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OGH vom 29.09.2011, 8Ob86/11x

OGH vom 29.09.2011, 8Ob86/11x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** AG, *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky, Weber Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die beklagten Parteien 1. G***** W*****, vertreten durch MMag. Christoph Doppelbauer, Rechtsanwalt in Wels, 2. J***** W*****, vertreten durch Dr. Peter Bründl, Rechtsanwalt in Schärding, wegen 177.300,42 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 97/07s 57, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 3 Cg 190/03f 50, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Klägerin machte gegen die Beklagten in zwei Verfahren (3 Cg 190/03f und 3 Cg 96/03 des Erstgerichts), die in erster und zweiter Instanz zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden waren, Ansprüche aus zwei Kreditkonten geltend.

Das Verfahren 3 Cg 96/03g ist inzwischen rechtskräftig beendet (8 Ob 86/10w). Gegenstand dieses Revisionsverfahrens ist nur mehr das Verfahren über die Klage 3 Cg 190/03f betreffend das Kreditkonto Nr 881 0196/32.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Zahlung von 177.300,42 EUR samt Anhang gegen beide Beklagte statt. Die erhobenen Gegenforderungen erachtete es zum Teil als nicht zu Recht bestehend, eine weitere Gegenforderung wies es als verspätet zurück. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es über eine weitere, vom Erstgericht nur in den Entscheidungsgründen behandelte Gegenforderung im abweisenden Sinn spruchgemäß erkannte, und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die vorgelegten außerordentlichen Revisionen beider Beklagten zeigen keine über den Einzelfall hinaus erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

Die gegen die Annahme eines konstitutiven Anerkenntnisses in Bezug auf den Kreditsaldo gerichteten Revisionsausführungen gehen an den Rechtsausführungen des Berufungsgerichts vorbei. Das Berufungsgericht hat die Frage eines Saldoanerkenntnisses nämlich ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich offen gelassen, weil es die Verwendung des strittigen Teilbetrags von 763.382,02 EUR zur Abdeckung der privaten Konten des Erstbeklagten auch ohne Anerkenntnis für rechtmäßig erachtete (vgl 8 Ob 86/10w). Ob die Vorinstanzen den zwischen Erstbeklagtem und Klägerin abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich, von dessen Inhalt die Richtigkeit der strittigen Buchung letztlich abhing, richtig ausgelegt haben, ist eine nicht revisible Frage des Einzelfalls. Allein aus dem Umstand, dass aufgrund der Feststellungen auch eine andere Auslegung vertretbar gewesen wäre, ergibt sich noch keine im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung (RIS Justiz RS0112106, RS0042555 [T1, T 4]; RS0042776 [T2]; RS0044298 [T39]). Auch die Beurteilung, ob ein schlüssiger Verzicht erklärt wurde, ist eine solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0044298 [T3]; RS0014420 [T16]). Ein stillschweigender Verzicht darf nur dann angenommen werden, wenn kein Zweifel möglich ist, dass das Verhalten des Berechtigten den Verzichtswillen zum Ausdruck bringen soll (RIS Justiz RS0014217). Die Beurteilung, dass diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt war, ist jedenfalls vertretbar.

Soweit sich die Revisionsausführungen auf eine neu aufgefundene Beweisurkunde stützen, sind sie wegen des geltenden Neuerungsverbots unzulässig, im Übrigen ist auf die inzwischen rechtskräftige Abweisung der auf dieses Vorbringen gestützten Wiederaufnahmsklage zu verweisen (8 Ob 69/11x).

Die Zurückweisung eines Vorbringens wegen offenbarer Verschleppungsabsicht durch das Erstgericht kann in dritter Instanz nicht mehr überprüft werden. Die Frage, ob §§ 496 Abs 2 und 179 ZPO richtig angewendet wurden, hat das Berufungsgericht abschließend zu beurteilen. Wenn es sie bejaht, ist darin kein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensmangel zu erblicken (RIS Justiz RS0036890; RS0037897). Das Gleiche gilt für den behaupteten Mangel eines erschöpfenden Beweisverfahrens, der bereits vom Berufungsgericht verneint wurde (RIS Justiz RS0042963; RS0106371).