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OGH vom 14.07.2022, 9ObA78/22v

OGH vom 14.07.2022, 9ObA78/22v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Mag. Korn als weitere Richter (Senat nach § 11a Abs 3 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Dr. H*, vertreten durch Dr. Sabine Gauper, Rechtsanwältin in Klagenfurt, wegen 36.000 EUR sA, hier wegen Akteneinsicht der Einschreiterin K* GmbH & Co KG, *, vertreten durch Dr. Stefan Lausegger, Rechtsanwalt in Graz, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 12/22x-24, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cga 73/19z-21, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Einschreiterin begehrte mit Antrag vom gemäß § 219 Abs 2 ZPO Einsicht in den vorliegenden Akt. Der hier Beklagte habe sie vor dem Landesgericht Klagenfurt auf Unterlassung und Widerruf im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über einen gegen ihn geführten Zivilprozess geklagt. Dabei habe er zum Nachweis, dass kein Verfahren gerichtsanhängig sei, die Ruhensbekanntgabe aus diesem Verfahren vorgelegt, wobei sich daraus nicht eindeutig ergebe, dass es sich um das Verfahren handle, über das sie berichtet habe. Die Einschreiterin habe daher ein Interesse daran, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und inwiefern ihre Berichterstattung, wegen derer sie nunmehr mit zivilrechtlichen Ansprüchen des Beklagten konfrontiert sei, der Wahrheit entspreche. Sie beschränke ihren Antrag auf den verfahrenseinleitenden Schriftsatz und die (möglicherweise vorhandenen) vorbereitenden Schriftsätze der Klägerin, ein.

[2] Die Klägerin stimmte der Akteneinsicht zu, der Beklagte sprach sich dagegen aus.

[3] Das Erstgericht gab dem Antrag statt.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten gegen diesen Beschluss teilweise Folge. Der Antrag sei nur hinsichtlich der Akteneinsicht in den einleitenden Schriftsatz des Verfahrens berechtigt, das Mehrbegehren sei abzuweisen.

[5] Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

[6] Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Beklagten mit dem Antrag, den Antrag der Einschreiterin auf Akteneinsicht zur Gänze zurück in eventu abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

[8] 1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls (absolut) unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Der angeführte Ausnahmefall der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen liegt bei der – vom Rekursgericht bestätigten – Bewilligung eines Antrags auf Akteneinsicht nicht vor (vgl 4 Ob 44/08m = RS0041522 [T3]; 10 ObS 34/22f).

[9] 2. Wurde der erstinstanzliche Beschluss vom Rekursgericht teilweise bestätigt, ist der Beschluss des Rekursgerichts dann zur Gänze (also auch, soweit er den erstinstanzlichen Beschluss bestätigt) anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung in einem engen, unlösbaren Sachzusammenhang stehen, dass sie voneinander nicht gesondert gesehen werden können (RS0044238; RS0044191). Bei dieser Beurteilung ist darauf abzustellen, ob die Aussprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben können (RS0044238 [T4, T5, T15]; RS0044191 [T7]) oder es nur eine einheitliche Entscheidung geben kann (vgl RS0044244).

[10] 3. Bereits das Gesetz nimmt bestimmte Aktenteile (Entwürfe zu Urteilen und Beschlüssen, Protokolle über Beratungen und Abstimmungen des Gerichts und Schriftstücke, die Disziplinarverfügungen enthalten) aus der Akteneinsicht der Parteien und Dritter („in gleicher Weise“) generell aus (§ 219 Abs 1 ZPO). Das Akteneinsichtsrecht eines Dritten ist überdies zweifach in seinem Umfang beschränkt, nämlich insoweit er ein rechtliches Interesse glaubhaft macht und soweit dem nicht gewisse überwiegende Interessen entgegenstehen (§ 219 Abs 2 ZPO). Das Recht auf Akteneinsicht ist daher für jeden Aktenteil gesondert zu prüfen und kann – je nach Vorliegen der Voraussetzungen – unterschiedlich zu beurteilen sein (10 ObS 34/22f).

[11] 4. Das Recht auf Akteneinsicht kann daher in Bezug auf unterschiedliche Aktenteile ein unterschiedliches rechtliches und tatsächliches Schicksal haben, sodass die jeweilige Entscheidung darüber nicht im engen, unlösbaren Zusammenhang steht.

[12] 5. Der – sich nur gegen den bestätigenden Teil richtende – Revisionsrekurs des Beklagten ist daher absolut unzulässig und zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:009OBA00078.22V.0714.000

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