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VfGH vom 17.06.1996, B826/96

VfGH vom 17.06.1996, B826/96

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Keine Anlaßfallwirkung der teilweisen Aufhebung des Sbg UmweltfondsG auf Bescheide betreffend Abweisung von Anträgen auf Rückerstattung sämtlicher entrichteter Stromerzeugungsabgaben; Verletzung im Eigentumsrecht durch gesetzlose Verweigerung der Rückzahlung der Stromerzeugungsabgabe ab dem Wirksamwerden der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof; insoweit Aufhebung der Bescheide ingesamt mangels Trennbarkeit

Spruch

I. Die beschwerdeführenden Parteien sind durch Punkt 2 des Spruches der angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Punkt 2 des Spruches der Bescheide wird aufgehoben.

Das Land Salzburg ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit jeweils S 9.000,-

bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

II. Soweit sich die Beschwerden gegen Punkt 1 des Spruches der angefochtenen Bescheide wenden, wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die beschwerdeführenden Parteien wurden im ersten Verfahrensgang mit Bescheiden des Landesabgabenamtes Salzburg gemäß § 148 Abs 2 Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. 58/1963, verpflichtet, einen bestimmten (Teil-)Betrag der Stromerzeugungsabgabe für das Jahr 1992 zu entrichten. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit Bescheiden der Salzburger Landesregierung abgewiesen.

1.2. Mit Erkenntnis vom , B477/93 ua., wurden diese Bescheide vom Verfassungsgerichtshof wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich "des 2. Abschnittes ('Stromerzeugungsabgabe') sowie der §§11 und 14 des Salzburger Umweltfondsgesetzes, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 50/1992," aufgehoben.

2. Im zweiten Verfahrensgang wurde mit Ersatzbescheiden der Salzburger Landesregierung den Berufungen stattgegeben und angewiesen, die entrichteten Stromerzeugungsabgaben - soweit sie nach Ansicht der Salzburger Landesregierung Anlaßfall waren - zurückzuzahlen. Die Ersatzbescheide sind mittlerweile rechtskräftig geworden.

3. Außerdem stellten die beschwerdeführenden Parteien Anträge auf Rückzahlung der von ihnen für die Jahre 1992, 1993, 1994 und 1995 entrichteten Stromerzeugungsabgaben.

Mit den nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der Salzburger Landesregierung wurden die Bescheide des Landesabgabenamtes Salzburg hinsichtlich der Stattgebung der Rücküberweisung der von den beschwerdeführenden Parteien entrichteten Stromerzeugungsabgaben infolge Berufung aufgehoben und Anträge auf Rückzahlung zurückgewiesen (Spruchpunkt 1), im übrigen, soweit sich die Anträge auf die Rückerstattung der in den folgenden Jahren entrichteten Stromerzeugungsabgaben bezogen haben, abgewiesen (Spruchpunkt 2).

4.1. Die beschwerdeführenden Parteien machen bezüglich Spruchpunkt 1 eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend, da diesbezüglich keine Berufung erhoben wurde und folglich schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Rechtskraft eingetreten sei.

4.2. Bezüglich Spruchpunkt 2 behaupten die beschwerdeführenden Parteien eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, des Eigentumsrechts sowie der Erwerbsfreiheit, da die Aufhebung (auch) der Inkrafttretensklausel des Salzburger Umweltfondsgesetzes bewirkt habe, daß "jedenfalls der

2. Abschnitt des Salzburger Umweltfondsgesetzes überhaupt nie in Kraft getreten sei"; die angefochtenen Bescheide seien somit ohne gesetzliche Grundlage ergangen. Außerdem komme ihnen Anlaßfallwirkung zu.

Zusätzlich vertreten die beschwerdeführenden Parteien die Meinung, daß das Salzburger Umweltfondsgesetz mit noch nicht geprüften Bedenken neuerlich bekämpft werden kann, da die Rechtskraft bei gesetzesaufhebenden Erkenntnissen sich bloß auf die geprüften Bedenken beziehe.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

A. Zu Punkt 2 des Spruches der angefochtenen Bescheide:

1. Gegenstand der mit Anlaßfallwirkung aufgehobenen Bescheide durch den Verfassungsgerichtshof (s. I.1.1.) war jeweils unterschiedlich für die beiden Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Leistung der Stromerzeugungsabgabe für einen Teil des Jahres 1992. Durch die Erlassung von Ersatzbescheiden hat die Salzburger Landesregierung den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes iSd. § 87 Abs 2 VerfGG Rechnung getragen. Sämtliche Ersatzbescheide sind mittlerweile rechtskräftig geworden.

2. Gegenstand des Punktes 2 des Spruches der nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheide ist die Abweisung von Anträgen auf Rückzahlung sämtlicher - zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide - entrichteter Stromerzeugungsabgaben der beschwerdeführenden Parteien, soweit darüber nicht bereits mit Ersatzbescheiden (s. I.2., II.A.1.) abgesprochen wurde.

2.1. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien kommt den nunmehr angefochtenen Bescheiden die Anlaßfallwirkung iSd. Art 140 Abs 7 B-VG nicht zu, da es sich weder um Rechtssachen handelt, anläßlich derer das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes tatsächlich eingeleitet worden war, noch sind sie solchen Fällen gleichzuhalten (VfSlg. 10616/1985 uvam.).

Auch eine Verletzung des § 87 Abs 2 VerfGG liegt nicht vor, da die angefochtenen Bescheide keine Ersatzbescheide iSd. § 87 Abs 2 VerfGG sind (vgl. VfSlg. 6043/1969, 6869/1972, 8571/1979, 10220/1984, ).

2.2. Allerdings greift Punkt 2 des Spruches der angefochtenen Bescheide entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Vorschreibung von Abgaben (vgl. VfSlg. 10337/1985, 10362/1985 mwH) - diese bezieht sich ebenso auf die Abweisung von Anträgen auf Rückerstattung bereits bezahlter Abgabenbeträge (VfSlg. 12341/1990) - in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre insbesondere dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre.

2.3. In den vorliegenden Fällen war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide die Zahlung der ersten Rate der Stromerzeugungsabgabe für das Jahr 1995 durch die beschwerdeführenden Parteien bereits erfolgt.

Punkt 2 des Spruches der angefochtenen Bescheide stützt sich insbesondere auf den 2. Abschnitt des Salzburger Umweltfondsgesetzes. Diese Bestimmungen sind auf die vor der Aufhebung dieser Gesetzesvorschriften durch den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom , G101/94 ua.) verwirklichten Tatbestände - mit Ausnahme der Anlaßfälle - gemäß Art 140 Abs 7 B-VG weiterhin anzuwenden (vgl. 6442/1971, 8249/1978, 9321/1982).

Da die Aufhebung der maßgeblichen Teile des Salzburger Umweltfondsgesetzes mit "Kundmachung des Landeshauptmannes vom 7. Feber 1995", LGBl. 26/1995, iVm. § 7 des Gesetzes über das Landesgesetzblatt, LGBl. 75/1993, und iVm. Art 140 Abs 5 B-VG am wirksam geworden ist, entbehrt jedoch Punkt 2 des Spruches der angefochtenen Bescheide, soweit die Rückzahlung der für den Zeitraum nach dem entrichteten Stromerzeugungsabgaben verweigert wird, der gesetzlichen Grundlage:

Die Verpflichtung zur Entrichtung der Stromerzeugungsabgabe mit einem Viertel der jährlich zu leistenden Abgabe am gemäß § 6 des Salzburger Umweltfondsgesetzes bedeutet nach der am wirksam gewordenen Aufhebung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof nicht, daß die gemäß § 3 Salzburger Umweltfondsgesetz "von der Erzeugung elektrischer Energie" zu erhebende Abgabe für das ganze Quartal (also bis Ende März 1995) erhoben werden durfte, nachdem die dementsprechende Abgabenverpflichtung am durch die Kundmachung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes beseitigt war. Die Verweigerung der Rückzahlung der für die Zeit zwischen und entrichteten Stromerzeugungsabgabe war sohin gesetzlos.

Ein gesetzloser, in das Eigentum eingreifender Bescheid verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

3. Da zufolge der sprachlichen Fassung der Bescheide in Spruchpunkt 2 teilbarere Bescheide nicht vorliegen, war dieser Spruchpunkt jeweils insgesamt aufzuheben.

B. Zu Punkt 1 des Spruches der angefochtenen Bescheide:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs 2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die gerügten Rechtsverletzungen (s. oben I.4.1.) wären in den vorliegenden Fällen aber nur die Folge einer unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen. Die Sachen sind auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, insoweit von einer Behandlung der Beschwerden abzusehen (§19 Abs 3 Z 1 VerfGG).

III. 1. Die Kostenentscheidung

beruht auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils S 1.500,- enthalten. Wegen des nur teilweise Obsiegens waren die Kosten nur zum Teil zuzusprechen.

2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.