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VfGH vom 28.11.2000, a9/99

VfGH vom 28.11.2000, a9/99

Sammlungsnummer

16005

Leitsatz

Abweisung der zulässigen Klage einer Zulassungsbesitzerin auf Erstattung der Kosten für die Abschleppung ihres Autos aufgrund Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Kostenvorschreibung trotz Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Abstellens des Kfz im Haltestellenbereich einer Straßenbahn; Eintritt einer konkreten Verkehrsbeeinträchtigung vorhersehbar

Spruch

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei die Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung ihres Kfz zuzüglich 4 % Zinsen seit sowie die Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In der gemäß Art 137 B-VG erhobenen Klage bringt die klagende Partei vor, sie sei Eigentümerin und Zulassungsbesitzerin des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen W-835 ZR. Mit Wissen und Willen der klagenden Partei habe deren Ehemann am dieses Kfz gelenkt und im Bereich Kaiser-Franz-Josef-Kai 38 in Graz geparkt, sodaß das Kfz in der Zeit von 20.00 Uhr bis 20.27 Uhr in diesem Bereich abgestellt gewesen sei, wobei das Kfz vom Haltestellenbereich des dort befindlichen Massenbeförderungsmittels zumindest 27 m weit von der Haltestellentafel entfernt abgestellt gewesen sei.

Es sei sodann die Abschleppung des angeführten Kfz durch Organe der beklagten Partei im Sinn des § 89a Abs 2 und Abs 3 StVO 1960 veranlaßt worden, wobei zu Unrecht davon ausgegangen worden sei, daß das Kfz im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels innerhalb von 15 m vor oder nach der Haltestellentafel während der Betriebszeit abgestellt gewesen sei.

Aus diesem Anlaß sei von der Bundespolizeidirektion Graz, Strafamt, zu Z CST 28787/GR/98 ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden.

Ein Kostenforderungsbescheid hinsichtlich der Kosten der Abschleppung und Verwahrung des klagsgegenständlichen Kfz sei nicht vorgeschrieben worden, vielmehr habe der Ehegatte der klagenden Partei am als deren Erfüllungsgehilfe (Beauftragter) im Sinn des § 89a Abs 7 StVO 1960 den Betrag von Schilling 1.903,- an das von den Organen der beklagten Partei beauftragte Abschleppunternehmen bezahlt, um die Ausfolgung des Kfz zu erwirken.

In weiterer Folge habe sich im Verwaltungsstrafverfahren der Bundespolizeidirektion Graz, Strafamt, herausgestellt, daß das Kfz der klagenden Partei am im Bereich Kaiser-Franz-Josef-Kai 38 weder in Verletzung von Bestimmungen der StVO 1960 noch verkehrsbehindernd abgestellt gewesen sei, sodaß das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Ehemann der klagenden Partei am eingestellt worden sei.

Die klagende Partei stellte daher das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Abschleppkosten in Höhe von Schilling 1.903,- samt 4 % Zinsen seit sowie die Prozeßkosten zu bezahlen.

2. Die Gemeinde Graz erstattete am eine Gegenschrift, in der sie - nach Ausführungen zur behaupteten Unzulässigkeit einer Klage gemäß Art 137 B-VG auf Rückerstattung von Kosten für die Entfernung eines Kfz, weil ihrer Ansicht nach von der klagenden Partei ein Bescheid über die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung der Abschleppkosten zu erwirken gewesen wäre - in der Sache im wesentlichen folgendes ausführte:

"1.) Die Klägerin geht nach ihrer kurzen Klagserzählung offenbar davon aus, daß das von ihrem Gatten abgestellte Fahrzeug zu Unrecht entfernt worden ist und hält daher auch die durch ihren Gatten entrichteten Kosten einer Rückforderung für zugänglich. Als einzige Beweismittel führt die Klägerin dafür ihren Gatten als Zeugen und die 'beigeschlossenen Urkunden' an, wobei es sich hiebei um eine Rechnung des Abschleppunternehmens, eine Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Graz, einen Einspruch, einen Ladungsbescheid der Magistratsabteilung 67 der Stadt Wien und schließlich eine Mitteilung der Bundespolizeidirektion Graz-Strafamt handelt, wonach das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG eingestellt worden sei. Die noch im Einspruch erwähnten Fotos wurden dem Hohen Gerichtshof (offenbar) nicht vorgelegt.

2.) Gemäß § 45 Abs 1 VStG hat die Verwaltungsstrafbehörde ua. die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, wenn (entweder) die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet, (oder) der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen, (oder) Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Die gemäß '45 Abs 2 VStG erfolgte Mitteilung läßt offen, warum das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Gatten der Klägerin eingestellt worden ist. Erstaunlicherweise wird für den 'Rechtsgrund' der Einstellung keinerlei Beweisanbot erstattet, was nach Auffassung der Stadt Graz darauf hindeutet, daß es sich um den Fall handeln könnte, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte. Näheres vermochte die Stadt Graz darüber leider nicht in Erfahrung zu bringen, weil sie (ja) im gegenständlichen Klagsverfahren Partei ist und ihr daher kein Auskunftsrecht gegenüber der Bundespolizeidirektion Graz bzw. dem dortigen Strafreferenten zur Seite steht.

3.) Bemerkenswert ist im übrigen auch, daß die Bundespolizeidirektion - Strafamt den Veranlasser der gegenständlichen Entfernung, also das betreffende Organ des 'Kraftfahrlinien- und Eisenbahnunternehmens' Grazer Stadtwerke AG - Verkehrsbetriebe, zur Frage des wahren Abstellortes und damit zur Frage, ob das Kraftfahrzeug nicht (doch) verbotswidrig im Sinne des § 24 Abs 1 lite StVO 1960 innerhalb des 15 m - Bereiches vor und nach den Haltestellentafeln im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels abgestellt war, anscheinend nicht als Zeugen einvernahm. Nun erfolgte die Abstellung des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges innerhalb des ausgebauten und als solchen deutlich erkennbaren Bereiches der Straßenbahnhaltestelle 'Schloßbergbahn' am Kaiser-Franz-Josef-Kai, sodaß das Fahrzeug wenn schon nicht entgegen der Vorschrift des § 24 Abs 1 litc StVO, so doch jedenfalls entgegen § 23 Abs 1 leg. cit. und damit verbotswidrig abgestellt gewesen ist, weil Schienenfahrzeuge am Vorbeifahren gehindert und Straßenbenützer - nämlich die aussteigenden Fahrgäste - gefährdet worden sind.

4.) In diesem Zusammenhang ist im übrigen auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach für die Frage, ob ein Kraftfahrzeug verbotswidrig abgestellt worden ist und dadurch jene Verkehrsbeeinträchtigung eintrat, die eine Entfernung des Kraftfahrzeuges notwendig machte, unmaßgeblich ist, wie ein Verwaltungsstrafverfahren geendet hat; vielmehr hat diese Frage die zuständige Behörde im Kostenvorschreibungsverfahren von Amts wegen selbst und unabhängig vom Ergebnis des verwaltungsstrafrechtlichen Verfahrens zu prüfen, weil die Entfernung eines Kraftfahrzeuges kein Verschulden voraussetzt (vgl. uvam. , , 1437/77, , 81/03/0051 und 0054). Bemerkenswert erscheint im übrigen auch, daß nach dem grundlegenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/02/0002, aus § 89a Abs 2 nicht abgeleitet werden kann, daß ein zumindest objektiver Verstoß gegen eine straßenpolizeiliche Vorschrift Voraussetzung für die zwangsweise Entfernung eines den Verkehr beeinträchtigenden Gegenstandes auf der Straße ist, da es hiebei ausschließlich auf das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung, die eine Beseitigung des betreffenden Hindernisses auf raschestem Weg erfordert, ankommt. Nicht umsonst regelt § 89a Abs 7 vorletzter Satz StVO auch den Fall, daß Entfernungskosten auch dann zu bezahlen sind, wenn die Abschleppung eines Fahrzeuges nicht von Anbeginn an gesetzwidrig gewesen ist, aber dem Inhaber des Fahrzeuges der bevorstehende Eintritt der Voraussetzungen bekannt war (in dem Sinne, daß er ihn voraussehen hätte müssen), was zB jene Fälle betrifft, in denen sich der Eintritt einer Verkehrsbeeinträchtigung erst durch spätere, aber voraussehbare Umstände ergibt.

Ins Treffen zu führen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 83/02/0144, in dem der Gerichtshof zu Recht erkennt, daß mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens keine Bindungswirkung (für die über die Kostentragung entscheidende Behörde) verbunden ist, sondern die für die Kostenvorschreibung zuständige Behörde die Voraussetzungen des § 89a Abs 2 und 7 selbst zu prüfen hat.

5.) Entscheidend für die Rechtskonformität der Entfernung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges und damit der dafür vom Gatten der Klägerin entrichteten Kosten ist (also) nicht der Ausgang eines Verwaltungsstrafverfahrens, sondern ausschließlich der Umstand, ob das später entfernte Fahrzeug (in einem Haltestellenbereich) so abgestellt worden ist, daß eine Verkehrsbeeinträchtigung tatsächlich eingetreten ist oder aber nach der Lage des Falles jederzeit zu besorgen war (diesbezüglich darf auf die sogenannte 'Besorgnisjudikatur' des Verwaltungsgerichtshofes, niedergelegt etwa im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 89/02/0195, verwiesen werden).

6.) Im Gegenstandsfall war jedenfalls eine konkrete Verkehrsbeeinträchtigung, zumindest aber der Fall berechtigter Besorgnis gegeben, daß es durch das abgestellte Fahrzeug in der Straßenbahnhaltestelle über kurz oder lang zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen mußte (im Sinne der genannten Besorgnisjudikatur), sodaß sich schon deshalb die Entfernung des Kraftfahrzeuges als gerechtfertigt erweist und damit auch die Entrichtung der Kosten hiefür.

In diesem Zusammenhang darf im übrigen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/02/0329, hingewiesen werden, in dem der Gerichtshof zu Recht erkennt, daß die Verkehrsverhältnisse es als erforderlich erscheinen lassen, zumindest im städtischen Bereich - wie im Gegenstandsfall - und in Ansehung von sogenannten 'Normalbussen' mit einer Länge von ca. 11 m an das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des Verkehrs einen strengen Maßstab anzulegen und die Entfernung jedes im (gesamten) Haltestellenbereich abgestellten Fahrzeuges zu rechtfertigen vermögen. Was nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes für Bushaltestellen gilt, muß nach Auffassung der beklagten Stadt Graz auch für Straßenbahnhaltestellen gelten, umsomehr, als 'Normalstraßenbahnen', wie sie in Graz verkehren, länger als 11 m sind.

7.) Der im Klagsweg geltend gemachte Rückforderungsanspruch der Entfernungskosten erweist sich also als verfehlt."

Die beklagte Partei stellte daher den Antrag, die vorliegende Klage infolge Rechtmäßigkeit der erfolgten Fahrzeugentfernung und daher zu Recht entrichteter Entfernungskosten abzuweisen.

3. Die klagende Partei hat auf dieses Vorbringen mit einem vorbereitenden Schriftsatz vom repliziert und im wesentlichen ausgeführt, auftrags der klagenden Partei habe deren Ehegatte massiv telefonisch bei der zuständigen Behörde der Stadt Graz, dem Straßen- und Brückenbauamt, insbesondere im April 1999 urgiert, es sei ihm jedoch ausdrücklich mitgeteilt worden, daß außergerichtlich keine Zahlung geleistet werden könne und die einzige Möglichkeit, den bezahlten Betrag von Schilling 1.903,-

zurückerstattet zu bekommen, die Klage beim Verfassungsgerichtshof sei.

Das Vorbringen der beklagten Partei, wonach das Kfz verbotswidrig abgestellt gewesen sei, weil Schienenfahrzeuge am Vorbeifahren gehindert und aussteigende Fahrgäste gefährdet worden seien, sei unrichtig. Es sei aufgrund der Position des abgestellten Fahrzeuges weder eine konkrete Verkehrsbeeinträchtigung noch der Fall berechtigter Besorgnis vorgelegen, es könne durch das abgestellte Fahrzeug zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen.

Die Entfernung des Fahrzeuges sei nicht gerechtfertigt, dieses sei gesetzeskonform abgestellt gewesen und bei der Abstellung des Wagens seien sämtliche Bestimmungen der StVO 1960 eingehalten worden. Das Kfz sei zum Zeitpunkt der Abschleppung vom Haltestellenbereich des dort befindlichen Massenbeförderungsmittels zumindest 27 m weit von der Haltestellentafel entfernt gewesen. Aufgrund der vorgenommenen Abstellung sei auszuschließen gewesen, daß Schienenfahrzeuge am Vorbeifahren gehindert oder Straßenbenützer, nämlich die aussteigenden Fahrgäste, gefährdet worden seien oder eine derartige Gefahr auch nur zu befürchten gewesen sei.

4. Die beklagte Partei erstattete eine mit datierte ergänzende Äußerung.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei von der Gemeinde Graz die im Rahmen einer Abschleppung angefallenen Kosten für die bei Übernahme des Kraftfahrzeuges bezahlten Abschleppkosten zuzüglich Zinsen sowie die Prozeßkosten.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , A1/99, festgestellt, daß eine Klage gemäß Art 137 B-VG auf Erstattung der im Rahmen einer Abschleppung gemäß § 89a StVO 1960 entstandenen Kosten zulässig ist.

Hinsichtlich des Vorbringens der beklagten Partei, eine Klage gemäß Art 137 B-VG auf Rückerstattung von Kosten für die Entfernung eines Kfz sei unzulässig, weil ihrer Ansicht nach von der klagenden Partei ein Bescheid über die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung der Abschleppkosten zu erwirken gewesen wäre, ist ebenfalls auf das zitierte Erkenntnis vom hinzuweisen, in dem der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß im Fall des Regelungskomplexes des § 89a StVO 1960 der Betroffene nicht gehalten ist, nach tatsächlich erfolgter Zahlung einen Bescheid über die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes zu erwirken.

Die vorliegende Klage erweist sich daher als zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Die entscheidungsrelevanten Absätze des § 89a StVO 1960, BGBl. 159 idgF, lauten:

"§89a. Entfernung von Hindernissen

(1) ...

(2) Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen.

...

(2a) ...

(3) Im Falle der Unaufschiebbarkeit sind auch die Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr oder eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens berechtigt, unter den im Abs 2 genannten Voraussetzungen die dort bezeichneten Gegenstände zu entfernen oder entfernen zu lassen. ...

(4) - (6) ...

(7) Das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs 2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig.

(7a) - (8) ..."

2.2.1. Nach der übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hat die Behörde in einem Kostenvorschreibungsverfahren zwar gleichsam als Vorfrage zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 gegeben und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war und erst bei Bejahung dieser Frage zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen (VfSlg. 13533/1993, 14243/1995, ). Das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung ist aber nicht Hauptgegenstand eines Kostenverfahrens nach § 89a Abs 7 StVO 1960, sondern bloß die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung (VfSlg. 13533/1993, ).

2.2.2. Ausgehend von diesen Ausführungen hat auch der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall gemäß Art 137 B-VG zur Prüfung der Begründetheit der Klage zunächst zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 gegeben und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war.

2.3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt zur Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 bereits die begründete Besorgnis, es werde zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen, sodaß das Vorliegen einer bereits eingetretenen konkreten Verkehrsbeeinträchtigung als Voraussetzung für die Entfernung des Fahrzeuges nicht erforderlich ist (vgl. zB , VwGH (verstärkter Senat) , 89/02/0195).

2.3.2. In dem dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Graz, Strafamt, Z CST 28787/GR/98, befindet sich unter anderem ein auf Ersuchen der Bundespolizeidirektion Graz, Strafamt, verfaßter Bericht der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer Finanz, der folgenden Wortlaut hat:

"B E R I C H T

Da die Haltestellentafel auf dem Wartehäuschen angebracht ist und sich dieses nicht in der Mitte sondern am Anfang des Haltestellenbereiches befindet, enden die 15 m wie in der Skizze eingezeichnet und stand das Fahrzeug außerhalb des 15 m Bereiches.

Dies wurde vom Anzeiger (W. A.) und Verantwortliche (Dipl.Ing. A. H., Tel. ...) der GVB bestätigt.

Bemerkt wird, daß die Haltestellentafel falsch angebracht ist.

Beilage: 1 Skizze M 1:500"

2.3.3. Aus der diesem Bericht beigelegten Skizze ergibt sich in eindeutiger Weise, daß das Kfz der klagenden Partei zwar innerhalb des betreffenden Haltestellenbereiches abgestellt wurde, jedoch außerhalb des Bereiches von 15 m vor bzw. nach der Haltestellentafel. Dies ergibt sich daraus, daß die Haltestellentafel auf dem Wartehäuschen angebracht ist, das sich wiederum nicht in der Mitte, sondern am äußerst linken Ende des Haltestellenbereiches (in Blickrichtung auf den Kaiser-Franz-Josef-Kai) befindet.

2.3.4. Auch aus dem ebenfalls im genannten Verwaltungsstrafakt einliegenden Zeugenvernehmungsprotokoll des A. W., der im Rahmen der Verkehrsaufsicht die Behinderungsanzeige im vorliegenden Fall erstattet hat, geht hervor, daß es sich beim vorliegenden Abstellort "eindeutig um einen sogenannten Haltestellenbereich handelt". Der Zeuge A. W. führte weiters aus, daß "die Fahrgäste nicht ordnungsgemäß aus- und einsteigen konnten und dadurch auch eine Verzögerung vorlag".

2.3.5. Im vorgelegten Verrwaltungsstrafakt befindet sich letztlich auch ein vom Anzeigenleger A. W. angefertigtes Foto, das das Kfz der klagenden Partei am Ende des Haltestellenbereiches (jedoch noch eindeutig innerhalb desselben) in einer Entfernung von ca. 50 cm zu den Gleisen der Straßenbahn zeigt.

2.3.6. Gemäß § 24 Abs 1 lite StVO 1960 ist im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels, das ist der Bereich innerhalb von 15 m vor und nach den Haltestellentafeln, während der Betriebszeiten des Massenbeförderungsmittels das Halten und Parken verboten. Aufgrund der im Verwaltungsstrafverfahren getätigten Erhebungen und des dort festgestellten Sachverhaltes wurde das gegen den Ehegatten der klagenden Partei eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG eingestellt. Begründend findet sich im vorgelegten Verwaltungsstrafakt folgender Aktenvermerk:

"Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß dem Besch. die ihm zur Last gelegte Verw.Übtg. nicht mehr angelastet werden kann. Der Genannte hat in seinen Rechtfertigungsangaben angeführt, daß kein strafbarer Tatbestand vorliegt. Weitere Erhebungen ergaben lt. Bericht des Wz. Finanz vom , daß das gegenständliche Fahrzeug außerhalb des 15 Meter-Haltestellenbereiches abgestellt war. Es wurden die erwähnten Haltestellentafeln falsch angebracht und zwar auf dem Wartehäuschen. Es konnte auch über den Vorfall eine Übersichtsskizze vorgelegt werden."

2.3.7. Gemäß der übereinstimmenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens keine Bindungswirkung verbunden, sondern die für die Kostenvorschreibung zuständige Behörde hat selbst die Voraussetzungen des § 89a Abs 2 und Abs 7 StVO 1960 zu prüfen (vgl. zB A1/99, ).

Der Verfassungsgerichtshof hegt jedoch aufgrund des sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt in eindeutiger Weise ergebenden Sachverhaltes keinerlei Zweifel daran, daß das Kfz der klagenden Partei zum Zeitpunkt der Abschleppung verkehrsbeeinträchtigend im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 abgestellt war. Abgesehen davon, daß nach der bereits zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß zur Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 bereits die begründete Besorgnis genüge, es werde zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen, sodaß das Vorliegen einer bereits eingetretenen konkreten Verkehrsbeeinträchtigung als Voraussetzung für die Entfernung des Fahrzeuges nicht erforderlich sei, ergibt sich aus der Zeugenaussage des A. W., daß im vorliegenden Fall jedenfalls auch bereits eine konkrete Verkehrsbeeinträchtigung eingetreten ist.

Darüber hinaus ist auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/02/0163, zu verweisen, in dem dieser ausgesprochen hat, die Behörde habe zu Recht davon ausgehen können, daß das im Haltestellenbereich in einer Entfernung von ca. 80 cm (im vorliegenden Fall nur etwa 50 cm) zum Gleis während der Betriebszeit der Straßenbahn abgestellte Fahrzeug deren Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen behindert hat, sodaß das Fahrzeug sohin unter Berücksichtigung des Ortes im Zeitpunkt seiner tatsächlichen Entfernung verkehrsbeeinträchtigend abgestellt war.

Daß die Verkehrsbeeinträchtigung während der Betriebszeit des Massenbeförderungsmittels eingetreten ist, ergibt sich bereits daraus, daß der Anzeigenleger A. W. eine vom Kfz der klagenden Partei nach dem Abstellen des Kfz am betreffenden Ort verursachte konkrete Verkehrsbeeinträchtigung festgestellt hat, die sich eben darin äußerte, daß Fahrgäste der Straßenbahn durch das Kfz beim Ein- und Aussteigen behindert wurden. Daß das Kfz eindeutig innerhalb des Haltestellenbereiches abgestellt war, ergibt sich schließlich auch noch aus dem Klagsvorbringen selbst, wonach das Kfz "zumindest 27 m weit von der Haltestellentafel entfernt abgestellt war", in Verbindung mit der im Verwaltungsstrafakt einliegenden Skizze sowie dem vom Anzeigenleger A. W. angefertigten Foto.

An dem dem Verwaltungsstrafakt eindeutig entnehmbaren Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 vermag schließlich auch die Tatsache nichts zu ändern, daß das Abstellen des Kfz der klagenden Partei nicht gegen die Bestimmung des § 24 Abs 1 lite StVO 1960 verstoßen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nämlich aus dem Wortlaut des § 89a Abs 2 StVO 1960 jedenfalls nicht abgeleitet werden, daß ein zumindest objektiver Verstoß gegen eine straßenpolizeiliche Vorschrift Voraussetzung für die zwangsweise Entfernung eines den Verkehr beeinträchtigenden Gegenstandes auf der Straße wäre, weil es hiebei ausschließlich auf das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung ankommt, die eine Beseitigung des betreffenden Hindernisses auf raschestem Weg erfordert (zB , , 85/02/0002).

2.3.8. Für den Verfassungsgerichtshof steht damit in eindeutiger Weise fest, daß durch das Kfz der klagenden Partei - jedenfalls im Zeitpunkt seiner tatsächlichen Entfernung - der Verkehr im Sinn des § 89a Abs 2 StVO 1960 beeinträchtigt wurde.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat in weiterer Folge zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten für die Entfernung eines Fahrzeuges gemäß § 89a Abs 7 StVO 1960 aufzuerlegen.

2.4.1. Gemäß der Bestimmung des § 89a Abs 7 vorletzter Satz StVO 1960 sind - wenn der Gegenstand zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden ist, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs 2 oder 3 noch nicht vorlagen - die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war.

2.4.2. Mag auch im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Abstellens des Kfz der klagenden Partei noch keine (konkrete) Verkehrsbeeinträchtigung vorgelegen sein, so ergibt sich doch aus dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Verwaltungsstrafakt, daß bereits zu diesem Zeitpunkt der Eintritt einer Verkehrsbeeinträchtigung vorhersehbar gewesen sein mußte, weil deutlich erkennbar war, daß sich das Kfz zwar weiter als 15 m von der - im Widerspruch zu § 24 Abs 1 lite StVO 1960 aufgestellten - Haltestellentafel entfernt, aber immer noch innerhalb des Haltestellenbereiches befand. Zumindest für den Fall des Eintreffens der nächsten Straßenbahn wäre daher mit einer Verkehrsbeeinträchtigung in Form der Behinderung der Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen zu rechnen gewesen.

2.5. Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 89a Abs 7 StVO 1960 erfüllt sind, die die Kostentragung der klagenden Partei als Zulassungsbesitzerin für die Entfernung und das Aufbewahren ihres Kfz normieren, war das Klagebegehren abzuweisen.

2.6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.