Dienstvertrages daher nicht als Verlängerung iS § 4 Abs 4 VBG.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es verwies auf die E. Arb 10.693 zur damals geltenden Bestimmung des § 38 Abs 3 VBG, nach der § 4 VBG nicht für Vertragslehrer galt, die zu einer Vertretung oder zur vorübergehenden Verwendung aufgenommen wurden. In der zitierten Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß von Vertretung nur gesprochen werden könne, wenn der Dienstnehmer die Aufgaben einer konkret bestellten Person übernehme. Dies sei auch auf die Rechtslage nach dem AusG übertragbar. Demgemäß sei die Klägerin nicht als Ersatzkraft iS des § 24 AusG zu qualifizieren, weil sie nicht die im Vertrag genannte VB H***** ersetzt habe, sondern auf einer vakant gewordenen Stelle tätig geworden sei. Damit habe sich die Klägerin zurecht auf § 4 Abs 4 VBG berufen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Von rechtlicher Bedeutung sei ausschließlich, daß nach der vom Erstgericht zitierten E. Arb 10.693 von einer "Vertretung" hier nicht gesprochen werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es iS der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin stützt ihr Begehren auf § 4 Abs 4 VBG. Nach dieser Bestimmung kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen worden ist, einmal verlängert werden; diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, als ob es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre.

Demgegenüber beruft sich die Beklagte auf die nachstehenden Bestimmungen des AusG: Nach dessen § 24 Z 1 AusG kann "bei Ersatzkräften für Bedienstete nach Punkt 4 des Allgemeinen Teiles des Stellenplanes, Anlage III des für das jeweilige Finanzjahr geltenden Bundesfinanzgesetzes" von einer Ausschreibung abgesehen werde. Werden Ersatzkräfte iS der genannten Gesetzesstelle ohne Ausschreibung in den Bundesdienst aufgenommen, ist gemäß § 26 Abs 2 AusG die Dauer ihres Dienstverhältnisses mit höchstens acht Monaten zu begrenzen. Strebt eine nach § 24 Z 1 AusG ohne Ausschreibung aufgenommene Ersatzkraft eine Verlängerung ihres Dienstverhältnisses über die Dauer von acht Monaten hinaus an, hat ein Überprüfungsverfahren nach 3 75 AusG stattzufinden, nach dessen Ergebnissen die zuständige Dienststelle zu entscheiden hat, ob das Dienstverhältnis befristet oder unbefristet oder nicht verlängert wird (§ 76 Abs 1 AusG). Nach § 76 Abs 2 AusG gilt eine befristete Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht als Verlängerung nach § 4 Abs 4 VBG oder gleichartiger Vorschriften.

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß die Klägerin im Hinblick auf § 24 Z 1 AusG ohne Ausschreibung unter Heranziehung der Planstelle der im Karenzurlaub befindlichen VB H***** für zunächst acht Monate aufgenommen und ihr Dienstverhältnis sodann nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens nach § 75 AusG verlängert wurde. Allerdings macht die Klägerin geltend, daß die Voraussetzungen des AusG in Wahrheit nicht gegeben seien, weil sie nicht als Ersatzkraft für die vor ihrem Karenzurlaub an einem anderen Dienstort eingesetzte VB H***** aufgenommen worden sei.

Entgegen der Meinung der Vorinstanzen ist aus der von ihnen zitierten E. Arb 10.693 zum Begriff der "Vertretung" iS des damals geltenden § 38 Abs 3 VBG für die Frage, ob die Klägerin als Ersatzkraft iS des § 24 Z 1 AusG anzusehen ist, nichts zu gewinnen. Die zuletzt genannte Bestimmung stellt auf "Ersatzkräfte für Bedienstete nach Punkt 4 des Allgemeinen Teiles des Stellenplanes, Anlage III des für das jeweilige Finanzjahr geltenden Bundesfinanzgesetzes" ab. Mit dieser Definition wird somit auf Pkt 4 (seit dem Bundesfinanzgesetz 1998 Pkt 5) des Stellenplanes verwiesen, der die "Aufnahme von Ersatzkräften" betrifft und normiert, daß in den dort genannten Fällen der Verhinderung eines Bundesbediensteten an der Dienstleistung für die Dauer der Verhinderung unter Bindung an seine Planstelle ein Vertragsbediensteter aufgenommen werden kann. Diese der Planstellenbewirtschaftung dienende Regelung stellt aber nicht auf die konkrete Verwendung des auf eine Planstelle aufgenommenen Dienstnehmers, auf einen bestimmten Dienstort oder auf eine bestimmte Dienststelle, sondern ausschließlich auf die betroffenen Planstellen als solche ab, die nicht den einzelnen Dienststellen sondern den übergeordneten Einheiten zugewiesen sind. So sind im hier maßgebenden Bundesfinanzgesetz 1994 (BGBl Nr. 1/1994) die der Bundesgebäudeverwaltung zugewiesenen Planstellen in drei nach sachlichen Gesichtspunkten gegliederten Einheiten (Teil II A Nr. 6450; 6453 und 6460) erfaßt.

Die für die Auslegung des § 24 Z 1 AusG maßgebende Regelung des Stellenplanes hat daher einen anderen Begriffsinhalt als der in Arb

10.693 ausgelegte Begriff der "Vertretung" iS der seinerzeit geltenden Bestimmung des § 38 Abs 3 VBG, zumal sie jeden Bezug zur konkreten Verwendung des auf der betroffenen Planstelle aufgenommenen und an der Dienstausübung verhinderten Bediensteten vermissen läßt.

Für die Anwendbarkeit des § 24 Z 1 AusG ist daher ausschließlich maßgebend, ob der betroffene Dienstnehmer unter Heranziehung der Planstelle eines iS Pkt. 4 (nunmehr 5) des Allgemeinen Teiles des Stellenplanes an der Dienstausübung verhinderten Bediensteten aufgenommen wurde, ohne daß es darauf ankommt, ob der neu aufgenommene Dienstnehmer mit jener Tätigkeit betraut wird, die der dienstverhinderte Bedienstete zuletzt konkret ausgeübt hat.

Damit sind aber im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 24 Z 1 AusG gegeben, sodaß gemäß § 76 Abs 2 AusG die befristete Verlängerung des Dienstvertrages der Klägerin nicht als Verlängerung iS § 4 Abs 4 VBG gilt (vgl. dazu im übrigen die einen ähnlichen Sachverhalt betreffende E. 9 ObA 422/97t).

In Stattgebung der Revision waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.