OGH vom 15.12.1999, 9ObA298/99k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Senatsrat Dr. Kurt Scherzer und Erwin Macho als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt N*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Rainer Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Christa N*****, Friseurmeisterin, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 108.877,- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 140/99w-35, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 13 Cga 226/97t-28, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.112,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1352,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Zulässigkeit einer Revision nach § 46 Abs 3 ASGG hängt davon ab, ob eine der in dieser Bestimmung aufgezählten Rechtsfragen im Berufungsverfahren als Haupt- oder Vorfrage strittig war. Dies war hier der Fall, weil in zweiter Instanz noch strittig war, auf welche Art und zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Obwohl diese Frage nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, ist die Revision daher iS § 46 Abs 3 Z 1 ASGG zulässig (9 ObA 222/99h).
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr der Einwand der Revisionswerbers, die vom Berufungsgericht als berechtigt erachtete Klageforderung sei verjährt, weil die ursprünglich erhobene Klage unschlüssig gewesen sei und daher die Verjährungsfrist nicht unterbrochen habe.
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Beklagte nur hinsichtlich jenes Teiles der Klageforderung Verjährung eingewendet habe, um den das ursprünglich auf S 150.000,- sA lautende Klagebegehren mit Schriftsatz ON 13 ausgedehnt worden sei; demgemäß hat es die Verjährung der von ihm als berechtigt erachteten Forderung des Klägers auf Zuspruch von S 108.877 sA nicht geprüft.
Diese Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes ist zutreffend. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ergänzend ist auszuführen.
Der mit der Klage geltend gemachten Forderung von S 150.000,- hat die Beklagte ua entgegengehalten, dass etwaige Forderungen des Klägers mangels rechtzeitiger Geltendmachung "verfristet" seien. Nach der Ausdehnung des Klagebegehrens auf S 208.002,- sA hat sie hingegen eingewendet, dass "etwaige über den ursprünglich eingeklagten Betrag hinausgehende Forderungen .... jedenfalls verjährt" seien.
Bei der Verfristung nach § 34 AngG und der Verjährung handelt es sich um verschiedene Rechtseinrichtungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Folgen, sodass der Einwand der Verfristung nicht als allgemeiner Verjährungsaufwand aufgefasst werden kann (SZ 53/91 zum Einwand der Verfristung nach § 1367 ABGB). Es mag zwar zutreffen, dass auch die Verwendung des Wortes "Verfristung" die Annahme eines Verjährungseinwandes nicht ausschließt, wenn dem Vorbringen des Einwendenden insgesamt zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass er keinen Verfristungs-, sondern einen Verjährungseinwand erheben will (SZ 53/91 zum umgekehrten Fall des als Verfristungseinwand gedeuteten Einwandes, der Anspruch wäre nach § 1367 ABGB "verjährt"); davon kann aber hier nicht die Rede sein.
Die Beklagte hat in ihrer Wortwahl ausdrücklich zwischen dem der ursprünglichen Klage entgegengesetzten Einwand ("Verfristung") und dem der später (außerhalb der Verjährungsfrist) geltend gemachten Einwand ("Verjährung") differenziert. Auch sonst fehlen jegliche Hinweise, dass der ursprünglich erhobene Verfristungseinwand in Wahrheit einen Verjährungseinwand hätte darstellen sollen; er wurde ausschließlich mit der verspäteten Geltendmachung der Klageforderung begründet, während jeglicher Hinweis auf den nunmehrigen Einwand, die ursprünglich unschlüssige Klage habe die Verjährung nicht unterbrochen, fehlt. Von einem "zumindest konkludent" erhobenen Einwand der Verjährung - so nunmehr die Revisionswerberin - kann daher keine Rede sein.
Der schon in der Klage geltend gemachten Forderung des Klägers wurde daher von der Beklagten in erster Instanz kein Verjährungseinwand entgegengehalten. Im Rechtsmittelverfahren konnte der von Beginn des Verfahrens an qualifiziert vertretene Kläger einen solchen Einwand nicht mehr nachtragen. Gemäß § 1501 ABGB kann aber auf die Verjährung ohne einen entsprechenden Einwand der Partei nicht Bedacht genommen werden. Auf das erstmals in der Revision zur Verjährungsfrage erstattete Vorbringen ist daher nicht einzugehen.
Sonstige Einwände hat die Revisionswerberin dem Berufungsurteil nicht entgegengesetzt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.