OGH vom 23.01.2002, 9ObA275/01h

OGH vom 23.01.2002, 9ObA275/01h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Schenk und Georg Eberl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard W*****, Arzt, *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Erich Hermann und Dr. Markus Ludvik, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 51.300,70 brutto und EUR

531,38 (= S 705.913 brutto und S 8.000 netto; Revisionsinteresse EUR

26.091,80 brutto und EUR 531,38 netto [= S 359.031,- brutto und S

8.000 netto]), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 232/01p-29, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 16 Cga 123/99w-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in der Stattgebung des Klagebegehrens im Umfang von EUR 21.194,74 brutto sA und in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von EUR 4.022,73 brutto als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei

a) EUR 35.117,98 brutto samt 4 % Zinsen aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.072,03 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit , aus EUR 3.617,07 brutto seit 1. Oktober, aus EUR 1.036,46 brutto seit , aus EUR 1.036,46 brutto seit 1. Dezember und aus EUR 1.036,46 brutto seit und

b) EUR 581,38 netto samt 4 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren der klagenden Partei auf Zuspruch weiterer EUR 16.172,72 brutto sA wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 6.540,52 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin EUR 892,50 Umsatzsteuer und EUR 1.185,50 Barauslagen) und die mit EUR 2.000,84 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin EUR 256,43 Umsatzsteuer und EUR 462,20 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 721,72 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 22,96 Umsatzsteuer und EUR 583,96 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde mit "Ausbildungsvertrag" vom mit Wirkung vom im Krankenhaus der Beklagten zum Zweck der Ausbildung zum praktischen Arzt angestellt. Seine Ausbildung sollte - unter Berücksichtigung einer fünfmonatigen Tätigkeit in einer Lehrpraxis - mit enden. Als sich nachträglich herausstellte, dass nur drei Monate dieser Lehrpraxis angerechnet werden konnten, wurde das Ende des Ausbildungsverhältnisses einvernehmlich mit festgelegt.

Punkt IV des Ausbildungsvertrages enthält folgende Regelung:

"Herr Dr. W***** ist verpflichtet, im Rahmen seiner Ausbildung zum praktischen Arzt spätestens im 2. Ausbildungsjahr eine Notarztausbildung mit anschließender Notarztprüfung und rechtzeitiger Notarztfortbildung zu absolvieren.

Nach Erreichung des juris practicandi wird er zu einem weiteren Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Klosterneuburg als Notarzt auf die Dauer eines Jahres verpflichtet. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg hat das Recht, spätestens ein halbes Jahr vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses auf diese Verpflichtung zu verzichten. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung stellt eine Verletzung der Dienstpflichten gemäß § 44 des NÖ Spitalsärztegesetzes 1992 dar". 1997 war dem Kläger die Absolvierung der Notarztausbildung aus dienstlichen Gründen nicht möglich. Vom 22. 2. bis absolvierte er den für diese Ausbildung erforderlichen Kurs und legte - im zweiten Anlauf - im Herbst 1998 die Prüfung zum Notarzt ab. Für diese Ausbildung zahlte er S 8.000,-.

Eine Vereinbarung mit der Beklagten, in der sich diese verpflichtet hätte, dem Kläger die Ausbildungskosten zu ersetzen, wurde nicht getroffen. Üblicherweise tragen im Bereich der Beklagten die Ärzte, die eine Notarztausbildung absolvieren, deren Kosten selbst. Eine Erklärung, auf die im Vertrag vereinbarte einjährige Beschäftigung des Klägers als Notarzt zu verzichten, hat die Beklagte bis zum Ende der Ausbildungszeit nicht abgegeben.

Als der Kläger am dem Bürgermeister der Beklagten gegenüber erklärte, im Anschluss an die Ausbildung bei der Beklagten als Notarzt zu arbeiten, teilte der Bürgermeister dem Kläger mit, dass keine freie Notarztstelle zur Verfügung stehe. Darauf teilte der Kläger der Beklagten schriftlich mit, dass er im Hinblick auf Punkt IV des Ausbildungsvertrages keine andere Dienstverpflichtung übernommen habe; er forderte die Beklagte auf, ihm die Notarztstelle im zugesicherten Umfang zur Verfügung zu stellen.

Mit Schreiben vom bot die Beklagte dem Kläger ein bis befristetes Sekundararzt-Dienstverhältnis an und forderte ihn auf, das "Notarztdekret" vorzulegen. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab und meldete sich am zum Dienst als Notarzt. Er wurde jedoch vom ärztlichen Leiter des Krankenhauses darauf hingewiesen, dass auf seine Tätigkeit als Notarzt verzichtet werde, weil keine Stelle frei sei. Bei dieser Gelegenheit wollte der Kläger einer Angestellten der Beklagten die Bestätigung über die Notarztausbildung übergeben. Die Angestellte verweigerte die Entgegennahme dieser Bestätigung und verlangte das entsprechende Dekret.

Mit Schreiben vom bot die Beklagte dem Kläger ein auf 6 Monate befristetes Dienstverhältnis als Sekundararzt ab an. Der Kläger lehnte auch dieses Angebot ab und schlug seinerseits vor, ihn für 10 Monate in der internen Ambulanz einzusetzen. Darauf beharrte er auch, als die Klägerin ihr zuvor gestellte Angebot wiederholte.

Das Dekret über die Berechtigung, den Titel Notarzt zu führen, wird erst ausgestellt, wenn die Ausbildung zum Allgemeinmediziner abgeschlossen ist. Dieses Dekret, das allerdings nur deklarative Wirkung hat, wurde der Beklagten hier nicht übermittelt. Die Bestätigung über den Besuch des Kurses Notfallmedizin erhielt die Beklagte mit einem Schreiben des Klägers vom . Im Krankenhaus der Beklagten waren 1999 vier Notärzte hauptberuflich und drei weitere für Urlaube, Krankenstände und sonstige Ausfälle beschäftigt. Die Entlohnung eines Notarztes betrug 1999 unter Berücksichtigung von 45 Überstunden S 43.302,71.

Der Kläger erhielt am eine Urlaubsentschädigung von S 51.888,-. Diese war auf der Grundlage seines Monatsbezuges zuzüglich diverser Zulagen, jedoch ohne Berücksichtigung der vom Kläger bezogenen Überstundenentgelte, errechnet worden.

Als Sekundararzt hätte der Kläger im Wesentlichen ebenso viel verdient wie als Notarzt.

Nach der Beendigung seiner Ausbildung zum Allgemeinmediziner bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Darüber hinaus verdiente er in der ersten Hälfte des Jahres 1999 S 7.500,-. Seit verdient er als Schularzt durchschnittlich S 35.510,- monatlich. Er hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz keine Ordination eröffnet.

Der Kläger begehrte in erster Instanz letztlich S 705.913 brutto und S 8.000,- netto sA an Verdienstentgang für das Jahr 1999, restlicher Urlaubsentschädigung, Abfertigung und Ausbildungskostenersatz. Die Beklagte habe ihm die Erbringung der von ihm geschuldeten Notarztleistungen vertragswidrig verweigert und das Bestehen eines Dienstverhältnisses über den hinaus zu Unrecht bestritten. Er habe 1998 inklusive Zulagen, Zuschlägen und Überstunden ca S 55.000,- brutto monatlich bezogen. Diesen Betrag hätte er auch als Notarzt verdient. Vom daraus für 1999 errechneten Verdienstentgang bringe er die von ihm aus seiner Erwerbstätigkeit erhaltenen Einkünfte in Abzug.

Im Sinne des Ausfallsprinzips hätte die ihm zustehende Urlaubsentschädigung unter Berücksichtigung der von ihm geleisteten Überstunden errechnet werden müssen. Berücksichtige man die Überstunden, errechne sich eine weitere Urlaubsentschädigung von S 49.943,-.

An Abfertigung stünden dem Kläger S 110.000,- brutto zu. Die Ausbildungskosten von S 8000,- seien ihm zu ersetzen, weil dies bei der Beklagten üblicherweise der Fall sei.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe während des aufrechten Ausbildungsverhältnisses keinen Nachweis über die Absolvierung der Notarztausbildung vorgelegt. Aus der erst am vorgelegten Bestätigung sei ersichtlich, dass er die Ausbildung später als vertraglich vorgesehen absolviert habe. Der Kläger habe schon im Frühjahr 1998 erfahren, dass er nicht weiterbeschäftigt werde und habe dies auch akzeptiert. Er habe Kollegen gegenüber erklärt, eine Ausbildung zum Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde antreten zu wollen. Ein Dienstverhältnis ab sei daher nicht zustande gekommen. Zudem habe die Beklagte dem Kläger am eine Sekundararztstelle, befristet auf einen Monat, und im Februar 1999 eine weitere Sekundararztstelle, befristet auf weitere 6 Monate, angeboten. Die Urlaubsentschädigung habe die Beklagte nach den gesetzlichen Vorschriften berechnet; Überstunden seien nicht zu berücksichtigen. Eine Abfertigung stehe dem Kläger nicht zu, weil er eine Voraussetzung des § 29 NÖ Spitalsärztegesetz (NÖ SÄG) - nämlich die Eröffnung einer Praxis innerhalb von 6 Monaten - nicht erfüllt habe.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, dem Kläger S 220.626,-

brutto sA zu zahlen und wies das Mehrbegehren des Klägers ab.

Es vertrat folgende Rechtsauffassung:

Das Ausbildungsverhältnis sei im Hinblick auf § 9 des NÖ SÄG - ähnlich wie das Ausbildungsverhältnis nach dem BAG - als gesetzlich befristetes Dienstverhältnis anzusehen. Die einvernehmliche Verlängerung des Vertragsverhältnisses habe nur den vom Gesetz geforderten Zustand - nämlich das Ende des Ausbildungsverhältnisses mit dem Ende der Ausbildung - hergestellt. In Punkt IV des Ausbildungsvertrages sei ein befristetes Dienstverhältnis für die Zeit nach Beendigung der Ausbildung vereinbart worden, das unter der Bedingung gestanden sei, dass die Beklagte nicht rechtzeitig von ihrer Möglichkeit zum Verzicht Gebrauch mache. Ob eine derartige Bedingung zulässig sei, könne dahingestellt bleiben, weil sie im Falle ihrer Nichtigkeit als nicht beigesetzt zu gelten habe. Das Verhalten der Beklagten, die den Kläger vertragswidrig nicht beschäftigt habe, sei als Rücktritt vom Vertrag bzw. als jedenfalls mit erfolgte vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses ohne wichtigen Grund anzusehen.

Auch wenn das Dienstverhältnis nicht dem AngG unterliege, sei § 1162b ABGB anzuwenden, nach dem der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Entgelt für den Zeitraum bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Vertragszeit behalte. Er müsse sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Diese Anrechnung finde aber für die ersten drei Monate nicht statt. Der Kläger habe nach dem Ausfallsprinzip Anspruch auf jenes Entgelt, das er als Notarzt verdient hätte. Dieses wäre allerdings geringer gewesen als das festgestellte Notarztentgelt, weil der Beklagten dann mehr Notärzte zur Verfügung gestanden und daher weniger Überstunden angefallen wären. Gemäß § 273 ZPO werde das Entgelt, das der Kläger 1999 (unter Einschluss der Sonderzahlungen) bezogen hätte, mit S 49.772,- monatlich festgesetzt. Auf diesen Betrag müsse sich der Kläger ab dem vierten Monat - also ab April 1999 - nicht nur seine tatsächlichen Einkünfte sondern auch das anrechnen lassen, was er im Falle der Annahme der ihm angebotenen Sekundararztstelle verdient hätte. Damit errechne sich ein zuzusprechender Betrag von S 220.262,- brutto sA.

§ 40 NÖ SÄG, der die Urlaubsansprüche regle, verweise für den Anspruch auf Urlaubsentschädigung auf das NÖ Gemeindevertragsbedienstetengesetz (NÖ GVBG), nach dessen § 33a Überstundenentgelt bei der Berechnung der Urlaubsentschädigung nicht zu berücksichtigen sei.

Auch die geforderte Abfertigung stehe dem Kläger nicht zu, weil § 29 NÖ SÄG den Abfertigungsanspruch im Falle von befristeten Verträgen nicht nur von der dreijährigen Dienstzeit sondern auch von der Eröffnung einer Praxis innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Dienstverhältnisses abhängig mache.

Auch der Anspruch auf Rückersatz der Kosten der Notarztausbildung sei mangels einer entsprechenden Vereinbarung zu verneinen. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht statt und änderte in teilweiser Stattgebung der Berufung des Klägers die erstgerichtliche Entscheidung iS des Zuspruchs von S 291.646 brutto sA ab.

Es billigte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, erachtete aber nicht § 1162b ABGB, sondern § 1155 ABGB als anwendbar, weil es von einem für die Vertragszeit aufrechten Dienstverhältnis ausging, in dessen Verlauf die Beklagte die Dienste des leistungsbereiten Klägers abgelehnt habe. Ob das Notarztdekret deklarative Wirkung habe, sei nicht entscheidend, weil der Kläger vor dem die Notarztprüfung abgelegt habe. Auch nach § 1155 ABGB müsse sich der Kläger jedoch eine Anrechnung des versäumten Erwerbs gefallen lassen, zumal ihm die Annahme der angebotenen Sekundararztstelle zumutbar gewesen sei. Auf den Umstand, dass § 1155 ABGB eine Anrechnung bereits ab dem ersten Monat vorsehe, könne nicht eingegangen werden, weil dies die Beklagte in ihrem Rechtsmittel nicht geltend gemacht habe. Damit errechne sich ein Betrag von S 291.646,- (die Differenz zum vom Erstgericht zuerkannten Betrag resultiert aus Irrtümern des Erstgerichtes bei der Anrechnung des vom Kläger selbst angerechneten Betrages), der dem Kläger zuzusprechen sei.

Die Rechtsausführungen des Erstgerichtes zur Urlaubsentschädigung seien zutreffend. Von der behaupteten Verfassungswidrigkeit des Gesetzes wegen unsachlicher Ungleichbehandlung könne keine Rede sein, zumal der Oberste Gerichtshof wiederholt judiziert habe, dass etwa die unterschiedliche Regelung des Abfertigungsanspruchs im VBG und im AngG keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bedeute. Auch die Ausführungen des Erstgerichts, mit denen es das Bestehen eines Abfertigungsanspruchs verneint habe, seien zu billigen. Auch in diesem Zusammenhang bestünden dagegen, dass Arbeitsverhältnisse, die in vielerlei Hinsicht anders zu beurteilen seien, als andere, unterschiedlich geregelt seien, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Ausbildung des Klägers zum Notarzt sei in seinem Interesse gelegen, da er sonst nicht bei der Beklagten als Notarzt hätte tätig sein können. Mangels einer vertraglichen Vereinbarung bestehe kein Ersatz der für diese Ausbildung aufgewendeten Kosten. Gegen dieses Urteil, und zwar gegen die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 359.031,- brutto sA und S 8.000,- netto sA, richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Zuspruchs weiterer S 359.031,- brutto sA zuzüglich weiterer S 8.000,- netto sA abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist jedenfalls zulässig, weil in zweiter Instanz (auch) die Frage strittig war, wann das zwischen den Parteien begründete Vertragsverhältnis geendet hat. Sie ist teilweise berechtigt. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass zwischen den Parteien schon im Ausbildungsvertrag ein einjähriges Notarztdienstverhältnis des Klägers vereinbart wurde, dass die Beklagte von ihrer Möglichkeit, bis zum vereinbarten Zeitpunkt auf dieses Dienstverhältnis zu verzichten, nicht Gebrauch gemacht hat und dass demgemäß die Forderung des Klägers auf Zahlung des entgangenen bzw vorenthaltenen Verdienstes dem Grunde nach berechtigt ist. Strittig ist insofern nur mehr, ob und in welchem Umfang sich der Kläger - über die von ihm selbst vorgenommene Anrechnung seines tatsächlichen Verdienstes hinaus - fiktive Einkünfte aus den ihm angebotenen Sekundararzt-Dienstverhältnissen anrechnen lassen muss. In diesem Zusammenhang ist zwischen den Parteien nach wie vor die auch von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage strittig, ob im hier zu beurteilenden Fall § 1162b ABGB oder § 1155 ABGB anzuwenden ist, was wiederum davon abhängt, ob man - wie das Erstgericht - von einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses durch die Beklagte ausgeht, oder - wie das Berufungsgericht - eine solche vorzeitige Beendigung verneint und das Verhalten der Beklagten als Annahmeverweigerung während der gesamten einjährigen Vertragszeit wertet.

Diese Frage braucht aber nicht entschieden zu werden. Der Kläger verweist nämlich - wie schon in seiner Berufung - zu Recht darauf, dass eine Anrechnung in beiden Fällen nicht von Amts wegen zu erfolgen hat. Die Anwendung beider Anrechnungsvorschriften setzt voraus, dass der Arbeitgeber Anrechnungen gegen die Forderung des Arbeitnehmers einredeweise geltend macht. Ihn trifft die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass sich der Arbeitnehmer auf seine vertragsmäßigen Entgeltsansprüche bestimmte Beträge anrechnen lassen muss (SZ 41/69; Arb 9.883, Arb 10.311, RdW 1983, 115; RdW 1998, 31 uva; Krejci in Rummel, ABGB I³ Rz 30 zu § 1155 u Rz 15 zu §§ 1162a, 1162b). Insbesondere hat der Arbeitgeber zu behaupten und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer eine sich ihm konkret bietende, zumutbare Verdienstmöglichkeit absichtlich, dh um die Anrechnung zu verhindern, ausschlägt oder es in der gleichen Absicht unterlässt, sich um einen anderen Verdienst zu bemühen (Arb 10.311; RdW 1998, 31).

Rechtliche Beurteilung

Im hier zu beurteilenden Fall hat die Beklagte keinen derartigen Einwand erhoben. Sie hat zwar vorgebracht, dass sie dem Kläger nach Beendigung des Dienstverhältnisses aus Kulanzgründen mehrere Vorschläge zum Abschluss eines befristeten Dienstverhältnisses unterbreitet habe, so unter anderem ein vorläufig auf sechs Monate befristetes Dienstverhältnis als Sekundararzt (S 4 in ON 4; ähnlich S 2 in ON 12). Sie hat aber mit keinem Wort eine Anrechnung der durch eine derartige Beschäftigung für den Kläger erzielbaren Einkünfte begehrt und auch kein Vorbringen und keine Beweisanbote zur Höhe solcher Einkünfte oder gar zur Absicht des Klägers, eine Anrechnung zu verhindern, erstattet. Die Bemühungen des Erstgerichtes, die Höhe der Einkünfte eines Sekundararztes zu ermitteln, erfolgten ohne jegliche Grundlage im Vorbringen der Beklagten; die dazu getroffenen Feststellungen sind überschießend.

Im Sinne der wiedergegebenen Rechtslage hätte das Erstgericht daher über die vom Kläger selbst vorgenommene Berücksichtigung seiner tatsächlich erzielten Einkünfte keine Anrechnung vornehmen dürften. Dies wurde - wie schon ausgeführt - vom Kläger in der Berufung auch gerügt, vom Berufungsgericht aber nicht aufgegriffen. Insofern erweist sich die Revision daher als berechtigt, sodass die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Nichtanrechnung der von den Vorinstanzen berücksichtigten fiktiven Einkünfte des Klägers abzuändern waren. Die entsprechende Berechnung des Klägers in seiner Revision (I/8.) war allerdings zu korrigieren, weil darin der vom Kläger in der Klage selbst angerechnete Betrag von S 7.500,- nicht berücksichtigt ist.

Beim Ausspruch über das diese Ansprüche des Klägers betreffende Begehren auf Zuspruch gestaffelter Zinsen war zu berücksichtigen, dass vom Kläger nicht behauptet wurde (und auch nicht feststeht), wann er die von ihm angerechneten S 7.500,- verdient hat. Sie wurden von den Vorinstanzen bei der Abfassung des Zinsenzuspruchs nicht berücksichtigt. Diese Einkünfte waren bei der Entscheidung über das Zinsenbegehren zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu berücksichtigen. Dabei war aber zu beachten, dass die ersten drei Zinsenstaffeln unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind (für diesen Zeitraum haben auch die Vorinstanzen keine Anrechnung vorgenommen), sodass eine Berücksichtigung erst bei der folgenden Staffel (ab ) erfolgen konnte.

Nicht berechtigt ist die Revision hingegen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Begehrens auf restliche Urlaubsentschädigung richtet. Wie schon die Vorinstanzen ausgeführt haben, verweist § 40 Abs 2 des NÖ SÄG ua für den Anspruch auf Urlaubsentschädigung auf das NÖ GVBG. Dieses normiert in seinem § 33a Abs 2, dass die Urlaubsentschädigung in der Höhe jenes Teils "des Monatsbezuges" gebührt, der dem Vertragsbediensteten während des Erholungsurlaubs - wenn er diesen verbraucht hätte - zugekommen wäre. Der Monatsbezug besteht nach § 7 Abs 2 NÖ GVBG aus dem "Monatsentgelt" und allfälligen Zulagen. Das "Monatsentgelt" ist in § 10 NÖ GVBG geregelt, dem zu entnehmen ist, dass darin Überstundenentgelte - diese finden ihre Grundlage in § 4b Abs 4 NÖ GVBG - nicht enthalten sind.

Dass darin keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der betroffenen Dienstnehmer liegt, hat das Berufungsgericht bereits ausführlich und zutreffend (ua unter Hinweis auf die Entscheidung ArbSlg 8970) dargelegt. Es reicht daher aus, auf die dazu angestellten Überlegungen des Berufungsgerichtes - mit denen sich der Revisionswerber mit keinem Wort auseinandersetzt - zu verweisen. Auch das Begehren auf Abfertigung haben die Vorinstanzen zutreffend abgewiesen. Dass im Falle des Klägers keine unzulässigen und daher als unbefristetes Vertragsverhältnis zu wertende Kettenverträge abgeschlossen wurden, ergibt sich aus den §§ 9 und 10 des NÖ SÄG, in denen die Befristung des Ausbildungsvertrages und der Abschluss eines befristeten Vertrages nach der Ausbildung als zulässig erklärt werden. Für befristete Verträge macht aber § 29 Abs 1 des NÖ GVBG den Abfertigungsanspruch des Arztes von der "Eröffnung einer Praxis innerhalb von sechs Monaten" abhängig. Das Bundesland NÖ hat insofern von seiner ihm gemäß Art 21 Abs 1 B-VG zukommenden Regelungskompetenz für Dienstnehmer, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Gemeinde stehen, wahrgenommen und eine abschließende Regelung getroffen, die die entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen verdrängt (Arb 11.262). Dass diese Regelung in verfassungswidriger Weise schlechter wäre als die vergleichbare bundesrechtliche Abfertigungsregelung, trifft nicht zu, zumal § 35 Abs 2 Z 1 des VBG des Bundes für auf bestimmte Zeit eingegangene Dienstverhältnisse - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - überhaupt keine Abfertigungsansprüche vorsieht.

Berechtigung kommt der Revision jedoch zu, soweit sich der Kläger darin gegen die Abweisung seines Begehrens auf Ersatz der von ihm getragenen Ausbildungskosten wendet.

Mit der Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer die Kosten einer für die Berufsausübung notwendigen Ausbildung zu ersetzen, hat sich der Oberste Gerichtshof vor kurzer Zeit in der Entscheidung 8 ObA 224/00z (= ecolex 2001, 694) auseinandergesetzt. Diese Entscheidung betraf eine beim Arbeitgeber als "Ordinationshilfe in Ausbildung" beschäftigte Arbeitnehmerin. Die Ausbildung für diesen Beruf ist gesetzlich nicht geregelt. Hingegen sieht der anzuwendende Kollektivvertrag für die Angestellten bei Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Dentisten in seinem § 8 über "Ordinationshilfen in Ausbildung" ua vor, dass die Ausbildungszeit drei Jahre beträgt und neben einer praktischen auch eine theoretische Ausbildung - einen Fachkurs, für dessen Besuch dem Arbeitnehmer freizugeben ist - umfasst. Der Oberste Gerichtshof ging davon aus, dass es zu den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der betroffenen Arbeitnehmern gehöre, sich dieser Berufsausbildung zu unterziehen. Sei mit einer solchen Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis ein Aufwand verbunden, so habe diesen nach der auf das Arbeitsverhältnis analog anzuwendenden Bestimmung des § 1014 ABGB der Arbeitgeber zu tragen (8 ObA 224/00z mit weiteren Nachweisen).

Der hier zu beurteilenden Fall unterscheidet sich von der in 8 ObA 224/00z entschiedenen Konstellation dadurch, dass es bei der Ausbildung zum Notarzt um eine gesetzlich geregelte Ausbildung handelt (vgl § 40 Ärztegesetz), deren Absolvierung für den Auszubildenden naturgemäß unabhängig vom jeweiligen Dienstverhältnis von Vorteil ist. Dessen ungeachtet sind - wie immer man diese Umstände gewichten mag - die in 8 ObA 224/00z angestellten Überlegungen über eine auf § 1014 ABGB gestützte Zahlungspflicht des Arbeitgebers hier anwendbar, weil im hier zu beurteilenden Fall der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag zur Absolvierung der Notarztausbildung und auch zur einjährigen Dienstleistung als Notarzt verpflichtet hat. Unter diesen besonderen Voraussetzungen wird die Absolvierung der Ausbildung durch den Arbeitnehmer zu einer Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis, die es rechtfertigt, mangels abweichender vertraglicher Regelungen den Arbeitgeber, der nach § 1014 ABGB jeden zur "Besorgung des Geschäftes notwendigen Aufwand" zu tragen hat, zur Zahlung der Ausbildungskosten zu verpflichten (vgl 8 ObA 224/00z). Der Umstand, dass der Kläger von der Beklagten nur zur einjährigen Dienstzeit als Notarzt verpflichtet wurde und naturgemäß ein weit darüber hinausgehendes Interesse an der Notarztausbildung hat, steht der uneingeschränkten Verpflichtung des Dienstgebers zur Zahlung der Ausbildungskosten jedenfalls hier nicht entgegen, weil deren Höhe von nur S 8.000,-, zur vertraglich vorgesehen Verwendung des Klägers in der Dauer eines Jahres in keinem Missverhältnis steht. Dass der Kläger in der vorgesehenen Zeit nicht als Notarzt tätig war, hat die Beklagte selbst zu vertreten.

In Stattgebung der Revision waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne des Zuspruchs der begehrten Ausbildungskosten abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Für das erstinstanzlichen Verfahren ist wegen der wiederholten Ausdehnungen des Klagebegehrens von insgesamt vier Verfahrensabschnitten auszugehen. In den ersten dreien dieser Abschnitte ist der Kläger mit jeweils geringfügig mehr bzw weniger als 80 % seines jeweiligen Begehrens durchgedrungen, sodass er insofern Anspruch auf Ersatz von 60 % seiner auf diese Abschnitte entfallenden Kosten bzw auf 80 % der Barauslagen iS des § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO hat. Im vierten Verfahrensabschnitt (ab der Ausdehnung des Klagebegehrens um S 19.490,- brutto für Dezember 1999 und um S 110.000,- brutto an Abfertigung) ist der Kläger nur mit etwas weniger als 70 % seines Begehrens durchgedrungen, sodass er für diesen Abschnitt Anspruch auf Ersatz von 40 % seiner Verfahrenskosten hat.

In zweiter Instanz ist der Kläger mit etwa 60 % seines Berufungsinteresses durchgedrungen und hat daher Anspruch auf Ersatz von 20 % der Kosten seiner Berufung bzw von 60 % der dem § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO unterfallenden Pauschalgebühr. Die Beklagte ist mit ihrer Berufung zur Gänze unterlegen, sodass dem Kläger überdies die vollen Kosten seiner Berufungsbeantwortung zu ersetzen sind. Im Revisionsverfahren ist der Kläger mit etwa 55 % seines Revisionsinteresses durchgedrungen, sodass er Anspruch auf Ersatz von 10 % seiner Revisionskosten bzw von 55 % der Pauschalgebühr hat.