OGH 18.10.1995, 13Os37/95
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr.Hermann Z***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach §§ 11 zweiter Fall, 33 Abs 1 und 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dr.Hermann Z***** und Dr.Siegfried S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 6 b Vr 9814/87-170, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, des Angeklagten Dr.Siegfried S***** und der Verteidiger Dr.Winkler und Dr.Millauer jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Dr.Hermann Z***** zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil gemäß § 290 Abs 1 StPO aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Dr.Hermann Z***** und Dr.Siegfried S***** werden von der gegen sie erhobenen Anklage, sie haben in der Zeit vom Frühjahr 1980 bis April 1981 in Wien und Graz dadurch, daß sie den abgesondert verfolgten Geschäftsführer der Firma B***** Blumen- und Pflanzenhandels GesmbH Günther A***** anwiesen, die täglichen Einnahmen zu verkürzen
I. Günther A***** bestimmt, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Unterlassung der Anmeldung, Einbehaltung und Abfuhr (§§ 95 Abs 1, 96 StEG) der selbst zu berechnenden Kapitalertragssteuer, eine Abgabenverkürzung, und zwar für 1980 im Betrage von mindestens S 250.000 und für 1981 im Betrage von mindestens S 113.750 zu bewirken;
II. Nachgenannte dazu bestimmt, unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Verschweigen von Erlösen, und zwar in der Zeit von März bis im Betrage von mindestens S 1,000.000 und in der Zeit von Jänner bis April 1981 im Betrag von S 2,536.079 in den für den Voranmeldungszeitraum März 1980 bis April 1981 abzugebenden Voranmeldungen eine für gewiß gehaltene Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer zu bewirken und diese auch bewirkt zu haben, und zwar
a) Günther A***** in der Zeit vom bis für die Monate März bis Dezember 1980 um S 74.074 und
b) Günther A***** bzw ab April 1981 den Masseverwalter Dr.Hans R***** hinsichtlich der vom bis abzugebenden Voranmeldungen für die Monate Jänner bis April 1981 um S 187.820,
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Mit ihren Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dr.Hermann Z***** und Dr.Siegfried S***** als Beteiligte (§ 11 zweiter Fall FinStrG) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und 2 lit a FinStrG wie aus dem Spruch ersichtlich schuldig erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Die Angeklagten bekämpfen die sie treffenden Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden (§ 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 8, 9 lit b bzw Z 3, 4, 5, 9 lit a und b StPO). Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß das Urteil mit dem (in dieser Form) von den Angeklagten nicht geltend gemachten (materiellrechtlichen) Nichtigkeitsgrund gemäß § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO behaftet ist.
Mit der Finanzstrafgesetznovelle 1985 (BGBl Nr 571) wurde ab der für die Abgrenzung der gerichtlichen von der finanzstrafbehördlichen Zuständigkeit zur Ahndung der gegenständlichen Finanzvergehen maßgebliche strafbestimmende Wertbetrag von 500.000 auf 1,000.000 S angehoben (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG). Gemäß Art II § 3 Abs 2 leg cit entfalteten die durch dieses Bundesgesetz bewirkten Änderungen der sachlichen Zuständigkeit von Gerichten und Finanzstrafbehörden auf bereits anhängige Strafverfahren keinen Einfluß. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb auch zu Recht wegen der mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom ausgeschiedenen Abgabenhinterziehungsfakten (S 3/I) im gegenständlichen Verfahren vom Anklage gegen beide Beschwerdeführer im Hinblick auf die strafbestimmenden Wertbeträge von (lediglich) insgesamt 625.644 S erhoben (ON 118).
Im Gegensatz zu der vom Gesetzgeber aus prozeßökonomischen Gründen vorgesehenen perpetuatio fori (668 BlgNR XVI.GP, 25) wirkten sich gemäß Art II § 2 Abs 1 FinStrG Nov 1985 die Änderungen des Ersten Abschnittes des Finanzstrafgesetzes jedoch sehr wohl sofort aus (siehe ähnlich JABl 1976/2 zur FinStrGNov 1975 und SSt 59/46, 14 Os 120/89). Im vorliegenden Fall war damit nicht mehr die für gerichtlich strafbare Finanzvergehen vorgesehene fünfzehnjährige Verjährungsfrist, sondern die absolute Verjährungsregelung für finanzstrafbehördliche Finanzvergehen des § 31 Abs 5 FinStrG von zehn Jahren maßgeblich. Die den Angeklagten vorgeworfenen vorsätzlichen Abgabenhinterziehungen waren daher jedenfalls im Zeitpunkt der Urteilsfällung bereits verjährt, ohne daß dieser Strafaufhebungsgrund vom Erstgericht berücksichtigt worden wäre. Das Urteil ist somit mit dem (nicht in diesem Zusammenhang geltend gemachten) Nichtigkeitsgrund gemäß § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO behaftet (Dorazil-Harbich, FinStrG, E 26 zu § 31).Es war daher gemäß § 290 Abs 1 StPO in den Schuld- und Strafaussprüchen aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst mit einem Freispruch vorzugehen. Mit ihren Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen waren die Angeklagten demgemäß auf diese Entscheidung zu verweisen.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1995:0130OS00037.95.1018.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAE-09070