OGH vom 27.08.2013, 9ObA80/13z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** F*****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, Wiener Wohnen Direktion Referat für Hausbesorgerangelegenheiten, 1082 Wien, Doblhoffgasse 6, wegen Anfechtung einer Kündigung nach § 105 ArbVG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 8 Ra 15/13d 6, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Text
Begründung:
Ausschließlicher Gegenstand des Rechtsmittels ist die Frage, ob die Vorinstanzen die Kündigungsanfechtung berechtigt wegen Streitanhängigkeit zurückgewiesen haben.
Mit der vorliegenden Klage vom bekämpft der Kläger nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG die mit datierte zum ausgesprochene und am gerichtlich bewilligte Kündigung, die mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien bestätigt wurde, als rechtsunwirksam. Genau diese mit datierte, zum ausgesprochene, am zugestellte und am gerichtlich bewilligte Kündigung unter Anbot einer Ersatzwohnung gemäß § 18 Abs 7 Hausbesorgergesetz hat der Kläger nach den Feststellungen bereits in einem Vorverfahren mit Klage vom angefochten. Der wesentliche Unterschied liegt nur darin, dass mittlerweile mit dem vom Kläger herangezogenen Urteil des Oberlandesgerichts Wien auch entschieden wurde, dass die Aufkündigung trotz der Einwendungen des Klägers wirksam bleibt.
Die Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass sich dadurch an der Identität des Streitgegenstands nichts geändert hat. Die klagende Partei vermag in diesem Zusammenhang keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung darzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung einer Klage wegen Streitanhängigkeit nach § 233 ZPO setzt zwei nacheinander streitanhängig gewordene Prozesse sowie Identität der Parteien und der Ansprüche in diesen beiden Prozessen voraus (RIS Justiz RS0039473). Ob idente Ansprüche vorliegen, ist nach den Streitgegenständen der beiden Verfahren zu beurteilen. Diese werden nach herrschender Meinung durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen, vom Kläger vorgebrachten Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt, Klagegrund) bestimmt (sogenannter zweigliedriger Streitgegenstand; RIS Justiz RS0037419). Streitanhängigkeit liegt demnach dann vor, wenn der in der neuen Klage geltend gemachte Anspruch sowohl im Begehren als auch im rechtserzeugenden Sachverhalt mit jenem des Vorprozesses übereinstimmt (RIS Justiz RS0039347). Aus den vorgebrachten rechtserzeugenden Tatsachen und dem daraus abgeleiteten Begehren muss das selbe Rechtsschutzziel angestrebt werden (RIS Justiz RS0039196; Rechberger/Klicka in Rechberger ZPO² §§ 232 bis 233 Rz 10). Ob dies zutrifft oder nicht, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS Justiz RS0044453).
Unstrittig ist die Identität der Parteien. Aber auch bei der Identität des Anspruchs vermag der Kläger keine wesentliche Fehlbeurteilung aufzuzeigen.
Hier geht es beide Male um die idente Kündigung und deren Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG. Das Rechtsschutzziel liegt darin, diese Kündigung für rechtsunwirksam zu erklären.
Die Identität der Kündigung und des Rechtsschutzziels deren Aufhebung ändert sich aber nicht dadurch, dass die als Vorfrage zu beurteilende Rechtswirksamkeit der Kündigung (vgl allgemein dazu RIS Justiz RS0039015) mittlerweile in einem anderen Verfahren abschließend entschieden wurde (vgl zur Identität von Kündigung und Kündigungstermin etwa Frauenberger in Rechberger aaO § 572 Rz 3).
Im Ergebnis vermögen jedenfalls die konkreten Ausführungen des Revisionsrekurses keine Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO darzustellen.