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OGH vom 02.10.2002, 9ObA81/02f

OGH vom 02.10.2002, 9ObA81/02f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil und die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel und Rudolf Vyziblo als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei V*****-GmbH & Co KEG (Wien), *****, vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Günter M*****, Versicherungsagent, *****, vertreten durch Dr. Johann Buchner und Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 14.534,56), Rechnungslegung (Streitwert EUR 7.267,28) und Feststellung (Streitwert EUR 7.267,28), über die Rekurse beider Teile gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 142/01s-95, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 14 Cga 48/00y-70, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

I) Teilurteil:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird, soweit damit die Punkte 1) und 4) bis 6) des Ersturteils aufgehoben wurden, aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht dahin erkannt, dass das Ersturteil in diesem Umfang als Teilurteil wiederhergestellt wird, welches zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, es zu unterlassen, sich an einem Konkurrenzunternehmen der klagenden Partei, insbesondere unter der Bezeichnung "Internationaler Finanz-Service", sei es als Einzelunternehmer, Gesellschafter oder Angestellter mit Kapital oder auch nur mit seiner Arbeitskraft direkt oder indirekt, ohne Zustimmung sämtlicher anderer Gesellschafter der klagenden Partei zu beteiligen und/oder mitzuarbeiten;

weiters, er sei schuldig, der klagenden Partei über seine Vermittlungstätigkeit bei Konkurrenzunternehmungen der klagenden Partei samt nachvollziehbaren Belegen, insbesondere für den Zeitraum vom bis , Rechnung zu legen und binnen 14 Tagen der klagenden Partei den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Guthabensbetrag in voller Höhe zu zahlen, wobei die zahlenmäßige Feststellung des Zahlungsbegehrens vorbehalten bleibe, sowie, es werde festgestellt, dass der Beklagte der klagenden Partei für alle Nachteile hafte, welche dieser als Folge der unzulässig konkurrierenden Tätigkeit, insbesondere für das Unternehmen "Internationaler Finanz-Service", entstehen, wird abgewiesen. Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten."

II) Beschluss:

Im Übrigen, nämlich soweit die Aufhebung des Ersturteils in seinen Punkten 2), 3) und 7) bekämpft wird, wird den Rekursen beider Parteien nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist ein Vermittlungsunternehmen als Bindeglied zwischen Produktgebern und dem Vertrieb. Produktgeber sind Versicherungsunternehmen. Vertrieben werden Pensionsvorsorgeprodukte, im Wesentlichen Kapital-Lebensversicherungen. Das Vertriebssystem erfolgt ausschließlich leistungsorientiert in Form eines hierarchisch gegliederten "Struktursystems". Sämtliche Mitarbeiter arbeiten als Versicherungsagenten mit Gewerbeschein und haben auf allen Ebenen selbst Vorsorge für sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Belange zu treffen.

Auf der untersten Stufe arbeiten Gelegenheitsvermittler, darüber sogenannte "Partner", diesen wiederum hierarchisch vorgesetzt sind die Gesellschafter. Diese drei Stufen stellen den operativen Bereich dar. Aufgabe der Gelegenheitsvermittler ist der Verkauf der Produkte. Aufgabe der Partner und Gesellschafter ist das Marketing. Für den Verkauf der Produkte erhalten alle Ebenen Provisionen. Ein Partner oder Gesellschafter erhält für seine Tätigkeit zusätzlich eine am Umsatz des ihm zugeordneten Gelegenheitsvermittlers orientierte Leistungsvergütung.

Der Beklagte begann vor ca. 15 Jahren für die Komplementär-GmbH der klagenden Partei als Versicherungsagent mit eigenem Gewerbeschein zu arbeiten, wobei sich durch die Gründung der klagenden KEG nichts an seiner eigentlichen Tätigkeit änderte. Sein Einkommen bezog er bis zuletzt aus Provisionen und Leistungsvergütungen.

Hauptsächlich im Hinblick auf die Werkvertragsregelung durch das Strukturanpassungsgesetz BGBl 1996/201 wurde im Juni 1997 eine Kommanditerwerbsgesellschaft errichtet. Danach vereinigte sich die V***** GmbH als Komplementärin der klagenden Partei mit einigen höheren Mitarbeitern, ua mit dem Beklagten, als Kommanditisten zu einer Kommanditerwerbsgesellschaft unter der Firma der klagenden Partei. Neben der klagenden Partei bestehen vier weitere KEG mit anderen Unternehmenssitzen in Österreich. Alle Gesellschaften haben dieselbe Komplementär-GmbH, deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter Heinz R***** ist und dem der wesentliche Einfluss zukommt. Im übrigen ist die Struktur und Vorgangsweise, insbesondere durch Abschluss von Kommanditistenverträgen mit führenden Mitarbeitern, bei allen fünf KEG dieselbe.

Dieser KEG-Vertrag enthält ua folgende Klausel:

"Kein Gesellschafter darf sich an einem Konkurrenzunternehmen, ob als Einzelunternehmer, ob als Gesellschafter oder auch nur als Angestellter mit Kapital oder auch nur mit seiner Arbeitskraft direkt oder indirekt ohne Zustimmung sämtlicher anderer Gesellschafter beteiligen."

1996/1997 gehörten zur Struktur des Beklagten etwa 40 Mitarbeiter, wobei dem Beklagten, damals noch "Partner", diesen gegenüber eine Leitungsfunktion oblag. Hauptaufgabe des Beklagten war die Einstellung neuer Mitarbeiter, deren Schulung und Weiterbildung sowie die Organisation des Büroablaufes.

Um die Jahreswende 1998/99 - die Struktur des Beklagten verfügte damals bereits über ca 50 Mitarbeiter - kam es zwischen dem Beklagten und einem "Strukturhöheren", in der Folge auch mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu Spannungen, die dazu führten, dass der Beklagte und andere Kommanditisten dem Geschäftsführer im März 1999 mitteilten, aus der klagenden Partei ausscheiden zu wollen. Nach erfolglosen Gesprächen mit dem Geschäftsführer teilten sie diesem am definitiv mit, dass sie nicht weiter für die klagende Partei arbeiten würden. Den Parteien war es zu diesem Zeitpunkt klar, dass die Zusammenarbeit beendet ist. In der Folge wechselten der Beklagte und etwa acht andere Mitarbeiter zum einem Konkurrenzunternehmen, welches ähnliche Produkte in einem vergleichbaren Strukturvertriebssystem anbietet. Der Beklagte trat bei dem Konkurrenzunternehmen in eine hierarchische Strukturposition ein, die jener Stellung entspricht, die er bei der klagenden Partei innegehabt hatte. Diese Arbeit nahm er am auf.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass der Beklagte seine Mitarbeiter aufforderte, Kunden der klagenden Partei auszuspannen und/oder Verträge umzuschreiben; er selbst hat derartiges nicht getan. In Einzelfällen haben ehemalige Mitarbeiter ohne Aufforderung bestehende Verträge auf das Konkurrenzunternehmen umgeschrieben. Es steht weiters nicht fest, dass der Beklagte Mitarbeiter seiner Struktur oder allgemein Mitarbeiter der klagenden Partei dazu aufforderte, mit ihm zum Konkurrenzunternehmen zu wechseln. Herabwürdigende Äußerungen des Beklagten über die klagende Partei in Anwesenheit und zum Zweck des Abwerbens von Mitarbeitern konnten ebenfalls nicht festgestellt werden.

Durch den Wechsel des Beklagten und einer Reihe seiner ehemaligen Mitarbeiter und Strukturangehörigen zum Konkurrenzunternehmen kam es bei der klagenden Partei vor allem aufgrund des massiven Stornoverhaltens ehemaliger Kunden zu einem beträchtlichen Geschäftsrückgang.

Das Erstgericht stellte weiters fest, dass der Beklagte weder Mitarbeiter noch Kunden abgeworben oder dies versucht habe und auch Mitarbeiter nicht zu Abwerbungen oder Vertragsverletzungen zu verleiten versucht habe, insbesondere auch nicht durch herabwürdigende Aussagen.

Die klagende Partei stellte neben den aus dem Teilurteil hervorgehenden Begehren auf Unterlassung einer Konkurrenztätigkeit, auf Rechnungslegung und Zahlung der sich daraus ergebenden Beträge sowie auf Feststellung der Haftung für künftige Schäden auch ein Begehren, es zu unterlassen, aufrechte Vertragspartner der klagenden Partei zu Vertragsverletzungen bzw. Vertragskündigungen gegenüber der klagenden Partei aufzufordern und, dass der Beklagte oder "einVertreter des Beklagten" schuldig seien, es zu unterlassen, Kunden abzuwerben bzw. abzuwerben zu versuchen, indem sie insbesondere unrichtige Tatsachenbehauptungen über die klagende Partei und deren Geschäftspraktiken aufstellten.

Die klagende Partei begründete ihre Begehren im Wesentlichen mit dem vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbot, welches mangels gesetzmäßiger Aufkündigung der KEG nach wie vor wirksam sei. Die Aufforderungen zu Vertragsverletzungen und die planmäßigen Abwerbungen seien überdies sittenwidrig iSd § 1 UWG. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ua ein, er sei Angestellter der Klägerin gewesen, zumindest aber in einem arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnis zu ihr gestanden, habe seine Tätigkeit dort beendet und bis dahin keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die arbeitnehmerähnliche Stellung des Beklagten diesem das Recht zu einer vorzeitigen Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses gebe, was mit eingetreten sei. Unabhängig von der Berechtigung hiezu sei das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen - analog § 25 AngG - aufgelöst, eine Konkurrenzklausel könne daher keine Wirkungen mehr entfalten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei im Sinn ihres hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages Folge, sprach aus, dass der Streitgegenstand, über den es entschieden hat, S 52.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil die Bedeutung und die Häufigkeit von Strukturvertriebsformen zunehme und deshalb der Klärung der Arbeitnehmerähnlichkeit darin eingebundener Gesellschafter bzw Mitarbeiter über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukomme. Bei der in Punkt V des KEG-Vertrages enthaltenen sogenannten "Konkurrenzklausel", handle es sich aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits in den beiden Vorentscheidungen im Provisorialverfahren (8 ObA 114/00y und 8 ObA 186/00m) dargelegt hat - in Wahrheit um ein zulässigerweise vereinbartes Konkurrenzverbot für die Zeit der Kommanditistenstellung; über die Zeit seiner Stellung als Kommanditist hinaus sollte der Beklagte nach der getroffenen Regelung keinem Wettbewerbsverbot unterliegen. Der Beklagte habe seine gesellschaftsrechtliche Stellung nicht beendet und wäre daher aus rein gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten an das Konkurrenzverbot bis zur formellen Beendigung seiner Kommanditistenstellung gebunden. Unter Berufung auf die Vorentscheidung 8 ObA 114/00y führte das Berufungsgericht aus, es müsse geprüft werden, ob im Hinblick auf die seinerzeitige arbeitnehmerähnliche Stellung des Beklagten "bei einer Gesamtschau der vertraglichen Beziehung der Streitteile" das Ende des Wettbewerbsverbotes nicht bereits mit dem tatsächlichen Ende der Tätigkeit des Beklagten für die klagende Partei anzunehmen sei. Faktisch sei die Tätigkeit des Beklagten für die klagende Partei - unstrittig - jedenfalls ab März 1999 beendet gewesen. Davor schon erfolgte, der "Konkurrenzklausel" (richtig dem Konkurrenzverbot) widersprechende Tätigkeiten des Beklagten habe die klagende Partei nicht nachzuweisen vermocht, was bei Arbeitnehmerähnlichkeit zur Klagebweisung führen müsse. Das Berufungsgericht legte die für die Arbeitnehmerähnlichkeit maßgeblichen Kriterien umfassend im Sinn der höchstgerichtlichen Judikatur dar, meinte aber, dass zur Beurteilung der Geltungsdauer der vertraglichen "Konkurrenzklausel" nach Maßgabe des Überwiegens gesellschaftsvertraglicher oder dienstnehmerähnlicher Elemente im Rahmen einer Gesamtschau auf die Beziehung der Streitteile auf der Basis der zuvor dargestellten Abgrenzungskriterien die Sachlage noch ergänzungsbedürftig sei. Dagegen richten sich die Rekurse beider Teile wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Die klagende Partei meint, dass es zwar bei der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zu verbleiben und das Erstgericht umfangreiche Tatsachenfeststellungen zur Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit zu treffen habe, diesem aber aufzutragen sei, keine analoge Anwendung der §§ 25 ff AngG vorzunehmen. Der Beklagte beantragte die Abänderung im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, hilfsweise die Rückverweisung an das Berufungsgericht.

Die klagende Partei beantragte, den Rekurs des Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; im Übrigen beantragen beide Teile, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Beide Rekurse sind zulässig; derjenige des Beklagten ist auch teilweise berechtigt.

Zu I):

Rechtliche Beurteilung

Der 8. Senat hat in seiner Entscheidung vom , 8 ObA 56/02x, in einem diesbezüglich völlig gleichgelagerten, von einer der vier anderen KEG gegen einen anderen Kommanditisten angestrengten Verfahren folgendes ausgeführt:

"An sich zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dann, wenn die Gesamtbetrachtung ein Überwiegen arbeitnehmerähnlicher Elemente ergibt, es folgerichtig ist, dass ein solches Konkurrenzverbot, auch wenn es anlässlich der Umgestaltung der vertraglichen Beziehungen formell in den KEG-Vertrag aufgenommen wurde, weiterhin wie ein arbeitsrechtliches Konkurrenzverbot, das bereits aufgrund des Gesetzes gilt (§ 7 AngG) zu behandeln ist, sodass es unabhängig vom Fortbestand der Kommanditbeteiligung des Beklagten mit der Beendigung des Arbeitsvertrages oder der arbeitnehmerähnlichen Vertragsbeziehung endete.

Ergänzende Feststellungen zur arbeitnehmerähnlichen Stellung des Beklagten sind jedoch nicht nötig, weil dann, wenn eine solche zu verneinen wäre, der Beklagte als selbständiger Versicherungsvertreter eingestuft werden müsste. In diesem Fall müsste das Konkurrenzverbot erst recht - unabhängig vom Fortbestand der Kommanditbeteiligung des Beklagten - mit Beendigung der Vertragsbeziehung der klagenden Partei zum selbständigen Versicherungsvertreter enden, weil ein selbständiger Versicherungsvertreter (Versicherungsagent § 43 VersVG) - im Gegensatz zu einem Angestellten oder einer arbeitnehmerähnlichen Person (§§ 36 f AngG) - für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit überhaupt nicht beschränkt werden darf.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Obwohl das HVG 1921 nach der ausdrücklichen Bestimmung seines § 30 ua auf die Vermittlung von Versicherungsgeschäften nicht anwendbar sein sollte, wurde es dennoch auf selbständige Versicherungsvertreter analog angewendet. Als Begründung für die Ausnahmebestimmung des § 30 Abs 1 HVG wurde seinerzeit angegeben, die mit den Versicherungsanstalten geführten Verhandlungen hätten ergeben, dass die Rechtsstellung der Versicherungsagenten angesichts der besonderen Verhältnisse einer sondergesetzlichen Regelung bedürfe. Eine solche ist jedoch niemals erfolgt; das geplante Versicherungsvermittlungsgesetz ist nie erlassen worden. Die in der RV besonders genannten angestellten Versicherungsvertreter sind noch heute dem Geltungsbereich des AngG unterstellt, für die selbständigen Versicherungsvertreter ist es bei der negativen Regelung des HVG geblieben. Diese Überlegungen haben sowohl im Schrifttum als auch in der Judikatur zur Auffassung geführt, dass trotz § 30 Abs 1 die Bestimmungen des HVG analog auch auf die selbständigen Versicherungsvertreter angewendet werden müssen (Auer, DRdA 1975, 21 ff; Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht [1987] 71 ff; ausführlich ders, DRdA 1985, 85 ff; EvBl 1979/3; vgl auch RdW 1986, 88 = VersRdsch 1986, 280 mit Anm Jabornegg; ebenso Schima, ecolex 1993, 228, zum neuen Recht, näheres siehe unten): Da die Herausnahme der selbständigen Versicherungsvertreter aus dem Geltungsbereich des HVG keineswegs als "vom Gesetzgeber endgültig gewollte negative Regelung" angesehen werden könne, liege eine planwidrige Lücke vor, für deren Schließung sich das HVG besser eigne als die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts oder Handelsrechts.

Durch das HVertrG 1993 ist keine Änderung der Gesetzeslage eingetreten. Die Ausnahme vom sachlichen Geltungsbereich - Vermittlung und Abschluss von Versicherungsgeschäften (nunmehr § 28) - blieb aufrecht, weil eine Erweiterung des Geltungsbereiches von der Richtlinie, deren Umsetzung mit dem neuen HVertrG 1993 beabsichtigt war, nicht geboten war (578 BlgNR 18. GP, 9; Weilinger/Weilinger HVertrG 1993, 22).

Der Oberste Gerichtshof (1 Ob 298/98z = ecolex 1999/146) befasste sich bis jetzt nur mit der Stellung des Maklers, der ebenfalls nach altem und neuem Recht vom Handelsvertreterrecht ausgeschlossen ist. Nach den Gesetzesmaterialien zum HVertrG 1993 wurde von einer Einbeziehung des Maklerrechts in das neue Handelsvertretergesetz bewusst deshalb abgesehen, weil das Maklerrecht eine andere Regelungsmaterie betreffe. Wegen der erheblichen sachlichen Unterschiede von Handelsvertreterrecht einerseits und Maklerrecht andererseits solle die Einbeziehung des Zivilmaklerrechts nicht fortgeschrieben werden. Die jeweiligen Interessenlagen seien zu verschieden, um sie ohne weiteres einem einheitlichen Regelungssystem unterwerfen zu können (578 BlgNR 18. GP, 16 f). Für Versicherungsmakler gilt nunmehr das inzwischen erlassene MaklerG aus 1996.

Für die selbständigen Versicherungsvertreter fehlt weiterhin eine Regelung. Sich auf die frühere Argumentation angesichts der Wiederholung der Ausschlussbestimmung im HVertrG 1993 weiter zu berufen, fällt allerdings schwer, weil der Gesetzgeber des Jahres 1993 im (zumindest zu vermutenden) vollen Bewusstsein des Umstandes gehandelt hat, dass die schon vor 70 Jahren geplante sondergesetzliche Regelung der selbständigen Versicherungsvertreter bislang unterblieben ist und demgemäß nach allgemeinen Interpretationsgrundsätzen von einer (nachträglichen) "planwidrigen Lücke" kaum gesprochen werden kann.

Dennoch sprechen mit Schima (ecolex 1993, 228) die besseren Gründe dafür, eine analoge Anwendung handesvertreterrechtlicher Vorschriften auf selbständige Versicherungsvertreter auch weiterhin zuzulassen. Der Gesetzgeber war sich zwar wohl des Umstandes des Fehlens der ursprünglich geplanten sondergesetzlichen Regelung für selbständige Versicherungsvertreter, offenbar aber nicht der Tatsache bewusst, dass die Judikatur die frühere Ausschlussnorm des § 30 Abs 1 HVG weitestgehend durchlöchert hatte.

Richtigerweise ist § 28 Abs 1 HVertrG 1993 so zu deuten, dass der Gesetzgeber den bisher bestehenden Rechtszustand unverändert lassen und damit wohl auch an der bisherigen Judikatur und hL nicht rühren wollte. Andernfalls würde man die Personengruppe der selbständigen Versicherungsvertreter ohne sachliche Rechtfertigung dem "rechtsfreien Raum" überantworten.

Das führt dazu, dass auch § 26 HVG (nunmehr gleichlautend § 25 HVertrG 1993) anzuwenden ist, wonach eine Vereinbarung, durch die die selbständigen Handelsvertreter für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in ihrer Erwerbstätigkeit beschränkt werden, unwirksam ist (Jabornegg, DRdA 1985, 89 f). Damit zeigt sich, dass ein selbständiger Versicherungsvertreter hinsichtlich der Zulässigkeit vertraglicher Wettbewerbsbeschränkungen restriktiveren Regelungen als ein angestellter Versicherungsvertreter unterworfen ist: Kann doch der angestellte Versicherungsvertreter im beschränkten Umfang der §§ 36 f AngG einer Konkurrenzklausel unterworfen werden, während dies für selbständige Versicherungsvertreter nicht möglich ist. Hieraus ergibt sich, dass für solche selbständige Versicherungsvertreter mit Beendigung des Vertretervertrages ein vertragliches Konkurrenzverbot - unabhängig vom Fortbestand der Kommanditistenbeteiligung - jedenfalls beendet sein muss. Es stellt sich nunmehr die Frage der Wirksamkeit der im Gesellschaftsvertrag für den - wie fünf weitere Personen mit einer Einlage von S 10.000 beteiligten - Kommanditisten vereinbarten Wettbewerbsbeschränkung für die Zeit ab Beendigung der Tätigkeit als Versicherungsvertreter für die Gesellschaft bis zu seinen (formellen) Ausscheiden aus der Kommandititgesellschaft. Es bedarf daher einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob mit einem arbeitnehmerähnlichen anders als mit einem selbständigen Versicherungsagenten wirksam eine Konkurrenzklausel vereinbart werden kann. Dies wurde - allerdings für bloß nebenberufliche Provisionsvertreter - vom Obersten Gerichtshof in den im Jahre 1981 ergangenen Entscheidungen Arb 9.945 und Arb 10.025 bejaht und in der Begründung ausgeführt, dass der arbeitnehmerähnliche "freie" Handelsvertreter keinesfalls mehr als den in den §§ 36 f AngG normierten Schutz in Anspruch nehmen könne, es findet sich aber keine Stellungnahme zur näher liegenden Frage nach der sachlichen Rechtfertigung einer aus der Arbeitnehmerähnlichkeit abgeleiteten Schlechterstellung gegenüber dem selbständigen Handelsvertreter.

Der Kritik dieser Entscheidungen durch Jabornegg (in DRdA 1985 1985, 89 ff) schließt sich der erkennende Senat insofern an, als sie sich für eine Anwendung insbesondere der Regelung des § 26 HVG (nunmehr § 25 HVertrG 1993) auch auf arbeitnehmerähnliche Versicherungsvertreter und gegen die Heranziehung der §§ 36 ff AngG ausspricht. Geht man davon aus, dass mit dem selbständigen Versicherungsvertreter eine Einschränkung seiner Erwerbsmöglichkeiten für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses durch eine Konkurrenzklausel nicht wirksam vereinbart werden kann, dann kann aus dem Umstand, dass der nur für einen Auftraggeber gleichfalls auf eigene Rechnung und eigenes Risiko - ohne Schutz durch Entgeltfortzahlung, Kollektivvertrag sowie AlVG und IESG - tätige Versicherungsvertreter als wirtschaftlich unselbständig und damit als arbeitnehmerähnlich anzusehen ist, nicht zu seinem Nachteil die Zulässigkeit einer derartigen, seiner Erwerbsmöglichkeit empfindlich beschränkenden Vereinbarung abgeleitet werden, zumal er ebenso wie der selbständige nicht arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter darauf angewiesen ist, weiterhin seine wirtschaftlichen Verbindungen zu nutzen, während der Arbeitnehmer bei Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber in dessen vorhandenen Wirtschaftsbetrieb eingegliedert wird.

Es ist daher für die Frage der Bindung des Beklagten an die hier zu beurteilende "Konkurrenzklausel" unerheblich, ob seine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich - wie dies der Beklagte vertritt (vgl insbesondere die Ausführungen im vorliegenden Rekurs) - oder als selbständig - wie es dem Standpunkt der Klägerin entspricht (siehe insbesondere den in der Berufung zu diesem Thema ins Treffen geführten Schriftsatz vom , ON 7) - zu beurteilen ist". Diesen - auch auf den vorliegenden Fall anwendbaren - Erwägungen ist voll beizupflichten.

Hieraus folgt, dass keine ergänzenden Feststellungen zur Arbeitnehmerähnlichkeit erforderlich sind, sondern die Sache insoweit (Unterlassungsbegehren Pkt 1), Feststellungsbegehren Pkt 6)) spruchreif im Sinn der endgültigen Klageabweisung ist. Dasselbe trifft auf das aus dem vermeintlich andauernden Konkurrenzverbot abgeleitete Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehren (Pkte 4) und 5)) zu, zumal die Feststellung unbekämpft blieb, dass der Beklagte erst nach Beendigung seiner Tätigkeit für die klagende Partei bei einem Konkurrenzunternehmen zu arbeiten begonnen hat. Das Unterbleiben der Einvernahme des nur noch zu diesem Thema geführten (AS 504!) Zeugen Dr. R***** vermochte somit auch keinen Verfahrensmangel zu begründen. Die Entscheidung des Erstgerichtes ist daher soweit im Ergebnis wiederherzustellen.

zu II):

Noch nicht entscheidungsreif ist die Arbeitsrechtssache hingegen insoweit, als die klagende Partei die Unterlassung von Aufforderungen zu Vertragsverletzungen bzw. Vertragkündigungen und Abwerbungen von Kunden, insbesondere durch unrichtige Tatsachenbehauptungen, begehrt (Pkte 2) und 3) des Ersturteils). Zu diesem Thema wurden (mit Schriftsatz vom ) der Zeuge S***** und (in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom ) die Zeugin G***** beantragt. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ablehnung der Einvernahme des Zeugen S***** durch das Erstgericht auf Grund einer - unzulässigen - vorgreifenden Beweiswürdigung erfolgte. Da diese ausständige Beweisaufnahme ohnehin noch durchzuführen gewesen wäre, fehlt es dem später gestellten Antrag auf Einvernahme der Zeugin G***** aber an der für eine Verweigerung nach § 275 Abs 2 ZPO notwendigen Voraussetzung der erheblichen Prozessverzögerung.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.