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OGH vom 26.07.2016, 9ObA79/16g

OGH vom 26.07.2016, 9ObA79/16g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon. Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Wolfgang Cadilek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung nach § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert 65.400 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 21.800 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 17/16x 14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Bereits in der Entscheidung 8 ObA 274/98x wurde darauf verwiesen, dass die durch Art V § 1 Z 1 der NSchG-Nov 1992 idF BGBl 1992/473 erfassten Arbeitnehmer Anspruch auf die Leistungen gemäß § 3 dieses Gesetzes haben, wenn die zeitlichen Anspruchsvoraussetzungen des Art V § 2 Abs 1 erster Satz dieses Gesetzes in der Weise erfüllt sind, dass bei Zutreffen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen während der Nachtarbeit von zumindest sechs Stunden in diese Zeit vom Arbeitnehmer verrichtete unmittelbare Betreuungs- und Behandlungsarbeit im Ausmaß von zumindest vier Stunden fällt. Die negative Anspruchsvoraussetzung, dass in die Nachtarbeitszeit nicht „regelmäßig und in erheblichem Ausmaß“ Arbeitsbereitschaft fällt, ist in Analogie zu der vergleichbaren Formulierung in § 5 AZG dahingehend zu verstehen, dass die Dauer der Arbeitsbereitschaft nur etwa ein Drittel der gesamten Bezugsgröße ausmachen dürfe.

2. Zu der zwischen den Parteien des vorliegenden Feststellungsverfahrens einzig noch strittigen Frage, ob als Bezugsgröße die Mindestdauer von sechs Stunden oder die tatsächlich von den (mehr als drei) vom Feststellungsbegehren betroffenen Arbeitnehmern der Beklagten zwischen 22 Uhr und 6 Uhr geleistete Nachtarbeit von acht Stunden heranzuziehen ist, stellte der Oberste Gerichtshof zu 9 ObA 119/15p nochmals klar, dass unabhängig von der konkreten Dauer der während der Nachtarbeitszeit (22 Uhr bis 6 Uhr) verrichteten Arbeit, solange sie nur mindestens sechs Stunden beträgt, eine bereits vier Stunden verrichtete (faktische) unmittelbare Betreuungs- und Behandlungsarbeit für Patienten als Nachtschwerarbeit gilt und zum Anspruch auf ein Zeitguthaben nach Art V § 3 Abs 1 NSchG-Nov 1992 führt.

3. Die Revision bietet keine Grundlage, um von dieser mittlerweile als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung abzugehen.

Richtig ist, dass der Gesetzgeber in Art VII Abs 2 Z 6 NSchG für eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern die Mindestdauer einer bestimmten Arbeitsleistung (vier Stunden Tragen eines Atemschutzgerätes bzw zwei Stunden Tragen eines Tauchgerätes) als Voraussetzung für die Annahme von Nachtschwerarbeit ausdrücklich normiert. Das lässt aber nicht den Schluss zu, dass in anderen Fällen, in denen die Dauer der Nachtarbeit sechs Stunden übersteigt, nur bei einer vier Stunden überschreitenden Arbeitsleistung Nachtschwerarbeit anzunehmen ist. Andernfalls hätte dies zur Folge, dass Arbeitnehmer, die länger unmittelbare Betreuungs- und Behandlungsarbeit für Patienten leisten, nur deshalb keinen Anspruch auf das gesetzlich vorgesehene Zeitguthaben hätten, weil ihre Nachtarbeitszeit insgesamt länger dauert. Das lässt sich aber auch nicht durch einen höheren Erholungswert längerer Arbeitsbereitschaft rechtfertigen, steht dem doch bei Arbeitnehmern mit kürzerer Nachtarbeitszeit Freizeit gegenüber.

Aus Art VII Abs 4 NSchG ist nur abzuleiten, dass als Ausnahme von der Grundregel Nachtschwerarbeit bei der dort genannten Berufsgruppe (Feuerwehr) auch dann anzunehmen ist, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. Auch aus dieser Bestimmung ist für die Beklagte daher nichts zu gewinnen.

4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00079.16G.0726.000