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OGH vom 29.01.1998, 8ObS19/98x

OGH vom 29.01.1998, 8ObS19/98x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rohrer und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Walter Zeiler und Sekr. Peter Scherz als weitere Richter in den Sozialrechtssachen der klagenden Parteien

1.) Herbert M*****, Finanzbuchhalter, ***** und 2.) Engelbert E*****, Montageleiter, ***** beide vertreten durch Dr.Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland, Wien 4, Schwindgasse 5, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenz-Ausfallgeld (Erstkläger S 42.579,81 und Zweitkläger S 115.825,52), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 244/97d-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 10 Cgs 203/96g-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung der Berufungsentscheidung, ein durch Austritt der Kläger gemäß § 25 KO unmöglich gewordener Zeitausgleich für Überstunden sei als Entgelt gemäß § 1 Abs 2 Z 1 IESG nur im Ausmaß des Grenzbetrages gemäß § 1 Abs 4 IESG gesichert und nicht überdies in dem darüber hinausgehenden Teil zusätzlich als "Schadenersatzanspruch" (gemäß § 1 Abs 2 Z 2 IESG), ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO idF WGN 1997).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Der Zeitausgleich ist nunmehr durch § 10 Abs 2 AZG (idF BGBl I 1997/46) ab (§ 33 Abs 1 h AZG) gesetzlich geregelt, so daß die bis dahin notwendige Analogie zum Urlaubsgesetz (DRdA 1988/17, 338 [Grillberger] = ZAS 1987/20, 168 [Adamovic]) entbehrlich wurde. Im Zeitpunkt der Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Kläger () galt diese Bestimmung noch nicht, verdeutlicht aber den Entgeltcharakter des Zeitausgleiches, wonach mangels einer abweichenden Vereinbarung (durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag) eine Abgeltung in Geld zu erfolgen hat. Aus der für den durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich gewordenen Zeitausgleich herangezogenen Rechtsfigur des stellvertretenden Commodum (Reischauer in Rummel ABGB2, Rz 4 zu § 1447; Honsell/Heidinger in Schwimann ABGB2 VII Rz 18 f zu § 1447) ergibt sich ebenfalls der primäre Entgeltcharakter, denn ohne Vereinbarung eines Zeitausgleiches hätte eine Abgeltung der Überstunden durch ein erhöhtes bzw über ein Überstundenpauschale hinausgehendes (zusätzliches) Überstundenentgelt zu erfolgen. Dies macht deutlich, daß die Rechtsnatur des Anspruches zunächst in einem Entgeltanspruch für geleistete Überstunden besteht, der sodann im Wege einer Hingabe an Zahlungsstatt (§ 1414 ABGB) durch Zeitausgleich abgegolten werden soll. Wird durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses der vereinbarte Zeitausgleich unmöglich, so tritt anstelle des Zeitausgleiches wieder die ursprüngliche Entgeltforderung (für Überstunden), wobei für die Zwecke des IESG nur die ursprüngliche Rechtsnatur als Entgelt maßgeblich ist. Diese Rechtsnatur wird nicht geändert, ob der Schuldner im Fall des unmöglich gewordenen Zeitausgleiches nach Gewährleistungsvorschriften haftet (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 9 zu § 1414) und der Gläubiger wieder auf die ursprüngliche Forderung zurückgreifen kann (Reischauer aaO) oder ob mit dem stellvertretenden Commodum argumentiert wird. Der Entgeltcharakter der Forderung des Arbeitnehmers bleibt insoferne unverändert, als es sich dabei um eine Forderung aus einem Rechtsgeschäft und nicht aufgrund einer erlittenen Beschädigung handelt (§ 859 ABGB). Es kann somit keinem Zweifel unterliegen, daß ein (erhöhtes) Überstundenentgelt der Anspruchsbegrenzung gemäß § 1 Abs 4 IESG unterliegt und eine den wahren Rechtsgrund als Entgelt verdeckende Bezeichnung als Schadenersatz nicht zur Umgehung der Anspruchsbegrenzung führen darf. Wäre der Rechtsgrund gesicherter Ansprüche beliebig austauschbar, könnte der Grenzbetrag für Entgeltansprüche mühelos umgangen werden und wäre weitgehend seiner Wirkung beraubt. Die zeitliche Zuordnung des Entgelts für den unmöglich gewordenen Zeitausgleich (vgl die Bemessung nach Zeiträumen gemäß § 1 Abs 4 Z 1 IESG) könnte - wäre nicht schon der Grenzbetrag ausgeschöpft - durch den Zeitpunkt der Überstundenleistung, für deren Abgeltung der Zeitausgleich vereinbart worden war, leicht erfolgen. Damit würden die Interessen des Arbeitnehmers insoweit berücksichtigt, als das Entgelt für unmöglich gewordenen Zeitausgleich nicht nur im letzten Monat der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern verteilt über einen längeren Zeitraum hinweg zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; besondere Billigkeitsgründe für einen Kostenersatz trotz Unterliegens in der Hauptsache sind schon deshalb nicht gegeben, weil das den Klägern zuerkannte Insolvenz-Ausfallgeld den abgewiesenen Teil um ein Vielfaches übersteigt.