TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 30.11.1981, A7/80

VfGH vom 30.11.1981, A7/80

Sammlungsnummer

9280

Leitsatz

Art137 B-VG; Klage einer Gemeinde gegen ein Bundesland wegen Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben; aktive und passive Klagslegitimation gegeben;

Finanzausgleichsgesetz 1973; Entstehung und Entwicklung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels; keine Bedenken, daß die Normierung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels an sich gegen das Gleichheitsgebot verstößt; keine Bedenken gegen § 8 Abs 3

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Gemeinde Waidhofen an der Thaya-Land erhebt Klage gemäß Art 137 B-VG gegen das Land NÖ "wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem Finanzausgleich in Höhe von S 240.000,-". Im Verfahren legte die klagende Partei die Berechnung des begehrten Betrages dar und stellte das zusätzliche Begehren um 4% Verzugszinsen ab .

Zur Begründung ihres Anspruches führt die klagende Partei - auf das Wesentliche zusammengefaßt - aus:

a) Die klagende Partei legt zunächst die Rechtslage nach dem FAG 1979 dar, wie sie bezüglich der Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die beteiligten Gebietskörperschaften - Bund, Länder und Gemeinden - gegeben ist. Die den Gemeinden eines Landes zukommenden Nettoertragsanteile seien in der sog. Unterverteilung gemäß § 10 Abs 2 letzter Satz FAG 1979 nach dem im § 8 Abs 3 umschriebenen abgestuften Bevölkerungsschlüssel zu verteilen. Nach diesem Schlüssel sei auch die Aufteilung auf die Gemeinden in dem Sonderfall des § 9 FAG 1979 vorzunehmen. Dieser Schlüssel sei nach § 10 Abs 3 FAG 1979 auch ein Kriterium für die Ermittlung des Finanzbedarfes der Gemeinden. In der nach § 8 Abs 2 FAG 1979 länderweise vorzunehmenden sog. Oberverteilung sei der abgestufte Bevölkerungsschlüssel nur bei Aufteilung der Erträge aus der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer von Bedeutung.

Der in seiner Wurzel auf das Gemeindeüberweisungsgesetz, StGBl. 364/1920, zurückgehende, in seiner heute geläufigen Form erstmals im Abgabenteilungsgesetz, BGBl. 125/1922, umschriebene abgestufte Bevölkerungsschlüssel sei in der Folge lediglich dadurch abgeändert worden, daß andere Multiplikatoren bzw. Zwischenstufen bei den Einwohnerzahlen eingeführt worden seien. Das System sei gleich geblieben, das Spannungsverhältnis sei aber im Laufe der Zeit abgebaut worden und betrage derzeit 1:2.

Seine Motivation habe der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ursprünglich darin gehabt, die zur Verfügung stehenden Finanzmittel in Anlehnung an das örtliche Aufkommen zur Verteilung zu bringen. Zu seiner Rechtfertigung sei ins Treffen geführt worden, daß das Steueraufkommen in Gemeinden mit einer höheren Volkszahl nicht nur im Verhältnis der Einwohnerzahlen, sondern in einem relativ günstigeren Verhältnis, gemessen an bevölkerungsärmeren Gemeinden, wachse, daß aber anderseits erfahrungsgemäß die Kosten für Art und Umfang der Verwaltungstätigkeit in volksreicheren Gemeinden in einem stärkeren Ausmaß stiegen, als dies der Steigerung der Einwohnerzahl entspreche. Es sei damals unter anderem von der Überlegung ausgegangen worden, daß die Grundausstattung von Gemeinden mit einer hohen Bevölkerungszahl gegenüber bevölkerungsärmeren Gemeinden ihrem Grund nach höher qualifiziert sein müsse, weil die Konzentrierung von Menschen in einer Gemeinde spezielle komunalpolitische Probleme aufwerfe.

In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des FAG 1948 werde zu § 4 ausgeführt, daß durch die darin vorgesehene Änderung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels die nachteiligen Auswirkungen für die Gemeinden bis zu 2.000 Einwohnern vermindert würden. Die Ausführungen des Berichterstatters im Nationalrat zum F-VG 1948 und zum FAG 1948 besagten ua., daß der abgestufte Bevölkerungsschlüssel allerdings seine Berechtigung habe, aber auch verschiedene Ungerechtigkeiten in sich schließe. Ob mit der jetzigen Korrektur dieses Schlüssels die Frage gelöst sei, müsse erst die Zukunft zeigen, wenn die praktischen Auswirkungen dieser Änderung zu erkennen seien. Es sei also schon damals die Problematik dieser Art der Verteilung von Abgabenertragsanteilen auf die Gemeinden erkannt worden. Das FAG 1948 stelle die Verteilung der Abgabenerträge nach dem Bedarf in den Vordergrund, ergänzt durch den vom Bund geleisteten Kopfquotenausgleich. Dem habe auch die Überlegung zugrunde gelegen, daß die großen Städte und größeren Gemeinden durch die Kriegsereignisse besonders betroffen gewesen seien und daher ein erhöhter Finanzbedarf gegeben gewesen sei, weiters, daß ein größeres Gemeinwesen für die Erfüllung seiner Aufgaben mehr finanzielle Mittel benötige und das Finanzerfordernis mit der Einwohnerzahl progressiv zunähme.

b) Die klagende Partei stellt dann die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers in Frage, zwischen den Gemeinden eines Bundeslandes eine unterschiedliche Aufteilung der Erträgnisse der gemeinschaftlichen Bundesabgaben vorzunehmen.

Der Inhalt der Finanzausgleichsgesetzgebung - als einfache bundesgesetzliche Regelung - sei hinsichtlich seiner Verfassungsmäßigkeit am F-VG 1948 und letztlich an der Bundesverfassung (gemeint offenbar am B-VG) selbst zu messen.

Das Verhältnis des F-VG 1948 und des FAG 1979 zueinander sei als Grundsatz- bzw. Ausführungsgesetz gekennzeichnet. Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel finde im ArtII des FAG 1979 seine Regelung und seine Anwendung. ArtII berufe sich auf die §§5 bis 11 F-VG 1948. Nach § 7 Abs 1 und 2 F-VG 1948 regle die Bundesgesetzgebung die Bundesabgaben, darunter die gemeinschaftlichen Bundesabgaben, es sei ihr weiters vorbehalten, Abgaben zu zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben zu erklären, sie regle letztlich Art und Ausmaß der Beteiligung des Bundes und der Länder (Gemeinden) an den geteilten Bundesabgaben. Die Arten der Abgaben seien in der Hauptsache im § 6 F-VG 1948 geregelt. Die Art der Beteiligung iS des § 7 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 liege in der Konstruktion der Abgabe. Das FAG 1979 sehe als zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geteilte Abgaben der Art nach gemeinschaftliche Bundesabgaben vor. Diese würden im § 7 Abs 1 bestimmt; das Ausmaß der Beteiligung werde gemäß § 8 Abs 1 generell in Hundertsätzen am Abgabenertrag zum Ausdruck gebracht. In der "Oberverteilung" würden die Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach den im § 8 Abs 2 FAG 1979 umschriebenen Schlüsseln aufgeteilt. Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel finde in diesem Bereich bei Verteilung der Lohnsteuer und zum Teil bei Verteilung der Umsatzsteuer auf die Gemeinden (Landessummen) Anwendung. Nach den so länderweise errechneten Anteilen an den Erträgnissen der gemeinschaftlichen Bundesabgaben erfolge die "Unterverteilung" - die Verteilung auf die Gemeinden - gemäß § 10 Abs 2 letzter Satz FAG 1979 (allein) nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel.

Es erscheine fraglich, ob die verfassungsgesetzliche Ermächtigung des § 7 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 für den Bundesgesetzgeber hinreiche, zwischen den Gemeinden eines Bundeslandes eine unterschiedliche Aufteilung vorzunehmen. Diese Ermächtigung müsse nach ihrem Wortlaut dahin verstanden werden, daß nur eine Verteilung zwischen den am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften einer Regelung unterzogen werden könne, was wiederum aus § 3 Abs 1 F-VG 1948 abzuleiten sei. Diese Bestimmung bringe nämlich eindeutig zum Ausdruck, daß die Bundesgesetzgebung nur dafür zuständig sei, die Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) zu regeln. Daß diesen Gebietskörperschaften darüber hinaus aus Bundesmitteln Finanzzuweisungen und Zuschüsse gewährt werden könnten, könne hier außer Betracht bleiben.

Wenn der Bundesverfassungsgesetzgeber die Zuständigkeiten des Bundes und der Länder nach Art 13 B-VG geregelt wissen wolle und auf das F-VG 1948 hinweise, so müsse daraus geschlossen werden, daß er dem einfachen Bundesgesetzgeber keine über den § 3 Abs 1 in Verbindung mit § 7 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 hinausgehende Gesetzgebungskompetenz einräumen wollte. Der Verfassungsgesetzgeber erwähne daher auch im F-VG 1948 den abgestuften Bevölkerungsschlüssel nicht. Hätte er den einfachen Bundesgesetzgeber zur Verteilung der Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben für die Gemeinden nach einer speziellen Differenzierung ermächtigen wollen, so hätte er in irgendeiner Art darauf hingewiesen. So gesehen mangle dem einfachen Bundesgesetzgeber eine Kompetenz, die "Unterverteilung" im dargestellten Sinn zu regeln. Soweit überhaupt eine rechtspolitische Notwendigkeit bestehe, die "Unterverteilung" gesetzlich zu regeln, käme mangels ausdrücklicher Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers hiefür der Landesgesetzgeber nach Art 15 B-VG in Betracht.

c) Die klagende Partei vertritt die Rechtsauffassung, daß die Bestimmungen des FAG 1979, die eine Differenzierung zwischen den Gemeinden vornehmen, auch aus folgenden Gründen verfassungswidrig seien.

Gemäß Art 116 Abs 1 und 2 B-VG gliedere sich jedes Land in Gemeinden. Die Gemeinde sei Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung und zugleich Verwaltungssprengel. Gemäß Art 118 B-VG sei der Wirkungsbereich der Gemeinde ein eigener und ein vom Bund oder Land übertragener. Der Aufgabenbereich der Gemeinden sei, wenn man von Art 116 Abs 3 B-VG absehe, gleich. In den Erläuternden Bemerkungen zur Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 werde ausgeführt, daß auf dem Boden des Verfassungsrechtes ein Unterschied zwischen größeren und kleineren Gemeinden nicht am Platz sei. Ob kleinere Gemeinden die ihnen im eigenen Wirkungsbereich zukommenden Aufgaben im Wege der Delegation durch andere Stellen besorgen ließen, sei nicht eine Frage des Verfassungsrechtes, sondern solle der einfachen Gesetzgebung oder der Verordnung vorbehalten bleiben.

Der VfGH sei noch um einen Schritt weitergegangen. Er habe eine Auslegung der Bestimmungen des ArtV Reichsgemeindegesetz 1862 in der Richtung ausdrücklich abgelehnt, daß der selbständige Wirkungsbereich der einzelnen Gemeinden danach verschieden wäre, ob die einzelne Gemeinde Aufgaben wahrnehme, die die Interessen der Gemeinde zunächst berühren und innerhalb der Grenzen ihrer eigenen Kraft besorgt und durchgeführt werden können, also nach Leistungsfähigkeit, Organisationsmöglichkeit usw. mit der geltenden Verfassungsrechtslage vereinbar wäre. Er sei vielmehr der Ansicht, daß eine Unterscheidung zwischen größeren und kleineren Gemeinden vom Gesichtspunkt eines garantierten Wirkungsbereiches her nicht gemacht werden dürfe und die Frage nur dahin laute, ob der Gemeinde nach der Rechtslage vom eine Aufgabe zugewiesen gewesen sei. Sei dies der Fall gewesen, so habe jedwede Gemeinde ein verfassungsgesetzliches Recht auf Gewährleistung dieser Aufgabe. Sei dies nicht der Fall gewesen, so sei die zuständige Gesetzgebung nicht gehindert, der Gemeinde diese Aufgabe abzunehmen (Hinweis auf VfSlg. 2320/1952 und 2325/1952).

Wenn allen Gemeinden ihr Aufgabenbereich verfassungsrechtlich gleich garantiert sei, dann sei unter dem Aspekt des § 2 F-VG 1948 eine Differenzierung, wie sie durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel vorgenommen werde, gleichheitswidrig.

In den Erläuternden Bemerkungen zum FAG 1979 werde auf § 4 F-VG 1948 hingewiesen und ausgeführt, daß demnach die Besteuerungsmöglichkeiten und erzielbaren Steuererträge so auf die an der Verwaltung beteiligten Gruppen von Gebietskörperschaften und auf die einzelnen Glieder jeder dieser Gruppen aufgeteilt werden müßten, daß sie in Übereinstimmung mit dem Umfang und den Kosten der ihnen auferlegten Aufgaben stünden und sich somit eine annähernd gleichmäßige Bedarfsbefriedigung im ganzen Bundesgebiet und für alle Verwaltungszweige gleicher Wichtigkeit ergebe. Nach der ständigen Judikatur des VfGH verwehre es der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zu schaffen (Hinweis auf VfSlg. 6410/1971). Die Gleichheitswidrigkeit sei darin zu erblicken, daß bestimmten Gemeinden unbeschadet ihres gleichen Aufgabenbereiches, durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel eine überproportionale Beteiligung an den Ertragsanteilen eingeräumt werde.

Der sogenannten Gemeindeverfassungsnovelle 1962, BGBl. 205, wohne der Verfassungsgrundsatz inne, die Gemeinden in ihrer Aufgabenstellung gleich zu halten. In der Rechtswissenschaft sei der Begriff der "abstrakten Einheitsgemeinde" entwickelt worden. Dies sei auch aus der Judikatur des VfGH zu entnehmen. Er gehe nämlich bei der Beurteilung nicht von der konkreten, im Einzelfall zuständigen Gemeinde, sondern vielmehr von der Gemeinde schlechthin, das heißt, der Art der Gebietskörperschaft, der abstrakten Gemeinde aus (Hinweis auf VfSlg. 5409/1966 und 5647/1967).

Folgende Beispiele (in der Klage konkret genannter Gemeinden), berechnet nach den voranschlagsmäßigen Ertragsanteilen für das Jahr 1980, zeigten eindeutig, daß die Differenzierung, wie sie der abgestufte Bevölkerungsschlüssel vornehme, nicht sachadäquat sei.

Eine Gemeinde mit 8.715 Einwohnern erhalte S 18.961.700,- und eine Gemeinde mit 10.008 Einwohnern S 28.177.655,- an Ertragsanteilen. Der Volkszahlunterschied von 1.293 Einwohnern werde infolge des abgestuften Bevölkerungsschlüssels finanziell mit S 9.215.955,-

bewertet. Würden die Ertragsanteile ausschließlich nach der einfachen Volkszahl ermittelt, ergäbe sich ein Unterschied von lediglich S 3.354.947,-. Um das Beispiel zu erweitern - eine dem Volkszahlunterschied in der Größe vergleichbare Gemeinde mit 1.294 Einwohnern erhalte bloß S 2.938.173,- an Ertragsanteilen.

Nicht viel anders sei die Situation, wenn man eine Gemeinde mit knapp weniger und eine solche mit knapp mehr als 1.000 Einwohnern betrachte. Das System des abgestuften Bevölkerungsschlüssels verschaffe einer Gemeinde mit 961 Einwohnern S 1.853.966,-, hingegen einer Gemeinde mit 1.056 Einwohnern S 2.943.847,- an Ertragsanteilen. Das bedeute, daß ein Mehr an Einwohnern von 95 einen Mehrertrag von S 495.881,- bringe.

Wachse die Volkszahl in einer Gemeinde derart, daß sie bei der nächsten Volkszählung in eine höhere Stufe gelange, dann gingen die von ihr dadurch erreichten höheren Ertragsanteile zu Lasten aller anderen Gemeinden. Die Ertragsanteile für diese Gemeinde stiegen überproportional, ohne daß durch den bloßen Bevölkerungszuwachs dem Grund nach eine Änderung in der Aufgabenstellung einzutreten vermöge. Deutlich erkennbar werde dies insbesondere bei dem dargestellten zweiten Beispiel.

Schon allein aus diesen Beispielen heraus werde offensichtlich, daß der abgestufte Bevölkerungsschlüssel in seiner Konstruktion - Abstufung - einerseits und der ihm im Zeitpunkt seines Entstehens beigegebenen rechtspolitischen Zielsetzung andererseits, heute in seinen Auswirkungen, wenn man die verfassungsgesetzliche Stellung der Gemeinden in Betracht ziehe, sachlich unbegründbar sei. Aus einer länderweisen Oberverteilung der Gemeinde-Ertragsanteile 1976 ergebe sich, daß die Gemeinden aller Bundesländer mit Ausnahme von Wien bei Verteilung nach der reinen Volkszahl im Verhältnis zu einer Verteilung nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel zwischen 1,7 und 13,9% mehr Ertragsanteile erhalten hätten, Wien dagegen um 12,5% weniger. Aus der Verteilung der Ertragsanteile 1976 auf die damals 558 niederösterreichischen Gemeinden ergebe sich, daß bei Verteilung nach der reinen Volkszahl statt nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel die in Größengruppen geordneten Gemeinden bis 10.000 Einwohner mehr Ertragsanteile (Bruttoertragsanteile zwischen 4,3 und 29%, Nettoertragsanteile zwischen 4,1 und 32,7%), die Gemeinden über 10.000 Einwohner weniger Ertragsanteile (Bruttoertragsanteile 13,2 und 24,2%, Nettoertragsanteile 16,8 und 29%) erhalten hätten.

Die Gemeinden hätten, wie sich aus Art 118 Abs 2 B-VG ergebe, den Verfassungsauftrag, für ihre Bevölkerung Daseinsvorsorge zu treffen und für sie die damit anfallenden Probleme derart zu lösen, daß diesem generellen Gebot, gleichwertige Lebensbedingungen im gesamten Bundesgebiet zu schaffen, entsprochen werde. Die Bereitstellung eines entsprechenden Angebotes an öffentlichen Gütern und Dienstleistungen setze eine gleichwertige Ausstattung der Gemeinden mit finanziellen Mitteln voraus.

Es werde nicht verkannt, daß Gemeinden für die Besorgung von Aufgaben, die sich aus ihrer zentralörtlichen Funktion ergeben (überörtliche Aufgaben), besondere Finanzmittel erhalten müßten. Eine diesen Funktionen gerecht werdende Dotierung sei durch § 3 Abs 1 F-VG 1948 (Finanzzuweisungen, Zuschüsse für bestimmte Zwecke) möglich und werde teilweise im Rahmen des geltenden FAG 1979 gehandhabt (ArtIII FAG 1979). In diesen Fällen handle es sich um eine sinnvolle und notwendige Ergänzung des verbundenen Steuersystems, weil die Unterverteilung offenkundig nicht sachadäquat erfolge.

Ungeachtet der in dieser Klage vertretenen Rechtsansicht, daß der abgestufte Bevölkerungsschlüssel im F-VG 1948 keine Deckung finde, werde zur Erwägung gestellt: Die Gemeinden seien jedenfalls seit dem Wirksamwerden der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962, mit Ausnahme des in Art 116 Abs 3 B-VG geregelten Falles, in allen Bereichen, gleichgültig, ob sie ihre hoheitlichen Aufgaben oder ihre privatwirtschaftlichen Berechtigungen betreffen, gleichgestellt. Den Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 sei zu entnehmen, daß der Verfassungsgesetzgeber die Gebietskörperschaft "Gemeinde" schlechthin meine und jedwede Differenzierung, insbesondere im Hinblick auf die Bevölkerungszahl und dergleichen absichtlich vermieden habe. Dem F-VG 1948 werde demnach kein Sinngehalt beizumessen sein, der der Bundes-Verfassungsgesetznovelle des Jahres 1962 ausdrücklich oder inhaltlich widerspreche. Eine gesetzliche Regelung auf Grund des F-VG 1948, wie das FAG 1979, müsse daher, um verfassungskonform zu sein, von dem einheitlichen verfassungsgesetzlichen Begriff der Gemeinde auf Grund der B-VG-Nov. 1962 ausgehen. Auch aus diesem Grund schienen die angefochtenen Bestimmungen des FAG 1979, weil sie eine Differenzierung zwischen den Gemeinden vornähmen, verfassungswidrig zu sein.

d) Die klagende Partei ist der Meinung, daß die Bestimmungen des Volkszählungsgesetzes, BGBl. 159/1950 idF BGBl. 398/1976 - dessen I. Hauptstück mit dem Wirksamwerden des Volkszählungsgesetzes 1980, BGBl. 199/1980, außer Kraft getreten ist und jene des FAG 1979, die bei der Verteilung von gemeinschaftlichen Bundesabgaben vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel bzw. der einfachen Volkszahl ausgehen, im Hinblick auf § 4 F-VG 1948 bedenklich erschienen.

Nach dem Volkszählungsgesetz (1950) sei an der Wende eines jeden Jahrzehnts eine ordentliche Volkszählung vorzunehmen. Es sei auch vorgesehen gewesen, daß außerhalb dieses Zeitraumes eine außerordentliche Volkszählung angeordnet werden könne. Nach § 2 dieses Gesetzes sei Gegenstand der Volkszählung die Ermittlung der Zahl und des Aufbaues der Wohnbevölkerung im Bundesgebiet (Volkszahl iS des FAG 1979) gewesen.

Die Volkszahl sei nach dem FAG 1979 ein rechtlich bedeutsames Kriterium, sowohl in der "Oberverteilung" als auch in der "Unterverteilung" der Erträgnisse der gemeinschaftlichen Bundesabgaben. Es sei insbesondere auf § 8 Abs 2 und 3,§ 9,§ 10 Abs 1 bis 3 FAG 1979 hingewiesen.

Wie aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend das Volkszählungsgesetz 1980 (74 BlgNR XV. GP) zu entnehmen sei, hafteten dem Volkszählungsgesetz aus 1950 Mängel an, auf die der VfGH in seinem Erk. VfSlg. 6563/1971 aufmerksam gemacht habe. Auch in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 1974 habe der VfGH auf die Notwendigkeit einer Neuregelung des Volkszählungswesens hingewiesen. Der VfGH habe zu der entsprechenden Anregung die zum Erk. VfSlg. 7644/1975 führende Klage zum Anlaß genommen. Ein weiterer Mangel habe in der Tatsache des Fehlens einer Rechtskontrolle über das Ergebnis der Volkszählung, wenn man von Art 137 B-VG absehe, gelegen. Die am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften hätten keine rechtliche Möglichkeit gehabt, das Volkszählungsergebnis wegen unrichtiger Ermittlung bzw. sachlich unrichtiger Beurteilung der Zuzählung im Einzelfall zu bekämpfen (Hinweis auf das vorerwähnte Erk.). Auch die Verordnungskonstruktion des § 9 Abs 2 des Volkszählungsgesetzes (1950) sei bedenklich gewesen.

Das Volkszählungsergebnis sei durch ein Organ, nämlich das Statistische Zentralamt, ermittelt und kundgemacht worden. Dieses "Bundesorgan" habe keine verfassungsgesetzliche Deckung gefunden. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut des Art 102 Abs 1 B-VG sei ein Umgehen des Landeshauptmannes als in der mittelbaren Bundesverwaltung zuständiges Organ bei Vollziehung des Volkszählungsgesetzes verfassungswidrig. Diesbezüglich werde auf das Erk. VfSlg. 2978/1956 hingewiesen. Die Mitwirkung des Landeshauptmannes in mittelbarer Bundesverwaltung bestehe nach § 7 Abs 4 des Volkszählungsgesetzes aus 1950 bloß darin, daß in den Ländern außerhalb von Wien Abschriften der Bezirksübersichten, in den Städten mit einem eigenen Statut Abschriften der Gemeindeübersichten, auch dem Landeshauptmann vorzulegen seien. Diese Art der Mitwirkung entspreche nicht der im Art 102 Abs 1 B-VG im Bereich der Länder dem Landeshauptmann vorbehaltenen Vollziehung des Bundes. Unter Vollziehung sei nur die behördliche (hoheitliche) Besorgung von Aufgaben zu verstehen (Hinweis auf Erk. VfSlg. 3685/1960). In der bloßen Vorlage von Übersichten in Abschrift auch an den Landeshauptmann liege eine bloße Informationspflicht, die ein Tätigwerden des Landeshauptmannes gar nicht zulasse.

Die Volkszählung hätte jeweils an der Wende eines Jahrzehnts zu erfolgen gehabt. Dies habe bedeutet, daß die Volkszahl als kausales Kriterium des Finanzausgleiches im Verteilungsbereich für diesen Zeitraum entscheidend gewesen sei. Bei der Mobilität der Bevölkerung, die sich gerade in den letzten Jahrzehnten gezeigt habe, habe die auf einen Stichtag bezogene Volkszahl eine Verteilung von Abgabenerträgen bewirkt, die auf die Bevölkerungsbewegung nicht Rücksicht genommen habe. Zum Beispiel sei in NÖ die Abwanderung aus den Grenzgebieten in die Ballungszentren sehr beachtlich, wie aus der Veröffentlichung des Amtes der Landesregierung "Bevölkerungsentwicklung", Heft Nr. 1, erkennbar sei: Aus den Bezirken Zwettl, Waidhofen an der Thaya, Horn, Mistelbach und Hollabrunn seien im Vergleichszeitraum (1951 bis 1961) rund 19.000 Personen abgewandert. Den Abnahmebezirken stünden die Bezirke Mödling, Amstetten, Baden, Scheibbs und Wien/Umgebung mit einem außergewöhnlich hohen Bevölkerungszuwachs gegenüber; diese Bezirke hätten gegenüber 1961 eine Gesamtveränderung von rund 33.200 Personen aufzuweisen.

Dieser Tatsache werde bei Verteilung der Ertragsanteile auf die Gemeinden (Unterverteilung) nicht Rechnung getragen.

Die Bestimmung des § 4 F-VG 1948 ordne zwingend an, daß die Aufgabenbesorgung der Gebietskörperschaften in einem inneren Zusammenhang mit der Mittelverteilung im Wege des der Finanzverfassung innewohnenden Systems der verbundenen Steuerwirtschaft stehe. Daher vermeine der Verfassungsgesetzgeber, daß die "Lasten der öffentlichen Verwaltung in Übereinstimmung mit der Verteilung" zu betrachten seien und daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden dürften. Das Fixieren des sehr maßgeblichen Verteilungskriteriums "Volkszahl" auf ein Jahrzehnt widerspreche dem Sinn des § 4 F-VG 1948. Gleiches könne auch hinsichtlich der Geltungsdauer des FAG 1979 vorgebracht werden.

2. Die beklagte Partei (das Land NÖ) hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie auf § 10 Abs 2 des Finanzausgleichsgesetzes verweist. Den darin den Ländern erteilten finanzausgleichsgesetzlichen Auftrag habe das Land auch gegenüber der Gemeinde Waidhofen an der Thaya-Land erfüllt. Sollte der VfGH zur Auffassung gelangen, daß das Finanzausgleichsgesetz in dem von der klagenden Partei behaupteten Umfang verfassungswidrig sei, also daß die Ertragsanteile nur nach der Volkszahl zuzumitteln wären und der klagenden Partei deshalb der behauptete vermögensrechtliche Nachteil zukäme, bestehe dieser geltend gemachte Anspruch aber ausschließlich gegenüber dem Bund. Den Ländern komme bei der Verteilung der Abgabenerträge nach den gegenständlichen Bestimmungen nur die Funktion eines Erfüllungsgehilfen zu.

Die beklagte Partei stellt den Antrag, der VfGH möge das Klagebegehren kostenpflichtig als unbegründet abweisen, allenfalls wegen Unzulässigkeit zurückweisen.

3. Der VfGH hat im Vorverfahren statistische Unterlagen vom Bundesministerium für Finanzen und vom Kommunalwissenschaftlichen Dokumentationszentrum in Wien beschafft und diese den Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebracht. Soweit in den folgenden Ausführungen bei Bezugnahme auf statistische Erhebungen die Fundstelle nicht ausdrücklich angeführt ist, stammen die Angaben aus diesen Unterlagen.

II. Der VfGH hat erwogen:

A) 1. Das Begehren betrifft einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen

ein Land, dessen Wurzel im öffentlichen Recht, uzw. im Finanz-Verfassungsgesetz und im Finanzausgleichsgesetz liegt. Der Anspruch ist nicht im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, weil weder ein Gesetz die ordentlichen Gerichte ausdrücklich zur Entscheidung darüber beruft noch sich deren Zuständigkeit aus § 1 JN herleiten läßt. Der Anspruch ist aber auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, weil keine gesetzliche Bestimmung besteht, die in solchen Fällen eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft. Die Klage ist somit zulässig (vgl. VfSlg. 3076/1956, 5681/1968, 7001/1973, 7644/1975, 8578/1979).

2. Mit der Klage wird ein Rechtsanspruch auf Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben für das Jahr 1978 geltend gemacht. Dieser Anspruch hat seine Wurzel im Finanzausgleichsgesetz 1973 - FAG 1973, BGBl. 445/1972, mit dem, wie schon im Titel des Gesetzes und in § 21 zum Ausdruck gebracht ist, der Finanzausgleich für die Jahre 1973 bis 1978 geregelt wird. Das FAG 1979, auf das sich die klagende Partei stützt, ist erst am in Kraft getreten und regelt den Finanzausgleich für die Jahre 1979 bis 1984. In den die Regelung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels betreffenden Teilen stimmen allerdings die beiden Gesetze überein.

Der nach dem FAG 1973 mehrere Phasen umfassende Vorgang der Verteilung der Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf Bund, Länder und Gemeinden (s. dazu nachstehenden Punkt D.2.c) läßt einen vermögensrechtlichen Anspruch der einzelnen Gemeinde auf die ihr gebührenden Ertragsanteile erst in der Phase der den Ländern obliegenden Verteilung der Ertragsanteile auf die Gemeinden des Landes (§10 Abs 2 letzter Satz FAG 1973) entstehen. Dieser Anspruch besteht gegenüber dem Land (vgl. VfSlg. 7644/1975, S 130 f.; Erk. vom heutigen Tage A8/80). Bei Realisierung dieses Rechtsanspruches auf Überweisung der der einzelnen Gemeinde gebührenden Ertragsanteile kann die Gemeinde gegenüber dem Land auch behauptete Rechtswidrigkeiten geltend machen, die ihre Grundlage in den dem Bund obliegenden Teilungsvorgängen der vorangegangenen Phasen haben.

Die passive Klagslegitimation des Landes NÖ ist daher gegeben.

B) Die klagende Partei hält ihr Begehren aus dem Grunde für

gerechtfertigt, weil die Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die Gemeinden nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel und nicht nach der Volkszahl verteilt würden und dieser Schlüssel aus mehreren Gründen verfassungswidrig sei.

Gemäß § 8 Abs 3 FAG 1973 wird der abgestufte Bevölkerungsschlüssel folgendermaßen gebildet:

Die ermittelte Volkszahl der Gemeinden (nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt auf Grund der letzten Volkszählung festgestellten Ergebnis) wird

bei Gemeinden mit höchstens 1.000 Einwohnern mit ............. 1 1/6

bei Gemeinden mit 1.001 bis 10.000 Einwohnern mit ............ 1 1/3

bei Gemeinden mit 10.001 bis 20.000 Einwohnern mit ........... 1 2/3

bei Gemeinden mit 20.001 bis 50.000 Einwohnern und

bei Städten mit eigenem Statut mit höchstens

50.000 Einwohnern mit ........................................ 2

und bei Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern und

der Stadt Wien mit ........................................... 2 1/3

vervielfacht.

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung dieses Schlüssels ist die Kenntnis seiner Entstehung und Entwicklung notwendig.

In der republikanischen Rechtsordnung ist der später (seit dem Finanzausgleichsgesetz 1931, BGBl. 46/1931) so genannte "abgestufte Bevölkerungsschlüssel" erstmals im Gemeindeüberweisungsgesetz, StGBl. 364/1920, angewandt worden: nach diesem Gesetz (§4) erhielten die Gemeinden eine einmalige Dotation, die abgestuft nach der Einwohnerzahl (in 7 Stufen, beginnend bei Gemeinden mit bis 1.000 Einwohnern und endend bei Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern) zwischen 15 K und 70 K für den Einwohner - also in einem Spannungsverhältnis von 1:4 2/3 - gewährt wurde. Die Regelung ist auf Antrag des Finanz- und Budgetausschusses (964 der Beilagen - Konstituierende Nationalversammlung) getroffen worden; der Vorschlag, die Gemeinden in Gruppen entsprechend ihrer Bevölkerungszahl zu teilen und den größeren Gemeinden eine höhere Dotation pro Kopf zu geben als den kleineren, ist damit begründet, "da die Ausgaben aller Art in den größeren Gemeinden nicht nur gemäß der Zahl der Einwohner, sondern darüber hinaus wachsen". In die gleiche Richtung gingen die Überlegungen, die in der Sitzung der Konstituierenden Nationalversammlung, in der das Gemeindeüberweisungsgesetz beschlossen worden ist, der Berichterstatter Dr. Danneberg anstellte (Sten. Prot. der 98. Sitzung am , S 3290 f.).

Diese Regelung ist durch das BG vom über einige Bestimmungen zur vorläufigen Ordnung des finanziellen Verhältnisses zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, BGBl. 646/1921, in Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen BGBl. 715/1921 für die Berechnung von Ertragsanteilen der Gemeinden an Verbrauchssteuern übernommen worden.

Das Abgabenteilungsgesetz BGBl. 125/1922 sah (in § 2 Abs 3) die Aufteilung von Ertragsanteilen bestimmter gemeinschaftlicher Abgaben auf die Länder und Gemeinden nach einem Schlüssel vor, gemäß dem die Bevölkerungszahlen der Ortsgemeinden nach 7 Größengruppen (beginnend bei Gemeinden mit bis 500 Einwohnern und endend bei Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern) mit Zahlen zwischen 20 und 70 - also in einem Spannungsverhältnis von 1:3 1/2 - vervielfacht wurden. In der Begründung der Vorlage der Bundesregierung (488 der Beilagen - Nationalrat) ist ausgeführt: "Die Aufteilung der Verbrauchssteuern nach dem Bevölkerungsschlüssel beziehungsweise für die Ortsgemeinden nach einem die größeren Gemeinden mit erhöhtem Verbrauch und Bedarf entsprechend berücksichtigenden qualifizierten Bevölkerungsschlüssel ist bei dem Mangel einer genauen Verbrauchsstatistik unerläßlich". Im Ergebnis wirkte sich die Verfeinerung des Schlüssels gegenüber dem im Gemeindeüberweisungsgesetz enthaltenen zugunsten der kleineren Gemeinden aus (s. auch Pfaundler, Der Finanzausgleich in Österreich, 1927, S 177).

Die Dritte Abgabenteilungsnovelle BGBl. 185/1924 regelte die Aufteilung der gemeinschaftlichen Abgaben neu. Die für die Aufteilung bestimmter solcher Abgaben vorgesehene vervielfachte Bevölkerungszahl ist sowohl hinsichtlich der Größengruppen der Ortsgemeinden als auch der Vervielfacher beibehalten worden. Dem entsprachen auch die Texte der Wiederverlautbarungen als "Abgabenteilungsgesetz BGBl. Nr. 201 vom Jahre 1924" und "Abgabenteilungsgesetz BGBl. Nr. 24 vom Jahr 1929".

Auch die durch das Finanzausgleichsgesetz 1931, BGBl. 46/1931, vorgenommene Änderung des Abgabenteilungsgesetzes BGBl. Nr. 24 vom Jahr 1929 hat (nunmehr unter der Bezeichnung "abgestufter Bevölkerungsschlüssel") die Aufteilungsregel hinsichtlich der Größengruppen der Ortsgemeinden und der Vervielfacher beibehalten. Dem entsprach auch der Text der Wiederverlautbarung als "Abgabenteilungsgesetz BGBl. Nr. 62 vom Jahr 1931".

Das Abgabenteilungsgesetz BGBl. II 306/1934 enthielt (in § 4 Abs 3) dieselbe Regelung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels wie das Abgabenteilungsgesetz BGBl. Nr. 62 vom Jahr 1931 (in § 2 Abs 3); dem entsprach auch der Text der Wiederverlautbarung als "Abgabenteilungsgesetz 1937" BGBl. 120/1937.

Dieselbe Regelung war auch im Abgabenteilungs-Gesetz 1938, BGBl. 400/1937 (in § 3 Abs 3), enthalten.

Das Finanzausgleichsgesetz 1948, BGBl. 46/1948, hat (in § 4 Abs 3) den für die Aufteilung der Erträge bestimmter gemeinschaftlicher Bundesabgaben maßgeblichen abgestuften Bevölkerungsschlüssel neu gebildet: die Gemeinden wurden in 5 Gruppen gegliedert (beginnend bei Gemeinden mit bis 2.500 Einwohnern und endend bei Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern) und deren Volkszahl mit Zahlen zwischen 3 und 7 - also in einem Spannungsverhältnis von 1:2 1/3 - vervielfacht. In den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (511 BlgNR V. GP) heißt es diesbezüglich: "Beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel ist auf Grund einer zwischen den Ländern und Gemeinden zustande gekommenen Einigung eine Änderung dahin vorgesehen, daß die untersten Gruppen des bisherigen abgestuften Bevölkerungsschlüssels zusammengezogen und mit dem bisher für die dritte Gruppe geltenden Vielfachen in Rechnung gestellt werden. Hiedurch werden die nachteiligen Auswirkungen des abgestuften Bevölkerungsschlüssels für die Gemeinden bis zu 2.000 Einwohner vermindert"

Diese Regelung ist im Finanzausgleichsgesetz 1950, BGBl. 36/1950, (in § 4 Abs 5) beibehalten worden.

Die Finanzausgleichsnovelle 1952, BGBl. 18/1952, brachte eine formelle Änderung dahin, daß der abgestufte Bevölkerungsschlüssel nunmehr (in § 4 Abs 4) bei gleichbleibenden 5 Größengruppen der Gemeinden unter Anwendung eines Vervielfachers zwischen 1 und 2 1/3 - also einem gleichhohen Spannungsverhältnis wie bisher - gebildet wird. In den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (458 BlgNR VI. GP) ist dazu ausgeführt, es "wird dem Wunsche der Länder und Gemeinden entsprechend bei der Ermittlung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels die Vervielfachung der einfachen Volkszahl mit 3, 4, 5, 6 und 7 durch die Vervielfachung mit 1, 1 1/3, 1 2/3, 2 und 2 1/3 ersetzt. Verschiebungen in der Ertragsbeteiligung ergeben sich dadurch nicht".

Diese Regelung ist im Finanzausgleichsgesetz 1953, BGBl. 225/1952, (in § 4 Abs 4), beibehalten worden.

Die Finanzausgleichsnovelle 1955, BGBl. 9/1955, hat (im neuen § 4 Abs 4) bezüglich des abgestuften Bevölkerungsschlüssels die Regelung getroffen, die dann in den folgenden Finanzausgleichsgesetzen,

Finanzausgleichsgesetz 1956, BGBl. 153/1955 (§4 Abs 4),

Finanzausgleichsgesetz 1959, BGBl. 97/1959 (§4 Abs 4),

Finanzausgleichsgesetz 1967, BGBl. 2/1967 (§9 Abs 3),

Finanzausgleichsgesetz 1973, BGBl. 445/1972 (§8 Abs 3) und Finanzausgleichsgesetz 1979, BGBl. 673/1978 (§8 Abs 3),

beibehalten worden ist.

Das Spannungsverhältnis beträgt seither 1:2. Die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage der genannten Nov. 1955 (399 BlgNR VII. GP) sagen dazu: "Die Abänderung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels in den untersten Stufen trägt den finanzschwachen Gemeinden Rechnung."

C) Die klagende Partei bestreitet die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers, die Verteilung der Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen den Gemeinden eines Bundeslandes zu regeln; sie hält den Landesgesetzgeber hiefür zuständig.

Der VfGH kann der Rechtsauffassung der klagenden Partei nicht folgen.

Gemäß § 3 Abs 1 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, F-VG 1948, BGBl. 45/1948, regelt die Bundesgesetzgebung die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden). § 7 F-VG 1948 enthält ergänzende Bestimmungen:

Der Bundesgesetzgebung ist vorbehalten, Abgaben zu zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben zu erklären (§7 Abs 2); dazu gehören auch die in § 6 Abs 2 lita F-VG 1948 angeführten gemeinschaftlichen Bundesabgaben, die durch den Bund erhoben werden und aus denen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) Ertragsanteile zufließen. Die gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden durch die Bundesgesetzgebung geregelt (§7 Abs 1). Diese regelt auch Art und Ausmaß der Beteiligung des Bundes und der Länder (Gemeinden) an den geteilten Bundesabgaben (§7 Abs 2).

Zur Ermittlung des Inhaltes der hier maßgeblichen Kompetenzbestimmungen ist zu untersuchen, welche rechtliche Prägung diese im Zeitpunkt ihrer Einführung in die Verfassungsordnung hatten (vgl. VfSlg. 2005/1950, S 261; 2500/1963, S 115; 2721/1954, S 279).

Die Bundes-Verfassungsnovelle BGBl. 268/1925 hat mit Wirkung vom durch Neufassung des Art 13 B-VG die Regelung der Zuständigkeiten des Bundes und der Länder auf dem Gebiete des Abgabenwesens einem eigenen Bundesverfassungsgesetz, dem Finanz-Verfassungsgesetz, vorbehalten.

Infolge der gleichzeitig gemäß der Übergangsnovelle BGBl. 269/1925 in Kraft getretenen Neufassung des § 42 Übergangsgesetz, BGBl. 2/1920, sind - mit hier nicht in Betracht zu ziehenden Ausnahmen - auch die übrigen Kompetenzbestimmungen des B-VG, die gemäß der bis dahin geltenden Fassung des genannten § 42 noch nicht wirksam waren, in der durch die Bundes-Verfassungsnovelle geänderten Fassung wirksam geworden.

In der Stammfassung des Bundes-Verfassungsgesetzes, StGBl. 450/1920, BGBl. 1/1920, waren Bestimmungen finanzverfassungsrechtlichen Inhaltes außer in Art 13 auch in Art 10 Abs 1 Z 2 (Zollwesen) und Z 4 (Bundesfinanzen, insbesondere öffentliche Abgaben, die ausschließlich oder teilweise für den Bund einzuheben sind) sowie in Art 11 Abs 1 Z 4 enthalten. Die beiden erstgenannten Bestimmungen sind noch geltendes Recht, während die letztgenannte zunächst durch die Bundes-Verfassungsnovelle BGBl. 268/1925 zu Z 3 wurde und als solche gemäß der Zweiten Bundes-Verfassungsnovelle BGBl. 329/1929 entfallen ist.

Das (erste) Finanz-Verfassungsgesetz BGBl. 124/1922 hat es der Bundesgesetzgebung vorbehalten, Abgaben zu ausschließlichen Bundesabgaben oder zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben zu erklären (§6 Abs 2 lita); es hat der Bundesgesetzgebung auch die Regelung der Bundesabgaben, d. s. die ausschließlichen Bundesabgaben, die dem Bund und den Ländern (Gemeinden) gemeinschaftlichen Abgaben einschließlich ihres den Ländern (Gemeinden) zukommenden Teiles, bei den Zuschlagsabgaben und bei gleichartigen Abgaben die für den Bund erhobene Abgabe, übertragen (§6 Abs 1); ferner hat es der Bundesgesetzgebung die Regelung der Art der Beteiligung des Bundes und der Länder (Gemeinden) an den geteilten Abgaben vorbehalten (§6 Abs 2 litc).

Unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Falles ist nur die Frage der Zuständigkeit bezüglich der gemeinschaftlichen Abgaben von Bedeutung, denn nur bei diesen kommt eine Aufteilung des Ertrages und damit die Anwendung verschiedener Aufteilungsschlüssel in Betracht.

Soweit das Finanz-Verfassungsgesetz eine gegenüber Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG einschränkende Regelung der Bundeszuständigkeit enthielt (s. dazu auch die Begründung der Vorlage der Bundesregierung 487 der Beilagen - Nationalrat, S 12), hat diese Bestimmung als modifiziert zu gelten. Der Umstand, daß diese Bestimmung des B-VG bei Inkrafttreten des Finanz-Verfassungsgesetzes noch nicht wirksam war, stand einer solchen Modifikation nicht im Wege: Wie der VfGH im Erk. VfSlg. 4049/1961, S 489 f. ausgeführt hat - damals zum Verhältnis von Finanzstrafgesetz und Menschenrechtskonvention -, gehört ein Gesetz schon von seiner Kundmachung an dem Bestand der Rechtsordnung an, auch wenn es erst später in Kraft tritt, sodaß ihm auch durch ein nach seiner Kundmachung, aber vor seinem Geltungsbeginn erlassenes Gesetz derogiert werden kann.

Art10 Abs 1 Z 4 B-VG ist in der durch das Finanz-Verfassungsgesetz modifizierten Fassung gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des durch die Bundes-Verfassungsnovelle neugefaßten Art 13 B-VG am wirksam geworden. Daß ihm auch heute noch neben den Bestimmungen des F-VG 1948 ein Geltungsbereich zukommt, hat der VfGH schon in seiner bisherigen Rechtsprechung dargetan (vgl. VfSlg. 3858/1960, S 624; 4205/1962, S 253; 4545/1963, S 637; 5909/1969, S 104). Der Umfang dieses Geltungsbereiches braucht aus den nachstehenden Überlegungen jedoch im vorliegenden Fall nicht untersucht zu werden.

Das Finanz-Verfassungsgesetz BGBl. 124/1922 - im Titel als BVG über die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) bezeichnet - und das Abgabenteilungsgesetz BGBl. 125/1922 - im Titel als BG zur Durchführung des BVG über die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) bezeichnet - sind vom Nationalrat am selben Tag, dem , beschlossen worden. Da zu dieser Zeit der Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG als Kompetenzgrundlage noch nicht wirksam war, also auch in den Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Bundesabgaben keine Kompetenzgrundlage für die Gesetzgebung des Bundes abgeben konnte, muß angenommen werden, daß der Nationalrat die Regelungen des Abgabenteilungsgesetzes als von den Kompetenzbestimmungen des Finanz-Verfassungsgesetzes umfaßt erachtete. Es kann nicht angenommen werden, daß der Nationalrat eine einfachgesetzliche Regelung ohne Bedachtnahme auf die am selben Tag beschlossene Kompetenzregelung erlassen hat (vgl. VfSlg. 5978/1969, S 368). Demnach kann die im Abgabenteilungsgesetz (§2) getroffene Regelung der Aufteilung der Erträgnisse gemeinschaftlicher Abgaben auf die einzelnen Gemeinden nach dem (später so genannten) abgestuften Bevölkerungsschlüssel ihre Kompetenzgrundlage nur im Zusammenhang der Bestimmungen des § 6 Abs 1 und des § 6 Abs 2 litc des Finanz-Verfassungsgesetzes (1922) gehabt haben. Der Begriff "Art der Beteiligung" im Zusammenhang des § 6 Abs 2 litc (er hat als Bezugsobjekt die Gebietskörperschaften) ist ein anderer als der Begriff "Art der Teilung" im Einleitungssatz des § 3 (er hat als Bezugsobjekt die Abgaben).

Hat aber die im Abgabenteilungsgesetz getroffene Regelung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels - in dessen Funktion als Aufteilungsschlüssel gemeinschaftlicher Abgaben auf die einzelnen Gemeinden - kompetenzrechtlich ihre Grundlage im Finanz-Verfassungsgesetz (1922) gehabt, so trifft dies auch für die Regelung dieses Schlüssels im FAG 1973 in bezug auf das F-VG 1948 zu, ohne daß auf Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG zurückgegriffen werden müßte. Die Regelung des § 6 Abs 1 in Verbindung mit § 6 Abs 2 litc des Finanz-Verfassungsgesetzes (1922) entspricht nämlich der Regelung des § 3 Abs 1 in Verbindung mit § 7 Abs 1 und 2 letzter Satz F-VG 1948. Es trifft somit die von der klagenden Partei (zu dem ebenso wie im Finanz-Verfassungsgesetz 1922 auch im F-VG 1948 verwendeten Begriff "Art der Beteiligung") vertretene Auffassung nicht zu, daß die Art der Beteiligung allein in der Konstruktion der Abgabe als gemeinschaftliche Bundesabgabe liege.

Der VfGH hegt auf Grund dieser Überlegungen keine Bedenken dagegen, daß die getroffene Regelung als Bundesgesetz erlassen worden ist. Der Bundesgesetzgeber ist nicht nur zuständig, Abgaben zu geteilten Abgaben zu erklären, sondern auch zuständig, bei gemeinschaftlichen Abgaben (§6 Z 2 lita F-VG 1948) die Verteilung von Ertragsanteilen auf die einzelnen Gemeinden nach bestimmten Schlüsseln zu regeln.

D) Die klagende Partei meint, eine Differenzierung, wie sie durch den

abgestuften Bevölkerungsschlüssel vorgenommen werde, sei aus mehreren Gründen gleichheitswidrig.

1. Der Aufgabenbereich der Gemeinden sei verfassungsgesetzlich, wenn man von Art 116 Abs 3 B-VG absehe, gleich. Auf dem Boden des Verfassungsrechtes sei ein Unterschied zwischen größeren und kleineren Gemeinden nicht am Platze. In der Rechtswissenschaft sei der Begriff der "abstrakten Einheitsgemeinde" entwickelt worden. Auch der VfGH gehe in seiner Rechtsprechung von der Gemeinde schlechthin, der abstrakten Gemeinde, aus. Die Gleichheitswidrigkeit sei darin zu erblicken, daß bestimmten Gemeinden, unbeschadet ihres gleichen Aufgabenbereiches, durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel eine überproportionale Beteiligung an den Ertragsanteilen eingeräumt werde.

Es ist richtig, daß der VfGH im Zusammenhang mit der Regelung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (in Art 118 Abs 2 und 3 B-VG idF BGBl. 205/1962) ausgeführt hat, Gemeinde iS dieser Bestimmungen sei nicht die konkrete, im Einzelfall zuständige Gemeinde, sondern die abstrakte Gemeinde, also die Gemeinde schlechthin (vgl. VfSlg. 5409/1966, S 728; 5647/1967, S 735; 6770/1972, S 599). Die für alle Gemeinden geltende gleiche Umschreibung des Wirkungsbereiches sagt aber nichts über den tatsächlichen Umfang der zu besorgenden Aufgaben aus. Dies gilt sowohl für die behördlichen wie für die nichtbehördlichen Aufgaben. Wie sich aus Art 118 Abs 7 B-VG ergibt, rechnet der Verfassungsgesetzgeber damit, daß sogar die den Gemeinden gesetzlich zugewiesenen behördlichen Aufgaben für eine kleine Gemeinde zu groß sein können, weshalb er die Möglichkeit vorsieht, die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches auf staatliche Behörden zu übertragen (vgl. dazu VfSlg. 5409/1966, S 729). Anderseits ist auf Art 116 Abs 3 B-VG hinzuweisen, wonach Städte mit eigenem Statut neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen haben. Der Umfang der von den Gemeinden iS des Art 116 Abs 2 B-VG als selbständiger Wirtschaftskörper zu besorgenden Aufgaben ist überhaupt nicht näher umschrieben.

Den Unterschieden im Umfang der tatsächlich zu besorgenden Aufgaben trägt § 4 F-VG 1948 insofern Rechnung, als danach der zuständige Gesetzgeber bei Regelungen des von den Gebietskörperschaften zu tragenden Aufwandes und der Bundesgesetzgeber bei Regelung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge (Abgaben können auch für die Bestreitung von Aufgaben nichtbehördlicher Art erhoben werden; vgl. VfSlg. 3033/1956, S 284; 3919/1961, S 131; 6755/1972, S 512) sowie bei Gewährung von Finanzzuweisungen und Zuschüssen in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung und unter Bedachtnahme darauf, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden, vorzugehen hat.

Der für alle Gemeinden gleich umschriebene Wirkungsbereich bildet also zwar die Grundlage für die von den Gemeinden zu besorgenden Aufgaben, die in dieser Weise umschriebene abstrakte Gemeinde kann aber keinen Maßstab für die zur Besorgung dieser Aufgaben zu erschließenden Mittel bieten.

Es darf auch nicht übersehen werden, daß die Erschließung finanzieller Mittel für die Gemeinden ihrerseits eine Rückwirkung auf den Umfang der von den Gemeinden tatsächlich besorgten Aufgaben hat und insofern auch dem Gesetzgeber - im Rahmen der Verfassungsordnung - ein Instrument zu rechtspolitischer Gestaltung an die Hand gegeben ist.

Auf die von der klagenden Partei bezogene Rechtslage nach dem Reichsgemeindegesetz RGBl. 18/1862, soweit diese zufolge § 8 "Übergangsgesetz vom in der Fassung des BGBl. Nr. 368 vom Jahre 1925" maßgeblich war und nach der gemäß den damals geltenden Gemeindeordnungen und -statuten sowie den sonstigen gesetzlichen Regelungen ein im Umfange verschiedener selbständiger Wirkungskreis bestehen konnte (vgl. VfSlg. 1385/1931), kann für ihren Standpunkt nichts gewonnen werden und war nicht einzugehen.

2. Die klagende Partei meint ferner, die Differenzierung, wie sie der abgestufte Bevölkerungsschlüssel vornimmt, sei auch deshalb gleichheitswidrig, weil sie sachlich nicht adäquat sei.

a) Seit seiner Einführung in die Rechtsordnung der Republik Österreich wird der abgestufte Bevölkerungsschlüssel (er ist allerdings erst seit dem Finanzausgleichsgesetz 1931 so bezeichnet) damit gerechtfertigt, daß der Finanzbedarf der Gemeinden nicht linear mit der Bevölkerungszahl, sondern bei steigender Bevölkerungszahl progressiv wächst. So schon die Begründung des Berichtes des Finanz- und Budgetausschusses zur Vorlage der Staatsregierung zum Gemeindeüberweisungsgesetz und die Ausführungen des Berichters in der Konstituierenden Nationalversammlung, so auch die Begründung in der Vorlage der Bundesregierung zum Abgabenteilungsgesetz 1922 (s. vorstehenden Punkt II.B). Man meinte damals auch, die Gemeinden sollten am Ertrag der gemeinschaftlichen Abgaben genau oder annähernd im Verhältnis dessen, wie ihre Angehörigen zu den Erträgen beisteuern, beteiligt werden (Vorlage der Bundesregierung zum vorl. Finanz-Verfassungsgesetz, 487 der Beilagen - Nationalrat 1921, S 12; Pfaundler, System des Finanzausgleichs in Österreich 1935, S 83).

Die Literatur hat sich mit der Frage der überproportionalen Erhöhung des Finanzbedarfs in größeren Gemeinden eingehend befaßt, seit diese Frage in der deutschen Finanzwissenschaft der Zwischenkriegszeit (Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932; Brecht, Internationaler Vergleich der öffentlichen Ausgaben, 1932), von statistischen Feststellungen ausgehend, behandelt worden ist.

Es ist unbestritten, daß die Ausgaben der großen Gemeinden je Kopf der Bevölkerung größer sind als die der kleinen Gemeinden, wenngleich sich die Unterschiede in den letzten Jahren erheblich verringerten (Schönbeck in Matzner, Öffentliche Aufgaben und Finanzausgleich, S 201 f.; Thöni, ebenda, S 282; Rüsch, ebenda, S 306 und 311). Unbestritten ist auch, daß der für die Bewältigung ihrer Aufgaben von den Gemeinden zu tragende Personalaufwand mit der Größe der Gemeinde überproportional zunimmt. So stieg er schon im Jahre 1949 von den Gemeinden mit bis 500 Einwohnern bis zu den Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern im Bundesdurchschnitt von S 10,- bis S 192,- pro Kopf der Bevölkerung (Wilhelm, Gemeindefinanzen im Wiederaufbau, 1950, S 19 und 81) und im Jahre 1973 von den Gemeinden mit bis 2.500 Einwohnern bis zu den Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern von S 386,- bis S 2.052,- pro Kopf der Bevölkerung (Seipelt, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel und seine Existenzberechtigung, ÖGZ 1978, 12/268).

Daraus allein kann aber nicht geschlossen werden, daß der objektive Bedarf im selben Maß größer ist. Es wird nämlich mit Recht darauf hingewiesen, daß wachsende Pro-Kopf-Ausgaben häufig nur Ausdruck der finanziellen Möglichkeiten und nicht des objektiven Bedarfes sind (Gantner, Finanzausgleich und abgestufter Bevölkerungsschlüssel, Finanznachrichten 1/2/1977, Kurzfassungen S 4, Kommentar S 4; Gantner, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel als Problem der Länder und Gemeinden, 1978, S 65 f.; Rüsch in Matzner, aaO, S 307). Es wird aber im gleichen Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß die Deckung gleicher Bedürfnisse zum Teil in größeren Gemeinden auch erheblich höhere Kosten je Einwohner erfordert und daß mit steigender Bevölkerungsballung auch für bestimmte Leistungen der Kommune die Kosten überproportional zunehmen (Gantner, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel usw., S 75 f.; vgl. auch die zusammenfassende Darstellung bei Bauer Paleczny - Schulmeister, Aufgaben der Gemeinden, 1977, S 215 ff. insbesondere S 223).

Die in der Literatur am abgestuften Bevölkerungsschlüssel geübte Kritik ist damit begründet, daß dieser Schlüssel nicht geeignet sei, die Verteilung von Ertragsanteilen nach dem wirklichen Finanzbedarf einer Gemeinde herbeizuführen. Die Kritik führt entweder zur Forderung nach Abschaffung dieses Schlüssels (Gantner, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel usw., S 103 ff.) oder zur Forderung seiner Ergänzung durch andere, die Individualität der Gemeinde berücksichtigende Verteilungsfaktoren (Thöni in Matzner, aaO, S 282 ff.; Gantner, Finanzausgleich usw., Finanznachrichten 1/2/1977, Kurzfassungen S 5, Kommentar S 8 und 12).

b) Der VfGH geht bei seinen weiteren Überlegungen davon aus, daß die Bevölkerungszahl einer Gemeinde einer der Faktoren für einen unterschiedlichen Bedarf an Gemeindeleistungen und daher einen unterschiedlichen Finanzbedarf ist, wenngleich es daneben eine Reihe weiterer bedarfsverursachender Faktoren gibt, wie etwa die Wirtschaftsstruktur und den Umstand, ob einer Gemeinde zentralörtliche Funktionen in einem größeren Gebiet zukommen (Gantner, Finanzausgleich usw., Finanznachrichten 1/2/1977, Kurzfassungen S 4 f.). Der VfGH geht weiters davon aus, daß zwar nicht alle von den Gemeinden zu erbringenden Leistungen in größeren Gemeinden einen überproportionalen Finanzaufwand erfordern, daß dies jedoch für einen Teil der notwendigen Gemeindeleistungen - sowohl im hoheitlichen wie im wirtschaftlichen Bereich - zutrifft.

Wenn der Gesetzgeber diesen Umstand bei der Regelung der Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge (§§3 und 4 F-VG 1948) in der Weise berücksichtigt, daß er als einen der Verteilungsmechanismen bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen neben mehreren anderen Verteilungsschlüsseln auch einen nach Art des abgestuften Bevölkerungsschlüssels vorsieht, so bestehen keine Bedenken, daß dies an sich gegen das aus dem Gleichheitsgebot erfließende Sachlichkeitsgebot verstieße.

Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, daß der Gesetzgeber bei der ersten Regelung des Finanzausgleichs nach Wiederherstellung der Republik Österreich (durch das FAG 1948) an die seit Jahrzehnten bestehende Rechtslage, die auch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel gekannt hatte (s. vorstehenden Punkt II.B), angeknüpft hat. Dem Verfassungsgesetzgeber war bei der gleichzeitigen Erlassung des F-VG 1948 (beide Gesetze wurden vom Nationalrat am 21. Jänner beschlossen) auch der abgestufte Bevölkerungsschlüssel bekannt. In der Regelung des § 12 F-VG 1948 kommt insofern eine Bedachtnahme auf den Bestand dieses Verteilungsschlüssels zum Ausdruck, als darin die Möglichkeit der Gewährung von Bedarfszuweisungen zum Ausgleich von Härten vorgesehen ist, die sich bei der Verteilung von Ertragsanteilen ergeben, und darin sichtlich auch Härten eingeschlossen sind, die durch die Anwendung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels entstehen können.

Ob auch die konkrete Regelung, wie sie das FAG 1973 getroffen hat, im Hinblick auf das Gleichheitsgebot keinen Bedenken begegnet, kann nur beurteilt werden, wenn die Bedeutung, die dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel im Gesamtrahmen des Finanzausgleichs zukommt, soweit dieser die Gemeinden betrifft, in Betracht gezogen wird.

c) Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ist eine Rechtsfigur, die im Rahmen des im FAG 1973 konkretisierten sog. Systems der verbundenen Steuerwirtschaft verwendet wird. Dieses System besteht darin, daß öffentliche Abgaben nicht von den zur Verfügung über den Abgabenertrag berechtigten Gebietskörperschaften selbst, sondern durch eine Gebietskörperschaft auch für Zwecke anderer Gebietskörperschaften erhoben werden und die Aufteilung der Ertragsanteile nach bestimmten Hundertsatzverhältnissen oder bestimmten Schlüsseln erfolgt.

Bei den gemeinschaftlichen Bundesabgaben erfolgt die einheitliche Erhebung der Abgabe durch den Bund auch für Zwecke der Länder und Gemeinden, die von dem Ertrag der Abgabe entsprechende Anteile erhalten. Die Verteilung auf die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden erfolgt in mehreren Phasen: Zunächst werden durch den Bund die auf den Bund, die Gesamtheit der Länder und die Gesamtheit der Gemeinden entfallenden Ertragsanteile nach Hundertsätzen ermittelt (§8 Abs 1 FAG 1973). Sodann werden durch den Bund die Gesamtertragsanteile der Länder auf diese und die Gesamtertragsanteile der Gemeinden auf die Gesamtheit der Gemeinden jedes Landes aufgeteilt (§8 Abs 2 bis 8, § 9,§ 10 Abs 1 FAG 1973); in dieser Phase sind als Schlüssel für die Aufteilung der Abgaben je nach der in Betracht kommenden Abgabe vorgesehen: das örtliche (länderweise) Aufkommen, der länderweise Verbrauch, die Gebietsfläche, die Zahl der Straßenkilometer, die Volkszahl und der abgestufte Bevölkerungsschlüssel. Letztlich werden die länderweise auf die Gemeinden entfallenden Ertragsanteile durch die Länder auf alle Gemeinden des Landes nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilt (§10 Abs 2 FAG 1973).

Von den für die Aufteilung der Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben in Betracht kommenden Schlüsseln ist der abgestufte Bevölkerungsschlüssel der bedeutendste (s. Rüsch in Matzner, aaO, S 315). Beispielsweise wurde im Jahre 1975 der länderweise auf die Gemeinden entfallende Teil der Erträge im Bundesdurchschnitt zu 43,8% (in den einzelnen Bundesländern von 34,9 bis 48,5%) nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel berechnet, während nach dem nächstbedeutenden Schlüssel, dem örtlichen Aufkommen, im Bundesdurchschnitt 21,4% (in den einzelnen Bundesländern von 12,8 bis 29,8%) verteilt wurden (Gantner, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel usw., S 33 f.). Im Jahre 1978 betrug der nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel berechnete länderweise auf die Gemeinden entfallende Teil der Erträge im Bundesdurchschnitt 50,9% (in den einzelnen Bundesländern von 43 bis 54,1%).

Dieses Verhältnis des Anteiles der nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel aufgeteilten Erträge zum Anteil der nach anderen Schlüsseln aufgeteilten Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben ist in Zusammenhang mit dem Verhältnis zu sehen, in dem die Einnahmen der Gemeinde aus Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben überhaupt zu den Einnahmen aus Gemeindeabgaben stehen. Im Jahre 1970 betrug dieses Verhältnis:

Ertragsanteile 55%, Gemeindeabgaben 45% (Smekal, Wirtschafts- und finanzpolitische Probleme des österreichischen Finanzausgleichs in Theorie und Praxis des Bundesstaates, S 200), im Jahre 1972:

Ertragsanteile 54%, Gemeindeabgaben 46% (Graf, Der kommunale Finanzausgleich - potentielles Steuerungsinstrument, Österr. Zeitschrift für Politikwissenschaft 1977, S 346). Im Jahre 1978 betrug das Verhältnis (ohne Berücksichtigung der Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen) in den Gemeinden ohne Wien und in Wien: Ertragsanteile 55%, Gemeindeabgaben 45%.

Von den Gesamteinnahmen der Gemeinden aus Abgaben (Ertragsanteile und Gemeindeabgaben) entfällt also im Bundesdurchschnitt ungefähr ein Viertel auf die nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel aufgeteilten gemeinschaftlichen Bundesabgaben.

d) Die Aufteilung der Ertragsanteile der gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach den im Gesetz bestimmten Schlüsseln (darunter dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel) bewirkt, daß die auf Ertragsanteilen beruhenden Gemeindeeinnahmen in den verschiedenen Größengruppen der Gemeinden ausgeglichener sind als die auf Gemeindeabgaben beruhenden Einnahmen (Bauer in Matzner, aaO, S 299). Dies ist darauf zurückzuführen, daß bei den Einnahmen aus Gemeindeabgaben, deren Zufließen sich allein nach dem örtlichen Aufkommen richtet, die verschiedenen Wirtschaftsstrukturen der Gemeinden (zB Agrargemeinden, Industriegemeinden, Fremdenverkehrsgemeinden), aber auch die rechtstechnische Ausgestaltung der Abgaben (Abgabentatbestände) eine wesentlich größere Rolle spielen als bei den Einnahmen aus den nach verschiedenen Schlüsseln verteilten Ertragsanteilen.

So lagen in den verschiedenen Größengruppen der Gemeinden die Pro-Kopf-Einnahmen im Jahre 1973: aus Ertragsanteilen zwischen S 1.157,- und S 2.219,-, aus Gemeindeabgaben zwischen S 727, und S 1.999,-; im Jahre 1978: aus Ertragsanteilen zwischen S 1.862,- und S 3.573,-, aus Gemeindeabgaben zwischen S 1.260, und S 3.145,-. Es sind auch die regionalen Unterschiede bei den Einnahmen aus Ertragsanteilen geringer als bei den Einnahmen aus Gemeindeabgaben (Gantner, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel usw., S 90).

Die beim Vergleich nach Größengruppen sich errechnenden Durchschnittswerte der Einnahmen werden aus den dargestellten Gründen bei Gemeinden verschiedener Wirtschaftsstruktur unter- oder überschritten, uzw. bei den Einnahmen aus Ertragsanteilen in wesentlich geringerem Maße als bei Einnahmen aus Gemeindeabgaben.

e) Innerhalb des Teiles der Abgabeneinnahmen der Gemeinden, der auf die nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel aufgeteilten gemeinschaftlichen Bundesabgaben entfällt (d. i. also ungefähr ein Viertel aller Abgabeneinnahmen), wirkt sich das Spannungsverhältnis dieses Schlüssels aus. Die im Laufe der Rechtsentwicklung von ursprünglich 1:4 2/3 auf 1:2 zurückgegangene Spanne zwischen dem kleinsten und dem größten Vervielfacher wird, wie die Praxis zeigt, durch die die Bedarfszuweisungen und die Landesumlage betreffenden Regelungen weiter verringert.

13,5% der auf die Gemeinden länderweise aufgeteilten Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden vorweg (als zweckgebundene Landesmittel) für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände ausgeschieden (§10 Abs 1 FAG 1973); derartige Bedarfszuweisungen können gemäß § 12 Abs 1 und § 13 F-VG 1948 - auch unter Bedingungen - zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Ausgleich von Härten gewährt werden, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben.

Erst die restlichen 86,5% sind als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben durch die Länder an die einzelnen Gemeinden aufzuteilen (§10 Abs 2 FAG 1973); dabei erhalten vorerst jene Gemeinden, deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreicht hat (diese Begriffe bestimmen sich nach § 10 Abs 4 und 3 FAG 1973), 30% des Unterschiedsbetrages zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft, die verbleibenden Ertragsanteile sind dann nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen.

Die gemäß § 3 Abs 2 F-VG 1948 zur Deckung des durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarfes der Länder vorgesehene, von den Gemeinden zu entrichtende Landesumlage durfte nach dem FAG 1973 (§4) 12,5% der - länderweise - ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden nicht übersteigen. Nach den für 1978 geltenden landesgesetzlichen Regelungen war die Landesumlage auf die Gemeinden im Verhältnis ihrer Finanzkraft aufgeteilt, wobei nur die Länder Vorarlberg und NÖ eigene Regelungen der Finanzkraft hatten, die anderen Länder auf die diesbezüglichen Bestimmungen des FAG 1973 verwiesen.

Im Durchschnitt erhalten nun die kleinsten Gemeinden die meisten Mittel pro Kopf der Bevölkerung aus den Bedarfszuweisungen (Bauer - Huber, Kommunale Finanzen in der Finanzausgleichsperiode 1967 bis 1972, ÖGZ 1975, 8/189; Brandl, Die Bedarfszuweisungen, ÖGZ 1978, 1-2/6), wohingegen die Belastungen aus der Landesumlage im Durchschnitt bei den größeren Gemeinden höher liegt (Bauer - Huber, aaO). Beides hat einen Nivellierungseffekt im Anwendungsbereich des abgestuften Bevölkerungsschlüssels zur Folge.

Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfszuweisungen an die Gemeinden und der von diesen zu leistenden Landesumlage verringert sich das Spannungsverhältnis der Pro-Kopf-Einnahmen der Gemeinden von der ersten zur fünften Größengruppe; etwa auf 1:1,4 im Jahre 1972 (Bauer - Huber, aaO), auf 1:1,43 im Jahre 1974 (Bauer in Matzner, aaO, S 299), auf 1:1,38 im Jahre 1975 (Seipelt, aaO, 12/263) und dann wieder etwas ansteigend auf 1:1,48 im Jahre 1978.

Auch außerhalb des unmittelbaren Bereiches der Berechnung der Ertragsanteile ergeben sich aus sonstigen (auf §§2 und 3 F-VG 1948 beruhenden) Regelungen des Finanzausgleiches Nivellierungseffekte zwischen kleineren und größeren Gemeinden, soweit sich Gemeindebeiträge - etwa nach den Sozialhilfegesetzen, den Krankenanstaltengesetzen oder den Schulerhaltungsgesetzen der Länder - nach der abgestuften Bevölkerung oder der Finanzkraft bestimmen.

f) Die Regelung des Finanzausgleichs stellt das Ergebnis rechtspolitischer - hier finanzpolitischer - Überlegungen dar, bei denen der Gesetzgeber zwar an die Bestimmungen des F-VG 1948 gebunden ist, die ihm aber durch das verfassungsgesetzliche Gleichheitsgebot nicht verwehrt sind, solange er sich im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen bewegt und keinen Exzeß begeht (vgl. zB aus jüngster Zeit VfSlg. 7010/1973, 7558/1975, 7864/1976).

Weder die Normierung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels an sich als einen der Schlüssel für die Verteilung der Erträge aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben (s. vorstehenden Punkt II.2.b) noch auch die konkrete Regelung, wie sie im FAG 1973 getroffen wurde (die Stellung dieses Schlüssels im System aller für die Verteilung gemeinschaftlicher Bundesabgaben in Betracht kommenden Schlüssel und im Rahmen der Einnahmen aus Gemeindeabgaben überhaupt sowie die Gestaltung dieses Schlüssels mit den vorgesehenen Möglichkeiten der Korrektur von Härten), gibt Anlaß zu Bedenken, daß die Regelung gegen das Gleichheitsgebot verstieße. Ob die Regelung in jeder Hinsicht zweckmäßig ist, hat aus der Sicht des Gleichheitsgebotes außer Betracht zu bleiben.

Bei Beurteilung der Regelung darf nicht übersehen werden, daß sich die zulässigen rechtspolitischen Überlegungen des Gesetzgebers auch darauf beziehen konnten, den Gemeinden einen Anreiz zur Strukturreform zu geben (Schachner - Blazizek, Kommunale Finanzwirtschaft in Österreich, 1970, S 117; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung, 1. Band 1975, S 311; Graf, aaO, S 348; Gantner, Finanzausgleich usw., Finanznachrichten 1/2/1977, Kommentar S 10; Gantner, Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel usw., S 41, 95, 97).

E) Die klagende Partei ist der Meinung, daß dem Volkszählungsgesetz

(1950) verfassungsrechtliche Mängel anhafteten und daß das Fixieren der Volkszahl auf ein Jahrzehnt die Bestimmungen dieses Gesetzes und jene des FAG 1979, die vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel bzw. der einfachen Volkszahl ausgehen, im Hinblick auf § 4 F-VG 1948 bedenklich wären.

Bei der Beurteilung dieses Vorbringens ist von § 8 Abs 3 des im vorliegenden Fall anzuwendenden FAG 1973 auszugehen, wonach sich die Volkszahl nach dem vom Österr. Statistischen Zentralamt auf Grund der letzten Volkszählung festgestellten Ergebnisses bestimmt und dieses Ergebnis mit dem Beginn des dem Stichtag der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahres wirkt. Dieser Wirkungsbeginn ist erstmals im FAG 1973 festgelegt, sodaß das zum FAG 1967 ergangene Erk. VfSlg. 7001/1973 überholt ist. Die konkrete Regelung des Wirkungsbeginnes des Ergebnisses der Volkszählung läßt auch keinen Raum für Überlegungen, wie sie der VfGH im Erk. VfSlg. 6563/1971, S 810 ff. zu dem Begriff der "Feststellung des Ergebnisses" der jeweils letzten Volkszählung in § 4 der Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. 391/1970, angestellt hat.

In dem in einem Gesetzesprüfungsverfahren ergangenen Erk. VfSlg. 7332/1974 hat der VfGH zu § 8 Abs 3 erster und zweiter Satz FAG 1973 (und zu § 9 Abs 3 erster Satz FAG 1967) ausgeführt, daß durch diese Gesetzesstelle das Österr. Statistische Zentralamt berufen werde, für die Verteilung der Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben, die nach der Volkszahl zu ermitteln sind, den zur Verteilung berufenen Gebietskörperschaften die erforderlichen Unterlagen in Form des Ergebnisses der Volkszählung zu liefern. Die verteilenden Gebietskörperschaften würden bei der Verteilung nicht als Verwaltungsbehörden, also nicht behördlich tätig. Der Gesetzgeber ordne lediglich an, daß diese Gebietskörperschaften der Verteilung der Ertragsanteile das vom Österr. Statistischen Zentralamt auf Grund der letzten Volkszählung festgestellte Ergebnis zugrunde zu legen hätten. Nach dem System des FAG 1973 beginne in diesen Angelegenheiten erst mit der Erhebung einer Klage nach Art 137 B-VG vor dem VfGH ein (gerichts)behördliches Verfahren. In diesem Verfahren sei aber das vom Österr. Statistischen Zentralamt festgestellte Volkszählungsergebnis keineswegs unüberprüfbar. Im Streitfalle habe vielmehr der VfGH in einem solchen Verfahren zu prüfen, ob das Österr. Statistische Zentralamt die vorhandenen Volkszählungsmaterialien gemäß den für die Volkszählung maßgebenden Rechtsvorschriften richtig verwertet habe. Ein solcher Fall, der den Anlaß für die Durchführung des Gesetzesprüfungsverfahrens bildete, wurde dann mit Erk. VfSlg. 7644/1975 entschieden.

Im vorliegenden Fall wird das festgestellte Ergebnis der letzten Volkszählung von der klagenden Partei nicht bestritten. Der VfGH hat also auf die damit zusammenhängenden Fragen nicht einzugehen, sodaß die Bestimmungen des Volkszählungsgesetzes, BGBl. 159/1950 (die durch das Bundesstatistikgesetz 1965, BGBl. 91/1965, § 12, ausdrücklich für unberührt erklärt worden sind) idF BGBl. 398/1976, soweit sie das Verfahren des Österr. Statistischen Zentralamtes betreffen, vorliegendenfalls nicht präjudiziell sind. Zu bemerken ist im übrigen, daß dieses Amt, soweit es behördliche Aufgaben zu besorgen hat, als Organ des zuständigen Bundesministeriums tätig wird. (Vgl. Bundesstatistikgesetz 1965, § 4; daß das Volkszählungswesen verfassungsrechtlich zur Statistik zählt, ergibt sich aus Art 10 Abs 1 Z 13 B-VG. Im Volkszählungsgesetz 1980, BGBl. 199/1980, § 1 Abs 3, ist die Funktion des Österr. Statistischen Zentralamtes als Organ des Bundesministeriums für Inneres ausdrücklich bestimmt.)

Das Vorbringen der klagenden Partei ist für den vorliegenden Fall also nur insofern beachtlich, als es sich auf die Regelung bezieht, durch die das Ergebnis der jeweils letzten Volkszählung für den Zeitraum eines Jahrzehntes fixiert wird.

Dieses Vorbringen kann aber keinesfalls eine Verfassungswidrigkeit des Volkszählungsgesetzes dartun; selbst wenn es zuträfe, läge die Verfassungswidrigkeit nicht im Volkszählungsgesetz, sondern in § 8 Abs 3 FAG 1973, der allein die Rechtsgrundlage dafür darstellt, nach welchen Kriterien sich die Volkszahl bestimmt, soweit diese als Verteilungsschlüssel für Abgabenerträge normiert ist.

§8 Abs 3 FAG 1973 war bereits Gegenstand einer amtswegigen Prüfung durch den VfGH. Bedenken dagegen, daß die auf Grund der jeweils letzten Volkszählung festgestellten Ergebnisse bis zur nächsten Volkszählung, also - sieht man von außerordentlichen Volkszählungen ab - während des Zeitraumes eines Jahrzehntes für die Erträge von gemeinschaftlichen Bundesabgaben maßgeblich sind, hat der VfGH damals weder im Verfahren über den Anlaßfall (entschieden mit VfSlg. 7644/1975) noch über die Gesetzesprüfung (entschieden mit VfSlg. 7332/1974) gehabt.

Der VfGH hat auch unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Falles diesbezüglich keine Bedenken.

Es ist richtig, daß durch die getroffene Regelung Änderungen in der Volkszahl der einzelnen Gemeinden, die während eines längeren - in der Regel ein Jahrzehnt dauernden - Zeitraumes eintreten, nicht berücksichtigt werden und daß dies zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann.

Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß es gerade die Bedeutung der Volkszahl für den Finanzausgleich verlangt, ihre Ermittlung in einer geregelten - notwendigerweise aufwendigen - Volkszählung vorzunehmen, deren Ergebnis auch einer entsprechenden Prüfung unterzogen werden kann. Solche Volkszählungen können aber nur in größeren Zeitabständen vorgenommen werden. Jede im Zeitraum zwischen solchen Zählungen erfolgte Berücksichtigung tatsächlicher Veränderungen der Volkszahl ist mit Ungenauigkeiten und Unsicherheitsfaktoren behaftet, die es ausschließen, darauf eine Änderung des Finanzausgleiches zwischen Gebietskörperschaften mit gegensätzlichen finanziellen Interessen zu gründen.

Wenn der Gesetzgeber seit dem Abgabenteilungsgesetz BGBl. 125/1922, die schon damals nach der letzten Volkszählung (das Gesetz über die Volkszählung RGBl. 67/1869, auch idF BGBl. 230/1930 sah Volkszählungen alle 10 Jahre vor) ermittelte Volkszahl als geeignete Grundlage für die Verteilung von Abgabenerträgen angesehen hat, kann darin kein Verstoß gegen eine Verfasungsnorm erblickt werden.

Als solche käme nur das auch den Gesetzgeber bindende (VfSlg. 7720/1975, 7973/1976) Gleichheitsgebot in Betracht. Der Gesetzgeber handelte aber bei der Regelung des § 8 Abs 3 erster und zweiter Satz FAG 1973 im Rahmen rechtspolitischer Überlegungen, die - außer im Falle eines hier nicht vorliegenden Exzesses - nicht am Gleichheitssatz gemessen werden können und nicht der Kontrolle durch den VfGH unterliegen (vgl. VfSlg. 5692/1968, 5862/1968, 6030/1969, 6152/1970, 6255/1970, 6485/1971, 6621/1971, 6929/1972). Aus eben diesem Grund liegt auch ein Verstoß gegen § 4 F-VG 1948, der nur eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleiches darstellt, nicht vor.

F) Die klagende Partei begründet den geltend gemachten

vermögensrechtlichen Anspruch allein mit der Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen, die für die Verteilung von Ertragsanteilen an gemeinschaftlichen Bundesabgaben maßgeblich sind.

Da der VfGH diesbezüglich - wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt - keine Bedenken hat, war das Klagebegehren abzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 41 VerfGG 1953 idF BGBl. 18/1958. Die den Kostenersatz ansprechende beklagte Partei hat ihre Kosten nicht verzeichnet. Sie hat daher gemäß § 54 Abs 1 ZPO, der gemäß § 35 VerfGG 1953 im Verfahren vor dem VfGH sinngemäß anzuwenden ist, keinen Ersatzanspruch (VfSlg. 3999/1961, 6980/1973).