OGH vom 05.06.2007, 10ObS55/07x

OGH vom 05.06.2007, 10ObS55/07x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann und Dr. Peter Krüger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef K*****, Pensionist, *****, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Dr. Eva-Maria Bachmann-Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufrechnung, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 89/06d-25, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cgs 63/03w-20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger bezieht von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft seit die vorzeitige Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit.

Am wurde über das Vermögen des Klägers der Konkurs eröffnet. Die Salzburger Gebietskrankenkasse meldete an offenen Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 01/1994 bis 06/1995 zuzüglich Kosten und Verzugszinsen eine Konkursforderung von insgesamt ATS 910.524,88 an. Der vom Kläger als Gemeinschuldner vorgelegte Zahlungsplan wurde von seinen Gläubigern (auch von der Salzburger Gebietskrankenkasse) in der Tagsatzung am angenommen. Mit Beschluss vom selben Tag bestätigte das Konkursgericht den Zahlungsplan. Die Quote betrug 3,32 %, zahlbar in 14 Halbjahresraten ab . Mit Beschluss vom wurde der Konkurs aufgehoben.

Am stellte die Salzburger Gebietskrankenkasse einen neuen (vollstreckbaren) Rückstandsausweis über eine noch offene Beitragsschuld von EUR 40.070,02 zuzüglich der zwischenzeitig aufgelaufenen Zinsen und Nebengebühren aus; insgesamt beträgt die Forderung laut Rückstandsausweis EUR 69.897,97 und betrifft dieselben Beitragszeiträume wie die seinerzeit im Konkursverfahren angemeldete Forderung. Gleichzeitig ersuchte die Salzburger Gebietskrankenkasse die beklagte Partei um Aufrechnung mit ihrer Beitragsforderung auf die Pension des Klägers.

Mit Bescheid vom rechnete die beklagte Partei auf die Pension des Klägers ab monatlich einen „Betrag zur Deckung der offenen Forderung der Salzburger Gebietskrankenkasse" aufgrund des vollstreckbaren Rückstandsausweises vom auf. Die beklagte Partei ermittelte eine fixe Abzugsrate von EUR 432,-- monatlich, die seit von der Pension einbehalten wird. Der Kläger erhält daher statt EUR 1.034,54 netto nur eine monatliche Pensionsleistung von EUR 602,54 ausbezahlt.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger sinngemäß, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Aufrechnung zu unterlassen und ihm ab die Pension ohne Abzug im vollen gesetzlichen Ausmaß zu leisten, hilfsweise die Aufrechnung nur in Bezug auf den unpfändbaren Teil des Pensionseinkommens vorzunehmen. Insbesondere brachte der Kläger vor, mit der rechtskräftigen Bestätigung des Zahlungsplanes gemäß § 181 KO iVm § 156 Abs 1 KO von allen Verbindlichkeiten gegenüber der Salzburger Gebietskrankenkasse befreit zu sein. Allenfalls könne die beklagte Partei noch mit dem der Quote von 3,32 % entsprechenden Teilbetrag von ATS 30.229,42 (EUR 2.196,86) in die unpfändbaren Bezugsteile aufrechnen.

Die beklagte Partei wandte vor allem ein, dass der Kläger durch die Bestätigung des Zahlungsplanes nicht von seiner Restschuld befreit sei, zumal das Aufrechnungsrecht durch die Anmeldung der Forderung im Konkurs nicht untergegangen sei und den Abschluss des Konkursverfahrens überdauere.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang teilweise statt und erkannte den Kläger schuldig, von bis die Aufrechnung eines Betrages von EUR 382,75 monatlich zur Deckung der offenen Forderung der Salzburger Gebietskrankenkasse an Beiträgen zur Sozialversicherung in der Höhe von insgesamt EUR 69.897,97 zuzüglich Verzugszinsen zu dulden. Für den Folgezeitraum ab ermittelte das Erstgericht für jeden einzelnen Monat sowie für die einzelnen Sonderzahlungen die monatlichen Aufrechnungsbeträge, die jeweils - zum Teil nur geringfügig - unter den von der beklagten Partei tatsächlich vorgenommenen Einbehalten liegen.

In rechtlicher Hinsicht folgte das Erstgericht der vom Berufungsgericht im ersten Rechtsgang überbundenen Rechtsansicht, wonach die Aufrechnung infolge der schuldbefreienden Wirkung des Zahlungsplanes zwar nicht in die (dem Konkursverfahren unterworfenen) pfändbaren Teile, wohl aber in die unpfändbaren (und nicht in die Konkursmasse fallenden) Teile der Pensionsbezüge des Klägers zulässig sei.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Während die beklagte Partei im Berufungsverfahren an ihrem Standpunkt festhielt, nach Aufhebung des Konkurses im Rahmen des § 71 GSVG grundsätzlich wieder bis zur Hälfte der von ihr erbrachten Geldleistung aufrechnen zu können, vertrat der Kläger weiterhin die gegenteilige Rechtsansicht, dass eine nachträgliche trägerübergreifende Aufrechnung mit der ursprünglichen Beitragsforderung überhaupt ausgeschlossen sei: Da zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung keine Aufrechnungslage bestanden habe, sei der Kläger durch die Bestätigung des Zahlungsplanes von seinen Verbindlichkeiten befreit, soweit er die Quote entsprechend erfülle. In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Berufungsgericht davon aus, dass auf dieser Grundlage nicht angenommen werden könne, dass die Beitragsschuld unbestritten sei: Der Kläger habe im Verfahren erster Instanz ausdrücklich die schuldbefreiende Wirkung des Zahlungsplanes eingewendet, während die beklagte Partei davon ausgehe, dass der Kläger nach wie vor - trotz Bestätigung des Zahlungsplanes - für den gesamten Betrag laut Rückstandsausweis vom hafte. Die Höhe der Beitragsschuld, mit der aufgerechnet werden solle, sei demnach zwischen den Parteien strittig. Dass über die nach der Bestätigung des Zahlungsplanes verbliebene Beitragsschuld von der Salzburger Gebietskrankenkasse (vor oder nach Ausstellung des neuen Rückstandsausweises) bereits mit Rechtskraftwirkung abgesprochen worden sei, sei der bisherigen Aktenlage nicht zu entnehmen, werde aber im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien noch zu erörtern sein. Für den Fall, dass sich dabei herausstellen sollte, dass die strittige Beitragsschuld im Verwaltungsverfahren tatsächlich noch nicht rechtskräftig festgestellt worden sei und demnach die Voraussetzungen für die richterliche Entscheidungsbefugnis im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 10 ObS 150/03m, nicht vorliegen sollten, werde das Erstgericht sein Verfahren in analoger Anwendung des § 74 ASGG zur Klärung der Beitragsschuld des Klägers bei der Salzburger Gebietskrankenkasse zu unterbrechen haben. Es bleibe in diesem Fall dem Erstgericht vorbehalten, die Einleitung eines derartigen Verwaltungsverfahrens anzuregen, soweit der Kläger nicht von sich aus die Bescheiderlassung zur Feststellung seiner Beitragsschuld beantrage.

Aus dem Umstand, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom , 10 ObS 152/01b, trotz identem Sachverhalt eine Unterbrechung des Verfahrens analog § 74 ASGG nicht erwogen und die Aufrechnung zur Deckung der gesamten, nicht auf die Quote beschränkten Beitragsforderung zugelassen habe, könnte abgeleitet werden, dass es einer derartigen Verfahrensunterbrechung ausnahmsweise dann nicht bedürfe, wenn die im Konkurs angemeldete Forderung vom Masseverwalter anerkannt worden oder aus anderen Gründen zunächst unstrittig gewesen sei und sich der spätere Streit über die Beitragsschuld daher im Wesentlichen auf die schuldbefreiende Rechtswirkung des Zahlungsplanes beschränke. Dafür könnte sprechen, dass der Zahlungsplan (Ausgleich) materiellrechtliche Wirkungen nur auf die Höhe des klagbaren (und aufrechenbaren) Teils der Forderung und die Fälligkeit habe (vgl RIS-Justiz RS001231), die Konkursforderung selbst aber nicht vernichte. Daraus könnte wieder geschlossen werden, dass die besondere Rechtswirkung des § 156 Abs 1 KO vom Arbeits- und Sozialgericht als bloße Aufrechnungsvoraussetzung (so wie die Verjährung der Beitragsschuld) selbständig geprüft werden müsste, jedenfalls solange der Zahlungsplan - wie im vorliegenden Fall - noch nicht zur Gänze erfüllt sei.

Dagegen spreche aber zum einen, dass mit dem hier zu beurteilenden Rückstandsausweis vom nicht die seinerzeit im Konkurs angemeldete (und damals anerkannte), sondern eine betragsmäßig höhere Forderung zum Gegenstand der Aufrechnung gemacht worden sei, und andererseits vor allem, dass die materielle Richtigkeit des Rückstandsausweises auch die Fälligkeit der Beiträge erfasse; darüber sei - ebenso wie über die Beitragsgrundlage und die Höhe der Beitragsschuld - im Verwaltungsverfahren zu entscheiden. Die Aufrechnung mit Beitragsrückständen setze daher gemäß § 71 Abs 1 Z 1 GSVG (§ 103 Abs 1 Z 1 ASVG) auch ausdrücklich deren Fälligkeit voraus; nur unter dieser Voraussetzung liege eine unbestrittene Beitragsschuld vor, über deren Aufrechnung im Sinne der Entscheidung 10 ObS 150/03m vom Arbeits- und Sozialgericht zu entscheiden sei. Die mangelnde Fälligkeit einer Beitragsforderung als Folge der schuldbefreienden Wirkung des Zahlungsplanes sei daher richtigerweise schon bei der Ausstellung des der Aufrechnung zugrunde liegenden Rückstandsausweises zu berücksichtigen. Nur offene und fällige Beitragsverbindlichkeiten könnten überhaupt einen Rückstand begründen und rechtfertigten erst die Ausstellung eines entsprechenden Rückstandsausweises. Spätestens dann, wenn der Versicherte Einwendungen gegen den Rückstandsausweis erhebe (sei es wegen mangelnder Fälligkeit der geltend gemachten Beiträge, sei es aufgrund anderer Einwände gegen seine Zahlungsverbindlichkeit), habe der Versicherungsträger darüber mit einem der Rechtskraft fähigen Bescheid zu entscheiden, an den das Arbeits- und Sozialgericht gebunden sei. Aufgrund der - hier analog anzuwendenden - gesetzlichen Sonderbestimmung des § 74 ASGG sei das Gericht zur Prüfung der im Verwaltungsverfahren zu lösenden Vorfragen aber nicht selbst berechtigt.

Aus diesen Gründen sehe sich das Berufungsgericht veranlasst, von seiner im ersten Rechtsgang auf die Entscheidung 10 ObS 152/01b gestützten Rechtsansicht abzugehen und - der zwischenzeitig veröffentlichten Entscheidung 10 ObS 150/03m folgend - das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache im aufgezeigten Sinn zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig, weil zu dem hier zu beurteilenden Sachverhalt eine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe und der Entscheidung für die Aufrechnungspraxis der Versicherungsträger über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung für die Rechtssicherheit zukomme.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Rekurse beider Parteien jeweils aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, in der Sache selbst im Sinne des Urteilsantrags der jeweiligen Partei zu entscheiden. Hilfsweise wird jeweils der Antrag gestellt, die Sache an eine Vorinstanz zurückzuverweisen. Die klagende Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge zu geben. Die beklagte Partei hat keine Rekursbeantwortung zum Rekurs der klagenden Partei erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

1. Der Kläger wiederholt in seinem Rekurs seine Rechtsansicht, dass eine „nachträgliche trägerübergreifende" Aufrechnung - ungeachtet des von der Salzburger Gebietskrankenkasse erlassenen Rückstandsausweises - nicht zulässig sei. Die Annahme des Zahlungsplanes, seine rechtskräftige Bestätigung und die Aufhebung des Konkurses führe dazu, dass der Gemeinschuldner von seinen Verbindlichkeiten befreit werde, sofern er seine Quote entsprechend erfülle und es zu keinem Wiederaufleben der Forderung komme.

2. Nach der im Rekurs der beklagten Partei vertretenen Ansicht sei es nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, ob und in welcher Weise die Beitragsschuld „durch mögliche andere Umstände, die nicht im Versicherungs- und Beitragsrecht begründet" seien, beeinflusst werde. Sämtliche beitragsrechtlichen Bestimmungen des ASVG und des GSVG würden sich von ihrem Wortlaut her nur auf die unmittelbar aus dem Gesetz erfließenden Beitragspflichten beziehen, weshalb für die Berücksichtigung „außerhalb des Sozialversicherungssystems gelegener Umstände" (wie etwa für die Beurteilung von Forderungen bzw Forderungsnachlässen oder gar Restschuldbefreiuungen) kein Raum bleibe. Es wäre nicht allzu erstaunlich, wenn sich der Verwaltungsgerichtshof in einem solchen Fall für unzuständig erklären würde.

Allerdings wende sich die beklagte Partei nicht generell gegen eine Unterbrechung des Verfahrens iSv § 74 ASGG, wohl aber gegen die Rechtsansicht, dass die Frage einer allfälligen Restschuldbefreiung im Verwaltungsverfahren zu klären sei, weiters vor allem gegen die Berücksichtigung des Zahlungsplanes überhaupt. Vielmehr sei die Aufrechnung unbeschränkt zulässig.

3. Der erkennende Senat hat seiner Entscheidung vom , 10 Ob S 164/06z = ARD 5756/10/2007, zugrunde gelegt, dass wegen des fehlenden Bescheidcharakters eines Rückstandsausweises eine Bindung der Gerichte in dem Sinn, dass endgültig und bindend über eine Vorfrage abgesprochen wird, nicht in Frage kommt (10 ObS 150/03m = SZ 2004/38 = SSV-NF 18/17; RIS-Justiz RS0037038). Dies gilt jedoch nicht für einen dem Rückstandsausweis allenfalls zugrunde liegenden Bescheid oder für die Entscheidung der Behörde über die Berechtigung von Einwendungen gegen die im Rückstandsausweis ausgewiesene Beitragsforderung (3 Ob 17/89 = AnwBl 1989/3306, 758 mwN). Über Einwendungen gegen die Richtigkeit eines Rückstandsausweises hat der Sozialversicherungsträger gemäß den §§ 409 und 355 Z 3 ASVG bescheidmäßig abzusprechen; dagegen kann gemäß § 412 Abs 1 ASVG Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann erhoben werden.

Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten und ihrer Dienstgeber

sind keine Leistungssachen, sondern Verwaltungssachen nach § 355 Z 3

ASVG, sodass hiefür der Rechtsweg unzulässig ist (10 ObS 146/93 = SZ

66/134 = SSV-NF 7/100 mwN).

Aus diesem Grund kann vom Arbeits- und Sozialgericht über die Aufrechnung von geschuldeten Beiträgen auf die vom Versicherungsträger zu erbringenden Leistungen gemäß § 71 Abs 1 Z 1 GSVG (§ 103 Abs 1 Z 1 ASVG) nur dann entschieden werden, wenn die Beitragsschuld entweder unbestritten ist oder rechtskräftig festgestellt wurde (10 ObS 35/99s = SSV-NF 13/33 mwN; Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen [1995] 111 mwN).

4. Eine Beitragsschuld ist dann rechtskräftig festgestellt, wenn die der Rechtskraft fähige Entscheidung im administrativen Instanzenzug unanfechtbar ist. Wenn über vom Versicherten geschuldete Beiträge bereits ein rechtskräftiger Verwaltungsbescheid vorliegt, sind die Gerichte daran gebunden (10 ObS 35/99s = SSV-NF 13/33 mwN); demgegenüber sind Rückstandsausweise nicht der Rechtskraft fähig. Entsprechend den Ausführungen des Berufungsgerichtes fehlt es an Hinweisen darauf, dass bereits mit Rechtskraftwirkung über Bestand und Höhe der (allenfalls) offen gebliebenen Beitragsschulden des Klägers abgesprochen worden wäre.

Die Argumentation der beklagten Partei, wonach die Frage einer „allfälligen Restschuldbefreiung" (gemeint die Frage, ob der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit wurde, seinen Gläubigern den Ausfall zu ersetzen) nicht im Verwaltungsverfahren zu klären sei, lässt außer Acht, dass über die Aufrechnung von geschuldeten Beiträgen auf die vom Versicherungsträger zu erbringenden Leistungen vom Gericht eben nur dann entschieden werden darf, wenn die Beitragsschuld entweder unbestritten ist oder rechtskräftig festgestellt wurde (§ 71 Abs 1 Z 1 GSVG,§ 103 Abs 1 Z 1 ASVG).

5. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, es könne auch nicht von einer unstrittigen Beitragsschuld ausgegangen werden, hält sich ebenfalls im Rahmen dieser (jüngeren) Rechtsprechung. Schließlich hat der Kläger vorgebracht, als Beitragsschuldner schon durch den rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan von seiner Verbindlichkeit befreit worden zu sein, seinen Gläubigern, darunter der Salzburger Gebietskrankenkasse, den Ausfall nachträglich zu ersetzen (§ 156 Abs 1 KO).

6. Es entspricht weiters der Entscheidung 10 ObS 164/06z (RIS-Justiz RS0121466), dass dann, wenn die Voraussetzungen für die richterliche Entscheidungsbefugnis (nämlich dass die Beitragsschuld unbestritten oder im Verwaltungsverfahren bereits rechtskräftig festgestellt ist) nicht vorliegen, das Erstgericht sein Verfahren in analoger Anwendung des § 74 ASGG zur Klärung der Beitragsschuld des Klägers bei der Salzburger Gebietskrankenkasse zu unterbrechen haben wird (10 ObS 150/03m = SZ 2004/38 = SSV-NF 18/17; RIS-Justiz RS0036839 [T2] und [T3]).

7. Da die im jetzigen Verfahrensstadium allein entscheidende Frage, inwieweit ein Arbeits- und Sozialgericht zur selbständigen Entscheidung über die Höhe einer Beitragsschuld, zu deren Abdeckung auf die von der beklagten Partei zu gewährenden Pensionsleistungen aufgerechnet werden soll, befugt ist, vom Obersten Gerichtshof vor Kurzem bereits entschieden wurde und weitere erhebliche Rechtsfragen, die bereits im jetzigen Zeitpunkt als entscheidungsrelevant zu beantworten wären, nicht erkennbar sind, sind die Rekurse beider Parteien zurückzuweisen.

8. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Zu einem Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 ZPO besteht kein Anlass, weil durch die Zurückweisung der Rechtsmittel beider Parteien zufolge Unzulässigkeit eine abschließende und vom Ergebnis der Hauptsachenentscheidung unabhängige Erledigung der Rechtsmittelschriftsätze durch den Obersten Gerichtshof erfolgen konnte (2 Ob 155/06t). Da die klagende Partei nicht auf die Frage der Unzulässigkeit des Rechtsmittels der beklagten Partei eingegangen ist, steht ihr auch kein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung zu.