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OGH vom 02.08.2016, 14Os58/16k

OGH vom 02.08.2016, 14Os58/16k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Furkan U***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 27 Hv 2/16d 12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Furkan U***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (1) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (2) schuldig erkannt.

Danach hat er am in P*****

1/ Simon Pu***** dadurch, dass er einen Deodorant-Spray gegen diesen richtete und ihm mitteilte, es handle sich um einen Pfefferspray, den er einsetze, wenn jener weiter auf ihn zugehe, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich 15 Briefchen mit je 0,9 Gramm Kokain, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen;

2/ durch die zu Punkt 1 beschriebene Tat vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain, erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 10 und 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Der Einwand der Subsumtionsrüge (Z 10), das angelastete Verhalten wäre „als Betrug nach § 146 StGB zu beurteilen gewesen“, weil „das Besprühen mit Deospray weder das Tatbestandselement Gewalt noch eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben objektiv verwirklicht“, geht prozessordnungswidrig nicht von der Gesamtheit des Urteilssachverhalts aus (RIS Justiz RS0099810), demzufolge der Beschwerdeführer einen als Pfefferspray bezeichneten Deodorant-Spray auf das Opfer gerichtet und dessen Einsatz (drohend) angekündigt habe (US 4). Weshalb das Opfer in dieser Situation nicht den – für die Tatbestandserfüllung maßgeblichen – Eindruck gewinnen sollte, der Beschwerdeführer wolle und könne das angedrohte Übel (einer Körperverletzung) verwirklichen (vgl RIS-Justiz RS0092519, RS0094135; Jerabek in WK 2 StGB § 74 Rz 23 und 33), erklärt der Beschwerdeführer nicht.

Dem weiteren Vorbringen zuwider (der Sache nach Z 5 dritter Fall) steht die Feststellung zur subjektiven Tatseite, dem Beschwerdeführer sei es darauf angekommen, „mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben“ zu drohen (US 5), nicht im Widerspruch zum – aus den übrigen Konstatierungen folgenden – Umstand fehlender Möglichkeit des Beschwerdeführers, das angekündigte Übel auf die genannte Weise (objektiv) zu verwirklichen (vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0127353).

Die Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts verfehlt auch der Einwand (Z 10), der Beschwerdeführer habe bei der inkriminierten Ankündigung, einen Pfefferspray einzusetzen, Mitgewahrsam des Opfers am Kokain bereits gebrochen, weshalb „vorbehaltlich des Bejahens des Begriffes der Gewalt oder gefährlichen Drohung räuberischer Diebstahl nach § 131 StGB“ verwirklicht worden sei. Nach den – von der Rüge übergangenen – Feststellungen sei der Tatplan nämlich von vornherein auf die Anwendung räuberischer Mittel (hier Drohung unter Vorgabe des Einsatzes eines Pfeffersprays) gerichtet gewesen, um den zu erwartenden Widerstand des Opfers beim Wegnahmevorgang zu überwinden (US 4 f und 14 f). Die konstatierte (listige) Erlangung von Mitgewahrsam vor der Drohung steht solcherart der Annahme von Raub nicht entgegen (RIS-Justiz RS0124007; Eder-Rieder in WK 2 StGB § 142 Rz 9/1).

Gegenstand der Diversionsrüge (Z 10a) ist ausschließlich die rechtsfehlerhafte Nichtanwendung der Diversion (RIS-Justiz RS0119091, RS0119092). Dies ist – von (hier nicht relevierten) Feststellungsmängeln abgesehen – auf Basis des Urteilssachverhalts unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Diversionsvoraussetzungen – hier insbesondere des Fehlens schwerer Schuld (vgl § 19 Abs 2 iVm § 7 Abs 2 Z 1 JGG [dazu Schroll in WK 2 JGG § 7 Rz 15] sowie § 35 Abs 2 Z 2 SMG) – methodengerecht darzulegen. Diese Vorgaben erfüllt die Rüge nicht einmal ansatzweise, indem sie bloß unsubstantiiert unterlassene Prüfung der „diversionellen Möglichkeiten nach § 19 Abs 2 JGG“ bemängelt.

Weshalb das Erstgericht „betreffend das Faktum 2.“, also hinsichtlich des in Idealkonkurrenz (mit Raub) verwirklichten Vorwurfs nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG hätte „nach § 37 SMG vorgehen müssen“, führt der Beschwerdeführer ebenfalls nicht näher aus (vgl hingegen Schroll , WK-StPO § 198 Rz 46 und 49 sowie § 203 Rz 35; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 523).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00058.16K.0802.000