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VfGH vom 16.12.1998, B827/97

VfGH vom 16.12.1998, B827/97

Sammlungsnummer

15380

Leitsatz

Abweisung der Beschwerden in den Anlaßverfahren trotz Aufhebung der präjudiziellen Gesetzesbestimmung hinsichtlich einer Grunderwerbsteuerbefreiung im von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren; keine Auswirkungen auf die Steuervorschreibung an die Beschwerdeführer nach Bereinigung der Rechtslage; Kostenzuspruch

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, den Beschwerdeführern der zu B827/97, B1701/97 bis B1720/97 und B1722/97 bis B1758/97 protokollierten Beschwerdeverfahren zuhanden ihrer Vertreter die mit jeweils 18.000 S und der zu B1721/97 beschwerdeführenden Erbengemeinschaft zuhanden ihrer Vertreter die mit 20.700 S bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit den angefochtenen Berufungsbescheiden wurde den beschwerdeführenden Miteigentümern einer Liegenschaft in Wien im Zusammenhang mit dem (bereits im Jänner 1987 beim Verkäufer der Grunderwerbsteuer unterzogenen) Erwerb des gemeinsamen Grundstücks im Jahre 1986 unter Heranziehung des § 1 Abs 1 Z 4 und 5 GrEStG 1955, ausgehend von einem den Grundkaufpreis von 7.990.260 S übersteigenden weiteren, für die Herstellung des Gebäudes auf dieser Liegenschaft aufgewendeten Betrag von 94.691.455,90 S nach Maßgabe ihres mit Wohnungseigentum verbundenen Anteiles Grunderwerbsteuer vorgeschrieben. Es handle sich um einen eigenen Erwerbsvorgang, von dem das Finanzamt erst im Jahre 1992 Kenntnis erlangt habe.

Die dagegen erhobenen Beschwerden rügen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.

Ihren Behauptungen tritt die belangte Behörde entgegen.

Aus Anlaß dieser Verfahren hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG mit Beschluß vom , B827/97 und B 1701 bis B1758/97, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Z 4 und 5 des § 1 Abs 1 GrEStG 1955 sowie der lita des § 4 Abs 1 Z 7 und der hierauf bezogenen Verweisung in litc dieser Gesetzesstelle eingeleitet. Mit Erkenntnis vom heutigen Tage, G137-195/98, hat er Teile des § 4 Abs 1 Z 7 lita GrEStG 1955, BGBl. Nr. 140, in der Fassung BGBl. Nr. 587/1982, als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Beschwerden sind im Ergebnis nicht begründet:

Die bekämpften Bescheide stützen sich auf die - nach der Bereinigung der Rechtslage unbedenklich gewordene - Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 4 und 5 GrEStG 1955; die Aufhebung der Wortfolge "öffentlichen Kindergärten, öffentlichen Schulen, öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten, öffentlichen Altersheimen sowie von Krematorien," in § 4 Abs 1 Z 7 lita GrEStG 1955 wirkt sich auf die Steuervorschreibung gegenüber den Beschwerdeführern daher nicht aus.

Die Beschwerdeführer haben im Gesetzesprüfungsverfahren mit Hinweis auf den seinerzeitigen Prüfungsbeschluß zu B250/86 (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 11190/1986) noch auf ein weiteres Bedenken gegen die Z 4 und 5 des § 1 Abs 1 GrEStG 1955 aufmerksam gemacht. Damals hatte der Gerichtshof nämlich auch das Bedenken geäußert, daß es dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot zu widersprechen scheine, wenn der primär aus fiskalischen Motiven erklärbaren Grunderwerbsteuerpflicht insgesamt eine Vielzahl von kasuistischen Ausnahmetatbeständen gegenübersteht, die - wie gerichtsbekannt sei - sowohl auf seiten der Steuerpflichtigen wie auch auf seiten der öffentlichen Hand zu einem enormen Verwaltungsaufwand führen, der im Verhältnis zum Steuerertrag unverhältnismäßig sein dürfte, sodaß eine effiziente, an den Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientierte Verwaltungstätigkeit geradezu inhibiert wird. Diesen auf den Fortbestand des Systems des GrEStG 1955 in weiterer Zukunft bezogenen Bedenken ist durch die Erlassung des GrEStG 1987 jedoch der Boden entzogen. Auch sonst sind gegen die angewendeten Vorschriften keine Bedenken entstanden. Die Beschwerdeführer sind daher nicht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wären. Die Beschwerden sind daher abzuweisen.

Da die Beschwerden jedoch insofern Erfolg hatten, als sie zur Aufhebung einer im Beschwerdefall präjudiziellen Gesetzesbestimmung geführt hatten, war den Beschwerdeführern nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 6505/1971, 13545/1993) der Ersatz jener Kosten zuzusprechen, die ihnen in dem von ihnen angeregten Gesetzesprüfungsverfahren entstanden sind. In den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von 3.000 S enthalten. In der zu B1721/97 protokollierten Beschwerdesache wird ein Streitgenossenzuschlag von 15% zugesprochen, in den zu dieser Beschwerde zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von 3.450 S enthalten.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 19 Abs 4 Z 1 VerfGG 1953 abgesehen.