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VfGH vom 25.11.2003, a6/02

VfGH vom 25.11.2003, a6/02

Sammlungsnummer

17038

Leitsatz

Abweisung einer Klage auf Rückzahlung der Kosten für die Abschleppung eines Kraftfahrzeuges; zulässige Annahme des Vorliegens einer Verkehrsbeeinträchtigung, Vorhersehbarkeit der Abschleppung in einem Baustellenbereich durch Abschrankung der Baustelle

Spruch

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei die Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung ihres Kfz in Höhe von € 156,61 zuzüglich 4 % Zinsen seit sowie die Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In der auf Art 137 B-VG gestützten Klage begehrt die klagende Partei, die beklagte Gemeinde Wien schuldig zu erkennen, ihr den Betrag von € 156,61 (Abschleppkosten) samt 4% Zinsen seit sowie die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Dieser Kostenersatz iHv € 156,61, der für die Abschleppung und Aufbewahrung eines Pkw von der Stadt Wien verlangt wird, ist grundsätzlich bei Herausgabe des Fahrzeuges zu bezahlen, widrigenfalls das Fahrzeug nicht ausgefolgt wird. Der Erhalt des Betrages wird von der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48 - Abschleppgruppe, mit Quittung bestätigt.

2. Die klagende Partei bringt vor, ihr sei mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom vorgeworfen worden, am um 00.20 Uhr in Wien XVI, Richard-Wagner-Platz vor Thaliastraße, mit dem Fahrzeug mit näher bezeichnetem behördlichen Kennzeichen eine Verwaltungsübertretung dadurch begangen zu haben, daß sie dieses Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt habe. Gemäß § 99 Abs 3 lita iVm. § 24 Abs 1 lita StVO 1960 sei über sie eine Geldstrafe in der Höhe von ATS 900,- (der Betrag entspricht € 65,41) verhängt worden.

Um die Ausfolgung ihres Pkw zu erwirken, habe sie vorher die Kosten für die Entfernung und die Aufbewahrung in Höhe von € 156,61 zu zahlen gehabt, worüber der Magistrat der Stadt Wien eine Bestätigung ausgestellt habe.

Gegen die Strafverfügung vom habe sie mit E-mail vom Einspruch erhoben. Mit Schreiben vom sei ihr mitgeteilt worden, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen sie eingestellt worden sei. Mit Schreiben vom an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, habe sie die zu Unrecht gezahlten Abschleppkosten zurückgefordert. Diese Eingabe sei mit Bescheid vom , Z MA 48/A5-21286/01, gemäß § 89a Abs 7 StVO 1960 als unzulässig zurückgewiesen worden.

Den Klagsbehauptungen zufolge habe das Abstellen des Klagsfahrzeuges in der Nacht von 7. auf am Richard-Wagner-Platz/Thaliastraße keine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne der StVO dargestellt. Durch die Abschrankung der großräumigen Baustelle im Kreuzungsbereich habe sich gleichsam eine Sackgasse "ergeben". Ein transportables Verkehrsschild "Halten und Parken verboten" mit einer Zusatztafel bezüglich des Verlaufes habe sich - soweit erkennbar - auf die Stirnseite bezogen, insbesondere weil es am Ende dieser Sackgasse im Bereich der linken Fahrbahnhälfte aufgestellt gewesen sei. Das Fahrzeug der klagenden Partei sei auch nicht in jenem Bereich, für den dieses mobile Verkehrsschild Geltung entfalten sollte, aufgestellt gewesen. Zum Zeitpunkt der vorübergehenden Abstellung sei für die klagende Partei weder aktuell eine Verkehrsbeeinträchtigung für andere Fahrzeuge erkennbar noch vorhersehbar gewesen. Es sei auch der Wendebereich am Ende der Sackgasse, auf den sich die Zusatztafel bezüglich des Verlaufes des Geltungsbereiches bezogen habe, vollständig frei geblieben. In keiner Weise sei vorhersehbar gewesen, daß ein nächtlicher Baustellenbetrieb einsetzen würde.

In der mündlichen Verhandlung modifizierte die klagende Partei ihr ursprüngliches Vorbringen dahingehend, daß keine Zweifel mehr am Vorliegen der Verordnung bestünden, vielmehr würde es an der gehörigen Kundmachung dieser Verordnung mangeln.

Zu den Prozeßvoraussetzungen bringt die klagende Partei vor, der Verfassungsgerichtshof sei gemäß Art 137 B-VG zuständig, weil - zumal der Rückforderungsanspruch im öffentlichen Recht wurzle - weder die ordentlichen Gerichte zuständig seien, noch der Verwaltungsweg vorgesehen sei.

3. Die beklagte Partei legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Klagsabweisung mit der Begründung beantragte, daß der Pkw der klagenden Partei vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, am um 00.20 Uhr über Aufforderung der Wiener Linien aus einer Halteverbotszone in Wien XVI, Richard-Wagner-Platz/Thaliastraße entfernt worden sei, weil laut anzeigendem Mitarbeiter der Wiener Linien der erlaubte Fahrzeugverkehr zur Baustelle durch Verstellen einer Fahrspur gehindert gewesen sei. Der Meldungsleger habe in seinen schriftlichen Stellungnahmen vom und vom ausgeführt, daß der Pkw der klagenden Partei in einer Halteverbotszone am Richard-Wagner-Platz unmittelbar vor der Thaliastraße, links neben einer Baustellenabschrankung gestanden habe und sein linksseitiges Heck in die Fahrbahn hineingeragt habe, wodurch Lkws nicht zur Gleisbaustelle fahren konnten. Der Meldungsleger habe daraufhin Anzeige gelegt und die Entfernung des verkehrsbeeinträchtigenden Pkw angefordert. Die Abschleppung sei um 00.20 Uhr erfolgt.

Dem Klagsvorbringen, daß dem angesprochenen Halteverbot keine Verordnung zugrundeliege, sei entgegengehalten, daß laut Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom in Verbindung mit dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom selben Tag betreffend die Durchführung von Arbeiten auf der Straße nach § 90 StVO, das Halten und Parken jeweils in den Querstraßen, welche in den als Einbahn geführten Fahrstreifen der Thaliastraße einmünden, beidseitig auf eine Länge von 10m im Anschluß an den Eckbereich Thaliastraße gemäß § 43 Abs 1a StVO 1960 verboten sei.

Dem Vorbringen der klagenden Partei, das Halteverbot sei nicht ordnungsgemäß kundgemacht, wird von der beklagten Partei entgegengehalten, daß es darauf nach der Aktenlage nicht ankomme. Die klagende Partei habe auch in keiner Weise ausgeführt, daß sie sich beim Abstellen des Pkw vom Vorhandensein weiterer Halteverbotstafeln (mit Zusatztafel "Anfang" und "Ende") überzeugt hätte.

Einer Skizze des Meldungslegers zufolge sei die linke Fahrbahnseite im Zeitpunkt der Entfernung des gegenständlichen Fahrzeuges verparkt gewesen. Da das linke Heck des Pkw der klagenden Partei in die Mitte der Fahrbahn geragt habe, hätten die zur Baustelle zufahrenden Lkw nicht mehr ausreichend Platz zum Vorbeifahren gehabt. Dem Einwand, daß der "Abschlepport" durch die Abschrankung bereits zu einer Sackgasse geworden sei, wird entgegengehalten, daß gemäß § 24 Abs 3 litd StVO 1960 selbst in einem Sackgassenbereich mindestens zwei Fahrstreifen mit insgesamt 5m für umkehrende Fahrzeuge frei zu bleiben hätten.

Die beklagte Partei gehe mangels Vorliegens eines die Rechtswidrigkeit der Abschleppung feststellenden Bescheides (dies treffe auch auf die Einstellung des Verfahrens zu) weiterhin von der Rechtmäßigkeit der Entfernung des Fahrzeuges aus. Daher können der klagenden Partei die Abschleppkosten nicht rückerstattet werden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei von der Gemeinde Wien die bei Übernahme des Kraftfahrzeuges bezahlten Abschleppkosten zuzüglich Zinsen sowie Prozeßkosten.

Gemäß Art 137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die ordentlichen Gerichte in Anspruch genommen werden können und ob zur Entscheidung über den Bestand von Ansprüchen dieser Art ein Verwaltungsweg eingerichtet ist. Nur wenn weder die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde noch die eines Gerichtes gegeben wäre, käme die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes mit einer auf Art 137 B-VG gestützten Klage in Frage.

Klagsgegenstand ist der vermögensrechtliche Rückforderungsanspruch von Kosten, die für das Entfernen und Aufbewahren des Pkw gemäß § 89a Abs 7 zweiter Satz StVO 1960 im Rahmen der Übernahme bezahlt wurden (zuzüglich Zinsen und Prozeßkosten), die somit für eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entstanden sind (VfSlg. 7852/1976, 7924/1976, 8046/1977, ). Es handelt sich damit jedenfalls nicht um die Erfüllung von Verpflichtungen, die sich aus einem Verhältnis von Privaten untereinander ergeben und somit nicht um eine "bürgerliche Rechtssache" im Sinn des § 1 JN, für die der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten wäre. Darüberhinaus hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß - sofern nicht anderes angeordnet ist - die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Rückforderungsansprüche nicht gegeben ist, wenn der Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht (vgl. VfSlg. 8065/1977, 9498/1982, 12026/1989, 12298/1990).

Gemäß § 89a Abs 7 zweiter Satz StVO 1960 sind die Kosten (für das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes) vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Gemäß § 89a Abs 7 dritter Satz StVO 1960 sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer nur dann mit Bescheid vorzuschreiben, wenn der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert wird.

Durch diese Regelung ist der Betreffende nicht gehalten, nach tatsächlich erfolgter Zahlung einen Bescheid über die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes zu erwirken. Damit ist die Voraussetzung gegeben, daß der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist.

Da ein Streit über einen im öffentlichen Recht begründeten Anspruch vorliegt und sich keine Bestimmung findet, die erlauben würde, den Rechtsstreit im Verwaltungsweg oder vor den ordentlichen Gerichten auszutragen, ist die Klage zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Nach der Aktenlage unbestritten ist, daß der Pkw der klagenden Partei am in Wien XVI, Richard-Wagner-Platz vor Thaliastraße, neben einer Baustellenabschrankung mit seinem linksseitigen Heck in die Fahrbahn ragend abgestellt war und das Fahrzeug am um 00.20 Uhr aufgrund der Meldung eines Mitarbeiters der Wiener Linien abgeschleppt wurde.

2.2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde (in Kopie) ein Auszug des Journalberichts der Wiener Linien vom betreffend die Strecke 8 (d.i. Abteilung Bahnbau, Bauleitungsstrecke 8) vorgelegt. Daraus geht hervor, daß das Klagsfahrzeug um 23.55 Uhr vor der Thaliastraße/Richard-Wagner-Platz im Halteverbot stand, wodurch das Abladen von Baumaterial nicht möglich war. Um 00.24 Uhr wurde um Benachrichtigung der Magistratsabteilung 48 - Abschleppgruppe zwecks Entfernung des Pkw ersucht.

Die beiden schriftlichen Stellungnahmen des Meldungslegers vom bzw. sowie seine Zeugenaussage in der Verhandlung stehen in Einklang mit diesem Auszug des Journalberichts. Sie erweisen sich - besonders in Verbindung mit den weiteren Zeugenaussagen - als schlüssig und nachvollziehbar. Demnach hätte es möglich sein können, mit einem Lkw zwischen dem herausragenden Heck des Klagsfahrzeuges und den linksseitig parkenden Autos durchzufahren, nicht jedoch dort das Baumaterial von einem Lkw abzuladen. Der Pkw der klagenden Partei stand nämlich vor bzw. unmittelbar auf dem für Baumaterial vorgesehenen Lagerplatz.

Letztlich befindet sich im Verwaltungsakt ein vom Meldungsleger angefertigtes Photo, das den Pkw der klagenden Partei eindeutig vor der (nicht fix montierten) Baustellenabschrankung zeigt.

3. Die für die Beurteilung des Sachverhaltes maßgeblichen Absätze 2 (idF BGBl. 518/1994), 3 (idF BGBl. 174/1983) und 7 (idF BGBl. 412/1976) des § 89a StVO 1960, BGBl. 159, lauten wie folgt:

"§89a. Entfernung von Hindernissen

...

(2) Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat u. dgl. der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. ...

...

(3) Im Falle der Unaufschiebbarkeit sind auch die Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr oder eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens berechtigt, unter den im Abs 2 genannten Voraussetzungen die dort bezeichneten Gegenstände zu entfernen oder entfernen zu lassen. Dies gilt insbesondere auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen nach § 44b Abs 1.

...

(7) Das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs 2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig.

..."

3.1. Nach der übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hat die Behörde in einem Kostenvorschreibungsverfahren - gleichsam als Vorfrage - zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs 2 StVO 1960 vorlag und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges berechtigt war. Erst bei Bejahung dieser Frage ist zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen (VfSlg. 13533/1993, 14243/1995, ). Das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung ist aber nicht Hauptgegenstand eines Kostenverfahrens nach § 89a Abs 7 StVO 1960, sondern bloß die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung (VfSlg. 13533/1993, ).

Der Verfassungsgerichtshof hat daher zunächst zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs 2 StVO 1960 überhaupt gegeben ist und im Anschluß, ob die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges aus Gründen der Unaufschiebbarkeit der Maßnahme durch Organe eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens iSd. Abs 3 leg.cit. berechtigt war.

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt für die Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs 2 StVO 1960 die begründete Besorgnis, es werde zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen. Das Vorliegen einer bereits eingetretenen konkreten Verkehrsbeeinträchtigung ist als Voraussetzung für die Entfernung des Fahrzeuges nicht erforderlich, keineswegs aber hinderlich (vgl. zB , VwGH [verstärkter Senat] , 89/02/0195).

3.3. Die Berechtigung, ein Verkehrshindernis - ohne Beiziehung eines Straßenaufsichtsorgans - zu entfernen bzw. entfernen zu lassen, kommt unter anderem den erwähnten Organen eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens gemäß § 89a Abs 3 StVO 1960 nur zu, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Abs 2 leg.cit. die Unaufschiebbarkeit der Maßnahme tritt. Diese ist immer dann zu bejahen, wenn eine besondere (Verkehrs)Situation die Beseitigung eines abgestellten Pkw unbedingt und sofort erfordert und ein Aufschub den Zweck dieser Maßnahme vereitelt ( Zl. 97/03/0053, so auch Dittrich/Stolzlechner, Rz 61 zu § 89a Abs 3 StVO 1960, Österreichisches Straßenverkehrsrecht).

3.4. Mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens ist laut übereinstimmender Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts keine Bindungswirkung verbunden. Vielmehr hat die für die Kostenvorschreibung zuständige Behörde selbst die Voraussetzungen des § 89a Abs 2 und Abs 7 StVO 1960 zu prüfen (vgl. zB VfSlg. 15839/2000, Zl. 83/02/0144).

4. Der Verfassungsgerichtshof hat aufgrund der Aktenlage und der glaubwürdigen Aussagen des Meldungslegers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung festgestellt, daß bei Arbeitsbeginn auf der Baustelle das notwendige Baumaterial nicht abgeladen werden konnte, weil der Materiallagerplatz durch den Pkw der klagenden Partei verstellt war. Das Klagsfahrzeug war daher zum Zeitpunkt der Abschleppung verkehrsbeeinträchtigend iSd. § 89a Abs 2 StVO 1960 abgestellt.

Am Vorliegen dieser Verkehrsbeeinträchtigung iSd. § 89a Abs 2 StVO 1960 vermag auch die Tatsache, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Kläger eingestellt worden ist, nichts zu ändern. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann aus dem Wortlaut des § 89a Abs 2 StVO 1960 jedenfalls nicht abgeleitet werden, daß ein zumindest objektiver Verstoß gegen eine straßenpolizeiliche Vorschrift Voraussetzung für die zwangsweise Entfernung eines den Verkehr beeinträchtigenden Gegenstandes auf der Straße wäre, weil es hierbei ausschließlich auf das Vorliegen einer (tatsächlichen) Verkehrsbeeinträchtigung ankommt, die eine Beseitigung des betreffenden Hindernisses auf raschestem Weg erfordert (zB Zl. 85/02/0002).

Für den Verfassungsgerichtshof steht somit eindeutig fest, daß durch das Klagsfahrzeug der Verkehr iSd. § 89a Abs 2 StVO 1960 beeinträchtigt war. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, wonach das Halten und Parken jeweils in den Querstraßen, welche in den als Einbahn geführten Fahrstreifen der Thaliastraße einmünden, beidseitig auf eine Länge von 10m im Anschluß an die Thaliastraße verboten ist, ordnungsgemäß kundgemacht war.

Die Unaufschiebbarkeit der Entfernung des Klagsfahrzeuges war hier schon deshalb gegeben, weil ein Lkw das mitgeführte Baumaterial nicht abladen konnte, sodaß die Bauarbeiten nicht plangemäß fortgeführt werden konnten. Darüber hinaus bewirkt die mit der Einschaltung der Behörde verbundene Verzögerung der Entfernung des verkehrsbeeinträchtigend abgestellten Kfz eine Vereitelung des Zwecks der Maßnahme, nämlich die freie Zu- und Abfahrt zur Baustelle zu gewährleisten (vgl. VwSlg. 11423/A, Zl. 97/03/0053, so auch Dittrich/Stolzlechner, Rz 19, zu § 89a Abs 2 StVO 1960, Österreichische Straßenverkehrsordnung).

5. Gemäß der Bestimmung des § 89a Abs 7 vorletzter Satz StVO 1960 sind - wenn der Gegenstand zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden ist, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs 2 oder 3 noch nicht vorlagen - die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war.

5.1. Durch die rot-weiß-rot gestreiften, nicht fest montierten Querbalken der Baustellenabschrankung war für den Kläger deutlich erkennbar, daß es sich um einen (Groß)Baustellenbereich handelte, der (insbesondere für Baufahrzeuge) zugänglich sein mußte. Bei Anwendung entsprechender Sorgfalt hätte er dies bereits beim Abstellen erkennen müssen. Der bevorstehende Eintritt der Voraussetzungen des § 89a Abs 2 oder Abs 3 StVO 1960 war für den Kläger sohin schon beim Abstellen des Fahrzeuges vorhersehbar.

5.2. Da die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 89a Abs 2 StVO 1960 erfüllt sind, welche die Kostentragung des Klägers als Zulassungsbesitzer für Entfernung und Aufbewahrung des Kfz normieren, ist das Klagebegehren abzuweisen.

III. Kosten waren nicht zuzusprechen, weil die obsiegende beklagte Partei einen darauf abzielenden Antrag nicht gestellt hat (vgl. § 41 VfGG).