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OGH vom 24.08.2017, 8Ob91/17s

OGH vom 24.08.2017, 8Ob91/17s

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. TarmannPrentner, den Hofrat Mag. Ziegelbauer, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätin Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. J*****, vertreten durch Mag. Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. U*****, vertreten durch Mag. AnnaMaria Freiberger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 30.686,38 EUR, Feststellung des Erlöschens eines Anspruchs auf Unterhalt (Streitwert 18.800 EUR) und Herausgabe (Streitwert 13.204,82 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom , GZ 23 R 172/17t62, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Verfahrensmängel erster Instanz können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RISJustiz RS0042963). Ob ein in der Berufung behaupteter Verfahrensmangel vom Berufungsgericht zu Recht verneint wurde, ist vom Revisionsgericht nicht mehr zu prüfen (10 ObS 132/15g uva). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RISJustiz RS0042963 [T58]).

Soweit daher das Berufungsgericht hinsichtlich der Nichtaufnahme einzelner Beweise durch das Erstgericht eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens verneint hat, ist dies im Revisionsverfahren nicht zu überprüfen. Das gilt uneingeschränkt auch für Hilfsbeweise, durch die „innere Tatsachen“ bewiesen werden sollten.

2. Soweit die Revision Ausführungen zur Operationstätigkeit der Beklagten enthält und daraus Schlüsse auf ihre Absichten bei Abschluss des Scheidungsvergleichs zieht, handelt es sich dabei um eine im Revisionsverfahren unzulässige Beweisrüge. Das Erstgericht hat zu diesen Absichten ausdrückliche Feststellungen getroffen, von denen im Revisionsverfahren auszugehen ist. Dies gilt ebenso für die festgestellten Motive des Klägers bei Abschluss der Unterhaltsvereinbarung.

3. Die Revision beschränkt sich rechtlich ausdrücklich auf die Geltendmachung von Arglist der Beklagten beim Vergleichsabschluss.

Ein außergerichtlicher Vergleich ist lediglich in den Grenzen des § 1385 ABGB anfechtbar, wenn also ein Irrtum über die Vergleichsgrundlage, also über wesentliche Umstände, welche die den Vergleich schließenden Parteien als feststehend angenommen haben, vorliegt (9 Ob 30/08i). Nach ständiger Rechtsprechung liegt Arglist beim Vergleich bereits dann vor, wenn ein Teil über entscheidende Tatsachen Gewissheit hat und dies dem anderen verheimlicht. Der Vertragschließende wird durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen in Irrtum geführt oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen in seinem Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluss bestimmt. Arglist kann auch in einer Verschweigung liegen, wenn dadurch eine Aufklärungspflicht verletzt wird (RISJustiz RS0014809). Für listige Irreführung ist rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung (zivilrechtlicher Betrug) erforderlich; grobe Fahrlässigkeit reicht nicht aus (RISJustiz RS0014821).

Die Frage, ob ein Vergleichspartner im vorgenannten Sinn arglistig gehandelt hat, ist immer nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.

Der Kläger legt seinen rechtlichen Ausführungen zugrunde, dass bei Vergleichsabschluss beide Parteien davon ausgingen, dass die Unterhaltszahlung an die Beklagte eine Abgeltung dafür sein sollte, dass sich die Beklagte in der Zukunft in ihrer Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung beschränken wird und wirft ihr vor, dass sie ihm arglistig verschwiegen hat, dass sie im Gegensatz zu diesem gemeinsamen Verständnis eine zeitaufwändige Facharzttätigkeit anstrebte. Beides findet in den Feststellungen keine Deckung, weshalb die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Soweit die Revision sekundäre Verfahrensmängel geltend macht, übersieht sie, dass zu den relevanten Themenkomplexen Feststellungen getroffen wurden, wenn auch nicht im Sinn des Klägers. Insoweit liegt daher auch keine unvollständige Tatsachengrundlage vor.

4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00091.17S.0824.000

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