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OGH vom 16.10.1997, 8ObS156/97t

OGH vom 16.10.1997, 8ObS156/97t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Elisabeth Kahler und Mag.Gerhard Neugebauer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Michael G*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Steiermark, 8021 Graz, Babenbergerstraße 35, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenz-Ausfallgeld (S 377.411,86 netto sA), infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 270/96d-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 23 Cgs 224/95v-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.984,20 (darin S 2.333,40 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen des Arbeitgebers des Klägers wurde am der Konkurs eröffnet. Gründer dieses Elektrounternehmens war der Großvater des Klägers. Seit der Umwandlung des Unternehmens in eine GesmbH hielt dieser 75 % der Geschäftsanteile, die Mutter des Klägers, die gleichzeitig Geschäftsführerin war, 25 %. Am

21. Geburtstag des Klägers übertrug der Großvater ihm 20 % der Gesellschaftsanteile. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger von seiner Großmutter den Hälfteanteil an jenem Haus geschenkt, in welchem das Unternehmen betrieben wurde. Wie zuvor seine Großmutter, überließ der Kläger das Nutzungsrecht an der Haushälfte unentgeltlich der GesmbH.

Der Kläger absolvierte ab seine Lehre im Elektrounternehmen. Im Anschluß daran war er dort als Elektrotechniker und Fernsehmechaniker beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde zwar nicht errichtet, der Kläger erhielt jedoch den kollektivvertraglichen Lohn und mußte die betriebsübliche Arbeitszeit einhalten. Er war dem Leiter des Bereiches Elektroinstallationen untergeordnet. Nach dessen Ausscheiden im Frühjahr 1990 übernahm der Kläger gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter die Leitung der Abteilung. Ab diesem Zeitpunkt waren die Arbeitnehmer ihm gegenüber weisungsgebunden. Der Kläger führte selbst Reparaturen an Elektrogeräten durch. Er hatte Installationsmaterial zu bestellen und leistete sämtliche Vorarbeiten für Anbotlegungen. Diese Anbote wurden sodann von der Geschäftsführerin, der Mutter des Klägers, unterschrieben. Diese entschied auch, ob Aufträge angenommen oder Preisnachlässe gewährt wurden. Bei Begründung und Auflösung von Dienstverhältnissen übte der Kläger lediglich beratende Funktion aus, die Entscheidungen traf die Geschäftsführerin. Der Vorgänger des Klägers als Leiter der Elektroinstallationsabteilung hatte dieselben Kompetenzen, wie sie nunmehr der Kläger besaß.

Im Elektrounternehmen fielen zwar immer wieder Überstunden an, jedoch wurden diese weder dem Kläger noch den anderen Arbeitnehmern ausbezahlt. Wenn der Kläger Urlaub konsumieren wollte, benutzte er - wie alle anderen Arbeitnehmer auch - vorgefertigte Urlaubsformulare. Sein Urlaubsverbrauch wurde in der Urlaubskartei vermerkt. Die vom Kläger geleistete Arbeitszeit wurde in Stundenzetteln festgehalten. Der Kläger widersetzte sich nie einer Weisung der Geschäftsführerin.

Der vereinbarte Bruttomonatslohn des Klägers betrug im Jänner und Februar 1994 S 24.000, von März bis Juni 1994 S 30.000 und ab 1995 S

31.200. Ab Jänner 1994 wurde dem Kläger kein Lohn ausbezahlt, er erhielt lediglich einige kleinere Geldbeträge als Vorschuß in der Gesamthöhe von S 4.000. Die übrigen Arbeitnehmer der GesmbH erhielten ihren Lohn mit einiger Verzögerung. Der Kläger forderte regelmäßig ausständigen Lohn, worauf ihm die Geschäftsführerin zusagte, er werde das Geld bekommen, sobald es finanziell möglich sei. Mit Schreiben vom forderte der Kläger die Überweisung der ausständigen Gehälter. Mit Schreiben vom erklärte der Kläger unter Hinweis auf § 25 Abs 1 KO bzw § 14 Abs 4 BAG seinen vorzeitigen Austritt.

Der Kläger bürgte für einen Aufstockungskredit von S 600.000 auf S 800.000. Er war am Firmenkonto nicht zeichnungsberechtigt.

Der Kläger absolvierte in der Zeit vom bis den Präsenzdienst. Zu Beginn desselben hatte er 45 Arbeitstage an Urlaub nicht konsumiert.

Mit seiner am eingelangten Klage begehrte der Kläger die Bezahlung eines Betrages von S 377.411,86 netto und brachte dazu vor, daß er vom bis in der GesmbH als Elektriker beschäftigt gewesen sei und zuletzt einen Monatsbruttolohn von S 30.000 bezogen habe. Aufgrund seines berechtigten Austrittes stünden ihm die im einzelnen angeführten Ansprüche auf Lohn, Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung, Urlaubsabgeltung und Abfertigung zu. Die Beklagte habe mit Bescheid vom seine Ansprüche mit der wesentlichen Begründung abgelehnt, daß ein Arbeitsverhältnis mangels der typischen Unterordnung unter einen weisungsberechtigten Arbeitgeber nicht vorgelegen habe. Dies sei unzutreffend, weil der Kläger immer Dienstnehmer im Sinne des IESG gewesen sei.

Die Beklagte verwies in ihrer Klagebeantwortung auf die Begründung ihres abweisenden Bescheides und führte aus, daß nicht von einem Arbeitsverhältnis, sondern lediglich von familienhafter Mitarbeit im Sinne eines Gesellschaftsverhältnisses auszugehen sei. Die Anmeldung zur Sozialversicherung bzw die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen stelle für sich allein kein Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses dar. Der Kläger sei zum insolvent gewordenen Elektrounternehmen weder in einem Arbeits- noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gestanden. Der Entgeltanspruch für Jänner 1994 sei mangels schriftlicher Geltendmachung binnen 4 Monaten verfallen.

Das Gericht erster Instanz erkannte die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 366.737,26 netto sA schuldig und wies ein Mehrbegehren von S 10.674,60 ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß trotz der bestehenden Familienbande aufgrund der Stellung des Klägers im Betrieb das Vorliegen eines Arbeitsvertrages zu bejahen sei. Der Kläger habe im wesentlichen keine weitergehenden Kompetenzen gehabt als sein Vorgänger. Daß der Kläger für einen Aufstockungskredit des Unternehmens gebürgt habe, spreche nicht gegen die Annahme des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses, weil Bürgschaftserklärungen unter Familienangehörigen durchaus üblich seien. Hinweise auf das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hätten sich aus dem Verfahren nicht ergeben. Dem Kläger stehe auch der Lohn für Jänner 1994 zu, obwohl er diesen erst am schriftlich geltend gemacht habe. Nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag für Arbeiter im Metallgewerbe seien alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bei sonstigem Verfall innerhalb von vier Monaten nach Fälligwerden - wenn sie nicht anerkannt werden - schriftlich geltend zu machen. Die aufgrund der mehrfachen Forderungen des Klägers gemachte Zusage der Geschäftsführerin, den ausständigen Lohn zu bezahlen, sei als Anerkenntnis zu werten. Bei richtiger Berechnung seiner Ansprüche ergebe sich der zugesprochene Betrag, während das aufgrund unrichtiger Annahme der Bruttolohnhöhe für die Monate Jänner und Februar 1994 errechnete Mehrbegehren abzuweisen gewesen sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht verwarf die Tatsachenrüge der Beklagten und übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung pflichtete es diesem bei, daß das Vertragsverhältnis des Klägers zur GesmbH als Arbeitsvertrag und nicht als bloß familienhafte Mitarbeit zu qualifizieren sei. Der Kläger habe seine Arbeitsleistungen in Ein- und Unterordnung unter betriebliche Gegebenheiten verrichtet. Er habe sich in bezug auf Normalarbeitszeit, Überstunden und Urlaub im wesentlichen wie die anderen Arbeitnehmer zu verhalten gehabt. Daß er eine ins Gewicht fallende Besserstellung genossen hätte, sei nicht hervorgekommen. Vereinzelte Mehrarbeitsleistungen, die der Kläger im Rahmen von Überstunden oder während seines Präsenzdienstes ohne gesonderte Entlohnung erbracht habe, könnten daran nichts ändern. Demgegenüber sei nicht festgestellt, daß der Kläger die rechtliche oder faktische Möglichkeit gehabt hätte, in den betrieblichen Willensbildungsprozeß so einzugreifen, daß von einer Unterordnung unter die Autorität eines Arbeitgebers nicht mehr gesprochen werden könnte oder daß er anders als ein typischer Arbeitnehmer am Betriebsergebnis beteiligt gewesen wäre. Insbesondere habe nicht festgestellt werden können, daß der Kläger in der Zeit, da er keinen Lohn erhalten habe, dennoch von Mitteln seines Arbeitgebers gelebt habe. Von einer Mitarbeit des Klägers im Rahmen einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft könne daher keine Rede sein. Dennoch sei die Rechtssache noch nicht spruchreif. Auch in Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG, in denen Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld durchgesetzt werden, gelte § 87 Abs 1 ASGG, wonach sämtliche notwendig erscheinende Beweise von Amts wegen aufzunehmen seien. Eine amtswegige Vorgangsweise sei immer dann geboten, wenn Tatsachenkomplexe, die einen bestimmten dem Verfahrensziel einer Partei dienenden rechtlichen Gesichtspunkt zu unterstellen seien, zwar nicht vorgebracht, Anhaltspunkte für solche Tatsachen aber im Verfahren hervorgekommen seien. Es sei naheliegend anzunehmen, daß die Erhöhung des Arbeitsentgeltes des Klägers in einer Zeit, da es der Dienstgeberin finanziell schlecht gegangen sei, eine anfechtbare Rechtshandlung darstelle, durch welche die Gläubiger benachteiligt wurden. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der ohnehin über dem Kollektivvertrag liegende Lohn von S 24.000 brutto im März 1994 ohne rechtfertigenden Anlaß auf S 30.000 brutto erhöht worden wäre. Es wäre dann der S 24.000 übersteigende Teilbetrag nach § 1 Abs 3 Z 1 IESG nicht gesichert. Naheliegend sei weiters eine rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme von Insolvenz-Ausfallgeld hinsichtlich aller bis fällig gewordener Entgeltansprüche. Wäre davon auszugehen, daß der Kläger bei entsprechend energischer Betreibung seiner Ansprüche das ihm zustehende Entgelt ebenso wie die anderen Arbeitnehmer erhalten hätte, würde sich die Schlußfolgerung aufdrängen, der Kläger habe entsprechende Hereinbringungsmaßnahmen nur mit Rücksicht auf seine eigene 20 %ige Beteiligung an der GesmbH unterlassen. Das Unterbleiben solcher Maßnahmen wäre dann das Ergebnis eines mit seinem Geschäftsanteil zusammenhängenden Kalküls und somit des Entschlusses, Lohnansprüche im Betrieb zu belassen, um auf diese Weise ein Insolvenzverfahren hinauszuschieben, das sonst früher hätte eingeleitet werden müssen. Der Kläger hätte sich dann entschlossen, Lohnansprüche "stehen zu lassen", anstatt das Eigenkapital der GesmbH zu erhöhen. Bestärkt würde eine solche Annahme durch die vom Kläger für seine Dienstgeberin geleistete Bürgschaft und durch die unentgeltliche Zurverfügungstellung seines Hausanteiles. Diesen aufgezeigten Möglichkeiten werde das Erstgericht durch amtswegige Beweisaufnahme nachzugehen haben, weshalb die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Rechtssache erforderlich gewesen sei.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten kommt keine Berechtigung zu, der Rekurs des Klägers hingegen ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte hat im gesamten erstinstanzlichen Verfahren dem Anspruch des Klägers - neben der hier nicht mehr zu behandelnden Behauptung des Verfalles des Lohnes für Jänner 1994 - ausschließlich das Vorbringen entgegengesetzt, es habe kein Arbeitsverhältnis, sondern lediglich familienhafte Mitarbeit im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorgelegen. Diesen Einwand haben die Vorinstanzen zu Recht als nicht stichhaltig erkannt, sodaß gemäß § 48 ASGG auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Beschluß verwiesen werden kann. Die über die Gesamtheit der Bedingungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers getroffenen Feststellungen halten dem "Fremdvergleich" im Sinne des EStG (Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten werden steuerlich nur anerkannt, wenn eine Entlohnung stattfindet, wie sie bei anderen Arbeitnehmern üblich ist; vgl und vom , 92/13/0271 zu § 4 Abs 4 EStG) stand. Die Übernahme der Bürgschaft für die Aufstockung eines Unternehmenskredites ist zwischen Angehörigen vielfach üblich und daher für sich allein kein zwingendes Indiz dafür, die geleisteten Dienste sollten lediglich der Erfüllung familiärer Beistands- und Mitwirkungspflichten dienen (8 ObS 275/97t). Das "Stehenlassen" von fälligem Entgelt kann seine Ursache in familienhafter Mitarbeit haben, wenn es einem Fremdvergleich nicht standhält. Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz kommt es dabei jedoch nicht darauf an, ob die anderen Arbeitnehmer des Unternehmens ihren Lohn - wenngleich verspätet - erhalten haben, sondern ist darauf abzustellen, ob Mitarbeiter in einer der Position des Klägers vergleichbaren Stellung ebenso gehandelt hätten. Es ist aber durchaus nicht unüblich, daß leitende Angestellte im Interesse des Unternehmens und um Finanzierungsengpässe zu überbrücken, vorübergehend auf die sofortige Auszahlung von Teilen des ihnen zustehenden Entgelts verzichten. Die Stundung von Gehaltsforderungen, wie dies der Kläger tat, ist daher für sich allein kein hinreichender Hinweis gegen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.

Gemäß § 87 Abs 1 ASGG hat das Gericht - ausgenommen hier nicht relevante Fälle - sämtliche notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen. Gemäß Abs 2 dieser Gesetzesstelle gilt dieses Gebot der Amtswegigkeit nicht für Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 3 ASGG.§ 65 ASGG definiert die Sozialrechtssachen. Gemäß Abs 1 Z 7 dieser Gesetzesstelle fallen darunter auch Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld oder einen Vorschuß auf dieses nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz. Schon diese Gesetzessystematik zeigt deutlich, daß nach dem Willen des Gesetzgebers vom Gebot der Amtswegigkeit eben nur die in Abs 1 Z 3 des § 65 ASGG genannten Rechtsstreitigkeiten (Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe) ausgenommen sein sollten, nicht jedoch jene über Insolvenz-Ausfallgeld, weil anderenfalls der Gesetzgeber zweifelsohne auch diese Ausnahme in § 87 ASGG genannt hätte. Der erkennende Senat hat in diesem Sinne in seiner Entscheidung 8 ObS 42/95 im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Insolvenz-Ausfallgeld auf die sich aus § 87 Abs 1 ASGG ergebende Pflicht zur amtswegigen Erforschung relevanter Tatsachen hingewiesen.

Die Verpflichtung des Gerichtes, alle notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen, kann sich jedoch nur innnerhalb der - wenngleich weit zu steckenden - Grenzen des Parteivorbringens bewegen. § 87 Abs 1 ASGG wird daher im Sinne eines umfassenden Rechtsschutzbedürfnisses durch die sich aus § 39 Abs 2 Z 1 ASGG, allenfalls auch § 82 Abs 2 Z 1 und Abs 4 ASGG ergebende Anleitungspflicht ergänzt (vgl Kuderna ASGG2, 528). Der die Bestimmtheit des Klagebegehrens betreffende § 82 ASGG kann hier außer Betracht bleiben. § 39 Abs 2 Z 1 ASGG normiert die Anleitungspflicht gegenüber Parteien, die nicht Versicherungsträger sind und auch nicht durch eine qualifizierte Person vertreten werden. Für sie gelten die Bestimmungen der §§ 432, 435 ZPO, wobei der Vorsitzende die Parteien über die bei derartigen Arbeits- und Sozialrechtssachen in Betracht kommenden besonderen Vorbringen und Beweisanbietungen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (Rechtsverteidigung) dienen können, zu belehren und sie zur Vornahme der sich anbietenden derartigen Prozeßhandlungen anzuleiten hat. Zu den zur Vertretung vor den Gerichten erster und zweiter Instanz qualifizierten Personen zählen unter anderem gemäß § 40 Abs 1 Z 4 ASGG die Bediensteten der Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen hinsichtlich der beklagten Partei, wenn es sich um Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG (Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld oder einen Vorschuß auf dieses nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz) handelt.

Gegenüber der durch eine ihrer Bediensteten vertretenen Beklagten bestand daher die erweiterte Anleitungspflicht des § 39 Abs 2 Z 1 ASGG nicht. Die amtswegige Beweisaufnahme gemäß § 87 Abs 1 ASGG hatte sich daher innerhalb des Vorbringens der Beklagten zu bewegen. Selbst bei weitherzigster Auslegung desselben kann diesem nicht entnommen werden, daß dem Anspruch des Klägers der Ausschließungsgrund des § 1 Abs 3 Z 1 IESG (Ansprüche, die durch anfechtbare Rechtshandlungen erworben wurden [vgl SZ 67/14]) entgegengesetzt worden wäre. Gleiches gilt für die vom Berufungsgericht ebenfalls als erörterungsbedürftig genannte Frage, ob das "Stehenlassen" von Lohnansprüchen als sogenanntes Eigenkapital ersetzendes Darlehen eines Gesellschafters, durch welches das Finanzierungsrisiko auf die Beklagte abgewälzt werden sollte, anzusehen wäre (vgl hiezu SZ 66/8; RdW 1994, 143; RdW 1997, 130). Hinsichtlich beider der Rechtsverteidigung dienenden Einwendungen fehlt es nicht nur an jeglichem Vorbringen, sondern auch an dem zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Sachverhaltssubstrat, wie die Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichtes deutlich machen.

Ob das Erstgericht verpflichtet gewesen wäre, die Beklagte gemäß § 182 ZPO zu weiterem Vorbringen anzuleiten, muß nicht geprüft werden, weil eine Verletzung der materiellen Prozeßleitungspflicht des Erstgerichtes nicht gerügt worden ist (4 Ob 1521/96 ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.