OGH vom 07.04.1988, 13Os41/88
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann (Berichterstatter), Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erich B*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 ff. StGB. über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom , GZ. 9 Vr 2162/87-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom , GZ. 9 Vr 2162/87-10, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 129 Z. 1 StGB.
Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in den Aussprüchen, daß Erich B*** die unter 1 f und i bezeichneten Diebstähle durch Einbruch begangen hat, indem er jeweils über den Zaun des Anwesens stieg, ferner in den Qualifikationen als Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 129 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß §§ 292, 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:
Erich B*** hat durch die ihm nach dem unberührt bleibenden Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden Taten unter Bedachtnahme auf Art. XX Abs 1 des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 605, das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB. begangen und wird nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Monaten verurteilt.
Text
Gründe:
Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom , GZ. 9 Vr 2162/87-10, wurde der am geborene Erich B*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt und gemäß § 129 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt. Er hat zwischen April 1986 und dem an verschiedenen Orten in der Umgebung von Graz Damenwäsche in einem 5.000 S übersteigenden Wert und ein Herrenfahrrad im Wert von ca. 500 S anderen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung der Sachen unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil steht wegen der Annahme der Qualifikation des Einbruchsdiebstahls nach § 129 Z. 1 StGB. mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Diese Qualifikation ist lediglich dann gegeben, wenn der Täter den Diebstahl begeht, indem er in ein Gebäude, in ein Transportmittel, in eine Wohnstätte oder sonst einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude oder Transportmittel befindet, oder in einen Lagerplatz einbricht, einsteigt oder mit einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel oder einem anderen, nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt. Der Annahme der Qualifikation liegt die Feststellung zugrunde, daß der Angeklagte bei den in 1 f und i unterstellten Taten um die (im Garten zum Trocknen aufgehängten) Wäschestücke stehlen zu können, jeweils über einen Gartenzaun geklettert war (S. 52 in Verbindung mit S. 11). Diese Tatmodalität genügt jedoch nicht den Begriffsvoraussetzungen des Einsteigens in Objekte nach dem klaren Wortlaut des § 129 Z. 1 StGB.
Es war daher der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes Folge zu geben, das Urteil in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß aufzuheben und in der Sache selbst zu erkennen.
Bei der nunmehr vorzunehmenden Strafneubemessung war aber darauf Bedacht zu nehmen, daß in der Zwischenzeit das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 in Kraft getreten ist und gemäß Art. XX Abs 1 dieses Gesetzes die neuen materiellen Bestimmungen nach der Aufhebung eines vor Inkrafttreten gefällten Urteils infolge einer Nichtigkeitsbeschwerde unter den Voraussetzungen der §§ 1, 61 StGB. (Günstigkeitsvergleich) anzuwenden sind. Hiebei läßt das Gesetz keine Einschränkung in der Richtung erkennen, daß diese Übergangsregelung nur für den Fall einer Gesamtaufhebung, nicht aber auch bei einer Teilaufhebung in Betracht kommen soll (vgl. die zu der inhaltlich gleichlautenden Übergangsbestimmung des § 323 Abs 2 StGB. ergangenen Entscheidungen RZ. 1975/11 und 20). Geht man aber von dieser Übergangsbestimmung aus, unterliegen die im Schuldspruch festgestellten, insgesamt (§ 29 StGB.) eine Schadenssumme von rund 14.000 S beinhaltenden Schuldsprüche wegen Diebstahls nicht mehr der Wertqualifikation des § 128 Abs 1 Z. 4 StGB., sondern sind nur mehr von der Grundstrafdrohung des § 127 StGB. erfaßt.
Die Strafneubemessung war daher nach diesem (wesentlich günstigeren) Strafsatz vorzunehmen. Hiebei wurden als erschwerend die Wiederholung der diebischen Angriffe, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall gewertet, während als mildernd das reumütige Geständnis, die abartige Veranlagung und die Zustandebringung des Diebsguts berücksichtigt wurde. Da es sich beim Angeklagten um einen Rückfallstäter im Sinn des § 39 StGB. handelt, war die Strafe mit der Obergrenze des Strafrahmens auszumessen, wobei aus spezialpräventiven Gründen weder mit einer Geldstrafe noch mit einer bedingten Strafnachsicht (§ 43 StGB.) noch mit einer Kombination der Strafarten (§ 43 a StGB.) das Auslangen zu finden war.
Die von der Urteilsaufhebung ebenfalls nicht umfaßte Kostenentscheidung ist dem Ersturteil zu entnehmen.