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VfGH vom 30.06.2011, a8/10

VfGH vom 30.06.2011, a8/10

Sammlungsnummer

19444

Leitsatz

Abweisung einer Klage auf Rückzahlung einer trotz rechtsunwirksamer Zustellung des Straferkenntnisses zwangsweise eingetriebenen Geldstrafe; Zahlung mangels Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung einer freiwilligen Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld gleichzuhalten

Spruch

I. Das Klagebegehren, das Land Steiermark sei schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters den Betrag von € 607,30 s.A. binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen, wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat dem Land Steiermark Kosten in der Höhe von € 306,50 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt und Klagebegehren

1. In der auf Art 137 B-VG gestützten, gegen das Land Steiermark gerichteten Klage bringt der Kläger vor, dass über ihn mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom wegen Übertretung einer näher bezeichneten Bestimmung des Steiermärkischen Jagdgesetzes eine Geldstrafe von € 500,-- verhängt worden sei. Dieses Straferkenntnis sei dem Beschwerdeführer persönlich, nicht hingegen dem schon im Verwaltungsstrafverfahren eingeschrittenen Beschwerdevertreter zugestellt worden, obwohl sich dieser in seinem Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung auf die erteilte Vollmacht berufen und ausdrücklich beantragt habe, Zustellungen ausschließlich an ihn vorzunehmen. Die in diesem Zusammenhang gegebene Begründung in der Klagsschrift lautet wörtlich wie folgt:

"Dieser Bescheid wurde allerdings nicht dem ausgewiesenen Vertreter sondern lediglich der klagenden Partei persönlich zugestellt. Dies obwohl der Kläger bereits im Verwaltungsstrafverfahren ab der Einspruchserhebung von seinem ausgewiesenen Rechtsfreund vertreten war und dieser sich auf die ihm erteilte Vollmacht gemäß § 8 RAO, § 10 AVG, berufen hat und eigens die Zustellung zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters begehrt hat.

Beweis: der Akt GZ 15.12007/1145 Bezirkshauptmannschaft Bruck an d. Mur; PV."

2. Der Kläger habe die Zahlung des Strafbetrages ausschließlich aufgrund exekutiver Schritte (Fahrnis- und Gehaltsexekution), sohin "unter Druck" geleistet und mit Eingabe vom die Rückzahlung des Strafbetrages unter Hinweis einerseits auf die unwirksame Zustellung und andererseits auf die mittlerweile eingetretene Verfolgungsverjährung beantragt. Das Land Steiermark sei dem Rückzahlungsbegehren nicht nachgekommen. Unter Hinweis auf die Unzulässigkeit der Zustellung an die Partei bei ausgewiesenem Vertretungsverhältnis beantragt der Kläger die Rückzahlung der Strafe in der Höhe von € 500,--, der ihm auferlegten Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von € 50,-- und der ihm angelasteten Kosten des Exekutionsbewilligungsbeschlusses in der Höhe von € 57,30.

II. Vorverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

1. Die beklagte Partei bestreitet in ihrer rechtzeitig erstatteten Gegenäußerung das Klagebegehren und beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung; sie bringt in ihrem Schriftsatz Folgendes vor:

"Der Bezirkshauptmann von Bruck an der Mur hat mit Strafverfügung vom , anhängig zu GZ /1145, über die - nunmehr - klagende Partei eine Geldstrafe von - gesamt - EUR 500,00 verhängt, weil sie am zwischen 12:20 Uhr und 12:25 Uhr bzw. am zwischen 12:25 Uhr und 12:55 Uhr Übertretungen in Ansehung des § 77 iVm § 50 (4) Stmk JagdG 1986 begangen hat.

Der Rechtsfreund Dr. T K der klagenden Partei hat am einen Einspruch für die klagende Partei in Ansehung der angesprochenen Strafverfügung erhoben.

Der Rechtsfreund Dr. T K hat am - im Rechtshilfeweg bei der BuPolDion Graz - Akteneinsicht genommen.

Der Rechtsfreund Dr. T K hat am für die klagende Partei eine Äusserung erstattet, wobei erneut der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt wurde.

Der Rechtsfreund Dr. T K hat am - im Rechtshilfeweg bei der BuPolDion Graz (Ladung vom ) - Akteneinsicht genommen.

Der Rechtsfreund Dr. T K hat am für die klagende Partei eine - weitere - Äusserung erstattet.

Der Bezirkshauptmann hat mit Straferkenntnis vom die gegenständliche Strafverfügung - inhaltlich - bestätigt. Das angesprochene Straferkenntnis wurde der klagenden Partei - direkt - zugestellt.

Die Verwaltungsstrafbehörde hat infolge nicht fristgerechter Bezahlung am den Antrag auf Forderungsexekution gemäss § 294a EO und Fahrnisexekution gestellt, wobei das Bezirksgericht Graz-Ost mit Beschluss vom die gegenständlichen Exekutionen bewilligt hat.

Die klagende Partei hat am den in Exekution gezogenen Betrag (samt Kosten) bezahlt, weshalb die Verwaltungsstrafbehörde mit Antrag vom die Einstellung der gegenständlichen Exekutionen beantragte.

Der Rechtsfreund Dr. T K hat mit Antrag vom für die klagende Partei das Ersuchen gestellt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und beantragt, die bezahlten Kosten in Höhe von EUR 607,30 rückzuerstatten. Der Rechtsfreund brachte im Wesentlichen - wie folgt - vor:

'Zumal dem im Verfahren ausgewiesenen, mit Zustellvollmacht ausgestatteten Vertreter in diesem Verwaltungsstrafverfahren der Strafbescheid nicht zugestellt wurde und somit unter Hinweis auf das Zustellgesetz ein Straferkenntnis (Bescheid) nie rechtswirksam ergangen ist, ist das im Betreff angeführte Verwaltungsstrafverfahren infolge Verjährung der Strafbarkeit einzustellen. Nachdem die Zahlung des Strafbetrages in Höhe von EUR 550,00 zuzüglich der Kosten des Exekutionsverfahren[s] in Höhe von EUR 57,30, insgesamt somit EUR 607,30, rechtsgrundlos erfolgte, ..., wird der Rückzahlungsantrag gestellt.'

Beweis: PV (Wir verzichten auf die PV auf unserer

Seite.);

vorzulegende Urkunden und Korrespondenz;

weitere Beweise im Bestreitungsfalle ausdrücklich vorbehalten.

2. Würdigung des - massgeblichen - Sachverhaltes:

Der Rechtsfreund Dr. T K der nunmehr klagenden Partei ist im gegenständlichen Verfahren mehrfach (!) persönlich eingeschritten, wobei er mehrere (!) Schriftsätze - bezogen auf den Zeitraum vor und nach Erlassung des Straferkenntnisses und der Zustellung der Exekutionsbewilligung - verfasst hat.

Richtig ist, dass das Straferkenntnis vom - direkt - der klagenden Partei zugestellt wurde.

Es ist - beweiswürdigend - unter Bedachtnahme insbesondere auf das mehrfache Einschreiten des Rechtsfreundes Dr. T K (vor und nach der Erlassung des Straferkenntnisses und der Exekutionsbewilligung) auszuschliessen, dass die klagende Partei das ihr zugestellte Straferkenntnis und die Exekutionsbewilligung nicht ihrem Rechtsfreund ausgehändigt hat, um die weitere strategische Vorgangsweise festzulegen.

Bei verständiger Würdigung und lebensnaher Betrachtung (auch in Beachtung der Zeitachse) hat - auf den Punkt gebracht - die klagende Partei und ihr Rechtsfreund die - nach aussen offenkundige - Marschroute gewählt, infolge der fehlerhaften Zustellung den exekutiv betriebenen Anspruch zu befriedigen, weil die (irrtümliche) Rechtsauffassung vertreten wurde, dass ohnedies - problemlos - ein erfolgversprechender Rückzahlungsantrag gestellt werden könne.

Wäre diese - hier nicht zutreffende - Rechtsauffassung nicht vertreten worden, hätte die klagende Partei - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - mit einfachsten Instrumentarien der Rechtsordnung das Straferkenntnis (zB Berufung) und/oder die Exekutionsbewilligung (zB Oppositionsklage) bekämpft. Ihre Rechtsmittel wären von Erfolg gekrönt gewesen, wobei - 'als Schönheitsfehler' für die klagende Partei - die Behörde - innerhalb der sodann noch offenen Strafbarkeitsverjährung - das Straferkenntnis nochmals zugestellt hätte.

Ein besonders beredter Zeuge des massgeblichen, hier zugrunde gelegten Sachverhaltes ist der Umstand, dass der Recht[s]freund der klagenden Partei nahezu ein Jahr (!) nach Bezahlung der Geldstrafe einen Antrag auf Rückzahlung stellte, 'interessanterweise' zu einem Zeitpunkt als 'zufällig' die Strafbarkeitsverjährung eingetreten war."

2. In rechtlicher Hinsicht zieht die beklagte Partei die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes in Zweifel und hält das Klagebegehren für unbegründet. Die beklagte Partei beantragt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und kostenpflichtige Klagsabweisung.

3. Die klagende Partei replizierte auf dieses Vorbringen mit Schriftsatz vom in folgender Weise:

"1.) Die beklagte Partei übersieht, dass der Kläger eben gerade nicht freiwillig sondern erst zu einem Zeitpunkt, als Zwangsmaßnahmen drohten, die klagsgegenständlichen Zahlungen geleistet hat.

Das angerufene Höchstgericht hat in jüngster Zeit mehrfach ausgesprochen, dass der irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld, die Zahlung einer Nichtschuld unter dem Druck der Exekution, gleichzustellen ist. Nachdem die hier gegenständlichen Zahlungen ganz offensichtlich erst unter dem Druck von Zwangsmaßnahmen erfolgten (und eben nicht bereits freiwillig vor exekutiver Betreibung durch die beklagte Partei) sind gegenständliche Zahlungen nach ständiger Rechtsprechung des angerufenen Höchstgerichtes zurückzuerstatten.

2.) Entgegen der rechtsirrigen Ansicht der beklagten Partei kommt es bei der von der Rechtssprechung des angerufenen Höchstgerichtes gleichzustellenden Alternative der Zahlung unter dem Druck exekutiver Schritte einzig auf das Element der Unfreiwilligkeit an. MAW: Ohne Einleitung des Exekutionsverfahrens und der drohenden Zwangsmaßnahmen wäre eine Zahlung nicht erfolgt. Die Zahlung einer Nichtschuld unter dem Druck der Vollstreckung gewährt damit ohne Rücksicht auf einen Irrtum des Leistenden einen Kondiktionsanspruch ( VfSlg. 8812/1980, 16.036/2000 ua.) 'Auf den Punkt gebracht' bedeutet dies, dass die Rückforderung einer Leistung trotz eines Bewusstseins zu dieser nicht verpflichtet zu sein, gerechtfertigt ist, wenn die Zahlung zur Abwehr einer Zwangsvollstreckung geleistet wurde.

3.) Nachdem es auf subjektive Momente nicht ankommt, ist der anspruch[s]begründende Sachverhalt bereits durch die Angaben der beklagten Parteien in ihrer Gegenäußerung in Verbindung mit dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt hinreichend geklärt, sodass nach Ansicht der klagenden Partei sowohl die Parteieneinvernahme als auch eine mündliche Verhandlung entbehrlich sind (auf die Parteieneinvernahme des Klägers wird ausdrücklich verzichtet).

Der Antrag auf kostenpflichtige Klagsstattgebung wird daher ausdrücklich aufrecht erhalten."

4. Die beklagte Partei erstattete zur Replik der klagenden Partei eine weitere Äußerung, in der sie ihren bisherigen Rechtsstandpunkt bekräftigte.

III. Rechtslage

1. § 2 Z 1 des ZustellG in der hier bereits anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I 5/2008, lautet:

"§2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1.'Empfänger': die von der Behörde in der Zustellverfügung (§5) namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll;"

2. § 9 Abs 1 und 3 des ZustellG in der für den strittigen Zustellvorgang im Jahre 2009 bereits maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I 5/2008 lautet:

"§9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) ...

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

IV. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

Der Verfassungsgerichtshof ist vor dem Hintergrund seiner ständigen Rechtsprechung zur Rückforderung bereits geleisteter Geldstrafen zur Entscheidung über die vorliegende Klage zuständig (vgl. die seit VfSlg. 5001/1965 ständige Rechtsprechung zB VfSlg. 8812/1980, 9556/1982, 13.993/1994 und 15.175/1998).

2. In der Sache

2.1. Hinsichtlich des Teilbetrages von € 57,30 ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil diese Kosten nicht auf dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom beruhen, sondern auf dem rechtskräftigen Exekutionsbewilligungsbeschluss des Bezirksgerichtes, wie der Kläger auch selbst vorbringt. Dieser Beschluss gehört aber weiterhin dem Rechtsbestand an. Der Rechtsgrund für diese Zahlung ist daher nicht weggefallen, sodass die Klage insoweit schon aus diesem Grund keinen Erfolg hat (vgl. VfSlg. 8812/1980).

2.2. Die Klage ist aber auch im Übrigen nicht begründet:

2.2.1. Die dem Rechtsvertreter eingeräumte Vertretungsvollmacht schließt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich auch die Zustellvollmacht mit ein (siehe z.B. VwSlg. 2027 A/1951 und 5222 A/1960, aus jüngerer Zeit das Erkenntnis des ). Gemäß § 2 Abs 1 ZustellG wird jemand "Empfänger" einer Postsendung im Wege der Bezeichnung durch die Behörde in der Zustellverfügung. § 9 Abs 3 ZustellG ordnet zwar an, dass bei bestehendem Zustellungsbevollmächtigten dieser als "Empfänger" der Sendung zu bezeichnen ist. Eine Zustellung, die entgegen dieser Bestimmung an den Vertretenen erfolgt, ist daher unwirksam (st Rsp zuletzt VfSlg. 18.356/2008). Anders als in der Fassung davor (vgl dazu VwSlg. 16.828 A/2006) sieht § 9 Abs 3 ZustellG in der Fassung der Novelle BGBl. I 5/2008 aber nunmehr (wieder) eine Heilung der Zustellung vor, die aber erst in dem Zeitpunkt eintritt, zu dem das Schriftstück dem (rechtswidrig nicht als Empfänger bezeichneten) Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugegangen ist.

2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung bei der Rückforderung von Zahlungen wegen nicht ordnungsgemäß zugestellter Bescheide die privatrechtlichen Bestimmungen über Bereicherung auch im öffentlichen Recht direkt oder analog angewendet, um vorhandene Lücken des öffentlichen Vermögensrechtes zu schließen. Dabei reicht es im Allgemeinen nicht aus, dass die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt ist; es bedarf zusätzlich eines Willensmangels des Leistenden (vgl. dazu unter Berufung auf Rummel in: Rummel, ABGB3, Vor § 1431, Rz 21), im Falle des § 1431 ABGB also eines Irrtums über die Zahlungsverpflichtung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes können entrichtete Geldstrafen daher gestützt auf § 1431 ABGB unter zwei Voraussetzungen zurückgefordert werden, nämlich wenn es an einem Titel im Sinne einer rechtlichen Deckung fehlt und die Leistung aufgrund eines Irrtums erbracht worden ist.

2.2.3. Eine Zahlung in Kenntnis des Umstandes, dass sie nicht geschuldet wird, kann daher nicht zurückgefordert werden (VfSlg. 18.532/2008). Einem Irrtum hat der Verfassungsgerichtshof - hierin der zivilgerichtlichen Judikatur (vgl. deren Wiedergabe bei Rummel, aaO, § 1431 Rz 6) folgend - jedoch die Zahlung einer Nichtschuld unter dem Druck der Exekution (somit unter Zwang) gleichgehalten.

2.2.4. Der Sachverhalt im grundlegenden Erkenntnis VfSlg. 8812/1980, in welchem ein auf § 1431 ABGB gestützter Rückforderungsanspruch bejaht worden ist, glich dem hier zu beurteilenden insoweit, als auch in jenem Fall eine Strafverfügung nicht rechtswirksam zugestellt wurde. Jener Sachverhalt unterscheidet sich von dem hier vorliegenden aber darin, dass die Behörde, obwohl sie auf diesen Umstand aufmerksam gemacht worden war, die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung eingetrieben hatte.

2.2.5. Im Anschluss an das Erkenntnis VfSlg. 8812/1980 bejahte der Verfassungsgerichtshof die Rückforderbarkeit einer unter dem Druck der Exekution geleisteten Zahlung auch im Erkenntnis VfSlg. 16.036/2000: Der Sachverhalt dieses Erkenntnisses war - abgesehen von einem auch in diesem Fall vorliegenden Zustellmangel - derart gelagert, dass die Partei zunächst aufgrund einer Ratenvereinbarung mit der Behörde Zahlungen geleistet, die Behörde nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist auf den Zustellmangel aufmerksam gemacht hatte, worauf die Behörde - in Kenntnis dieser Einwendung - den Restbetrag im Exekutionsweg eingetrieben hat. Der VfGH wies das Rückforderungsbegehren hinsichtlich der aufgrund einer Ratenvereinbarung trotz Kenntnis der Nichtschuld geleisteten Zahlungen ab, gab ihr jedoch hinsichtlich der nach Kenntnis der Behörde vom Zustellmangel unter dem Druck der Zwangsvollstreckung geleisteten Zahlungen statt.

2.2.6. Der hier vorliegende Fall gleicht den zitierten Fällen insoweit, als auch hier ein Zustellmangel vorliegt und der Kläger im Zeitpunkt der Zahlung wusste, dass er den Strafbetrag nicht schuldete. Er unterscheidet sich von den zuvor zitierten Fällen aber darin, dass der Kläger die Behörde bei Erhalt der Zahlungsaufforderung zunächst nicht auf den Zustellmangel aufmerksam gemacht hat und selbst dann, als die Behörde Exekutionsschritte einleitete, in Kenntnis des Zustellmangels - und damit der Nichtschuld - die Eintreibung der nicht geschuldeten Zahlungen (die Zahlung erfolgte am ) widerstandslos und insbesondere ohne die Erhebung von Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung gemäß § 39 Abs 1 Z 10 EO über sich ergehen ließ. Erst Monate nach erfolgter Zahlung, nämlich am , beantragte der Kläger durch den Klagevertreter unter Hinweis auf die nunmehr eingetretene Verfolgungsverjährung die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

2.2.7. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, dass der hier vorliegende Fall den Fällen der beiden Vorjudikate nicht gleichzuhalten ist: Der klagenden Partei ist zwar darin Recht zu geben, wenn sie gegen die Ausführungen der beklagten Partei einwendet, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die Behörde auf einen ihr unterlaufenen Fehler aufmerksam zu machen. Der Verfassungsgerichtshof kann unter den Umständen des hier vorliegenden Falles aber nicht finden, dass im Falle der Zahlung einer nicht geschuldeten Geldstrafe in voller Kenntnis der Nichtschuld der Druck eines Exekutionsverfahrens das Fehlen des Irrtums über das Bestehen dieser Schuld beim Verpflichteten auch dann ersetzt, wenn dieser es nicht nur unterlässt, die Behörde zur Vermeidung eines Exekutionsverfahrens auf den Zustellmangel aufmerksam zu machen, sondern es auch nach Einleitung der Zwangsvollstreckung vermeidet, sich mittels der ihm leicht zu Gebote stehenden und auch nahe liegenden Mittel gegen die zwangsweise Eintreibung der Geldforderung zur Wehr zu setzen, und zwar in der angesichts der zeitlichen Abfolge der Ereignisse anzunehmenden Absicht, der Behörde die Möglichkeit zu nehmen, den unterlaufenen Zustellmangel noch vor Ablauf der Frist für die Verfolgungsverjährung zu sanieren.

2.2.8. Eine unter diesen Umständen geleistete - wenngleich im Exekutionsweg herbeigeführte - Zahlung steht der freiwilligen Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld näher als einer Zahlung "unter dem Druck der Exekution" im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung.

2.3. Um die erforderliche Grenzziehung zum ansonsten möglichen Rechtsmissbrauch zu gewährleisten, kann vielmehr Zwang bei der Eintreibung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung dem Bestehen eines Irrtums über die Leistung einer Nichtschuld im Sinne des § 1431 ABGB nur dann gleichgehalten werden, wenn er ungeachtet der Einwendungen oder eines Rechtsmittels des Verpflichteten, in dem dieser auf das Fehlen der Verbindlichkeit hinweist, ausgeübt wird. Ein Verpflichteter, der sich insoweit verschweigt, ist dem gleichzuhalten, der in Kenntnis der Nichtschuld freiwillig leistet; er kann daher auch in der Folge die geleisteten Zahlungen nicht rückfordern.

V. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Das Klagebegehren erweist sich daher als unbegründet, weshalb die Klage abzuweisen war.

2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 35 VfGG und § 41 ZPO; in den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 51,08 enthalten.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.