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OGH vom 25.11.1994, 8ObS16/94

OGH vom 25.11.1994, 8ObS16/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Köck und Martin Pohnitzer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ewald F*****, vertreten durch Dr.Karl Safron, Dr.Franz Großmann, Dr.Leopold Wagner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Klagenfurt, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 142.326,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 26/94-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 34 Cgs 292/93-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger war Angestellter eines in der Folge in Konkurs verfallenen Handelsunternehmens. Die Tätigkeit des Klägers bestand im Verkauf einer bestimmten Maschine. Teil seines Aufgabengebietes war auch die Weiterentwicklung dieser Maschine. Dafür investierte der Kläger mehrere Jahre hindurch sowohl Dienst- als auch Freizeit. Er unternahm mehrere Reisen, so auch zur Erzeugerfirma in die Vereinigten Staaten. Die vom Kläger durchgeführten Verbesserungen lagen im Interesse des Unternehmens und wurden von diesem gefördert. Eine der Verbesserungen war die Entwicklung des sogenannten "Stamm an Stamm Entrindungsverfahrens" durch den Kläger. Zur Abgeltung der von ihm an der Maschine durchgeführten Verbesserungen wurde dem Kläger am eine einmalige Zahlung im Betrag von S 180.000,-- brutto zuerkannt. Bis zur Konkurseröffnung über das Vermögen des Unternehmens am kam es jedoch nicht zur Auszahlung.

Der Kläger meldete im Konkursverfahren aus diesem Titel eine Forderung in der Höhe von S 169.200,-- an. Die Auszahlung eines gleich hohen Betrages begehrte er von der Beklagten, welche ihm jedoch mit Bescheid vom nur einen Teilbetrag von S 26.847,-- zuerkannte und den darüber hinausgehenden Anspruch ablehnte, da der Höchstbetrag gemäß § 1 Abs. 4 IESG für den Monat März 1992 überschritten sei.

Mit seiner am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger den offenen Differenzbetrag und brachte vor, daß seine Forderung als "sonstiger Anspruch" nach § 1 Abs. 2 Z 3 IESG zu qualifizieren sei, für welchen die Begrenzung des § 1 Abs. 4 IESG keine Geltung habe.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Die vom Kläger an der Maschine vorgenommenen Verbesserungen seien Teil seiner dienstlichen Obliegenheiten gewesen, weshalb ein der Höhe nach nur begrenzt auszahlungsfähiger Entgeltanspruch vorliege.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Weiterentwicklung der vom Kläger im Rahmen des Unternehmens vertriebenen Maschine im Lauf der Zeit zum Tätigkeitsgebiet des Klägers geworden sei. Insoweit liege eine schlüssige Änderung des Dienstvertrages vor. Die dafür bezogene Vergütung sei daher als Entgelt zu qualifizieren.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die vom Kläger entwickelten Verbesserungen Diensterfindungen im Sinne der §§ 6 ff PatG seien, stelle die dafür gebührende Vergütung ein Entgelt dar, da die belohnte Tätigkeit zu den dienstlichen Obliegenheiten des Arbeitnehmers gehört habe. Prämien, die auf außergewöhnliche nur fallweise erbrachte Leistungen abstellen, seien als "sonstiges Entgelt" zu bezeichnen.

Der Revision des Klägers kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs. 2 IESG sind gesicherte Forderungen, für welche Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld besteht, 1. Entgeltansprüche, insbesondere auf laufendes Entgelt und aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, 2. Schadenersatzansprüche, 3. sonstige Ansprüche gegen den Arbeitgeber und 4. die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten. Gemäß § 1 Abs. 3 Z 4 IESG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. 835/1992 gebührt Insolvenz-Ausfallgeld für Entgeltansprüche nach Abs. 2 Z 1 insoweit nicht, als diese den Grenzbetrag nach Maßgabe des Abs. 4 übersteigen, es sei denn, daß nach Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung ein höherer Nettobetrag gebührt. Durch diese Bestimmung ist klargestellt, daß sämtliche Entgeltansprüche von der höhenmäßigen Beschränkung erfaßt werden. Dies entspricht dem Gesetzeszweck, die Arbeitnehmer bei einer Insolvenz des Arbeitgebers gegen das Risiko des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Ansprüche, auf die sie zur Bestreitung ihres und des Lebensunterhaltes ihrer Angehörigen angewiesen sind, zu sichern, aber andererseits den Fonds durch eine Begrenzung der Basisgröße gegen übermäßige Inanspruchnahme zu sichern (9 ObS 11/92). Der Begriff "Entgeltansprüche" im Sinne des IESG ist im arbeitsrechtlichen Sinn zu verstehen (vgl. 464 BlgNR 14.GP 8). Er umfaßt alle Leistungen des Arbeitgebers, die dieser dem Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt (Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3 172; SZ 61/254).

Aufgrund der ausdrücklichen Nennung der Bestimmung des Abs. 2 Z 1 in der zitierten Bestimmung über die Begrenzung der Höhe von Entgeltansprüchen kann für jene Fälle, in welchen die Insolvenz vor dem eintrat (die Novelle BGBl. 817/1993 kennt diese Verweisung nicht mehr) nicht zweifelhaft sein, daß nur Entgeltansprüche, nicht jedoch die sonstigen Ansprüche gegen den Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 IESG der Begrenzung unterliegen. Als "sonstige Ansprüche gegen den Arbeitgeber" wurden bisher angesehen vertraglich zugesicherte echte Aufwandsentschädigungen oder Auslagenersätze, die dem Arbeitnehmer aus der Erbringung der ihm obliegenden Arbeitsleistung erwachsen (Arb 10.090), somit solche Ansprüche, die zwar ihre Wurzel im Arbeitsverhältnis haben, jedoch nicht der Wechselbeziehung von Leistung und Gegenleistung entspringen. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers erfolgt aber auch die Zuerkennung einer Prämie für vom Dienstnehmer durchgeführte Verbesserungen oder für Diensterfindungen als Abgeltung für eine Arbeitsleistung und stellt keinen von dieser synallagmatischen Beziehung unabhängigen Anspruch dar. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes war die Weiterentwicklung der vom Kläger verkauften Maschinen ein Teil seines Aufgabengebietes. Damit wäre jede in diesem Zusammenhang gemachte Erfindung eine Diensterfindung im Sinne des § 7 Abs. 3 lit.a PatG. Die für die Diensterfindung gebührende Vergütung stellt einen Teil des Arbeitslohnes dar (Schwarz/Reissner/Holzer/Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz 104; Torggler, Zur Lohnsteuer von Diensterfindervergütungen ÖBl 1974, 101). Selbst wenn der Kläger durch seine Tätigkeit beim Dienstgeber nur zur Erfindung angeregt worden wäre (§ 7 Abs. 3 lit.b PatG), wäre sie doch unmittelbar dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen und somit auch im Rahmen desselben zu entlohnen. Die gleichen Überlegungen müssen notwendigerweise für bloße Verbesserungen im Arbeitsbereich des Dienstnehmers gelten, stellen sich doch diese noch viel eher als Ergebnis gewissenhafter Ausführung der vertraglich bedungenen Arbeit dar.

Obwohl sich somit die Rechtsansicht des Revisionswerbers als unzutreffend erweist, führt dies nicht zur Klagsabweisung, ergibt sich doch aus den Feststellungen, daß die dem Kläger zugesagte einmalige Zahlung lediglich auf den Monat März 1992 bezogen und offenkundig der Grenzbetrag auf Basis des § 1 Abs 4 Z 1 IESG berechnet wurde. Die Abgeltung für die vom Kläger entwickelten Verbesserungen stellt aber einen Entgeltanspruch dar, der nicht nach Zeiträumen bemessen wird. Der Grenzbetrag ist daher grundsätzlich gemäß Z 2 der genannten Gesetzesstelle mit der Anzahl der Tage des jeweiligen Kalendervierteljahres zu vervielfachen, in welchem der Anspruch abzurechnen gewesen wäre. Der erkennende Senat hat diese Bestimmung in der Entscheidung RdW 1994, 253 dahin berichtigend ausgelegt, daß Provisionen mit einjährigem Abrechnungszeitraum einem Grenzbetrag unterliegen, der unter Heranziehung der Anzahl der Tage im jeweiligen Kalenderjahr zu ermitteln ist. Es sei nämlich nie in der Absicht des Gesetzgebers gelegen gewesen, Zeit- und Leistungslöhne unterschiedlich zu kürzen. Es liege daher kein Grund vor, Provisionen über die höhenmäßige, alle Entgeltansprüche betreffende Anspruchsbegrenzung hinaus auch noch einer weiteren, sachlich nicht gerechtfertigten, von der zufälligen Wahl des Abrechnungszeitraumes abhängigen Kürzung zu unterziehen. In Anbetracht dieser Überlegungen ist es gerechtfertigt, auch das für jahrelange Entwicklungsarbeit verdiente Entgelt der Höhe nach durch Errechnung des Grenzbetrages auf der Grundlage eines Kalenderjahres zu begrenzen.

Da es einer Erweiterung der Sachverhaltsgrundlage bedarf, um die erforderlichen Berechnungen durchführen zu können, waren in Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben. Das Erstgeicht wird den Parteien zu entsprechendem Vorbringen Gelegenheit zu geben und sodann die erforderlichen Beweise aufzunehmen haben (§ 87 Abs. 1 ASGG).