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OGH vom 03.08.2018, 14Os54/18z

OGH vom 03.08.2018, 14Os54/18z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Slavisa S***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 und Abs 3 (jeweils iVm Abs 1 erster Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Zoran L***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 83 Hv 7/18h-167, und über die Beschwerden des Angeklagten L***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im die Angeklagten Slavisa S*****, Aleksandar K***** und Zoran L***** betreffenden Ausspruch über den Verfall aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit seiner gegen das Verfallserkenntnis gerichteten Berufung wird der Angeklagte L***** auf die Kassation verwiesen.

Zur Entscheidung über die gegen die Strafaussprüche gerichteten Berufungen und die Beschwerden werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – Zoran L***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach (ersichtlich gemeint:) §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 und Abs 3 (jeweils iVm Abs 1 erster Fall) und § 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)“ mit Slavisa S***** und Aleksandar K***** gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,

I./ durch Einbruch in Transportmittel weggenommen, indem L***** diese „mit einem 'Inner Groove Pick', sohin mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug öffnete, während sein Mittäter in unmittelbarer Umgebung Aufpasserdienste leistete“, und zwar

A./ S***** und L*****, indem sie an sich nahmen

1./ am aus dem Kraftfahrzeug von Darko und Verislavka Ko***** deren Wohnungsschlüssel;

2./ am aus dem Kraftfahrzeug der Gertraud P***** deren Wohnungsschlüssel und einen Alarmanlagesender;

3./ am aus dem Kraftfahrzeug der Inge W***** deren Wohnungsschlüssel;

4./ am aus dem Kraftfahrzeug des Günter B***** dessen Wohnungsschlüssel;

5./ am aus dem Kraftfahrzeug der Sophie J***** deren Wohnungsschlüssel;

B./ L***** und K***** indem sie an sich nahmen

1./ am aus dem Kraftfahrzeug des Robert M***** eine Umhängetasche samt Wohnungsschlüssel und einen Magnetschlüssel;

2./ am aus dem Kraftfahrzeug der Sara Sa***** deren Wohnungsschlüssel und eine Fernbedienung;

3./ am aus dem Kraftfahrzeug der Ingrid H***** deren Wohnungsschlüssel;

4./ am aus dem Kraftfahrzeug von Manfred und Gertrud Ha***** deren Wohnungsschlüssel;

II./ durch Einbruch in Wohnstätten, indem L***** in diese mit widerrechtlich, nämlich durch die zu I./ genannten Taten erlangten Schlüsseln eindrang und einzudringen versuchte, „während sein Mittäter Aufpasserdienste leistete“,

A./ weggenommen, und zwar

1./ S***** und L*****

aa./ am aus der Wohnung von Darko und Verislavka Ko***** Schmuck und Bargeld im Wert von zirka 10.000 Euro;

bb./ am aus der Wohnung der Gertraud P***** Schmuck im Wert von zirka 73.360 Euro;

cc./ am aus der Wohnung der Inge W***** Schmuck im Wert von 1.500 Euro;

dd./ am aus der Wohnung des Günter B***** Schmuck, Schlüssel und Armbanduhren im Wert von 10.000 Euro;

2./ L***** und K*****

aa./ am aus der Wohnung des Robert M***** Schmuck, eine Armbanduhr, Golddukaten und Bargeld im Wert von zirka 26.000 Euro;

bb./ am aus der Wohnung der Ingrid H***** Schmuck und Armbanduhren im Wert von zirka 9.000 Euro, indem L***** einen Möbeltresor aushebelte;

cc./ am aus der Wohnung von Manfred und Gertrud Ha***** „eine Versicherungskarte“, Bargeld und Schmuck im Wert von 7.222 Euro;

B./ wegzunehmen versucht, und zwar S***** und L***** am aus der Wohnung der Sophie J*****, wobei es beim Versuch blieb, weil der im Haus befindliche L***** die Wohnung nicht finden konnte.

„Gemäß § 20 Abs 1 StGB“ wurde „bezüglich Slavisa S***** und Zoran L***** ein Geldbetrag in Höhe von 11.500 Euro“ und „bezüglich Aleksandar K***** und Zoran L***** ein Geldbetrag in Höhe von 42.222 Euro für verfallen erklärt“ (US 6).

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L***** kommt keine Berechtigung zu.

Die zu II./B./ erhobene Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) vermeint, das Erstgericht hätte sich mit Passagen der Aussage des Beschwerdeführers „entsprechend“ auseinanderzusetzen gehabt, wonach er die Wohnung nicht gesucht habe, im Eingangsbereich gewesen, dann in den Hof gegangen, dort gestanden und wieder hinausgegangen sei. Sie scheitert schon daran, dass sie die Verantwortung des Angeklagten nur selektiv und damit sinnentstellt wiedergibt, zumal der Angeklagte letztlich zugestanden hat, dass er die Wohnung finden, „dort hineingehen und schauen“ wollte, „ob es was zum Stehlen gibt“, und er die Suche nach der Wohnung aufgegeben habe, weil er sie nicht finden konnte (ON 166 S 10). Im Übrigen hat das Schöffengericht die „größtenteils tatsachengeständige“ Verantwortung des Angeklagten L***** ohnehin berücksichtigt, jedoch aufgrund der Ergebnisse der Telefonüberwachung nicht die von der Beschwerde angestrebten Schlüsse (einer freiwilligen Aufgabe des Tatplans; § 16 Abs 1 StGB) gezogen (US 12 f).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von Feststellungen zu einem (auch) die Wohnungsschlüssel betreffenden Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz, erklärt aber nicht, warum die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 11 f) – wonach (unter anderem) L***** „durch Einbrechen in die Fahrzeuge bzw. Wohnstätten den im Spruch angeführten berechtigten Gewahrsamsträgern die im Spruch bezeichneten Wertgegenstände“ wegnehmen und „sich selbst durch deren Zueignung bereichern“ wollte – die Wohnungsschlüssel nicht umfassen sollten. Auf die allgemeinen Überlegungen der Beschwerde zum Ausschluss eines Zueignungsvorsatzes, wenn der Täter die weggenommene Sache dem Eigentümer zurückgeben will, ist somit nicht einzugehen (vgl im Übrigen zum Schlüssel als Diebstahlsobjekt RIS-Justiz RS0093599, RS0093696 [T2]).

Mit dem Einwand tätiger Reue zu I./A./5./ und I./B./3./ (Z 9 lit b) reklamiert die Beschwerde, dass die Angeklagten nach den (zu I./A./5./ nur versuchten) Wohnungseinbrüchen jeweils zum Fahrzeug der Opfer zurückgekehrt sind und die Wohnungsschlüssel zurückgelegt haben (US 10), vernachlässigt aber die Gesamtheit der getroffenen Feststellungen (US 8 ff), die hinsichtlich der Wegnahme eines Wohnungsschlüssels und dem unter dessen Verwendung daran unmittelbar anschließenden Einbruch in die zugehörige Wohnung (II./B./ und II./A./2./bb./) jeweils einen einheitlichen Willensentschluss zur Verwirklichung eines Einbruchsdiebstahls in zwei Etappen beschreiben (vgl zur tatbestandlichen Handlungseinheit RIS-Justiz RS0122006; Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 89).

Solcherart erklärt die Beschwerde zu I./B./3./ aber nicht, weshalb die (bloße) Rückstellung des Schlüssels zur Wohnung der Ingrid H*****, aus welcher der Angeklagte zuvor (nach Aushebelung eines Möbeltresors) Schmuck und Armbanduhren im Wert von zirka 9.000 Euro gestohlen hat (II./A./2./bb./; US 10), dem Erfordernis des Gesamtschadenersatzes genügen sollte (vgl RIS-Justiz RS0117252, RS0090642; Kirchbacher in WK2 StGB § 167 Rz 17, 66 ff).

Zu I./A./5./ wiederum wird (nur) mit der Rückgabe der Wohnungsschlüssel argumentiert, mit Blick auf das Fehlen eines – aus Z 5 erfolglos reklamierten – Strafaufhebungsgrundes (§ 16 Abs 1 StGB) hinsichtlich der tateinheitlich versuchten Wegnahme weiterer Gegenstände aus der Wohnung der Sophie J***** (II./B./) aber in Betreff dieser (Gesamt-)Tat von Vornherein weder die Frage der Schuld, noch jene der Subsumtion tangiert (vgl RIS-Justiz RS0127374).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass in Ansehung des Verfallsausspruchs zum Nachteil sämtlicher Angeklagter das Strafgesetz unrichtig angewendet wurde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO). Das Schöffengericht ging nämlich ersichtlich von einer Solidarhaftung einerseits der Angeklagten S***** und L***** und andererseits der Angeklagten K***** und L***** aus (US 6, 11, 17). Eine solche ist aber im Hinblick darauf, dass die dem Verfall unterliegenden Vermögenswerte (Abs 1), Nutzungen und Ersatzwerte (Abs 2) oder ein entsprechender Wertersatz (Abs 3) nur dem tatsächlichen Empfänger abgenommen werden dürfen, nicht vorgesehen. Sind daher Vermögenswerte mehreren Personen zugekommen, ist bei jedem Empfänger nur der von ihm tatsächlich rechtswidrig erlangte Vermögenswert im Sinn des § 20 StGB für verfallen zu erklären (RIS-Justiz RS0129964).

Bleibt im Übrigen anzumerken, dass Zusprüche an Privatbeteiligte die gleichzeitige Anordnung des Verfalls nicht hindern, vielmehr der Ausschluss des Verfalls gemäß § 20a Abs 2 Z 2 StGB auf Fälle beschränkt ist, in denen der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder für sie Sicherheit geleistet hat (RIS-Justiz RS0129916).

Die Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) war (wenngleich sich die Berufung des Angeklagten L***** auch gegen den Verfallsausspruch richtet) aus Zweckmäßigkeitserwägungen bei allen Angeklagten aufzugreifen, weshalb das Verfallserkenntnis aufzuheben war. Im diesbezüglichen neuen Verfahren steht die Entscheidung im Sinn des letzten Satzes des § 445 Abs 2 StPO dem Vorsitzenden des Schöffengerichts als Einzelrichter zu (vgl RIS-Justiz RS0117920, RS0100271).

Der Angeklagte L***** war mit seiner gegen das Verfallserkenntnis gerichteten Berufung auf die Kassation zu verweisen.

Über die gegen die Strafaussprüche gerichteten Berufungen und die Beschwerden hat das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO; sie bezieht sich nicht auf die amtswegige Maßnahme (Lendl, WKStPO § 390a Rz 12).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00054.18Z.0803.000

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