VfGH vom 17.06.1994, B105/93

VfGH vom 17.06.1994, B105/93

Sammlungsnummer

13779

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Änderung eines vereinfachten Flächenwidmungsplans hinsichtlich einer Umwidmung von "Bauland-Betriebsgebiet" in "Bauland-Industriegebiet";

wesentliche Änderung der Grundlagen aufgrund neuer Rechtslage;

Erfüllung raumordnungsrechtlicher Verpflichtungen durch die fragliche Umwidmung

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.

Die beschwerdeführenden Parteien sind schuldig, der beteiligten Partei "W GesmbH" zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 43.200,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Z R/1-V-92023, wurde die Vorstellung der nunmehrigen Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen, mit dem der W GesmbH die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Betonmischanlage und einer stationären Steinfertigungsanlage auf dem Grundstück Nr. 1096/1, KG Neunkirchen, unter Auflagen erteilt wurde, als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Beschwerdeführer als Nachbarn die Verletzung in ihren Rechten wegen Anwendung der - ihrer Meinung nach - gesetzwidrigen Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom , ZIII/14/S/1991, mit der der vereinfachte Flächenwidmungsplan der KG Neunkirchen geändert wurde, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom bis , genehmigt durch Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Z R/1-R-416/016, (Flächenwidmungsplanänderung), behaupten.

Die Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung erblicken die Beschwerdeführer darin, daß "der Wille ..., die verfahrensgegenständlichen Anlagen zu errichten, die einzige 'Grundlagenänderung'" iSd § 22 Abs 1 Z 2 Niederösterreichisches Raumordnungsgesetz 1976, (NÖ ROG 1976), war. So ergebe sich aus dem "Referatsbogen", ZIII/14/S/1991, des Stadtbauamtes Neunkirchen, daß die "Änderung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes von Bauland-Betriebsgebiet auf BaulandIndustriegebiet (deshalb) unumgänglich notwendig" erschien, weil "das von der Konsenswerberin eingereichte Projekt in einem Bauland-Betriebsgebiet gem. § 16 Abs 1 Z. 3 RaumordnungsG (nicht) zulässig gewesen wäre" und "aus wirtschaftlichen Gründen eine Absiedlung dieses Betriebes in keiner Weise möglich erscheint". Weiters sei darin ausgeführt, daß "Anlaß der geplanten Änderung ... die beabsichtigte Errichtung eines Hallengebäudes für eine Betonmisch-, Betonsteinfertigungs- und Trocknungsanlage" ist. "In dem zwischen Brennereistraße und B 17 gelegenen Kernbereich des Firmengeländes, in dem alle wesentlichen Produktionsvorgänge ablaufen, soll die Errichtung weiterer großvolumiger Hallen ermöglicht werden, wodurch letztendlich auch ein wesentlich verbesserter Anrainerschutz erreicht werden kann."

Weiters sei darin ausgeführt:

"Im Bereich des Firmengeländes W sollen die Parz. Nr. 1096/1, 1120, 1121/2 und 1122 von derzeit 'Bauland-Betriebsgebiet (BB)' auf 'Bauland-Industriegebiet (BI)' umgewidmet werden. Damit soll einerseits auf bereits heute gegebene Nutzung des Areals, die mit der Begriffsdefinition des 'Bauland-Betriebsgebietes' nach NÖ RaumordnungsG nicht in Einklang zu bringen ist, Rücksicht genommen werden, andererseits ist durch die Widmung des Flächenareals 'BI' nunmehr die Errichtung von Produktionshallen rechtlich möglich."

Der "bloße Wunsch eines Betriebsinhabers, seinen bereits bestehenden Betrieb - der ohnehin bereits mitten in einer Einfamilienhaussiedlung liegt - noch weiter auszuweiten", sei aber keine "wesentliche Änderung der Grundlagen" iSd § 22 Abs 1 Z 2 NÖ ROG 1976. Die Verordnung sei daher gesetzwidrig.

Die Flächenwidmungsplanänderung verstoße aber auch gegen § 14 Abs 3 NÖ ROG 1976 iVm der "Verordnung der NÖ Landesregierung vom über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4". Danach sei "bei der (Neu-)Festlegung der einzelnen Nutzungsarten 'darauf Bedacht zu nehmen, daß der Unterschied der Immissionsgrenzwerte benachbarter Gebiete nicht mehr als 10 dB beträgt'". Aus den Verordnungsakten sei jedoch nicht zu entnehmen, daß darauf in irgendeiner Weise Rücksicht genommen worden wäre.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer sei auch dem Leitziel des § 1 Abs 2 Z 9 litf NÖ ROG 1976, wonach für die

überörtliche und örtliche Raumplanung auf den Schutz vor Lärmbelästigungen, Staub, Geruchsbelästigungen, Strahlungen und Erschütterungen Bedacht zu nehmen ist, und dem § 14 Abs 2 Z 9 (richtig: Z 8) NÖ ROG 1976, wonach zu beachten ist, daß Wohnbauland "außerhalb von Störungseinflüssen liegt oder durch Abschirmung gegenüber Betriebsgebieten, Industriegebieten ... weitestgehend störungsfrei gehalten wird", nicht entsprochen worden.

Selbst wenn diese Verstöße gegen das NÖ ROG 1976 für sich allein noch keine Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung begründeten, so seien diese Bestimmungen jedenfalls für die Interpretation des § 22 Abs 1 Z 2 NÖ ROG 1976 heranzuziehen.

2. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Neunkirchen verteidigt in seiner über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes abgegebenen Äußerung die Gesetzmäßigkeit der Flächenwidmungsplanänderung und führt aus:

"In den im Jahr 1969 nach den damaligen gesetzlichen Bestimmungen neu erstellten Flächenwidmungs- und Bebauungsplan waren die Flächen des Standortes des Betonwerkes als Bauland-Betriebsgebiet ausgewiesen.

Einen wesentlichen Bestandteil dieses Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes bildeten die dazugehörigen Bebauungsvorschriften.

In diesen Bebauungsvorschriften war im § 45 'das Betriebsgebiet' definiert:


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1.)
zulässige Bauführungen
Das Betriebsgebiet ist vor allem jenen Gewerbebetrieben vorbehalten, die Lärm, Erschütterungen, Geruchsbelästigung, Verschmutzungen des Bodens, des Wassers, der Luft verursachen und auf Grund ihrer Eigenart größerer Lagerplätze bedürfen und besonders in feuerpolizeilicher Hinsicht besonderer Vorkehrungen bedürfen.
Außer der Wohnung eines Wächters sowie des Betriebsinhabers dürfen im Betriebsgebiet keine Wohnungen errichtet werden. Es darf neben der gewerblichen Betriebsstätte und Lagern ansonst nur Büroräume enthalten.

2.) ...

3.) ..."

Auf Grund dieses rechtsgültigen Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes sei auch die Bewilligung für die Errichtung der im wesentlichen bereits im Jahre 1967 fertiggestellten großen Fertigungshalle auf dem gegenständlichen Grundstück erteilt worden.

Mit dem Inkrafttreten des NÖ ROG 1976 habe sich die Rechtslage aber geändert. § 16 NÖ ROG 1976 definiere als "Betriebsgebiet" jene Gebiete, "die für Baulichkeiten solcher Betriebe bestimmt sind, die keine übermäßige Lärm- und Geruchsbelästigung und keine schädlichen, störenden oder gefährlichen Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können und sich in ihrer Erscheinungsform in das Ortsbild eines Wohn- und Kerngebietes einfügen" und als "Industriegebiete" jene Gebiete, "die für Baulichkeiten solcher Betriebe bestimmt sind, die eine übermäßige Lärm- und Geruchsbelästigung oder andere schädliche störende oder gefährliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können oder die sich wegen ihrer Erscheinungsform oder ihrer räumlichen Ausdehnung nicht dem Ortsbild anderer Nutzungsgebiete anpassen".

Im Jahr 1987 sei eine Änderung des vereinfachten Bebauungsplanes beschlossen worden, die eine inhaltliche Änderung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes in der Weise bewirkte, "daß ab diesem Zeitpunkt alle als Bauland Betriebsgebiet gewidmeten Flächen gem. der Definition des § 16 Abs 1, Zl. 3 des NÖ. ROG 1976 (diese Bestimmung wurde seit 1976 nicht geändert) zu verstehen sind und damit das vorhandene Betonwerk der Definition Betriebsgebiet gemäß ROG 1976 nicht mehr zuzuordnen war, sehr wohl aber die Baulichkeiten und die Produktion den Bebauungsvorschriften aus dem Jahre 1969 entsprochen haben".

Im Zuge des Baubewilligungsverfahrens zur Errichtung einer "geschlossenen Mischanlage und Produktionshalle" habe sich herausgestellt, "daß der Betriebstyp Betonwerk nach den Bestimmungen des ROG 1976 nicht zum Bauland Betriebsgebiet, sondern zu Bauland Industriegebiet zuzuordnen ist ... . Nur durch eine Änderung bzw. eine Anpassung des Flächenwidmungsplanes von Bauland Betriebsgebiet auf Bauland Industriegebiet und damit die Schaffung einer gesetzeskonformen Widmung war der Weiterbestand des Betriebes, dessen Absiedelung aus wirtschaftlichen Gründen in keiner Weise möglich ist, gewährleistet." Aus diesem Grund sei 1991 "ein Teilbereich des betroffenen Betriebsareales von Bauland Betriebsgebiet auf Bauland Industriegebiet umgewidmet" worden.

3. Die Niederösterreichische Landesregierung verzichtete unter Vorlage der Verwaltungsakten auf die Erstattung einer Gegenschrift.

4. In ihrer Äußerung führt die beteiligte Partei W Ges.m.b.H. aus, daß die Ansiedlung des den Gegenstand des Verfahrens bildenden Betriebes im Jahre 1961 über Ersuchen der damaligen Vertreter der Stadtgemeinde Neunkirchen erfolgte und die den räumlichen Kern des Betriebes bildende Liegenschaft von der Stadtgemeinde Neunkirchen zu diesem Zweck in den Jahren 1959 und 1960 käuflich erworben wurde.

Bei der gesamten Betriebsanlage handle es sich um eine seit ca. 30 Jahren bestehende Struktur, die als vorhandene örtliche Gegebenheit bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes zu berücksichtigen sei.

Zu den einzelnen Beschwerdevorbringen führt die beteiligte Partei aus, daß der Inhalt der den Gegenstand der Anfechtung bildenden Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom in dem vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Neunkirchen am beschlossenen

Flächenwidmungsplan aufgegangen sei, "sodaß ... der Verordnung

vom ... durch die Erlassung der Verordnung vom bei völlig identem Inhalt derogiert wurde". Da die angefochtene Norm nicht mehr bestehe, könne der Beschwerde schon aus diesem Grunde keine Berechtigung zukommen.

Die Annahme der Beschwerdeführer, bei dem angefochtenen Teilflächenwidmungsplan handle es sich um eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Sinne des § 22 NÖ ROG 1976, sei unzutreffend, da es sich bei der Erstellung eines "endgültigen" Flächenwidmungsplanes gemäß §§14 ff NÖ ROG 1976 um keine Änderung des bestehenden örtlichen Raumordnungsprogrammes im Sinne des § 22 NÖ ROG 1976 handle, die nur unter den in § 22 Abs 1 Z 1 bis 3 NÖ ROG 1976 angeführten Voraussetzungen zulässig wäre. Auch inhaltlich stelle die Widmung des Grundstückes Nr. 1096/1 "nur die gesetzeskonforme Beschreibung und Festlegung des bestehenden Zustandes dar", da im Kern dieses Grundstückes seit etwa 30 Jahren eine Produktionshalle bestehe. Die Ausdehnung dieser Widmung über den Bereich der genannten Produktionshalle und ihres Anbaus hinaus entspreche dem Leitziel und der Norm des § 14 Abs 2 Z 8 und Z 11 NÖ ROG 1976, Störungen weitestgehend zu vermeiden, da die bestehende Freiflächenproduktion sowie die Lagerung von Material und fertigen Produkten in eine jede Lärmemission unterbindende Halle verlegt werde. Insgesamt entstehe durch die Errichtung der neuen Halle ein durchwegs verbesserter Anrainerschutz.

5. Die Beschwerdeführer replizierten darauf unter Vorlage von Fotos zur Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten und unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12565/1990, mit dem die frühere Widmung der Grundstücke der beteiligten Partei als Betriebsbaugebiet als gesetzmäßig bezeichnet worden war.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerdeführer begründen die von ihnen behauptete Gesetzwidrigkeit der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides unbestrittenermaßen angewendeten Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom über die Abänderung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes der KG Neunkirchen, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom bis (deren Inhalt mittlerweile unverändert in den Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Neunkirchen vom übernommen wurde), damit, daß sich die durch die Verordnung bewirkte Umwidmung des Grundstücks Nr. 1096/1, KG Neunkirchen, von "Bauland-Betriebsgebiet" in "Bauland-Industriegebiet" auf keine "wesentliche Änderung der Grundlagen" im Sinne des § 22 Abs 1 Z 2 NÖ ROG 1976 stützen konnte. Vorgebracht wurde ferner, daß die genannte Verordnung der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4, widerspreche und den Raumordnungsvorschriften des § 1 Abs 2 Z 9 litf NÖ ROG 1976 und des § 14 Abs 2 Z 8 NÖ ROG 1976 nicht genüge, denen zufolge auf den Immissionsschutz dergestalt Bedacht zu nehmen ist, daß bei der Festlegung von Wohnbauland anzustreben ist, daß es "durch Abschirmung gegenüber Betriebsgebieten, Industriegebieten ... weitestgehend störungsfrei gehalten wird".

Für die Abänderung eines vereinfachten Flächenwidmungsplanes fordert § 30 Abs 7 NÖ ROG 1976 in Verbindung mit § 22 Abs 1 Z 2 NÖ ROG 1976 an sich eine "wesentliche Änderung der Grundlagen". Zur Auslegung dieser Änderungsvoraussetzung ist der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur (insbesondere zur durchaus vergleichbaren Bestimmung des § 19 Abs 2 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, vgl. VfSlg. 9361/1982 und 11374/1987) davon ausgegangen, daß eine Flächenwidmungsplanänderung nicht schon dann zulässig ist, "wenn der Gemeinderat zur Auffassung gelangt, eine andere Widmung als die von ihm seinerzeit festgelegte wäre die bessere, vernünftigere und zweckmäßigere". Vielmehr verwies der Verfassungsgerichtshof auf die Notwendigkeit einer restriktiven Beurteilung der dem Verordnungsgeber zustehenden Änderungsmöglichkeit aus Gründen der Rechtssicherheit: "Es fällt hiebei ... entscheidend ins Gewicht, daß mit der verbindlichen Festlegung der Widmung durch den Verordnungsgeber auch jenes Maß an Rechtssicherheit einzutreten hat, welches es dem Rechtsunterworfenen ermöglichen soll, im Vertrauen auf die Rechtslage seine individuellen Planungsabsichten zu gestalten und mit der Rechtslage zu koordinieren."

Gerade in Anbetracht der dargelegten, auf den Schutz des Vertrauens in einmal rechtsverbindlich beschlossene Flächenwidmungen zielenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Änderung von Flächenwidmungen ergibt sich jedoch, daß im vorliegenden Fall die Widmungsänderung von Bauland-Betriebsgebiet in Bauland-Industriegebiet zulässig war:

Wie in der mündlichen Verhandlung im einzelnen vorgetragen wurde und auch der Begründung der Änderung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes zu entnehmen ist (vgl. den Referatsbogen des Stadtbauamtes, ZIII/14/S/1991) wurde das Betonwerk W im Jahre 1961 über Veranlassung der Gemeinde "vom sogenannten Stadtteil Mühlfeld in Neunkirchen - überwiegend reines Wohngebiet - an den heutigen Standort zwischen Südbahnstrecke und B 17 östlich des Schleppgeleises verlegt. Durch die Lage ostseitig des Siedlungskörpers der Stadtgemeinde (Hauptwindrichtung), durch die gute Verkehrsanbindung und die Lage am Stadtrand kann aus damaliger Sicht von einem unter stadtstrukturellen Aspekten richtigen Standort gesprochen werden, ...". Diese "hohe Standortgunst" wurde durch eine "teilweise bereits vorhandene Einfamilienhausbebauung ..., unmittelbar östlich an das Betriebsareal anschließend", wiederum abgemindert. Entsprechend der mit der Verlegung des Betriebes von der Gemeinde verbundenen Planungsabsicht wurde der Betrieb nach dessen Ansiedlung im Jahre 1961 in den folgenden Jahren ausgebaut, größere Betriebsobjekte baubehördlich und gewerbebehördlich genehmigt und auf dem Betriebsgelände errichtet, "wobei im wesentlichen bereits die im Jahre 1967 fertiggestellte große Fertigungshalle die Erscheinungsform des Betriebes geprägt hat und bereits zum damaligen Zeitpunkt dieser Betrieb von der Betriebstype her der heutigen Definition Betriebsgebiet gem ROG 1976 nicht zuzuordnen war, sehr wohl aber die Baulichkeiten und die Produktion den Bebauungsvorschriften aus dem Jahre 1968 entsprochen haben".

Am wurde nämlich für die fraglichen Liegenschaften in einem "Bebauungsplan" vom Gemeinderat die Widmungs- und Nutzungsart "Bauland-Betriebsgebiet" beschlossen und dieses Betriebsgebiet im Textteil des Bebauungsplanes (§45) dergestalt definiert, daß es "vor allem jenen Gewerbebetrieben vorbehalten (war), die Lärm, Erschütterungen, Geruchsbelästigung, Verschmutzungen des Bodens, des Wassers, der Luft verursachen und auf Grund ihrer Eigenart größerer Lagerplätze bedürfen und besonders in feuerpolizeilicher Hinsicht besonderer Vorkehrungen bedürfen".

Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 12565/1990 zur Widmung des auch im vorliegenden Fall wieder zur Bebauung anstehenden Grundstücks Nr. 1096/1, KG Neunkirchen, feststellte, wurde die Nutzungsvorschrift des zitierten Verbauungsplanes - ohne Zutun der Gemeinde - gemäß § 30 Abs 4 NÖ ROG 1976 dahin in das Regime dieses Gesetzes übergeleitet und damit abgeändert, daß gemäß § 16 Abs 1 Z 3 NÖ ROG 1976 Betriebsgebiete im Rahmen einer Baulandwidmung lediglich für Baulichkeiten solcher Betriebe bestimmt wurden, "die keine übermäßigen Lärm- und Geruchsbelästigung und keine schädlichen störenden oder gefährlichen Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können ...". Daß durch Beschlüsse des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom und vom dieser bereits vom Gesetzgeber geschaffene Rechtszustand bestätigt wurde ("§45 Abs 1 erhält die neue Fassung: Im Bauland-Betriebsgebiet sind die im NÖ Raumordnungsgesetz angeführten Bauführungen zulässig."), ändert nichts daran, daß die ursprünglichen Planungsabsichten der Stadtgemeinde aufrecht blieben und lediglich vom Gesetzgeber im Zuge des Übergangs auf das neue Raumordnungsrecht im Jahre 1976 Änderungen statuiert wurden, die den ursprünglichen Planungsabsichten zuwiderliefen.

Indem der Landesgesetzgeber aber durch § 30 Abs 4 NÖ ROG 1976 die ursprünglich intendierte Rechtswirkung der gemeindlichen Widmung zum Betriebsbaugebiet dadurch verändert hat, daß er die Verwendung der gewidmeten Gebiete für Baulichkeiten solcher Betriebe, die nur mehr in Industriegebieten zulässig sind, ausschloß, ist für die Gemeinde die vom NÖ ROG 1976 jedenfalls nicht ausgeschlossene Notwendigkeit entstanden, ihre ursprüngliche Planungsabsicht durch die ausdrückliche Widmung der hier fraglichen Liegenschaften zum Industriegebiet zu verwirklichen. Diese Notwendigkeit stützt sich auf folgende, dem Verfassungsgerichtshof durchaus schlüssig erscheinende Überlegungen:

Das in der Begründung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes entwickelte "längerfristige Nutzungskonzept" sieht vor, daß im "östlichen Stadtrandbereich von Neunkirchen ... die Wohnnutzung soweit als möglich auf den Bestand reduziert werden (soll)", weil (nicht nur) wegen der "Emissionen von bestehenden Betrieben", (sondern auch) "von den Hauptverursachern Südbahn und B 17 ... die Schaffung der erforderlichen Wohnqualität für ein größeres, zusammenhängendes Siedlungsgebiet nicht zu erreichen (ist)", wobei "die bestehenden größeren Wohngebietsflächen ... soweit als möglich durch entsprechende Schutzmaßnahmen vor Beeinträchtigungen geschützt werden" sollten. Durch die Industriegebietswidmung soll im Kernbereich des Firmengeländes, in dem alle wesentlichen Produktionsvorgänge ablaufen, die Errichtung weiterer großvolumiger Hallen ermöglicht werden, "wodurch letztendlich auch ein wesentlich verbesserter Anrainerschutz erreicht werden kann", während Randbereiche des Betriebsareales weiterhin als Betriebsgebiete vor allem "der Betonfertigwaren-Lagerung dienen" sollen. Die Abgrenzung zum angrenzenden Wohnbauland soll durch zumindest 10 m breite Grüngürtel erfolgen, die als mit dichter, standortgerechter Gehölzerpflanzung versehene Erdwälle ausgeführt werden sollen. Weiters ist in Aussicht genommen, für die Bereiche südlich der B 17 bzw. auch nördlich davon (östlich des bestehenden Siedlungssplitters) betriebliche Nutzungen sowohl des sekundären als auch des tertiären Wirtschaftssektors im Zuge der Erstellung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vorzusehen.

Auch in der im Zuge des Genehmigungsverfahrens eingeholten Stellungnahme der Abteilung R/2 des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom wird festgestellt, daß die "Aufrechterhaltung der für den Betriebstyp des Baustoffwerkes ungeeigneten Widmungsart 'Bauland-Betriebsgebiet'" nicht zu empfehlen ist. Dadurch würden "zukünftige Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltsituation weitestgehend ausgeschlossen sein und zwar insbesondere dann, wenn wie im gegenständlichen Fall die Errichtung von weiteren Hallengebäuden erforderlich ist", weil durch die gänzliche Verlagerung der Produktion in die Halle "auch für die Anrainer im nordöstlich angrenzenden Einfamilienhausgebiet eine erhebliche Verbesserung der Umweltsituation, insbesondere in Form einer Minimierung der Lärm- und Staubimmissionen erwartet werden kann".

Da "weder eine zukünftige Aussiedlung des Baustoffwerkes, noch

eine Absiedlung der im Osten des Firmenareals angrenzenden

Einfamilienwohnhäuser aus raumordnungsfachlicher Sicht

realistisch erscheint, wurde ... versucht, ... eine Abgrenzung

für ein 'Industriegebiet' vorzunehmen, welche ... als Kompromiß

zwischen den Interessen ... an einem Fortbestand des

Baustoffwerkes am gegenständlichen Standort und den Interessen der angrenzenden Siedler an einer weitestgehenden Störungsfreiheit des Wohngebietes interpretiert werden kann". "Zu einer effizienteren Abschirmung des Firmenareals sollen auch zukünftig entlang der östlichen Grundstücksgrenzen Grüngürtel in einer Breite von 10 m festgelegt werden, ... ."

2. Zum Einwand der beschwerdeführenden Parteien, daß die Flächenwidmungsplanänderung gegen § 14 Abs 3 NÖ ROG 1976 in Verbindung mit der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4, verstoße, ist darauf zu verweisen, daß für Industriegebiete weder § 14 Abs 3 NÖ ROG 1976 eine derartige Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels vorsieht noch diese von der zitierten Verordnung vorgenommen wird. Offenkundig hat es bei den als Industriegebieten gewidmeten Flächen der Gesetzgeber von vornherein der Vollziehung im Einzelfall überlassen, durch entsprechende Vorkehrungen und Auflagen auf die Verträglichkeit der auf den entsprechenden Flächen stattfindenden industriellen Produktion mit den angrenzenden Wohngebieten hinzuwirken.

3. Was schließlich die raumordnungsrechtliche Verpflichtung anlangt, Wohnbauland durch Abschirmung gegenüber Industriegebieten weitestgehend störungsfrei zu halten, ist darauf zu verweisen, daß es gerade die Absicht der vorliegenden Flächenwidmungsplanänderung war, durch Erweiterung des - wenn auch bescheidenen - Grüngürtels zwischen dem Wohngebiet und dem nunmehrigen Industriegebiet sowie durch die Ermöglichung einer emissionsreduzierten Produktion in geschlossenen Hallen im nunmehrigen Industriegebiet dafür zu sorgen, daß das bestehende benachbarte Wohnbauland nach Möglichkeit abgeschirmt wird.

Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner bisherigen Judikatur (vgl. VfSlg. 10377/1985, 10703/1985 sowie , jeweils zu § 16 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz) ausgesprochen, daß der raumordnungsrechtliche Grundsatz einer möglichsten Vermeidung einer wechselseitigen Beeinträchtigung verschiedener Flächenwidmungen und dementsprechender -nutzungen im Hinblick auf die konkreten, durch die Planung zu bewältigenden örtlichen Verhältnisse und Gegebenheiten (- wie es etwa eine bereits vorhandene Bebauung darstellt -) sowie die Art der jeweils aneinandergrenzenden Flächenwidmungen und der mit diesen von Rechts wegen verbundenen zulässigen Emissionen begrenzt ist: "Bei der Anwendung dieses Rechtsgrundsatzes ist ... davon auszugehen, daß schon infolge der zwangsläufig aneinandergrenzenden unterschiedlichen Flächenwidmungen mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten ein gewisses Maß wechselseitiger Beeinträchtigungen durch die verschiedenen Nutzungen niemals zu vermeiden sein wird."

4. Da die von den beschwerdeführenden Parteien gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom , ZIII/14/S/1991, vorgetragenen Bedenken nicht zutreffen, wurden die beschwerdeführenden Parteien in ihren Rechten nicht wegen Anwendung einer gesetzeswidrigen Verordnung verletzt. Da die beschwerdeführenden Parteien nur die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behaupteten, war nicht darauf einzugehen, ob die Verletzung eines anderen (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes vorliegt (zB VfSlg. 9607/1983, 10981/1986).

5. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VerfGG, wobei lediglich ein 20%iger Streitgenossenzuschlag zugesprochen wurde. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von

S 7.200,- enthalten.