OGH vom 18.05.2022, 13Os41/22m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Gsellmann im Verfahren zur Unterbringung des * S* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 62 Hv 134/21k-79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des * S* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.
[2] Danach hat er in W* unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, beruht,
(I) am Beamte, nämlich Insp * M* und Insp * Sk*, mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar der Abwendung eines Sprungs aus dem Fenster in suizidaler Absicht, zu hindern versucht (§ 15 StGB), indem er den Genannten ein ätzendes Lösungsmittel-Gemisch ins Gesicht schüttete (US 6), wodurch diese jeweils eine Verätzung des Augapfels erlitten,
(II) durch die zu I beschriebene Tat Beamte während der Vollziehung ihrer Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt,
(III) am * C* gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er rief, dass er ihn umbringen werde, und kurz darauf (US 7) mit einer selbstkonstruierten Schussvorrichtung oder einer Schusswaffe (US 7) in seine Richtung zielte, und
(IV) am in der Absicht, sich die Begehung einer nach § 173 StGB mit Strafe bedrohten, wenn auch noch nicht bestimmten Handlung zu ermöglichen, zumindest 616 Gramm TATP, somit einen Sprengstoff, besessen
und durch diese Taten das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (I), mehrere Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (II), das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (III) und das Verbrechen der Vorbereitung eines Verbrechens durch (Kernenergie, ionisierende Strahlen oder) Sprengmittel nach § 175 Abs 1 StGB (IV) begangen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
[4] Die Feststellungen zum Tatgeschehen am (I und II) leiteten die Tatrichter aus den Angaben der unmittelbar betroffenen Tatzeugen Insp * M* und Insp * Sk* ab (US 8). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) ist diese Ableitung – entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5) – nicht zu beanstanden.
[5] Die Aussage der Zeugin * B* (US 8) blieb bei diesen Konstatierungen keineswegs unberücksichtigt (Z 5 zweiter Fall).
[6] Soweit die Mängelrüge im Übrigen aus Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Betroffenen günstige Schlüsse ableitet, übt sie bloß unzulässig Kritik an der Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[7] Die Behauptung der Sanktionsrüge (Z 11), das Erstgericht stützte die Anordnung der Maßnahme nach § 21 Abs 1 StGB zu III nicht nur auf ein Vergehen nach § 107 Abs 1 und 2 StGB, sondern – solcherart verfehlt (dazu Murschetz, WKStPO § 433 Rz 15 mwN) – auch auf ein realkonkurrierend begangenes Vergehen nach § 107 Abs 1 StGB, entfernt sich vom Inhalt der angefochtenen Entscheidung, die insoweit ausschließlich „das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB“ als verwirklicht ansieht (US 4).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[9] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00041.22M.0518.000 |
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