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VfGH vom 11.10.2000, B787/99

VfGH vom 11.10.2000, B787/99

Sammlungsnummer

15980

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der Mindestbesteuerung von Versicherungsunternehmen in der Höhe von 20 Prozent des Gewinnes vor Abzug des für die Versicherten bestimmten Anteils; keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums; sachliche Rechtfertigung aufgrund der besonderen Verhältnisse dieses Wirtschaftszweiges; keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung, keine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Versicherungsunternehmen

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit dem angefochtenen Bescheid der Finanzlandesdirektion wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen einen vorläufigen Körperschaftsteuerbescheid für 1997 als unbegründet abgewiesen. Strittig ist die Berechnung des mit 247.803.790 S errechneten Mindestgewinnes.

1. Die Beschwerde hält § 17 Abs 3 KStG, wonach Versicherungsunternehmungen mindestens 20% des Gewinnes (unter anderem aus dem Lebensversicherungsgeschäft) zu versteuern haben, von denen der für die Versicherten bestimmte Anteil noch nicht abgezogen ist, für verfassungswidrig. Die bei vorsichtiger Berechnung der Versicherungsprämien und günstigem Geschäftsverlauf sich ergebenden Überschüsse müßten gemäß dem Versicherungsvertrag als Gewinnanteile den Versicherten rückvergütet werden. Bis zur Novelle BGBl. 201/1996 habe der jedenfalls zu versteuernde Betrag 10% des Gewinnes betragen; die Versicherungsbedingungen sähen die Rückerstattung von mindestens 85 oder 90% der Überschüsse vor. Durch die Anhebung des Prozentsatzes von 10 auf 20 würde daher etwas besteuert, was dem Versicherungsunternehmen gar nicht als Gewinn bleibe. Dadurch würden Versicherungsunternehmungen nicht nur gegenüber anderen Steuerpflichtigen, sondern auch untereinander ungleich behandelt:

Vorsichtig kalkulierende und dadurch zu höherer Prämienrückerstattung verpflichtete unterlägen einer höheren Steuerbelastung als solche, die ihre Prämien niedrig bemessen. Außerdem könnten steuerfreie Erträge - insbesondere Beteiligungserträge im Sinne des § 10 KStG - und Investitionsfreibeträge eine im Vergleich zu anderen Körperschaften nur eingeschränkte steuermindernde Wirkung entfalten. Inländische Versicherungsunternehmungen seien solcherart im Wettbewerb mit ausländischen benachteiligt.

Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt:

"Eine Begründung für die Erhöhung der Mindestbesteuerung für Versicherungsunternehmen ist den ErlRV (72 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des NR XX.GP) bzw dem Ausschußbericht (95 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des NR XX.GP) nicht zu entnehmen.

Die Mindestbesteuerungsgrundlage in der Lebensversicherung hatte ursprünglich gemäß § 26 Abs 1 der (übernommenen) deutschen KStDV 5% des Überschusses vor Abzug der Gewinnbeteiligung betragen; sie wurde im Körperschaftsteuergesetz 1966 auf 10% erhöht und auf die Krankenversicherung und später auch auf die Schaden- und Unfallversicherung ausgedehnt.

Als Grund für die Einführung der §§25 und 26 der KStDV wurde angeführt, daß Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und die öffentlich rechtlichen Versicherungsanstalten im Gegensatz zu den Versicherungs-Aktiengesellschaften in ihrer Bilanz keinen Gewinn ausweisen, der unmittelbar der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zugrundegelegt werden kann. Soweit daher nicht ein Vorbeitrag oder nach Schluß des Geschäftsjahres ein Nachschuß erhoben wird, fließt ein etwaiger Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben den Versicherungsnehmern - gewöhnlich in Form von Beitragsrückerstattungen - zu. Wenn es zu keinen Zuführungen zu Kapitalansammlungen oder zur steuerlichen Berichtigungen einzelner Bilanzposten kommt, ergibt sich bei dieser Art von Versicherungsunternehmen nach den allgemeinen Vorschriften kein steuerpflichtiges Einkommen (vgl Pucharski, Das Körperschaftsteuergesetz2, Wien 1957, S 239).

Für die Besteuerung von Prämienrückerstattungen durch Versicherungs-Aktiengesellschaften kann diese Begründung nicht ins Treffen geführt werden.

Für die 'Mindestbesteuerung' in der Lebensversicherung im ursprünglichen Ausmaß (Besteuerungsgrundlage 5% des Brutto-Überschusses) konnte allenfalls eine Begründung darin gefunden werden, daß dadurch verhindert werden sollte, daß nicht nur Überschüsse aufgrund von 'überhobenen' Prämien, sondern auch Erträge aus der Veranlagung der Eigenmittel eines Versicherungsunternehmens im Wege der Prämienrückerstattung an die Versicherungsnehmer ausgeschüttet werden. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, daß die Mindestbesteuerungsgrundlage im deutschen Körperschaftsteuergesetz nicht mit einem pauschalen Prozentsatz des Überschusses berechnet wird, sondern daß die dem Eigenkapital zuzurechnenden Kapitalerträge die Mindestbesteuerungsgrundlage darstellen (dazu näher Boetius in Herrmann-Heuer-Raupach, § 21 dKStG, Anm 15ff).

Dazu ist festzuhalten, daß die Bemessung der Mindestbesteuerungsgrundlage mit 5% des Überschusses ursprünglich eine mäßige Pauschalierung der aus dem Einsatz des Eigenkapitals fließenden Überschüsse dargestellt haben mag; auch nach Erhöhung des Prozentsatzes auf 10% stand die Mindestbesteuerungsgrundlage in der Regel noch in einer vertretbaren Relation zu dem aus dem Einsatz des Eigenkapitals resultierenden Überschuß, der bei den meisten Lebensversicherungsunternehmen 5% bis 8% des Überschusses betrug; die Regelung kann bei einem solchen Ausmaß daher noch als eine wirtschaftlich vertretbare Pauschalierung, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten einigermaßen im Einklang stand, angesehen werden.

Mit der Erhöhung der Mindestbesteuerungsgrundlage auf 20% des Überschusses wurde der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Erträgen aus der Veranlagung des Eigenkapitals und der Mindestbesteuerung beseitigt. Die derzeit geltende Regelung kann auch bei großzügiger Auslegung nicht mehr als eine vertretbare Pauschalregelung angesehen werden; sie stellt vielmehr eine sachlich nicht begründbare willkürliche Steuerbelastung einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen dar.

Aufgrund der Erhöhung des Prozentsatzes für die Mindestbesteuerungsgrundlage auf 20% des Überschusses vor Abzug des den Versicherten zustehenden Anteils am Überschuß werden Überschüsse besteuert, die bedingungsgemäß zur Erhöhung der garantierten Leistungen an die Versicherten verwendet oder an die Versicherten als Prämienermäßigung rückerstattet werden müssen. Es werden daher Überschüsse besteuert, die den Versicherungsunternehmen nicht zustehen und ihnen auch nicht verbleiben.

Im Jahr 1997 ist, wie aus der Berechnung in der Beilage zur Beschwerde hervorgeht, von dem Aufwand für erfolgsabhängige Prämienrückerstattung in Höhe von TS 1.108.000 ein Betrag von rund TS 116.785 steuerlich nicht abzugsfähig.

Der unversteuerte Jahresgewinn, der nach Abzug des gesamten Aufwands für erfolgsabhängige Prämienrückerstattung verblieben ist (rd. TS 169.627) ist um rd. TS 90.228 höher als die Kapitalerträge aus der Veranlagung der Eigenmittel. Der Aufwand für erfolgsabhängige Prämienrückerstattung findet daher zur Gänze in den aus Vorsichtsgründen überhobenen Prämien für Lebensversicherungen Deckung.

Die Bestimmung des § 17 Abs 3 KStG idF BGBl 1996/201 schießt damit eklatant über eine mögliche Zielsetzung, die steuerlich abzugsfähige Ausschüttung von Erträgen aus der Veranlagung der Eigenmittel an die Versicherten zu verhindern, hinaus. Sie erweist sich daher als unverhältnismäßig und inadäquat, die uU vertretbare Zielsetzung zu erreichen."

Der Gesetzgeber verlasse damit ohne sachliche Rechtfertigung ein von ihm geschaffenes Ordnungssystem. Die Mindestbesteuerung knüpfe nicht an eine höhere Ertragskraft der Versicherungsunternehmen an.

Die Besteuerung von Beträgen, die weder den Versicherungsunternehmen noch ihren Aktionären zufließen, könne auch nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden,

"..., daß die Leistungen, die den Versicherten zufließen, nicht nur aus den von den Versicherungsnehmern bezahlten Prämien, sondern auch aus Kapitalerträgen finanziert werden und der über die Prämien hinausgehende Teil der Leistungen bei einem Teil der Versicherungsverträge nicht besteuert wird, sodaß die Besteuerung eines Teiles der Prämienrückerstattungen gewissermaßen eine pauschale Besteuerung der den Versicherten zufließenden Kapitalerträge aus der Veranlagung der von den Versicherungsnehmern entrichteten Prämien darstellt:

a) Versicherungsverträge sind - auch wenn die Prämien für einen erheblichen Teil der Lebensversicherungen eine sogenannte Sparkomponente enthalten - keine Kapitalveranlagungs-, sondern Risikoabdeckungsinstrumente. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Leistungen aus Versicherungsverträgen, bei denen die Veranlagungskomponente gegenüber der Risikokomponente in den Vordergrund tritt, ohnehin steuerlich nicht wie Versicherungsleistungen, sondern wie Ergebnisse aus Kapitalveranlagungen behandelt werden.

b) Der Unterschied zwischen Lebensversicherungen und Kapitalveranlagungsinstrumenten ist auch daraus erkennbar, daß die Versicherungsprämien für Lebensversicherungen (einschließlich der sogenannten Sparkomponente) einer 4%igen Versicherungssteuer unterliegen. Kapitalveranlagungen unterliegen dieser Verkehrsteuer nicht.

c) Der Mehrbetrag, der den Versicherten bei längerer Vertragsdauer gegenüber den gezahlten Prämien zufließt, stellt wirtschaftlich gesehen in der Regel keinen Ertrag, sondern lediglich eine Abgeltung der gegenüber dem Zeitpunkt der Prämienzahlungen eingetretenen Geldentwertung dar. Die vorsichtige Bemessung des Rechnungszinssatzes bei der Prämienkalkulation hat - neben dem positiven Einfluß auf die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen - den Vorteil, daß durch die aus den Überschüssen finanzierten zusätzlichen Leistungen zumindest ein Teil des durch die Geldentwertung ausgelösten Kaufkraftverlustes ausgeglichen wird. Von einem echten Ertrag der Versicherten kann nur dann gesprochen werden, wenn der reale Wert der Leistung den realen Wert der Gegenleistung übersteigt. Dieser Umstand wird auch bei der Besteuerung der Kapitalertäge in pauschaler Form dadurch anerkannt und berücksichtigt, daß der Großteil der Erträge aus Kapitalveranlagungen bei Privatpersonen mit 25% endbesteuert wird.

d) Die Überschüsse, die den Versicherten im Wege der Gewinnbeteiligung zufließen bestehen nicht nur aus Verzinsungsgewinnen, sondern auch aus überhöhten Risikoprämien und Kostenzuschlägen. Im besonderen gilt dies für Gewinnbeteiligungen für Risikoversicherungen, die keine Kapitalertragskomponente enthalten und für die Prämienrückerstattungen in allen anderen Versicherungszweigen (Krankenversicherung und Schaden- und Unfallversicherung) für die die Mindestbesteuerungsregelung gleichfalls gilt.

e) Bei einem Teil der Lebensversicherungen werden die Überschüsse der Leistungen über die eingezahlten Prämien zur Einkommensteuer herangezogen; dies gilt nicht nur für Kapitalversicherungen mit lediglich geringfügiger Risikokomponente, sondern insbesondere für Rentenversicherungen. Die Überschüsse aus diesen Versicherungen unterliegen aufgrund der Bestimmung des § 17 Abs 3 KStG einer doppelten Besteuerung: der pauschalen Besteuerung der Überschüsse durch die sachlich nicht gerechtfertigte Mindestbesteuerungsgrundlage und der individuellen Besteuerung der Mehrleistungen gegenüber den eingezahlten Prämien."

Die Beschwerde kommt daher zum Schluß:

"Mag mit der Regelung über die 'Mindestbesteuerung' von Versicherungsunternehmen ursprünglich die Zielsetzung verfolgt worden sein, auch bei Versicherungsvereinen(!) einen bestimmten Gewinn (mindestens) erfassen zu können, bzw darauf aufbauend allenfalls die Absicht verfolgt worden sein, die Erträge aus der Veranlagung der Eigenmittel in pauschaler Form zu erfassen, so erweist sich die Bestimmung des § 17 Abs 3 KStG idF BGBl 201/1996 nunmehr an sich als unsachlich. Durch das nunmehr geltende Ausmaß von 20% schießt § 17 Abs 3 KStG idF BGBl 1996/201 über die ursprünglich allenfalls vertretbare Zielsetzung, die Ausschüttung von Erträgen, die auf die Veranlagung der Eigenmittel zurückzuführen sind, zu verhindern, eklatant hinaus."

2. Die Gegenschrift der belangten Behörde betrachtet die Prämienrückerstattung unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung und betont, daß alle Versicherungsunternehmen der Mindestbesteuerung unterlägen. Die für das Versicherungswesen typische Erscheinung sei mit anderen Entgelterstattungen nicht vergleichbar. Das Gesetz erweitere die Rückstellungsmöglichkeiten für künftige Prämienrückerstattungen und dürfe diese Erweiterung auch wieder begrenzen. Die Erhöhung auf 20% sei Teil des Maßnahmenpaketes zur Konsolidierung des Budgets (Hinweis auf VfSlg. 15.373/1998 Assanierungsaufwand).

Die beschwerdeführende Gesellschaft repliziert hierauf, eine verdeckte Gewinnausschüttung käme allenfalls bei Versicherungsvereinen, nicht aber dann in Betracht, wenn nur fremde Dritte, die Kunden der Aktiengesellschaft, erstattungsberechtigt seien. Das Finanzergebnis eines Lebensversicherungsunternehmens folge zum überwiegenden Teil aus der Veranlagung des Deckungskapitals und sei damit wirtschaftlich dem versicherungstechnischen Bereich zuzuordnen, nicht aber Kapitalertrag. Die Rückstellungsmöglichkeit ergebe sich schon aus allgemeinen Grundsätzen, weshalb § 17 Abs 3 KStG nicht bloß eine eröffnete Möglichkeit einschränke.

Anders als im Erkenntnis VfSlg. 15.373/1998 sei hier nur eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen getroffen.

3. Im Verfahren - und parallel laufenden Beschwerdeverfahren anderer Versicherungsunternehmen - wurden die Parteien eingeladen, zu den Fragen Stellung zu nehmen, (1) ob der rückzuvergütende Betrag vor oder nach Steuer berechnet wird, (2) wie hoch derzeit - bei vielleicht sinkenden Prämieneinnahmen - der prozentuelle Anteil der Kapitalerträge am Gewinn im Durchschnitt ist, (3) ob innerhalb der Kapitalerträge zu unterscheiden ist, wenn ja, warum und in welcher Größenordnung, (4) ob der Gesetzgeber gehindert ist, den aus der Anlage der Prämieneinnahmen entstehenden "Spar-Effekt" für den Versicherten zu besteuern und (5) ob der Gesetzgeber durch eine bestimmte Vertragsgestaltung (über die Höhe des Rückzuvergütenden) an einer sonst zulässigen Besteuerung gehindert werden könne.

Die belangte Behörde legt in Beantwortung dieser Fragen dar, daß nach dem Geschäftsplan im Gewinnverband Großleben "Steuern und Abgaben" bei der Gewinnermittlung berücksichtigt werden, die Zuführung zur Rückstellung für Prämienrückerstattung ("Gewinnbeteiligung") daher nach Steuer berechnet werde, und der Anteil der Kapitalerträge bei der beschwerdeführenden Gesellschaft 158,68% (vor Abzug des für die Versicherten bestimmten Anteiles) betrage.

Die beschwerdeführende Gesellschaft weist - nach Kenntnis der Stellungnahme der Behörde - darauf hin, daß die Regelungen in den Geschäftsplänen (Versicherungsbedingungen) der einzelnen Versicherer unterschiedlich formuliert seien, räumt aber ein, daß im angesprochenen Geschäftsplan mindestens 85% des nach Abzug der Steuern (im wesentlichen Körperschaftsteuer) verbleibenden Betrages für die erfolgsabhängige Prämienrückerstattung (Gewinnbeteiligung) zu verwenden sind (Hervorhebung nicht im Original). Die Versicherungsaufsichtsbehörde habe

"... in den Jahren bis 1995, in der der steuerpflichtige Gewinn in der Regel 10% des Überschusses vor Abzug des für die Versicherten bestimmten Anteils (die Körperschaftsteuer demnach bei Außerachtlassung von nicht abzugsfähigen Aufwendungen und steuerfreien Erträgen 3,4% dieses Überschusses) betragen hat, den Standpunkt akzeptiert, dass die Mindestzuführung an die Rückstellung für Gewinnbeteiligung von dem nach Abzug der Körperschaftsteuer verbleibenden Überschusses berechnet wird.

Ob diese Interpretation aufrecht erhalten wird, wenn sich die Mindestbelastung mit Körperschaftsteuer verdoppelt, kann deswegen noch nicht eindeutig beantwortet werden, weil die Lebensversicherer nach der Erhöhung der Mindestbesteuerungsgrundlage aus Wettbewerbsgründen die Aufwendungen für erfolgsabhängige Prämienrückerstattung in der Regel mit einem höheren als dem geschäftsplanmäßigen Mindestprozentsatz von dem nach Abzug der Körperschaftsteuer verbleibenden Überschuss bemessen haben bzw bemessen mussten.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Versicherungsaufsichtsbehörde nach der bestehenden Rechtslage nicht mehr im vorhinein (im Wege der Genehmigung der Geschäftspläne) über die Angemessenheit der Überschussbeteiligung der Versicherten zu entscheiden hat...

...

Die Frage, ob die Überschussbeteiligung von einem Überschuss vor oder nach Steuern zu berechnen und mit welchem Prozentsatz sie zu bemessen ist, ist im übrigen aufgrund der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Versicherungsmarkt nicht von entscheidender Bedeutung; entscheidend ist, ob ein Versicherungsunternehmen in der Lage ist, den Versicherungsnehmern eine marktkonforme Überschussbeteiligung zu bieten. Dabei ist zu beachten, dass die österreichischen Lebensversicherer in zunehmendem Maße mit ausländischen Versicherungsunternehmen, für die Mindestbesteuerungsvorschriften |berhaupt nicht oder nur in einem wesentlich geringeren Ausmaß gelten, in Wettbewerb stehen. Dieser Wettbewerbsnachteil wird sich in Zukunft - wenn die Tätigkeit des ausländischen Versicherungsunternehmens in Österreich durch die einheitliche Währung noch verschärft wird - für die Entwicklung der österreichischen Lebensversicherer überaus ungünstig auswirken.

Soweit die erhöhte Körperschaftsteuerbelastung aufgrund der Wettbewerbsverhältnisse (etwa aufgrund des Wettbewerbs mit ausländischen Versicherungsunternehmen) nicht im Wege einer Verminderung der Gewinnbeteiligung auf die Versicherungsnehmer überwälzt werden kann, führt die Erhöhung der Mindestbesteuerungsgrundlage zu einer Reduktion des Gewinns der Versicherungsunternehmen und damit zu einer Verschlechterung der Rendite und zu einer Diskriminierung der Gesellschafter eines Versicherungsunternehmens gegenüber den Gesellschaftern anderer Unternehmen. Die Mindestbesteuerungsvorschrift fördert demnach auch die Tendenz, die Versicherungsunternehmen mit einem möglichst geringen Eigenkapital auszustatten; dies widerspricht den Intentionen der Versicherungsaufsicht, die Sicherheit der Erfüllung der Versicherungsverträge durch Erhöhung der Eigenkapitalausstattung zu verbessern."

Über den Anteil der Kapitalerträge ließen sich keine allgemeinen Aussagen machen. Aus den Daten der mehreren beschwerdeführenden Unternehmen gehe aber hervor,

"..., dass der Anteil der überrechnungsmäßigen Kapitalerträge in den Jahren 1997 bis 1999 im allgemeinen 70 bis 85% der gesamten Überschüsse ausmachte. Bei Ausscheidung der aus der Veranlagung der Eigenmittel und der langfristigen Rückstellungen für das Sozialkapital resultierenden Erträge vermindert sich der Anteil der überrechnungsmäßigen Kapitalerträge am gesamten versicherungstechnischen Überschuss um 5 bis 10 Prozentpunkte.

Es ist auch erkennbar, dass der Anteil der überrechnungsmäßigen Kapitalerträge an den gesamten Überschüssen in den untersuchten Jahren im erheblichen Maße durch außerordentliche (bzw aperiodische) Erträge aus Wertpapieren (Gewinne und Verluste bei der Veräußerung von Wertpapieren, außerplanmäßige Abschreibungen von Wertpapieren, Erträge und Aufwendungen aus Finanzderivaten) beeinflusst wird.

Die Höhe der Verzinsungsgewinne und ihres Anteils an den Gesamtüberschüssen hängt auch in entscheidendem Ausmaß von der Rendite der Kapitalanlagen, die längerfristig von der Höhe der Geldentwertungsrate beeinflusst wird, ab. Durch die Mindestbesteuerung werden daher in erheblichem Maße die 'Scheingewinne', dh jene Überschüsse, die vorwiegend der Aufrechterhaltung des Realwerts der versprochenen Versicherungsleistung dienen, getroffen.

Zur Auswirkung der Veränderung der Prämieneinnahmen auf den Anteil der Kapitalerträge am Gewinn, die in der Frage 2 indirekt angesprochen wurde, ist zu sagen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Anteil des Verzinsungsgewinns am Bruttoüberschuss und der Höhe der Prämien nicht besteht; dieses Verhältnis hängt ausschließlich von der Zusammensetzung des Versicherungsbestands (Einmalerlagsversicherungen, Rentenversicherungen, gemischte Er- und Ablebensversicherungen, Risikoversicherungen) und von der Rendite der Kapitalanlagen ab."

Die in der Replik angedeutete Unterscheidung zwischen Kapitalerträgen und der Veranlagung im versicherungstechnischen Bereich greift keine der Parteien auf.

Zum Spareffekt meint die beschwerdeführende Gesellschaft, er stehe regelmäßig nicht im Vordergrund, sondern ergebe sich bei langfristigen Kapitalversicherungen und insbesondere bei Rentenversicherungen zwangsläufig. Die Pauschalierung des steuerpflichtigen Gewinns mit ursprünglich 5% und später 10% habe dazu geführt, daß annähernd die dem Eigenkapital zuzuordnenden Erträge versteuert würden; das gelte für den jetzigen Prozentsatz nicht mehr. Schon die Einhebung der Versicherungssteuer zeige, daß Versicherungen keine Kapitalinvestition seien. Bei Risikoversicherungen, Krankenversicherungen sowie Schaden- und Unfallversicherungen resultiere die Gewinnbeteiligung auch nicht aus dem Verzinsungsergebnis, sondern insbesondere aus einem günstigen Schadensverlauf. Zu einer Doppelbesteuerung der Kapitalerträge komme es in folgenden Fällen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"-
Bei den Versicherungsnehmern von Rentenversicherungen werden die in den Rentenzahlungen enthaltenen Erträge aus der Kapitalveranlagung mit dem vollen Einkommensteuersatz und nicht nur mit dem Pauschalsteuersatz für endbesteuerte Kapitalerträge steuerlich erfasst (§29 Z 1 EStG).


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-
Bei den Versicherungsnehmern, die Verträge abgeschlossen haben, bei denen die Veranlagungskomponente überwiegt, unterliegt der Unterschiedsbetrag zwischen den Prämien und der Versicherungsleistung der Besteuerung gem § 27 Abs 1 Z 6 EStG.


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-
Bei den Versicherungsnehmern, bei denen die Versicherungsverträge zum Betriebsvermögen gehören, wird der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen den bezahlten Prämien und der erbrachten Versicherungsleistung gleichfalls mit dem vollen Steuersatz besteuert."


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§17 Abs 3 KStG sei auch ungeeignet, den Spareffekt für den Versicherten zu besteuern, da nur auf die Verhältnisse beim Versicherungsunternehmen, nicht auf jene des Versicherten abgestellt sei, die persönlichen Einkommensverhältnisse des einzelnen Versicherungsnehmers daher nicht berücksichtigt würden.

Was die belangte Behörde zum Spareffekt anführe, bestätige, daß die Leistungen aus Versicherungsverträgen nur in besonderen Fällen (kurzlaufende Lebensversicherungen, die nahezu keine Risikokomponente enthalten und Rentenversicherungen, wenn die Summe der Zahlungen einen pauschalierten Kapitalwert bei Rentenbeginn übersteigt) steuerpflichtig seien; daraus ergebe sich keine Berechtigung zur Besteuerung des sogenannten "Spar-Effekts" und der damit verbundenen Doppelbesteuerung.

Die Frage nach den Auswirkungen der Vertragsgestaltung auf die Möglichkeiten des Gesetzgebers beantwortet die beschwerdeführende Gesellschaft dahin, daß infolge Herabsetzung des für die Rückstellung heranzuziehenden Zinssatzes höhere Prämien erforderlich würden, die zu höheren Rückerstattungen und zu einer höheren Steuerbelastung führen würden. Der Versicherer habe kaum Spielraum. Für bestehende Verträge sei ein Eingriff in die Grundlagen der Prämienkalkulation überhaupt nicht möglich.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Verfassungsgerichtshof teilt die vorgetragenen Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 17 Abs 3 KStG idF BGBl. 201/1996 nicht.

1. Vorweg ist festzuhalten, daß es Sache des Versicherungsunternehmens ist, ob es dem Versicherungsnehmer eine Prämienrückerstattung (Gewinnbeteiligung) auf Basis des Überschusses vor oder nach Steuern verspricht. Nimmt es das Risiko einer Erhöhung der Körperschaftsteuer auf sich, können die nachteiligen Folgen für das Unternehmen den Gesetzgeber nicht an einer sonst zulässigen Maßnahme hindern. Ist aber der Überschuß nach Steuer maßgeblich - wie dies allgemein der Fall zu sein scheint -, trifft die Last einer Steuererhöhung den Versicherungsnehmer, dem infolgedessen weniger rückvergütet wird. Das Versicherungsunternehmen wird dadurch nur insoweit belastet, als die Attraktivität seiner Leistung sinkt.

Soweit die Beschwerde rügt, daß die Erhöhung der Körperschaftsteuer den sonstigen Maßnahmen und Zielen des Gesetzgebers entgegenwirkt, geht es um die Zweckmäßigkeit der bekämpften Norm. Diese zu beurteilen, ist auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs.

2. Die Beschwerde rügt die Benachteiligung von Versicherungsunternehmen gegenüber anderen Körperschaftsteuerpflichtigen. Wie das Verfahren aber bestätigt hat, geht der für die Gewinnbeteiligung oder Prämienrückerstattung in Betracht kommende Betrag - dessen Ausmaß, wie die Beschwerde selbst einräumt, gesetzlich nicht (mehr) vorgegeben ist, sondern autonom festgelegt werden kann - zum größten Teil entweder auf die Verzinsung des zur Deckung des versicherten Risikos zur Verfügung stehenden Kapitals oder aber auf einen günstigen Schadensverlauf zurück. Wenn der Gesetzgeber nun einen Teil dieses - den Versicherungsnehmern weitergereichten - Betrages auf der Ebene der Versicherungsunternehmen der Körperschaftsteuer unterwirft (und nicht in vollem Umfang zum Abzug zuläßt), hat dies seine sachliche Grundlage in den besonderen Verhältnissen dieses Wirtschaftszweiges, bei dem die Versicherungsnehmer offenbar nicht als dem Unternehmen unbeteiligt gegenüber stehende Kunden betrachtet, sondern am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden. Im Hinblick darauf ist aber aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts dagegen einzuwenden, daß der Gesetzgeber die Beträge, die einerseits den Eigentümern (Gesellschaftern) als Gewinn(ausschüttung) und andererseits den Versicherungsnehmern (als Prämienrückerstattung bzw. Gewinnbeteiligung) zugute kommen sollen, für steuerliche Zwecke zunächst zusammenfaßt und eine Mindestbesteuerungsgrundlage in Höhe von 20% dieses Gesamtbetrages festlegt. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die den Versicherungsnehmern letztlich zukommende Ertragskomponente bei ihnen typischerweise keiner Ertragsteuerbelastung unterliegt und eine (mäßige) Vorbelastung auf der Ebene der Versicherungsunternehmen daher auch als (sachlich gerechtfertigte) Kompensation für die auf Ebene des Versicherungsnehmers in der Regel entfallende Steuerpflicht angesehen werden kann. Aber auch in jenen Fällen, in denen auf der Ebene der Versicherungsnehmer Steuerpflicht gegeben ist, kommt es offentlichtlich nicht zu einer (allenfalls verfassungswidrigen; vgl. VfSlg. 10.827/1986) Doppelbesteuerung, unterliegt dieser Steuerpflicht doch erst der um die Steuerbelastung des Versicherungsunternehmens gekürzte Betrag. Daß dieser Betrag aber - wie die Beschwerde vorbringt - deswegen steuerfrei belassen oder zum Abzug zugelassen werden müßte, weil er lediglich der Abgeltung der Geldentwertung dient, ist auf dem vom Nominalwertdenken beherrschten Gebiet des Ertragsteuerrechts von vornherein nicht überzeugend.

3. Was den Vorwurf der Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Versicherungsunternehmen betrifft, betont die Beschwerde selbst, daß es hier nicht um eine rechtsformabhängige Ungleichbehandlung geht. Sie meint vielmehr, daß - entgegen der sonstigen Zielsetzung der Versicherungsaufsicht - Versicherungsunternehmen mit vorsichtiger Prämienkalkulation gegenüber solchen mit weniger vorsichtiger benachteiligt seien. Aber abgesehen davon, daß sich der Ertrag höherer Prämien auch in einer höheren Verzinsung niederschlägt, wären Maßnahmen, die überhöhten Prämien entgegenwirken, deswegen nicht unsachlich, und ist es jedenfalls Sache des Gesetzgebers, versicherungs- und steuerwirtschaftliche Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen.

Bei diesem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob bei der - in der Praxis offenbar allgemein gehandhabten - Berechnung der Prämienrückerstattung (Gewinnbeteiligung) von der bereits um die (Mindest-)Körperschaftsteuer geminderten Bemessungsgrundlage die beanstandete Diskriminierung überhaupt eintritt.

Soweit § 17 Abs 3 KStG zur Folge hat, daß sich Steuerbegünstigungen nicht (voll) auswirken - was hier nicht im einzelnen zu prüfen ist -, handelt es sich um ein allgemeines Problem der Mindeststeuer, das nicht erst durch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage geschaffen wird. Ist die Maßnahme sachlich gerechtfertigt, sind solche Auswirkungen hinzunehmen.

Insgesamt ist es der Beschwerde nicht gelungen, die Bedenken zu erwecken, daß der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten hätte.

Auch sonst sind vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtsverletzungen nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 Satz 1 VerfGG).